Ja, ich höre den gern. Da war ein Interview mit Frau Sehrbrock, DGB, meines Wissens auch Mitglied des CDA und die hat ein interessantes Beispiel gebracht. Die sagte, sie könne es nicht verstehen, dass eine Bibliothekarin anders bezahlt würde, geringer bezahlt würde als ein Ingenieur. Damit aussagend: Die Bibliothekarin - häufig Frauen, Ingenieure in der Regel Männer. Also, Frau Rothe-Beinlich, Sie brachten das eben auch, da wittert man die strukturelle Diskriminierung. Aber ich frage Sie, wo ist denn da die strukturelle Diskriminierung? Jede Bibliothekarin hat die Möglichkeit, ein Ingenieurstudium aufzunehmen. Jeder Ingenieur hat die Möglichkeit, Bibliothekar zu werden, also die passende Ausbildung zu machen. Jeder ist seines Glückes Schmied und jeder sollte den Beruf wählen, in dem er glücklich ist.
Das gilt für Angestellte und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ganz genauso. Sie haben eben gesagt, es seien nur zehn Ausbildungsberufe, die typischerweise von Frauen aufgenommen werden. Na ja dramatisch. Dann sollte man doch dafür werben, dass Frauen, dass junge Mädchen,
Das ist überhaupt kein Erkenntnisprozess. Ich frage mich manchmal bei den Beiträgen, die ich bisher gehört habe, in welchem Jahrhundert leben Sie eigentlich? Es ist heute schon so. Und insbesondere ist das schon so, wenn man die heutige Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt betrachtet. Jede Menge Ausbildungsstellen bleiben leer. Jeder Arbeitgeber ist heilfroh, wenn er eine geeignete Bewerberin und einen geeigneten Bewerber findet. Nur ganz Verbohrte schauen heute noch nach dem Geschlecht oder nach der Herkunft, nach der Hautfarbe, nach der sexuellen Orientierung.
Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, mindestens die Privatwirtschaft und ganz sicher auch der öffentliche Dienst sind heute schon viel weiter als Sie unterstellen. Deswegen sind das, was Sie hier verbreiten, Legenden. Das sind möglicherweise Themen von vor etlichen Jahren und Themen, die früher mal aktuell waren. Heute sind wir in der Mehrzahl ganz bestimmt daran vorbei.
Herr Recknagel, vielen Dank. Würden Sie zum Beispiel angesichts der Verteilung von Männern und Frauen in Ihrer Fraktion wirklich davon sprechen, dass heute der Zugang von Frauen zu Führungspositionen so gleichwertig ist wie der von Männern?
Ja, selbstverständlich. Wir haben jede Menge aktive, hochqualifizierte, engagierte Frauen in der FDP und die bemühen sich um Ämter und Mandate. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel. Den nächsten Listenplatz - wir hätten bei der nächsten Wahl die Chance, noch ein paar mehr Mandatsträger in das Parlament zu bekommen -
Herr Abgeordneter Recknagel, habe ich Ihre Ausführungen von eben richtig verstanden, dass Sie der Auffassung sind, dass im Jahr 2010, also heute, weder eine Benachteiligung der Frauen bei der Bezahlung noch eine Benachteiligung der Frauen im Hinblick auf berufliche Aufstiegschancen sowohl in Thüringen als auch in der Bundesrepublik Deutschland existiert?
Ich will Ihnen das gern mit einem einfachen Wahlspruch beantworten. Ich für meinen Teil - und das gilt ganz sicher auch für Frauen - wollte nicht bei einem Arbeitgeber arbeiten, bei dem ich unangemessen und zu gering bezahlt werde. Das würde ich einfach nicht tun.
Ich möchte noch einmal auf die Beschäftigungsquote kommen. Zu diesen statistischen Rechentricks gehört auch, dass man sich zum Beispiel diesen OstWest-Vergleich zu Hilfe nimmt und dann Unterschiede konstruiert, die sicherlich immer noch da sein können, die man sich statistisch zurecht rechnet. Man sollte aber dann auch berücksichtigen, dass beispielsweise die Beschäftigungsquote von Frauen in Thüringen viel höher ist, als beispielsweise in Bayern. Dann kommen rein rechnerisch schon andere Verhältnisse heraus.
Herr Abgeordneter Recknagel, ich muss Sie noch mal unterbrechen. Es gibt eine weitere Zwischenfrage.
Herr Recknagel, was würden Sie zum Beispiel einer alleinerziehenden Frau sagen, wenn sie lediglich die Aussicht auf eine Stelle hat, die nicht besonders gut bezahlt ist? Sollte sie lieber auf diese verzichten oder heiraten?
Danke für den sehr guten Hinweis. Gerade den alleinerziehenden Frauen ist es häufig ein hohes Gut, eine Teilzeitbeschäftigung zu bekommen und eine gute Chance, im Arbeitsprozess ihren Mann, ihre Frau
zu stehen. Gerade die Interessenlage vieler Frauen führt doch dazu, dass Teilzeitarbeit nachgefragt wird. Das ist keineswegs so, wie Sie glauben machen wollen, Frau Leukefeld, nur quasi unter dem Druck der Verhältnisse, man bietet ihnen gar nichts anderes an, sondern ganz im Gegenteil, es wird von vielen Frauen so gewünscht. Das ist etwas, was man durchaus anerkennen sollte. Jeder möge für sich entscheiden, was für ihn der richtige Weg ist und jede Familie, jede alleinerziehende Mutter sollte das entscheiden können. Zu der freien Wahl gehört auch, eine Arbeit in Teilzeit anzunehmen. Dazu gehört auch, zum Beispiel auf ein gutes Arbeitsklima in einem kleinen Betrieb Wert zu legen, in dem vielleicht nicht ganz so viel bezahlt wird, wie in den großen Betrieben.
Um das noch mal auszuführen. Ein gutes Betriebsklima, eine angenehme Arbeitsatmosphäre, Kollegen, mit denen man auskommt, meinetwegen auch einen Chef, mit dem man gut klarkommt, ist für viele ein ganz besonders hohes Gut.
Oder eine Chefin. Danke für den Hinweis. Der Zwischenruf war jetzt notwendig. Das gibt mir die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es auch in meinem Unternehmen durchaus Chefinnen gibt, die einen sehr guten Job machen. Wie gesagt, ich bin im 21. Jahrhundert angekommen, manche sind das offensichtlich noch nicht.