Protocol of the Session on May 22, 2014

Wo ich den Grünen Zustimmung gebe, ist die gesetzliche Festschreibung einer Fachkräftequote von 50 Prozent. Das würde unbesehen unsere Zustimmung finden. Ich sage natürlich auch an dieser Stelle, dann würde ich mir wünschen, wenn wir das zukünftig sicherstellen wollen, dass dann endlich der Pflegepakt mal anfängt, an dieser Stelle zu funktionieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dazu hatten wir einen An- trag.)

Der war aber auch grottenschlecht geschrieben. Es soll aber in Erfurt Heime geben, wo schon Stationen geschlossen worden sind oder geschlossen werden mussten, weil die Fachkräfte nicht mehr vorgehalten werden können. Das heißt, um das umzusetzen - 50 Prozent -, was richtig ist, müssen wir endlich Anstrengungen unternehmen, dass wir endlich etwas für den Erhalt der Fachkräfte und vor allem für den Zuwachs an Fachkräften tun. Wir haben die Einladung zu dieser Sozialkonferenz bekommen. Ich bin gespannt, welche Lösungsvorschläge dort kommen. Eine Sozialkonferenz haben wir jedes Jahr zum gleichen Thema durchgeführt, nur geändert hat sich nichts. Allerdings jetzt zu den

weiteren Anträgen, die Sie haben, dass der Prüfbericht vor der Veröffentlichung - Transparenz ist gut der Heimleitung vorgelegt wird, das steht im Gesetz. Es steht - und so sind die üblichen Kontrollen - im Gesetz, dass, wenn die Kontrolle mit dem Heimbeirat war, mit der Heimleitung, dass im Prinzip besprochen wird und dass danach der Prüfbericht erarbeitet wird. Das heißt also, bevor der Prüfbericht entsteht, wird er mit der Heimleitung besprochen. Dass die Verordnungen bis zum 30.06. erstellt werden müssen - ich glaube, Frau Siegesmund, wir wissen alle, das ist ein schöner Termin, aber der wäre von niemandem machbar. So lange, wie dieses Gesetz gedauert hat,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann bleibt das Gesetz ein Torso.)

wird es noch mal genauso lange dauern, dass die Verordnungen kommen, höchstens es ändert sich etwas im September und dann sind wir vielleicht froh, dass wir andere Mehrheitsverhältnisse haben, dass wir dann auch Verordnungen machen können, die sich eventuell zugunsten der Bewohner und der Fachkräfte ausrichten. Aus diesem Grunde - Fachkräfte stimmen wir zu, aber insgesamt die anderen Punkte finden nicht unsere Zustimmung, deshalb werden wir uns beim Änderungsantrag der Grünen ebenfalls enthalten. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Gumprecht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Pflege stellt einen zentralen Eckpfeiler der gesundheitlichen Versorgung dar und ihre Bedeutung nimmt kontinuierlich zu. Dies ist zum einen auf den demografisch bedingten Anstieg des Anteils älterer Menschen und die damit resultierende Erhöhung der Anzahl auch der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung zurückzuführen, zum anderen aber auch auf die wachsende Anzahl von Kleinfamilien bzw. Single-Haushalten und die damit verbundene Abnahme familiärer Pflegeleistung.

Meine Damen und Herren, meine Kollegin Beate Meißner hatte mich kürzlich zu einem Vortrag mit dem Titel „Wohnen im Alter“ eingeladen. Dieses Thema fand bei den Seniorinnen und Senioren in Sonneberg einen großen Anklang. Die meisten älteren Bürger wollen so lange wie möglich - und das wurde deutlich - in ihrer eigenen Wohnung bleiben. Dies bestätigt eine Studie der Versicherungswirtschaft. Sie weist aus, dass 60 Prozent der Älteren in ihrer eigenen Wohnung verbleiben und Pflegesowie Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen

(Abg. Kubitzki)

wollen. Wenn wir davon ausgehen, dass maximal 10 Prozent die Betreuung in einem Pflegeheim wählen, dann bleiben 30 Prozent übrig, die aktiv über einen Wohnungswechsel nachdenken. Es interessierte - und das war in der Diskussion deutlich - die älteren Menschen, welche Möglichkeiten bestehen in meiner Stadt? Welche gibt es und welche wird es noch in Zukunft geben? Welche werden sich entwickeln? Da geht es noch lange nicht um das Thema Pflegeheimplatz. Deutlich wurde auch, Senioren wollen sich mit ihren Fragen, aber auch mit ihren Ideen einbringen. Sie wollen Antworten auf ihre Ansprüche: Wie komme ich zu einer qualitativ hochwertigen Wohnung, die meinen Ansprüchen im Alter entspricht? Wie kann ich mein Leben gestalten, meine Freizeit und wie wird meine Umwelt beeinflusst? Sie wollen wissen: Welche Erleichterung, welchen Service habe ich denn in meiner Wohnung und welcher wird mir angeboten? Genau das sind die Fragen, vor denen wir standen, als dieses Heimgesetz vor uns lag. Mit diesen und vielen anderen Fragen beschäftigt sich genau das Gesetz.

In den vergangenen zehn Jahren - so ist etwa der Zeitraum abzuschätzen - sind enorm unterschiedliche neue Wohnformen entstanden, die wir mit dem Gesetz nicht behindern wollen, sondern sogar fördern. So entstanden Wohnformen mit sehr unterschiedlichem Betreuungsanteil, der sich aus Service, aus Pflege, aber auch aus Gesundheitsleistungen zusammensetzt. Da ist die Krux im Gesetz. Was ist eine Serviceleistung? Was ist Pflegeleistung? Eine Diskussion, die zwar in Einzelpassagen immer wieder deutlich wurde, die aber immer wieder zur Frage ruft. Ich denke, hier muss die Rechtsverordnung einen klaren Schnitt machen. Hier brauchen wir eine klare Auslegung dieser Definition. Ich denke, das war auch die Frage, die wir hatten: Können wir das jetzt im Gesetz alles aufnehmen, wo sich neue Serviceleistungen anbieten? Ich sage sogar, elektronische Serviceleistungen sind heute üblich. Das war die Schwierigkeit. Wir haben uns dann dazu entschlossen, dies nicht zu tun, sondern sagen, das kann man noch in Rechtsverordnungen, Auslegungen durchführen.

Meine Damen und Herren, noch einmal grundsätzlich: Der Bund - das ist diese Differenzierung, vor der wir standen - regelt die Pflegeleistung, jüngst mit dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz. Das Land ist für den ordnungsgemäßen Vollzug der Pflege verantwortlich. Das tun wir mit dem Wohnund Teilhabegesetz. Wir hatten bei dem vorherigen Wohn- und Teilhabegesetz noch zwei weitere Leistungsbereiche zu berücksichtigen, nämlich die Gesundheitsleistungen im Falle der Intensivpflege und das Thema Behindertenleistungen, denn wir haben auch ganz viele Behindertenwohnstätten.

Es geht also dem Landesgesetzgeber in seiner Verantwortlichkeit, wenn es um die Ausführung

geht, um die Frage der Sicherung der Qualität und der Kontrolle. Es geht darum, den Einzelnen zu stärken, wenn er entweder - das war die Definition im Gesetz - einem Monopol ausgesetzt ist. Das drückt sich in Form von Verträgen aus, das Gesetz nennt dies strukturelle Abhängigkeit. Wenn eine strukturelle Abhängigkeit des Einzelnen durch ein Vertragspaket ihn zwingt, dann sollte eine Aufsicht von außen möglich sein und das macht das Gesetz. Oder wenn der Einzelne aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst über sich entscheiden kann. Das Maß an ordnungspolitischen Eingriffen muss die eigene Entscheidungsmöglichkeit und die eigene Entscheidungsfähigkeit des Betroffenen berücksichtigen. Wenn jemand nicht mehr über sich selbst entscheiden kann, dann muss der Staat mit der Heimaufsicht eingreifen und diese Kontrolle übernehmen.

Andererseits, meine Damen und Herren, wollen wir auch keine unnötigen Kontrollen und die Betroffenen drangsalieren, also definiert das Gesetz etwas Ähnliches wie eine Heimaufsicht light. Eine einmalige Kontrolle innerhalb des ersten halben Jahres nach der Öffnung soll ermöglicht werden, weitere Kontrollen können dann anlassbezogen beispielsweise bei Verstößen durchgeführt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Was soll die Heimaufsicht prüfen? Das steht wieder im Begründungstext. Ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Als Maßstab für die Prüfung (...) wird damit die Ergebnisqualität in den Bereichen der Pflege und der sonstigen Betreuung, der hauswirtschaftlichen Versorgung, der Ernährung (ausgewogene sowie altersgerechte Kost so- wie Gewährleistung einer altersangemessenen Flüssigkeitsversorgung) und der Mobilisierung festgelegt.“

Meine Damen und Herren, wir haben in dem Heimgesetz eine ganze Reihe an Änderungen eingebracht. Diese Änderungen betreffen vor allen Dingen die Frage - die kam auch in der Anhörung zum Ausdruck: Wird denn durch das Ordnungsrecht in die Leistung eingegriffen? Wird, wenn wir die Heimaufsicht hinschicken, daraus plötzlich ein Vertrag nach dem Heimgesetz? Meine Damen und Herren, wir wollen gerade dort, wo solche Wohnformen entstanden sind, dies nicht. Wir wollen nicht, wenn sich jemand entschieden hat, aus Altersgründen in eine behindertengerechte Wohnung zu ziehen, die auch sonstige Betreuungsleistungen anbietet, die er aber nicht haben möchte, weil dieses Angebot dasteht, dass plötzlich aus seinem ganz normalen Mietvertrag mit Pflegeleistung plötzlich ein Heimvertrag wird. Das unterscheidet die Kostensätze. Sie hatten vorhin einen Satz von 400 €, glaube ich, genannt, plötzlich 2.000 €. Das will keiner. Das muss auch nicht geschehen. Wir wollen dort, wo so ein Missbrauch entstehen kann, dass der Eingriff der Heimaufsicht erfolgen kann.

Meine Damen und Herren, deshalb haben wir in unserem Gesetz eine Klarstellung getroffen. Diese Klarstellung beinhaltet die Trennung, dass Ordnungsrecht nicht in das Heimrecht, das Leistungsrecht eingreift. Ich denke, das ist eine sehr wichtige Differenzierung, die hat auch Klarheit bei vielen Betroffenen geschaffen.

Wir haben uns sehr intensiv mit den Fragen der Lebenshilfe auseinandergesetzt, weil dort betreute Wohngruppen dastehen. Da sind viele unterschiedliche Formen aus dem Bedarf heraus entstanden und da muss ich mich auch für die aktive Beteiligung bedanken. Hier sind sehr viele Fragen da gewesen, aber auch sehr viele Vorschläge gekommen, wie wir das lösen können. Wir haben dies durch kleine Veränderungen am Gesetz noch korrigieren können. Ich hoffe, dass dies allen Betroffenen Rechnung tragen kann.

Eine Frage, die in der Anhörung aufgeworfen wurde, die Herr Kubitzki eben vorgetragen hat: Warum fangen wir erst bei der Zahl 3 an, warum wird nicht die Zahl 2 genommen? Da sage ich, wir wollen nicht, dass in dem Fall, in dem eine Tochter plötzlich zwei Pflegebedürftige hat, Mutter und Vater, dies plötzlich zu einer strukturellen Abhängigkeit nach dem Heimgesetz wird. Ich denke, deshalb geht das Gesetz darüber hinaus, wenn die Familie erst einmal für sich zuständig ist.

(Unruhe Die LINKE)

Ich weiß, man kann darüber diskutieren, aber wir haben gerade diese Prämisse gesetzt. Wir haben genau diese Prämisse dort gesetzt. Ich denke, die ist auch vom Fachministerium klug gesetzt.

Meine Damen und Herren, wir haben versucht, an dem Gesetz eine Reihe Änderungen vorzuschlagen. Wir haben uns auch mit einzelnen Passagen, die die anderen Fraktionen beispielsweise in der Frage der Fachkraftquote vorgetragen haben, auseinandergesetzt. Es gibt kein Landesgesetz, das dies jetzt beinhaltet. Ich denke, das haben wir über die Rechtsverordnung, und ich denke, diese Diskussion, wie wird sich das Thema Fachkräfte entwickeln, wird das Plenum auch in Zukunft beschäftigen. Ich denke, das wird ein Thema sein, das in der Rechtsverordnung zu regeln ist, deshalb dieser Lösungsvorschlag.

Noch eine letzte Bemerkung zu der Frage der Lesbarkeit: Das ist ein Thema, das uns allen vorgetragen wurde. Es gab bei der Anhörung sehr viele Missverständnisse, auch in nachfolgenden Diskussionen. Es ist schon schwierig, wenn gerade Fachleute das Gesetz missdeuten können. Wir haben uns dennoch entschlossen, heute das Gesetz zu verabschieden, weil wir denken, wir müssen hier in Thüringen endlich handeln. Sie hatten gesagt, wir sind das letzte Land, das sich dem Bundesheimgesetz, das übrigens nicht schlecht ist, anschließt und

das damit ablöst. Wir wollen damit neue Wege versuchen. Ich denke, die Überlegung wird sein - das wäre meine Bitte -, man sollte versuchen, gerade im Nachgang zum Gesetz eine für den Betroffenen, für den Bürger lesbare Form zu schreiben. Aber wir haben eine Basis, diese Basis möchten wir heute verabschieden. Vielen Dank und ich bitte um Zustimmung.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion der FDP spricht der Abgeordnete Untermann.

Frau Präsidentin, meine liebe Kollegen, liebe Zuschauer auf der Zuschauertribüne, an dieser Stelle sollte eigentlich heute mein Kollege Marian Koppe stehen. Wir wissen alle, was passiert ist. Ich möchte die Gelegenheit wenigstens heute wahrnehmen, hier als FDP und auch in seinem Namen bedanken wir uns für diese aufrichtigen Grüße und Wünsche zur Genesung. Wir bedanken uns für diese, wie gesagt, aufrichtigen Bezeugungen, dass so was nicht vorkommen darf. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren, dass das so passiert ist.

(Beifall im Hause)

Grundsätzlich begrüßen wir diesen Gesetzentwurf, auf den wir alle so lange gewartet haben. Es ist das will ich aber vorausschicken - noch kein großer Wurf, sondern aus unserer Sicht bleiben hier einige Fragen offen. Ich will jetzt auch nicht alles noch mal erklären, was wir schon mal besprochen haben, aber einige Dinge sind so von Bedeutung, dass ich sie noch mal erwähnen möchte.

Endlich wird die landesrechtliche Zuständigkeit für den ordnungsrechtlichen Teil des Heimgesetzes genutzt. Auch in Thüringen soll es zukünftig keine Heime mehr geben. Die Regelungen zum Anwendungsbereich nennen sich jetzt stationäre Einrichtungen. Die im Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz niedergelegte Definition ist sehr nahe an der des bislang geltenden Heimgesetzes. Weggefallen ist jedoch das Merkmal der Verpflegung. Wohnheime mit obligatorischer Speiseversorgung, in denen aber Pflege- und Betreuungsleistungen frei gewählt werden können, sollen demnach nicht mehr dem Heimrecht unterliegen. Das muss dann entsprechend auch für betreutes Wohnen gelten, so könnten neue Spielräume entstehen.

Hoch problematisch ist dagegen, dass für betreutes Wohnen in bestimmten Fällen künftig das Heimrecht gelten soll, und zwar dann, wenn es baulich Bestandteil einer stationären Einrichtung ist. Damit dürften viele Wohnangebote trotz Wahlfreiheit hinsichtlich der Pflegeleistungen bald erstmals dem

(Abg. Gumprecht)

Heimrecht unterfallen - aus unserer Sicht eine höchst zweifelhafte Entscheidung, die wiederum Wahlmöglichkeiten und Innovationen behindert.

(Beifall FDP)

Es ist auch nicht glücklich, hinsichtlich der Anwendbarkeit des ThürWTG auf betreutes Wohnen und ambulant betreute Wohngemeinschaften weitgehend parallele Anforderungen aufzustellen. Die Unterschiede der beiden Wohnformen sind zu groß, die Regelungen in der jetzigen Form sehr unübersichtlich und schwer handhabbar.

Die Herausnahme der Tages- und Nachtpflege genauso wie etwa in Rheinland-Pfalz und Bayern ist dagegen uneingeschränkt zu begrüßen. Bei den Bestimmungen zur Einbeziehung ambulant versorgter WGs hat man sich für einen Mix aus Elementen des bayerischen, das rheinland-pfälzischen und des sachsen-anhaltinischen Rechts entschieden. Die Regelungen sind hier sehr kompliziert. Der Ansatz ist nachvollziehbar, doch einen Entwicklungsschub für solche Projekte, wie er durch §§ 38 a, 45 e SGB ausgelöst werden soll, wird es so sicher nicht geben. Für WGs, die dem Heimrecht unterliegen, gelten immerhin reduzierte Anforderungen und abgesehen von einer Erstprüfung sollen nur Anlassprüfungen erfolgen. Dennoch haben wir uns hier mehr Freiraum und weniger bürokratischen Aufwand für die Träger gewünscht.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, was die Frage der Frauenbeauftragten betrifft, so muss man konstatieren, dass, diese zu schaffen, in guter Absicht geschieht, aber aus unserer Sicht die Lebenswirklichkeit kaum abbilden kann. Es gibt in den Heimen bereits einen Bewohnerbeirat, der an der täglichen Gestaltung der Abläufe in einem Pflegeheim mitwirkt und häufig - so jedenfalls die Träger - unter Teilnahmemangel leidet. Gerade Hochbetagte sind häufig von den komplexen Aufgaben überfordert und man findet nicht in jedem Heim genügend Bewerber. Die nunmehr zusätzlich geplante Einführung der Funktion der Frauenbeauftragten in allen voll stationären Einrichtungen ist aus unserer Sicht nicht zielführend, da auch die in der Regel hochbetagten Bewohnerinnen mit den in Satz 2 beschriebenen komplexen Beratungsaufgaben und daraus resultierenden psychischen Belastungen überfordert sein dürften. Und ich will einmal vom Mann ausgehen, brauchen wir dann auch noch einen Männerbeauftragten? Das klingt mir alles schon wieder zu sehr nach Arbeitskreisen, Bürokratie. Sie versuchen, in der Beschlussvorlage diese Aufgaben zusätzlich einem durch Frauen gewählten externen Mitglied des Bewohnerbeirats wahrnehmen zu lassen. Ich denke, dass hier die Frage gestellt werden muss, wie zielführend solch eine Frauenbeauftragte überhaupt noch sein kann. In Summe stellen wir fest, dass der vorliegende Gesetzentwurf viel zu lange auf sich

warten lassen hat und erhebliche Probleme aufweist. Wir sagen, die grundsätzliche Richtung stimmt, aber in seiner vorliegenden Form ist er aus unserer Sicht so nicht zustimmungsfähig. Wir werden uns hier der Stimme enthalten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Eckardt.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste auf der Tribüne, man sagt, was lange währt, wird endlich gut. Diesen Anspruch sollten wir uns gerade bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen zu Herzen nehmen. Und was das Wohn- und Teilhabegesetz betrifft, haben wir uns das wohl zu Herzen genommen. Bereits der erste Entwurf zum Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz war das Ergebnis von intensiven Beratungen und eines zielgerichteten Arbeitsprozesses. Dem folgten natürlich weitere Beratungen im Sozialausschuss sowie Anhörungen mit verschiedenen Vertretern aus der Branche. Dieses Gesetz ist aufgrund der Föderalismusreform notwendig geworden, nachdem der öffentlich-rechtliche Teil des Heimrechts zur Ländersache geworden ist. Ich bleibe hier bei meiner Meinung, dass ich das wenig klug fand. Aber der Fakt war so und Thüringen musste auch sein Heimrecht regeln.

Ebenso sehen wir uns in Thüringen in besonders starkem Maße mit den Auswirkungen des demografischen Wandels konfrontiert, was eine Neuregelung ebenso vonnöten gemacht hat wie die neuen Lebensverhältnisse, an die sich ein neues Gesetz anpassen muss, um modernen Formen des Zusammenlebens gerecht zu werden. Weiterhin haben wir neue Standards für das Wohn- und Teilhabegesetz entwickelt. Wir haben uns das Ziel gesetzt, die unabhängige Lebensführung von Menschen mit Behinderungen entsprechend der UNBehindertenrechtskonvention aufzunehmen und umzusetzen. Die Forderung von mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, älteren und pflegebedürftigen Menschen sowie die Möglichkeit, so weit wie möglich selbstbestimmt leben zu können, standen während des gesamten Prozesses im Vordergrund unserer Verhandlungen. Dies sollte unter größtmöglicher Beteiligung der Betroffenen geschehen. Mit dem Änderungsantrag, den wir im Sozialausschuss verhandelt haben, sind wir diesem ehrgeizigen Ziel gerecht geworden.

Lassen Sie mich kurz auf die wichtigsten Bestandteile des Antrags eingehen. Zunächst haben wir mit den Änderungen des Gesetzentwurfs den unter

(Abg. Untermann)

schiedlichen Wohnformen und deren Besonderheiten stärker Rechnung getragen. Während der Anwendungsbereich des Wohnund Teilhabegesetzes in anderen Bundesländern wie Sachsen und Sachsen-Anhalt vordergründig auf stationäre Einrichtungen bezogen ist, berücksichtigt der Thüringer Gesetzentwurf auch ambulant betreute Wohngemeinschaften mit unterschiedlichen Größen und Betreuungsbedarf. Eine solche Unterscheidung bringt den Vorteil mit sich, dass auf die Bedürfnisse, die sich innerhalb der unterschiedlichen Wohnform ergeben, konkreter eingegangen werden kann. Aber zur Unterscheidung der Wohnform und den damit einhergehenden leistungsrechtlichen Ansprüchen müssen auch klare Rahmenbedingungen erarbeitet werden. Aus dem Anhörungsverfahren im Ausschuss hat sich für den Entwurf aus dem Dezember des vergangenen Jahres somit ein Änderungsbedarf ergeben, den wir erfolgreich in den aktuellen Gesetzentwurf eingearbeitet haben. Das bezieht sich hauptsächlich auf konkrete Bezeichnungen in den einzelnen Formulierungen. Mit beiden haben wir eine klare Abgrenzung zwischen dem Ordnungs- und dem Leistungsrecht garantiert. Mein Kollege Gumprecht ist hier darauf schon mehr eingegangen. Durch die zahlreichen Gespräche, die wir geführt haben, haben wir jetzt ein Gesetz, das noch stärker an die realen Gegebenheiten angepasst ist. Wir konnten somit neuen Entwicklungen Rechnung tragen. Zum Beispiel ist der Status der Einrichtung als ambulant betreute Wohngemeinschaft fortan nicht mehr dadurch gefährdet, dass ein Pflege- oder Betreuungsdienst in der Wohngemeinschaft ein Büro oder eigene Aktenbestände vorhält.

Vor allem aber ist es begrüßenswert, wie stark der Bereich der Pflege in den Gesetzentwurf eingearbeitet wurde. Hier zeigt sich die besondere Bedeutung, die wir diesem Bereich beimessen, deutlich. Meine Damen und Herren, ich habe bereits kurz erwähnt, dass es im Vorfeld zum ersten Gesetzentwurf viele Gespräche mit verschiedenen Vertretern aus der Pflegebranche gab. Dies war schon allein deshalb notwendig, weil ein so umfassendes Gesetz viele Bereiche und Interessen betrifft. Aus diesem Grund haben wir nach der ersten Lesung im Ausschuss die unterschiedlichen Stellungnahmen, die während des Anhörungsprozesses an uns herangetragen wurden, in den aktuellen Entwurf eingearbeitet. Wir haben eine größtmögliche Interessenwahrnehmung der Beteiligten gewährleistet und somit eine gute Rechtsgrundlage geschaffen, auch wenn sie - da gebe ich Ihnen recht, Herr Kubitzki teilweise etwas schwer zu lesen ist.

Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Thüringen wird mit der Umsetzung des vorliegenden Entwurfs zum Wohn- und Teilhabegesetz eines der modernsten Gesetze in ganz Deutschland haben. Das zeigt schon die konsequente Abkehr vom Begriff