Protocol of the Session on March 25, 2010

Die Kommission, meine Damen und Herren, fordert die Verantwortlichen auch auf, entsprechend dieser Fakten und Hinweise Strategien zur Lösung dieser Probleme zu entwickeln und umzusetzen, insbesondere im Hinblick auf das Problem der Einschüchterung, Gewalt und Repression unter den Gefangenen. Was die Unterbringungsbedingungen angeht, werden die Verantwortlichen aufgefordert, diese umfassend auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Insbesondere die Zellengröße von teilweise weniger als acht Quadratmetern in Weimar bzw. Ichtershausen sowie die Versorgung der Räume mit Tageslicht wird von der Delegation kritisiert.

Kurzes Fazit aus dem Bericht der Kommission: Diese Kritik der Kommission des Europarates unterstreicht die Notwendigkeit einer neuen Jugendstrafanstalt, wie sie in Arnstadt-Rudisleben entsteht. Die Kritik macht aber auch deutlich, dass eine neue Unterbringung die eigentlichen Probleme im zwischenmenschlichen und sozialen Bereich nicht löst, vielmehr sind wirksame Resozialisierungskonzepte in den Justizvollzugsanstalten und Jugendstrafanstalten notwendig. Mit dem neuen Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz ist hier eine brauchbare, wenn auch nach Ansicht meiner Fraktion erheblich verbesserungsfähige Grundlage geschaffen worden. Deren Umsetzung muss aber durch entsprechend qualifiziertes, zahlenmäßig angemessenes Personal abgesichert werden. Hier müssen die Anstrengungen, auch die finanziellen, offensichtlich verstärkt werden. Die Diskussion haben wir im Haushalts- und Finanzausschuss schon geführt, und das nicht nur im Jugendstrafvollzug, das will ich betonen, wie es die Vorfälle der Gefangenenmisshandlung zum Beispiel in Hohenleuben oder die Zahl von Suiziden leider im Thüringer Vollzug belegen.

Der Besuch, meine Damen und Herren, der Kommission des Europarats in Thüringer Jugendstrafanstalten im Jahr 2005 belegt, die Materie des hier zur Beratung vorgelegten Gesetzes und Staatsvertrags bzw. des UN-Übereinkommens ist leider auch für Thüringen durchaus ein Thema. Die nach dem Besuch der Kommission erfolgte Forcierung der Neubaupläne für eine Jugendstrafanstalt in Arnstadt-Rudisleben, die durchgeführten Ad-hoc-Maßnahmen in Ichtershausen und Weimar sowie die starke Betonung des Resozialisierungsgedankens im neuen Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz belegen dies. Solche internationalen und nationalen Überprüfungsgremien in Sachen von Menschenrechten sind aus unserer Sicht wichtig. Die Veröffentlichung und Beanstandung von Defiziten und Missständen in Berichten kann wichtigen und notwendigen politischen Änderungsdruck erzeugen, auch in Thüringen. Der Landtag sollte es

daher nicht bei einer routinemäßigen Verabschiedung belassen, sondern die Arbeit des nationalen Gremiums zur Umsetzung des UN-Folterübereinkommens in Zukunft mit der gebotenen Aufmerksamkeit hier im Hause begleiten. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Koppe das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, der heute zur Beratung stehende Gesetzentwurf befasst sich mit der Umsetzung des Fakultativprotokolls zur Antifolterkonvention der Vereinten Nationen. Dieses Protokoll sieht prüfende Besuche in Institutionen vor, in denen sich Verurteilte unter Freiheitsentzug aufhalten müssen. Es handelt sich hierbei um Einrichtungen der Polizei, des Justizvollzugs sowie geschlossener psychiatrischer Anstalten.

Ziel des Protokolls ist es, die menschenwürdige Behandlung dieser Personen sicherzustellen. Daher sollten Inspektionsteams die betreffenden Einrichtungen besuchen und ihre kritischen Erkenntnisse an die Anstaltsleitungen richten, um Verbesserungen dort zu erreichen. Diese Inspektionsbesuche sollen präventiv wirken und Defizite bereits früh erkennen lassen. Dabei stehen viele Faktoren wie Zellengröße, hygienische Zustände, Verpflegung, medizinische Versorgung, Bildungsmöglichkeiten und nicht zuletzt der Umgang zwischen Insassen und Wachpersonal sowie der Umgang unter den Insassen im Fokus. Da die Besuche unangekündigt stattfinden werden, müssen sich die Leiter der entsprechenden Einrichtungen Tag und Nacht auf Inspektionen vorbereiten. Auch wenn die Zustände in deutschen Gefängnissen, Polizeistationen oder Psychiatrien grundsätzlich deutlich besser sind als in vielen anderen Staaten, belegt doch der Skandal um den in der JVA Siegburg von Mithäftlingen gefolterten und zum Selbstmord gezwungenen Gefangenen, dass auch in Deutschland Dinge aus dem Ruder laufen können. Die Umsetzung des Fakultativprotokolls ist also auch hierzulande notwendig und dringend geboten.

(Beifall FDP)

Der heute zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf der Landesregierung soll den Beitrag Thüringens bei der Schaffung eines nationalen Präventionsmechanismusses regeln. Die Bundesländer haben dazu einen Staatsvertrag abgeschlossen. Der nationale Präventionsmechanismus umfasst die Schaffung

einer aus vier ehrenamtlichen Mitgliedern zusammengesetzten Länderkommission sowie einer Bundesstelle, die beim BMJ in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Inneres sowie der Verteidigung eingerichtet wird. Deren Arbeit wird in einem Sekretariat zusammengeführt, das bei der kriminologischen Stelle in Wiesbaden angesiedelt werden soll. Insgesamt steht jedoch - Herr Minister Dr. Poppenhäger hat darauf hingewiesen - lediglich ein Budget von rund 200.000 € zur Verfügung. Schon dadurch wird deutlich, dass Inspektionen nur stichpunktartig erfolgen können. Aufgrund einer geringen personellen Ausstattung ist der nationale Präventionsmechanismus darauf angewiesen, die Zusammenarbeit mit bestehenden Kontrollinstitutionen wie Nichtregierungsorganisationen, Berufsverbänden, Anwaltsbeiräten und Patientenfürsprechern zu suchen. Sobald belastbare Erfahrungswerte vorliegen, sollten nach unserer Ansicht der Deutsche Bundestag als auch die Länderparlamente nochmals die Frage eruieren, ob der nationale Präventionsmechanismus in seiner vorgesehenen Form in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Ohne einer Schaffung von überflüssiger Bürokratie das Wort zu reden, wird er also zukünftig prüfen müssen, ob die jetzige Lösung den Anforderungen der Vereinten Nationen gerecht wird. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Titel ist lang, für das zu ratifizierende Abkommens ist aber das Anliegen von großer Wichtigkeit, wie hier bereits betont wurde. Die Ratifizierung des Staatsvertrags ist weitaus mehr als nur eine Art neuer Strafvollzugskommission auf Bundesebene. Das ist, denke ich, ganz wichtig. Es geht hier nicht nur um eine Kontrolle des Umgangs mit Strafgefangenen. Natürlich ist diese auch zentral und sehr wichtig und ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen beiden Vorrednern, Herrn Hauboldt und dem Kollegen Koppe, dass die beiden diesen Aspekt schon einmal betont und ausgeführt haben, wie wichtig in diesem Bereich die Umsetzung des Staatsvertrags und die Überwachung der Durchführung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ist. Es geht aber nicht nur um eine Kontrolle des Umgangs mit Strafgefangenen, sondern es geht um viel mehr. Es geht um alle Einrichtungen auf Länderebene, die freiheitsentziehenden Charakter haben.

Freiheitsentzug, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es keineswegs nur als Strafmaßnahme. Freiheitsentzug kann angeordnet werden, muss manchmal sogar angeordnet werden, um Menschen auch vor einer Selbstgefährdung zu schützen. Entsprechend fallen unter die von der künftigen Länderkommission zu kontrollierenden Einrichtungen nicht etwa nur Haftanstalten, sondern auch geschlossene psychiatrische Einrichtungen. Die wurden genannt, aber noch nicht genannt wurden, und auch sie fallen darunter, etwa Pflegeheime sowie Altersheime, in denen Freiheit entzogen wird. Nicht darunter fallen Einrichtungen wie Bundeswehreinheiten oder Internate, in denen Übergriffe aus anderen Abhängigkeitsstrukturen die Presse der letzten Wochen und Monate beherrschen, leider, könnte man hier fast versucht sein anzumerken. Aber diese Debatte macht uns eins deutlich: Wenn schon in derartigen einfacheren Abhängigkeitsstrukturen es zu schwerwiegenden Übergriffen gekommen ist, dann können wir, dann können Sie alle ermessen, dass eine solche Gefährdungslage in freiheitsentziehenden Einrichtungen mindestens ebenso groß ist, wahrscheinlich aber sogar weitaus größer sein muss.

Noch mal zur Verdeutlichung, was Freiheitsentzug außerhalb von Haftanstalten auch noch ist. Der Freiheitsentzug beginnt in einem Pflegeheim bereits bei der genehmigungspflichtigen Anbringung eines Bettgitters, das einen Heimbewohner vor dem Herausfallen aus dem Bett bewahren soll, aber ihn gleichzeitig auch daran hindert, selbst sein Bett verlassen zu können. Für eine solche Maßnahme braucht man eine Zustimmung des Betroffenen. Wenn er diese Zustimmung nicht mehr geben kann, muss sie ein bevollmächtigter Angehöriger geben oder, wenn alles das nicht möglich ist, sogar ein Richter eine solche Genehmigung aussprechen. Niemand wird unterstellen oder annehmen, dass in einem solchen Fall hier irgendeine Foltergefahr auf der Hand läge, aber eine unmenschliche Behandlung im Sinn des zu ratifizierenden Abkommens könnte schon durchaus dann vorliegen, wenn es etwa vorkommen sollte, dass ein Heimbewohner länger als nötig in dieser Lage verbleibt. Natürlich wissen wir und können uns guten Gewissens darauf verlassen, dass in derartigen Einrichtungen regelmäßig - sehen Sie mir die nachfolgende verbale Überspitzung nach - natürlich keine Käfighaltung von Insassen betrieben wird. Wir wissen auch, dass dort wie in anderen freiheitsentziehenden Einrichtungen selbstverständlich auch zahlreiche andere Kontrollgremien und -mechanismen vorhanden sind, um die Einhaltung von Menschenwürde, menschenwürdigen Haftbedingungen, aber auch gesetzlich garantierten Behandlungs- und Pflegestandards etwa in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu überwachen.

Deshalb, aber auch nur deshalb kann hingenommen werden, dass der von uns zu ratifizierende Staatsvertrag eine Kontrollgruppe von nur einmal gerade vier Mitgliedern für das gesamte Bundesgebiet vorsieht. Auf diese recht geringe Zahl ist ja schon hingewiesen worden. Die Gruppe soll organisatorisch mit der Bundesstelle zur Verhütung von Folter zusammenarbeiten und dadurch Synergieeffekte ermöglichen. Die Kommission gibt sich selbst ihr Arbeits- und Kontrollprogramm und wird dabei autonom sein in der Wahl ihrer Mittel. Also Kontrollbesuche länderweit, bundesweit wird sie kaum ausführen können mit dieser personellen Ausstattung, das wird sie sicherlich in Einzelfällen auch tun können, aber sie wird sich, denke ich, dann darauf verlassen müssen, was andere Gremien ihr vielleicht zuarbeiten.

Die Kommission - und das ist wichtig - kann zur Verbesserung der Situation Betroffener nicht nur Empfehlungen an zuständige Behörden richten. Diese Behörden werden wiederum verpflichtet, derartige Empfehlungen sorgfältig zu überprüfen und gegenüber der Kommission eine Stellungnahme abzugeben. Also eine Berichtspflicht wird eingeführt gegenüber Anregungen oder Anfragen der Kommission. Der Minister hat schon darauf hingewiesen, die Kommission wird künftig einen Jahresbericht erstellen, der den Regierungen und Parlamenten auf Bundes- und Länderebene zugeleitet werden wird. Es wird dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe im Parlament sein, aufmerksam und eigenverantwortlich selbst dazu beizutragen, dass auch in Thüringen keinerlei Verstöße gegen das Verbot von Folter vorkommen und Gefangene wie Hilfebedürftige ebenfalls wirksam vor anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen oder Strafen geschützt sind. Wir verschaffen uns damit heute selbst eine wichtige, aber, wie ich meine, auch ehrenvolle Aufgabe zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor menschenrechtswidrigen Übergriffen und nicken somit jetzt nicht einfach mal eben nur schnell eine EU-Vorgabe ab, was auch schon dankenswerterweise betont wurde.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Staatsvertrag zu. Wir bekennen uns auch nachdrücklich zu der sich aus ihm ergebenden Selbstverpflichtung unseres Parlaments hier in Thüringen, künftige Ergebnisse und Erkenntnisse der Kommissionsarbeit wo möglich und nötig dann auch in politisches Handeln umzusetzen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Meyer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihre Zeit nicht über Gebühr beanspruchen, weil ich denke, meine drei Vorrednerinnen und Vorredner haben wesentliche Aspekte genannt. Wir sind in Deutschland gut beraten damit, ein solches Gesetz auch entsprechend den Vorgaben der Vereinten Nationen zu ratifizieren. Wir müssen, glaube ich, in unserer Vergangenheit nicht lange suchen, ich meine jetzt nicht die weit zurückliegende Vergangenheit, sondern etwas näher dran, um zu wissen, dass wir beispielsweise in DDR-Einrichtungen Folter und erniedrigende Behandlungen regelmäßig leider hatten, und - das will ich als jemand, der nicht die Sozialisation in der DDR hatte, betonen - auch in Westdeutschland. Ich erinnere daran, dass internationale Einrichtungen zu Recht vor 30 Jahren auch westdeutsche Gerichte besuchen mussten, um dort zu klären, ob es sich um Folter handelte in Bezug auf die Verfahren mit den politisch Verfolgten und politisch Verurteilten. Das muss auch mal deutlich gesagt werden. Auch - und auch das erspare ich mir hier nicht noch mal zu betonen - wäre es schön, wenn eine ähnliche Konstruktion für den Schutz von Deutschen im Ausland da wäre. Ich schäme mich heute noch für Herrn Steinmeier in Bezug auf Herrn Kurnaz. Das hätte nicht passieren dürfen, das war kein Fall von positiver Darstellung von Schutz vor Folter und erniedrigender Behandlung von Deutschen im Ausland. Sie kennen alle dieses brisante Thema.

Was das Thema erniedrigende Behandlung angeht, hat Frau Kollegin Marx schon darauf hingewiesen, dass auch Pflegeheime von dem Thema betroffen sind, betroffen im wahrsten Sinne in beiderlei Hinsicht, nämlich sowohl was die Vorwürfe angeht, dort würde regelmäßig erniedrigt und schlecht behandelt, nicht gefoltert - so weit geht, glaube ich, niemand, obwohl ich auch solche Buchtitel kenne -, aber auch die Tatsache, dass es in Einzelfällen sicherlich auch dazu kommt.

Dass dieses Gesetz, das wir heute beschließen wollen, auch versucht einen Kontrollmechanismus einzuziehen, ist richtig; schade ist allerdings, dass die Einrichtungen, die von dem Gesetz nicht erfasst sind, meines Wissens ein ähnliches Konstrukt nicht kennen. Die Strukturprobleme zum Beispiel in Einrichtungen von Kirchen, über die wir gerade diskutieren, die Gott sei Dank relativ lange zurückliegen, oder auch von Jugendwerkhöfen oder Kinderheimen in der Vergangenheit sollten zu denken geben, ob man nicht auch dort entsprechende Strukturen einsetzt, die allgemein in Deutschland überall gelten und solch eine Task Force meinetwegen auch organisieren helfen.

Ich denke, es kommt darauf an, dass diese eingesetzte Taskforce-Beobachtungsgruppe, dieses Gremium - wie auch immer - dafür sorgt, dass gerade auch die Foltervorwürfe relativiert werden. Mir ist dabei das Thema Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser ganz besonders wichtig. Wir reden ja auch von Pflegeheimen für Menschen mit geistiger Behinderung. Es ist nicht richtig, dass dort regelmäßig erniedrigt und gefoltert wird. Dass dadurch zu verifizieren, wäre ein großer Fortschritt in der Debatte um die Frage, wie man menschenwürdig mit Menschen gerade in diesem Bereich umgeht.

In dem Zusammenhang erlaube ich mir noch eine abschließende Bemerkung. Es ist unglücklich, wenn in der Begründung zum Gesetz unter „Allgemeines“ davon gesprochen wird, dass es regelmäßige Besuche in freiheitsentziehenden Einrichtungen gibt und darunter auch die Pflegeheime genannt werden. Das sind keine freiheitsentziehenden Einrichtungen. In diesen Einrichtungen gibt es manchmal unter bestimmten Bedingungen freiheitsentziehende Maßnahmen. Das ist etwas anderes als ein Polizeigewahrsam, eine Psychiatrie oder eine Justizvollzugsanstalt. Das hätte man meiner Ansicht nach besser formulieren können. Ansonsten werden wir sicherlich dem Gesetz zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schröter zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, uns liegt heute zur Beschlussfassung - also nach der ersten und zweiten Lesung - das Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vor. Das ist der monströse Titel. Es haben viele Vorredner einschließlich des Ministers natürlich den Inhalt der UN-Regelungen und der nationalen Regelungen erörtert. Die Genese des gesamten Gesetzentwurfs ist dargelegt worden von den Vorrednern.

Ich möchte gern noch einmal kurz auf die Vorredner eingehen. Wir befassen uns mit dem Gesetz, meine Damen und Herren, weil nach deutschem Recht die Länder in der Pflicht sind, diese Entscheidungen zu treffen. Es sind also auch Möglichkeiten gegeben,

man hätte eine eigene Kommission finden können, wenn eine gemeinsame Regelung in den Ländern insgesamt nicht hätte stattfinden können. Insofern will ich daran anschließen, dass die 200.000 € in etwa, die das Ganze kosten würde im Bund, jetzt vielleicht 200.000 € im Land kosten würden, hätte man eine solche eigene Gruppe installieren müssen, insofern also eine gute Lösung.

Zu der Größe der Gruppe möchte ich einmal sagen: Wir müssen schon bedenken, wenn eine UNKonvention umgesetzt wird, welche Verhältnisse wir in Deutschland haben zu den anderen Mitgliedern der UN. Und dann sollen wir das Maß finden für die Umsetzung. Ich halte also die Gruppe von vier ehrenamtlichen Mitgliedern für vier Jahre, berufen durch die Justizministerkonferenz, für eine ausreichende Größe. Es gibt ja noch andere Kontrollmechanismen; denken wir an den Landtag selbst, der hat eine Strafvollzugskommission, der hat den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, kümmert sich in dem Bereich Justiz also um solche Freiheitsentzugsmaßnahmen, die ja an mehreren Stellen stattfinden.

In 20 Jahren hat es in Thüringen eine solche Veranstaltung gegeben, das haben Sie, Herr Hauboldt, gesagt. Da ging es damals um die JVA in Weimar. Da ist auch die Strafvollzugskommission und auch der Landtag tätig gewesen, indem er dort vor Ort war. Das sollte man mit bedenken. Was die Entscheidung angeht, diese Länderkommission zu gründen und nicht im Einzelnen zu reagieren, halten wir das als CDU-Fraktion für völlig ausreichend. Wir sind der Meinung, das ist der richtige Weg und seitens der Fraktion stimmen wir dem Gesetz - den ganzen Titel will ich nicht noch einmal vortragen - heute gern zu. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Damit habe ich niemanden mehr auf der Rednerliste. Das bleibt auch so. Ich kann demzufolge die Aussprache in der ersten Beratung schließen.

Gleichzeitig rufe ich die zweite Beratung auf, wie wir es vereinbart haben und frage, ob in dieser zweiten Beratung jemand das Wort ergreifen möchte? Das ist nicht der Fall.

Demzufolge können wir abstimmen über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 5/625. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die gibt es auch nicht.

Das bitte ich, in der Schlussabstimmung zu bekunden. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Das Gleiche gilt jetzt für die Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 (ThürAGZensG 2011) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/626 - ERSTE BERATUNG

Dafür wird das Wort zur Begründung der Innenminister Prof. Huber nehmen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die letzten Volkszählungen fanden in der DDR 1981 und in der alten Bundesrepublik 1987 statt. Seit der Wiedervereinigung haben umfangreiche Binnenwanderungen zwischen Ost- und Westdeutschland stattgefunden. Dies führte in den neuen Ländern zu einem Bevölkerungsverlust, der vom Statistischen Bundesamt auf über 1 Mio. Menschen geschätzt wird. Außerdem sind seit der letzten Wohnungszählung und den dort prognostizierten Wohnungszahlen diese vermutlich stark überhöht.

Allein diese beiden Entwicklungen machen deutlich, dass die statistische Datenbasis in Deutschland aktualisiert werden muss. Nur mit einem neuen Zensus lassen sich belastbare Bevölkerungszahlen und weitere Grunddaten für politische und wirtschaftliche Entscheidungen und Planungen in Deutschland, aber auch in Thüringen gewinnen. Darüber hinaus verpflichtet die Europäische Union durch die Verordnung Nummer 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen die Mitgliedstaaten zur Durchführung einer europaweiten Zensusrunde 2011. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem berühmten Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 den Gesetzgeber verpflichtet, vor einer erneuten Totalerhebung alternative Erhebungsmethoden zu überprüfen und den Eingriff beim Bürger möglichst gering zu gestalten.

Daraufhin haben die statistischen Ämter des Bundes und der Länder als Alternative zur herkömmlichen Volkszählung einen registergestützten Zensus entwickelt. Bei dieser neuen Methode kann von einer Befragung der Bevölkerung weitgehend abgesehen werden. Dieser registergeschützte Zensus besteht

aus einer Kombination von fünf Elementen: Auswertung der Melderegister, Auswertung der Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand, postalische Befragung der Gebäude- und Wohnungseigentümer zur Gewinnung von Wohnungs- und Gebäudedaten, Stichprobenbefragungen zur Sicherung der Datenqualität und Erfassung weiterer Erhebungsmerkmale bei der Bevölkerung und Befragung der Verwalter und Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen. Bei einem Zensustest aufgrund des Zensustestgesetzes vom 27. Juli 2001 hat sich gezeigt, dass sich mit dieser Methode Daten in der erforderlichen Qualität gewinnen lassen. Diese Methode lässt es zu, die befragende Bevölkerung auf Stichproben zu beschränken.

Der Bundesgesetzgeber hat mit dem sogenannten Zensusgesetz 2011 vom 8. Juli 2009 den Inhalt und die Art und Weise der Datenerfassung geregelt sowie den Stichtag für den Zensus auf den 9. Mai 2011 festgelegt. Er hat insbesondere die Erhebungs- und Hilfsmerkmale sowie die Ausführungsbestimmungen zur Auskunftspflicht, Zusammenführung, Löschung und Aufbewahrung von Daten vorgeschrieben und insoweit einen festen Rahmen vorgegeben. Den Ländern verbleibt nur die Aufgabe, in einem Ausführungsgesetz die organisations- und verfahrensrechtlichen Regelungen für die Durchführung der Volks-, Gebäude- und Wohnungszählungen zu erlassen. Das ist der Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs.

Das Gesetz ist in sieben Abschnitte gegliedert.

Im Ersten Abschnitt wird die Zuständigkeit des Landesamts für Statistik für die Vorbereitung und die Durchführung des Zensus festgelegt.

Der Zweite Abschnitt des Gesetzes befasst sich insbesondere mit den örtlichen Erhebungsstellen. Die kreisfreien Städte und Landkreise werden verpflichtet, jeweils eine örtliche Erhebungsstelle einzurichten. Diese Erhebungsstellen haben die Aufgabe, die Daten zu erheben und die Vertraulichkeit und Integrität der Daten zu garantieren. Dazu regelt das Gesetz unter anderem, dass die Erhebungsstellen räumlich und organisatorisch getrennt sein müssen von anderen Verwaltungsbereichen, und die Erhebungsstellen vor dem Zutritt Unbefugter geschützt werden müssen. Dem Datenschutz wird damit ein hoher Stellenwert eingeräumt, so wie ihn das Verfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil gefordert hat, um das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Der Dritte Abschnitt beschäftigt sich mit der Bestellung und der Aufsicht über die Erhebungsbeauftragten. Die mit der Erhebung beauftragten Personen

sind sorgfältig auszuwählen, da die ordnungsgemäße Durchführung der Erhebungen auch von dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Person des Beauftragten abhängt. Sie werden durch das Landesamt für Statistik geschult, insbesondere auf das Statistikgeheimnis und den Datenschutz schriftlich verpflichtet.