Protocol of the Session on December 20, 2013

(Heiterkeit SPD)

und die Ärzte wegen Überlastung oder Budgetgrenzen keine Termine vergeben können, wird zukünftig noch die Behandlung im Krankenhaus aus dem Budget der niedergelassenen Ärzte finanziert. Also, die niedergelassenen Ärzte, Haus- und Fachärzte, werden bei uns im Freistaat doppelt bestraft, erst durch die Unterlassung des Ministeriums und dann noch durch die aktuelle Bundesregierung. Ich kann nur davor warnen, diese beiden Sektoren gegeneinander auszuspielen.

(Beifall FDP)

Aber wenn man denkt, das war es jetzt, muss es noch lange nicht so sein. Jetzt, relativ aktuell, zauberte man im TMSFG einen neuen Vorschlag her. So war zu lesen, dass nunmehr ein Begrüßungsgeld für Ärzte gezahlt werden soll. Wann, wem und wie viel ist zwar noch nicht klar, auch wo das Geld herkommen soll, weiß man nicht, aber so kann man zumindest Aktivität vorgeben. Ich hoffe sehr, Frau Taubert, dass uns allen bewusst ist, dass wir gemeinsam gegen diesen virulenten Problemkomplex Ärztemangel in der Pflicht sind - die Landesregierung und das Parlament. Es geht hier um nicht weniger als die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung für die Patienten im Freistaat. Ich werbe hier noch mal im Namen meiner Fraktion darum, unseren Antrag an den zuständigen Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sowie den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen, um dort zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Koppe. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Kubitzki für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Marian Koppe, danke. Ein typischer FDP

(Abg. Koppe)

Antrag, meine Damen und Herren, mit Geld lösen wir alle Probleme.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Steht nicht drin.)

(Beifall DIE LINKE)

Und das geht eben nicht so. Ich gebe dahin gehend recht, dass diese Mittel, die vom Freistaat Thüringen bereitgestellt werden, zu wenig sind. Ich sage aber auch, dieses Problem Ärztemangel ist nicht nur ein Problem von Thüringen. Das ist generell ein Problem in diesem Land und da gibt es noch Unterschiede zwischen Stadt und Land. Da sage ich Ihnen, wo ich jetzt war, im Bayerischen Wald, gibt es genauso einen Ärztemangel, wie es bei uns einen Ärztemangel gibt. Ich kann mit Geld nicht alles lösen. Ich muss mir nur mal die Frage stellen: Warum soll ein junger Arzt, der von der Ausbildung kommt, mit seiner Familie aufs Land gehen, wenn dort die Kita geschlossen wird, wenn die Schule geschlossen wird und wenn die Lebensbedingungen nicht seinen Vorstellungen entsprechen? Nein, wir müssen darüber nachdenken, wie schaffen wir auch weiche Rahmenbedingungen für Ärzte, dass sie im ländlichen Raum tätig sind,

(Zwischenruf Abg. Dr. Hartung, SPD: Für al- le, Herr Kubitzki.)

(Beifall DIE LINKE)

nicht nur allgemein praktizierende Ärzte, denn das Problem ist bei uns auch die Anzahl der Fachärzte. Liebe Kollegen von der FDP, Sie hatten die letzten zwei Gesundheitsminister gestellt und, ich will sagen, die hatten bis zum 31.12.2012 in Thüringen noch die Berechnung, dass 218 Hausärzte fehlen. Ab dem 01.06.2013 fehlen aber laut Berechnung nicht mehr 218 Hausärzte, sondern nur noch 68,5 Hausärzte.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Guter Re- chentrick.)

Aber wer hat diesen Rechtrick gemacht? Das ist die Frage, die hier beantwortet werden muss.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Man hat die Bedarfsplanung, Sie sprachen davon, geändert, indem man zum Beispiel den Demografiefaktor, der bis dahin 60 Jahre war, neu auf 65 Jahre festgelegt hat.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Ist das falsch?)

Bisher hatte man gesagt, auf 1.659 Einwohner kommt ein Hausarzt, dann hat man gesagt, auf 1.671 Einwohner kommt ein Hausarzt plus diesen geänderten Demografiefaktor. Ich will damit sagen, das kam aus Berlin und das kam aus Ihrem Ministerium. Das heißt, man kennt das Problem dort,

man hat nur das Problem jetzt so berechnet, dass es doch viel schöner aussieht,

(Beifall DIE LINKE)

denn 218 Hausärzte, die fehlen, gegenüber 68 Hausärzten, das sieht doch schon gut aus an dieser Stelle. Fragen lasse ich jetzt nicht zu.

Aber fürs Protokoll frage ich Sie formal und Sie lassen nicht zu.

Entschuldigung. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, ich sagte das schon, mit Geld ist nicht alles zu regeln. Erstens sagen wir als Linke, Gelder, die in diesem Land zur Verfügung stehen, sowohl vom Bund, von den Ländern und auch von den Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenkassen sollten gebündelt und zielgerichtet eingesetzt werden, nicht jeder für sich.

Zweitens, wir brauchen ein Programm, was nachhaltig ist. Wir machen Ärzteplanungen und Gesundheitsplanungen legislaturweise und denken nicht daran, wie das auch über Legislaturen hinaus mal Bestand haben könnte. Und dann sollten wir darüber nachdenken - Sie sprechen in Ihrem Antrag immer nur von niedergelassenen Ärzten -, das Problem, dass sich viele Ärzte nicht niederlassen wollen, kann einerseits ein Geldproblem sein, dass sie Angst haben, das kaufmännische Risiko auf sich zu nehmen. Die andere Seite kann aber auch sein, dass sich manche Ärzte auch überfordert fühlen von den Anforderungen, die mit Abrechnungen etc. an sie gestellt werden. Wir als Linke sagen auch, wir müssen darüber nachdenken auch besonders im ländlichen Raum, dass wir Arztstellen einführen, wo angestellte Ärzte arbeiten können, wir sagen dazu den Begriff „Landambulatorium“; im Prinzip kann ich auch MVZ sagen. Nicht weit hier vom Standort unseres Landtags in diese Richtung, über die Straßenkreuzung, in der Nähe vom Victor’s Residenz-Hotel steht ein Haus, da steht Polyklinik dran, mit „Y“ geschrieben. In diesem Haus befindet sich zum Beispiel eine GmbH, die nennt sich „Ambulante Medizinische Versorgungs GmbH“. Diese Ambulante Medizinische Versorgungs GmbH unterhält an neun Standorten in Thüringen medizinische Versorgungszentren, wo insgesamt 20 Ärzte und mehr als 80 Mitarbeiter angestellt sind. Das sind Ärzte, die sich niederlassen wollten, die auch teilweise schon älter sind, aber gerne dort in diesem medizinischen Versorgungszentrum an den Standorten arbeiten, weil sie erstens sagen, wir haben nicht mehr das Abrechnungsproblem, das übernimmt die Verwaltung für uns. Da sind auch ältere Ärzte angestellt, die sagen, jetzt macht meine Ar

beit wieder Spaß, jetzt kann ich mich um meine Patienten kümmern.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das ist doch etwas ganz anderes.)

Das heißt, wenn wir schon Geld verwenden sollten und Förderprogramme machen sollten, dann sollten wir nicht nur die Frage der niedergelassenen Ärzte bedenken, sondern dann sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir mehr solche medizinischen Versorgungszentren schaffen können, wo die Ärzte als angestellte Ärzte arbeiten können.

(Beifall DIE LINKE)

Dann noch etwas: Ich kann die Ausgangsbedingungen für einen Arzt im ländlichen Raum noch so gut machen, aber wenn nicht die Mehrarbeit dieses Arztes im ländlichen Raum gegenüber einem Arzt, der in der Stadt angesiedelt ist und arbeitet, auch besser vergütet wird durch die Kostenträger, wenn wir das nicht schaffen, wird es weiterhin schwerfallen, dass wir von dem typischen Landarzt, den sich manche noch vorstellen, sprechen können.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das stimmt.)

Wir müssen auch über solche Sachen nachdenken, dass wir gerade im ländlichen Raum sagen, ein medizinisches Versorgungszentrum oder ein Landambulatorium an einem zentralen Ort, dann müssen wir aber auch nachdenken und Formen finden, wie zum Beispiel nicht der Arzt zum Patienten kommt, sondern zum Beispiel wie aus umliegenden Orten auch der Patient zum Arzt kommt.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Da habe ich ein gutes Beispiel.)

Über solche Sachen sollte nachgedacht werden. Wir als Partei tun das, werden das auch machen und werden dazu Konzepte entwickeln und diese müssen nachhaltig sein. Mit Geld, meine Damen und Herren, geht vieles zu regeln, aber nicht alles.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kubitzki. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Gumprecht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine gute medizinische Versorgung im ganzen Lande, aber vor allen Dingen im ländlichen Raum liegt uns allen am Herzen.

(Beifall SPD)

Der Anspruch der Bürger auf diese gute medizinische Versorgung ist in meinen Augen aus Sicht der Bürger ein Rechtsanspruch, den müssen mehrere Beteiligte gewährleisten. Auf Bundesebene disku

tiert man derzeit auch erneut über die Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Verbesserung der ambulanten medizinischen Versorgung. Auf die Ergebnisse sind wir noch gespannt. Grundsätzlich gilt aber, zuallererst liegt der Versorgungsauftrag für die ambulante Versorgung bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Darüber hinaus gehört es genauso zur öffentlichen Daseinsvorsorge der Kommunen, die medizinische Versorgung ihrer Bürger zu sichern. Deshalb hat auch der Bundesgesetzgeber im neuen Versorgungsstrukturgesetz ermöglicht, dass Kommunen handeln dürfen. Die Verantwortung der Länder liegt grundsätzlich bei der Ausbildung der Mediziner; da hat Thüringen mit Errichtung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin in Jena einen gewaltigen Schritt getan. Über die Förderinstrumente, die KV und die in Thüringen gegründete Stiftung hat die Ministerin schon sehr ausführlich berichtet, vielen Dank. Ich möchte hier ganz besonders auf die Aktivitäten des Instituts von Prof. Gensichen hinweisen, der sehr vieles tut, um die Studenten nach dem Studium hier in Thüringen zu halten. Es kommt nun darauf an, dass der Freistaat im Rennen um die besten Standortbedingungen für eine Niederlassung mit den anderen Bundesländern mithalten kann. Beste Standortbedingungen sind aber nicht allein wie hier Finanzen, sondern das sind vor allen Dingen sehr viele weiche Standortbedingungen, das sind die Bedingungen, die junge Leute dazu bewegen, hier in Thüringen zu bleiben. Ich denke, darauf habe ich hingewiesen, dass gerade durch die Vermittlung des Instituts auch an Praxisstellen hier sehr viel erreicht werden kann.

Grundsätzlich - jetzt komme ich auf das Thema Finanzen - bin ich gegen diesen Meistbieterwettbewerb um Mediziner nach dem Motto „wer zu mir kommt, bekommt noch einen Batzen drauf“. Ich sage, hier hätte man sicher auf Bundesebene mehr tun können, das müssen wir konstatieren, denn die Bundesländer konkurrieren hier untereinander. Bundesländer verfügen über Förderprogramme, die vor allem in den alten Ländern mit sehr viel Geld ausgestattet sind, wir wissen das, im Einzelfall 60.000. Dieser Meistbieterwettbewerb ist nicht gut und nicht sinnvoll. Deshalb war unsere Idee, einen kleinen Beitrag zu leisten, gerade im Haushaltstitel im Bereich des Maßregelvollzugs, und es war damals zu erwarten - was sich heute als anders herausgestellt hat -, dass Überschüsse entstehen, diese einzusetzen für einen neuen Titel „Zuschüsse zur Verbilligung von Zinsen zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung“. Die Ministerin hat erläutert, warum dies jetzt nicht möglich ist. Und wir wissen auch die Gründe dafür. Ich denke, da stehen die Fragen der Wirtschaftlichkeit im Zentrum.

Meine Damen und Herren, jetzt steht natürlich die Frage: Gibt es Alternativen? Ich denke, dieser Alternativen gibt es sehr viele, die nicht alleine im materiellen Bereich liegen. Da kann die Stiftung, die

(Abg. Kubitzki)

hier in Thüringen von der KV mit der Unterstützung des Landes gegründet wurde, sehr viel bewirken. Ich bin gespannt, wie man dies hier in der nächsten Zeit kreativ ausfüllen kann. Im Augenblick muss man zur Kenntnis nehmen, dass, wenn kein Überschuss in dem Haushaltstitel ist, auch kein neues Programm aufgelegt werden kann. Das ist einfach Fakt.

Dennoch denke ich, kann man mit Geld nicht alles erreichen und darum gehe ich noch einmal auf den Antrag zurück. Sicherlich, Ihr erstes Anliegen, die Sache zu gestalten, das ist eine allgemeine Erklärung, die man hier machen kann. Aber die ist so allgemein, dass man sie auch unterstützen kann und deshalb auch nicht braucht. Die anderen Dinge gehen genau auf ein Förderprogramm zurück. Ich sage, das ist die Tatsache, wo wir festgestellt haben, die Zinsverbilligung funktioniert im Augenblick nicht. Ich denke, deshalb würde ich eine Festlegung auf diese vier Punkte nicht für sinnvoll halten. Wir werden diesen Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gumprecht. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, „Ärztemangel - für junge Ärzte fehlt in Thüringen das Geld“, schrieb die TLZ im April und zitierte an der einen oder anderen Stelle unter anderem Ministerin Taubert, wonach es schon den Wunsch gäbe, bestimmte Leerstellen im Haushalt entsprechend mit Geldern zu füllen, allein das Geld dafür sei nicht da. Jetzt will ich gar nicht so sehr mit Ihnen darüber sprechen, welche Möglichkeiten es gäbe, um diese Leerstelle finanziell zu füllen, denn es gibt sie ja, die Möglichkeiten im Haushalt. Sondern es geht vor allen Dingen auch darum, ob dem hier zitierten „Ärztemangel - für junge Ärzte fehlt in Thüringen das Geld“ wirklich so beizupflichten ist. Der Antrag von der FDP wäre dann interessant, das will ich gleich einmal vorwegnehmen, wenn er in irgendeiner Form Ideen hätte, wie man jenseits des Füllhorns, was über das Land gereicht wird, tatsächlich auch noch Menschen dafür interessieren könnte, sich mit einer entsprechenden medizinischen Ausbildung im Land niederzulassen. Allein ihnen fehlt die Idee und das ist ein Kritikpunkt, den Sie sich auch gefallen lassen müssen, denn an der Stelle ist nichts anderes als Polemik aus dem Antrag herauszulesen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)