sagen kann, trotz eines geringeren Personals haben wir eine Kontrolldichte, die nicht unter der anderer Länder liegt, und ich halte es für einen Verdienst, dass wir es nicht privatisieren. Das ist ein Verdienst, dass wir es in einem Landesamt behalten, dass wir es selbst machen, dass wir die Hoheit darüber behalten und es nicht einfach weiterdelegieren, auch wenn es eventuell billiger wäre.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, und das hat Herr Gumprecht schon angekündigt da muss ich ihn korrigieren -, ist die Frage der niedrigen Wochenarbeitszeit. Ich mache so etwas immer gern praktisch. Da schaue ich mir Berufe an, in denen regelhaft 48 Stunden gearbeitet wird - da brauche ich nicht lange suchen, das ist mein Beruf. Ich kenne keinen einzigen Krankenhausarzt, der mit 40 Stunden nach Hause geht. Die arbeiten eigentlich alle 48 Stunden - Minimum wohlgemerkt. Übrigens auch die Mindestforderung von fünf Ärzten pro Fachabteilung ist auf eine 48-Stunden-Woche ausgelegt und nicht auf eine 40-Stunden-Woche.
Wenn ich sage, ich will, dass die nur noch 40 Stunden arbeiten, dann brauche ich ein Fünftel mehr Ärzte. Das sind bei 8.000 in Thüringen arbeitenden Kollegen - und nicht 2.000, wie Herr Gumprecht fälschlicherweise meinte nicht 400, es sind 1.600 Ärzte, die ich sofort mehr brauche, wenn ich das umsetzen will. Jetzt denken wir einmal, wir wären in einer Ärzteschwemme, was wir nicht sind, und hätten diese. Das würde bedeuten bei einem niedrig angesetzten Monatslohn von 5.000 € - wohl gemerkt: niedrig angesetzt - bei 1.600 eine monatliche Mehrbelastung für die Thüringer Krankenhäuser von 8 Mio. €, 96 Mio. € auf das Jahr gerechnet. Das sind nur die Ärzte. Da kommen noch die Krankenschwestern dazu, da kommen noch die Pflegekräfte dazu, da kommen all die anderen Bereiche, wo das ähnlich ist, auch noch dazu. Das muss doch irgendwie bezahlt werden und das heißt, dass wir, bevor wir solche Fragen überhaupt erörtern können, in eine Situation kommen müssen, dass wir uns das leisten können. Die Betroffenen mal ganz außen vor gelassen. Ich persönlich glaube nicht, dass man in der Zeit bei der Arbeitsorganisation in einem Krankenhaus tatsächlich von 48 Stunden auf 40 Stunden heruntergehen kann.
Ich habe so etwas mehrfach erlebt. Ich habe es erlebt, als es noch bei 60 oder 80 Stunden war und dann plötzlich auf 48 Stunden heruntergefahren wurde. Das führt zu erheblichen Verwerfungen auch in der Arbeitsorganisation. Das ist jetzt nicht das wesentliche Problem. Es gibt so viele Probleme, wenn man von 48 auf 40 Stunden heruntergehen würde, das möchte doch genauer überlegt werden und deswegen, glaube ich, müssen wir andere Wege finden. 48 Stunden sind sehr viel Arbeit, das ist unstrittig. Deswegen, denke ich, sollte man ein
Ich könnte zum Beispiel erzählen, dass es früher in kirchlichen Häusern tarifliche Regelungen gab, da war klar, wenn ich regelhaft über eine bestimmte Wochenarbeitszeit gekommen bin, hat das anteilig mehr Urlaub gebracht, nicht mehr freie Tage, sondern mehr Urlaub mit all den Vorteilen, die daran hängen.
Oder mehrere Ärzteversorgungswerke haben mal darüber nachgedacht, ob man bei Wochenarbeitszeiten von damals 60 oder 80 Stunden - darüber kann man natürlich auch bei 48 Stunden nachdenken - diese Mehrarbeit nicht zusammenzählt und zu einem abschlagsfreien früheren Renteneintritt kommt. Darüber kann man gerne nachdenken. Aber das sind alles Fragen, die wir hier in Thüringen nicht lösen werden. Aber die Diskussion darüber ist wichtig, die sollte man anstoßen, die sollte man führen und da sollte man offen sein, was die besten Wege sind, um hier eine Verbesserung für die Arbeitnehmer herbeizuführen. Ganz außen vor sind natürlich noch die Selbstständigen, für die gibt es überhaupt keine Arbeitszeitregelungen. Da ist der Selbstausbeutung überhaupt keine Grenze gesetzt. Auch da muss man einfach sagen, wir sollten hier nicht nur den Arbeitnehmer sehen, wir sollten tatsächlich den Menschen sehen. Da müssen wir erkennen, dass es durchaus Regelungen, dass es durchaus Varianten gibt, die es rechtfertigen, da eine viel breiter angelegte Diskussion zu führen als die pauschale Heruntersetzung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden.
Jetzt gehe ich einen Schritt zurück, nämlich zu der Anti-Stress-Verordnung, die auf den Weg gebracht ist. Das wird das Problem nicht lösen. Wir haben nicht das Problem, dass wir nur stressbedingte Erkrankungen haben oder dass wir nur psychischen Druck haben. Wir stellen fest - und das sage ich wieder als Arzt -, dass wir zwischen den anerkannten Arbeitsunfällen und den anerkannten Berufskrankheiten eine immer größer werdende Palette von Krankheiten haben, die ganz klar mit der beruflichen Belastung zusammenhängen und trotzdem ausschließlich durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt werden. Gehen Sie einmal in eine Pflegeeinrichtung, fragen Sie dort eine Altenpflegerin, wie oft sie Rückenschmerzen hat. Da kommt die Gegenfrage: Wann habe ich denn mal keine? Das heißt also, die haben ein ganz klar mit ihrer Tätigkeit assoziiertes Problem, aber da hilft ihr keine Berufsgenossenschaft, da helfen ihr keine Sonderversicherungen. Sie muss ganz normal zu ihrem Hausarzt bzw. zu ihrem Orthopäden, sie muss ganz normal im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung und all der Einschränkungen, denen der Versicherte unterliegt, das behandeln lassen. Das heißt, man muss einmal danach fragen, wie oft eine Altenpflegerin zu einer Kur war.
Das wird gegen null tendieren. Man muss fragen, wie oft eine Altenpflegerin zum Beispiel Physiotherapie bekommt, das ist auch sehr wenig. Genau da ist der Ansatz. Wir brauchen also einen ganz anderen Umgang mit den Erkrankungen, die ganz klar durch die berufliche Belastung hervorgerufen sind, ohne dass es automatisch Berufskrankheiten sind, ohne dass es tatsächlich diese typische Erkrankung ist, die eindeutig und unwiderruflich nur auf die berufliche Belastung und auf die Exposition mit gefährlichen Stoffen und Ähnlichem zurückzuführen ist. Da ist eine ganz breite Debatte anzusiedeln, dass wir viel mehr darauf achtgeben, dass die Menschen, die arbeiten, die hart arbeiten, die viel arbeiten, die körperlich schwer arbeiten, einen gewissen Bonus dabei bekommen, wie die gesetzliche Krankenversicherung mit ihnen umgeht. Hier, denke ich, muss auf Bundesebene irgendwann ein Umdenken erfolgen und dieses Umdenken werden wir allerdings nicht mit einer solchen Forderung nach irgendeiner Richtlinie schaffen. Wir brauchen da tatsächlich eine grundhafte Veränderung der Sichtweise auf die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Verhältnis zum Berufsleben, im Verhältnis zur beruflichen Belastung. Hier muss sehr viel passieren. Dennoch, denke ich, werden wir diesen Antrag ablehnen, aus dem ganz einfachen Grund - ich habe es eingangs gesagt -, wenn wir ihn in den Ausschuss holen, muss am Ende ja etwas rauskommen, was eine wesentliche Verbesserung einschließt. Die sehe ich hier in dem Antrag nicht, dass wir da jetzt irgendwelche Punkte herausnehmen, die uns tatsächlich weiterführen. Dass wir darüber reden, ist aber an sich eine sehr wichtige Sache. Ich fordere Sie ausdrücklich auf, gern im Ausschuss auch per Selbstbefassungsanträge das Thema weiter zu reflektieren. Diesen Antrag werden wir heute dennoch ablehnen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne, logischerweise - es wäre schlimm, wenn ich mich jetzt dem Dank an den Antragsteller nicht anschließen würde. Aber ausdrücklich - ich muss das einschränken - nur für das Thema, denn keine Frage, das sehen wir genauso als wichtig an, aber es wird Sie auch nicht sonderlich überraschen, dass wir einige Ihrer Forderungen, ich will nicht sagen, nicht verstehen, aber dann zumindest nicht nachvollziehen können und auch nicht für zielführend halten.
Es ist keine Frage, und darüber sind wir uns, glaube ich, auch alle einig, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten Unternehmen und - das ist mir vorhin ein bisschen zu kurz gekommen - die öffentliche Hand - auch das ist ein Arbeitgeber - nicht nur kleine, mittlere oder größere Unternehmer, sondern auch die öffentliche Hand zum einen viel Geld kosten; das bedeutet aber auch, danach Mitarbeiter mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit zu beschäftigen. Auch das gehört zur Wahrheit. Neben der moralischen Verpflichtung, Sorge für die Mitarbeiter zu tragen, haben Arbeitgeber ein intensives Interesse daran, auf eine motivierte und vor allen Dingen gesunde Mitarbeiterschaft bauen zu können. Aber es braucht natürlich hier unabhängige Institutionen, die dies im Zweifelsfall überprüfen können. Wir haben Krankenkassen, DEKRA und viele Weitere, sie können zusammen ein funktionierendes Gesundheitsmanagement darstellen. Das Thüringer Landesamt für Arbeits- und Verbraucherschutz kann und muss dies überprüfen.
Aber - jetzt kommen ich zum Aber am Anfang - neben dem Thema des Antrags scheint mir die Fraktion DIE LINKE unterschwellig schon wieder dieses Thema zum Anlass zu nehmen, ihr generelles Misstrauen Arbeitgebern gegenüber auszusprechen. In dem Sinne frage ich mich ernsthaft, was einige Forderungspunkte Ihres Antrags wirklich bringen sollen. Sie fordern unter anderem, sich dafür einzusetzen, bei wiederholtem oder besonders schwerem Regelverstoß beim Arbeits- und Gesundheitsschutz den gesetzlichen Sanktionsrahmen stärker im Sinne der Beschäftigten auszuschöpfen. Okay, also wenn die Fraktion DIE LINKE tatsächlich Kenntnis davon hat, dass Verstöße in Thüringen systematisch kleingehalten bzw. nicht verfolgt werden, wäre dies aus unserer Sicht ein schwerer Fall von Organisations- und Behördenversagen und ebenfalls ein Fall für den Richter.
Ich frage mich, ob die Fraktion DIE LINKE über Kenntnis konkreter Fälle in dieser Richtung verfügt. Wir können das jedenfalls nicht erkennen - im Gegenteil. Das TLV vergibt sogar einmal jährlich den Johannes-Bube-Preis für Arbeitsschutz, der mit 8.000 € dotiert ist. Ich denke, in Thüringen genießt der Arbeits- und Gesundheitsschutz die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Dies sieht man im Übrigen auch an der Überprüfungstätigkeit des TLV selbst. Im Berichtsjahr 2012 wurden knapp 15.000 Überprüfungen durchgeführt, aber auch auf dem Gebiet des sozialen Arbeitsschutzes fanden knapp 1.400 Überprüfungen statt. Hier stellt das TLV selbst fest, dass gerade im Bereich der Ausgestaltung des Schichtplans erheblicher Informationsbedarf bei Arbeitnehmern, Betriebsräten und Arbeitgebern besteht. Es sind also alle Beteiligten aufgefordert, hier den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen. Und, liebe Kollegen der Fraktion DIE
Die Gesamtsituation des Arbeitsschutzes stellt sich im Arbeitsschutzbericht 2012 des TLV wie folgt dar, ich zitiere: Als bedeutende Indikatoren für den Arbeitsschutz in Thüringen gelten die den zuständigen Behörden gemeldeten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Im Jahr 2012 wurden den Thüringer Arbeitsschutzbehörden 7.175 Fälle zur Kenntnis gebracht. Dies sind 971 weniger als 2011. So weit, liebe Kollegen der Linken, aus den harten Fakten vom TLV.
Nächster Punkt: Sie fordern einen Internetpranger für Unternehmen, die schwere Regelverstöße begangen haben. Auch hier frage ich mich, weshalb. Arbeitgeber, die gegen Gesetze verstoßen, müssen sanktioniert werden. Dies ist bestehende Gesetzeslage und ich kann auch nicht erkennen, dass außer ein wenig Populismus ein solcher Pranger zur Verbesserung in der Arbeitswelt beitragen soll, ganz zu schweigen von Problemen beim Datenschutz.
Weiterhin soll sich die Landesregierung im Bundesrat für eine Anti-Stress-Regelung einsetzen, wie sie aktuell beispielsweise in Nordrhein-Westfalen diskutiert wird. Auch hier verstehe ich Ihre Intention nicht. Ich denke, man sollte ein dienstliches Handy durchaus auch einmal ausschalten können, denn laut Verband der Unternehmer in Nordrhein-Westfalen gehört es schon jetzt zur Verantwortung der Unternehmen und der öffentlichen Hand, negativen Stress am Arbeitsplatz zu vermeiden. Auch - und der Punkt ist auch schon mal angesprochen worden von meinem Vorredner, wollen Sie die Höchstarbeitszeit generell von 48 auf 40 Stunden pro Woche reduzieren. Ich meine, dies widerspricht eklatant der Lebensrealität.
Unternehmen sind bereits heute darauf angewiesen, wenn sie im Wettbewerb bestehen wollen, Arbeitsspitzen abdecken zu müssen. Dies darf natürlich - das sage ich auch ganz klar - nicht zum Dauerzustand werden, aber ein gewisses Maß an Flexibilität sollten wir da schon zugestehen.
Überstunden und Mehrarbeit werden entweder vergütet oder aber in Freizeit abgegolten. Summa summarum: Auch wenn wir - und das sage ich noch mal ganz deutlich - das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz als sehr wichtig erachten und im Übrigen auch als permanent wichtig erachten, weil sich immer wieder gesellschaftliche Situationen ändern können und auch da Arbeits- und Gesundheitsschutz angepasst werden müssen, halten wir
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, schön, dass wir mal darüber geredet haben. Nein, ich denke, wir haben unseren Antrag hier eingebracht, weil wir uns über einen längeren Zeitraum sehr intensiv mit dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz in Thüringen beschäftigt haben, dazu Fachgespräche durchgeführt haben und weil es für uns eine sehr grundsätzliche Debatte ist. Unser Ziel ist, so auch unser Antrag, was wir an Anregungen, an Gedanken aus diesen Gesprächen aufgenommen haben, zusammenzufassen und es dem Thüringer Landtag zu unterbreiten. Wenn Sie dem nicht folgen können, dann hat es zumindest den Sinn erfüllt, dass wir hier das thematisiert haben und darüber reden. Ich möchte mich auch bei der Ministerin ausdrücklich bedanken für diesen sehr umfangreichen Bericht.
Meine Damen und Herren, Arbeits- und Gesundheitsschutz ist für uns ein zentraler Baustein für eine gut funktionierende Arbeitswelt. Dass diese Arbeitswelt grundsätzlich in Veränderung ist, das haben, glaube ich, alle mitbekommen. Nur, wenn Arbeit nicht krank macht, wenn Arbeitsunfälle weitestgehend vermieden werden und Schutzmechanismen einwandfrei funktionieren, können alle Seiten eines Arbeitsverhältnisses profitieren. Insofern, Herr Koppe, wir wollen uns nicht gegen Unternehmerinnen und Unternehmer richten. Die brauchen das haben Sie selbst gesagt - eine gesunde Mitarbeiterschaft. Aber uns geht es natürlich auch in erster Linie um das Recht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, keinen unnötigen und vermeidbaren Gefahren ausgesetzt zu werden.
Deshalb sollte nach unserer Meinung schon geprüft werden, ob bei einigen Unternehmen nicht die Gefährdungslage für die Beschäftigten klarer eingeschätzt wird und gegebenenfalls auch eine stärkere Ausschöpfung des gesetzlichen Sanktionsrahmens nötig ist.
Aber auch die Unternehmen selbst profitieren von einer gesunden Belegschaft, die kontinuierlich Arbeit verrichtet und sich mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung in die Produktion einbringen kann. Im Übrigen hat die AOK die jährlichen wirtschaftlichen Verluste aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle al
lein für Thüringen im vergangenen Jahr auf 1,4 Mrd. € geschätzt. Es liegt also im Eigeninteresse von Unternehmen, hier entscheidende Schritte zu gehen. Dazu gehört auch, dass die Unternehmen gerade angesichts des fortwährend beklagten drohenden Fachkräftemangels sich endlich entschieden auf die Realität älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen und altersgerechte Arbeitsplätze und Arbeitsmodelle geschaffen werden. Das ist nämlich auch ein Grund, warum es manchmal problematisch ist. Das finden wir auf jeden Fall besser, als ältere Erwerbslose schon allein aufgrund ihres Alters und ihrer scheinbar oder tatsächlich verringerten Leistungsfähigkeit früher zu entlassen. Im Übrigen gibt es ganz aktuell eine Studie der Böckler-Stiftung, veröffentlicht im „BöcklerImpuls“, die diesbezüglich auch eine Untersuchung im öffentlichen Dienst durchgeführt hat und da auch zu interessanten Analysen kommt.
Ein dritter Gewinner eines funktionierenden Arbeitsund Gesundheitsschutzes sind selbstverständlich auch die Sozialversicherungssysteme, weil beispielsweise die Krankenkassen weniger Leistungen erbringen müssen oder auch die Zahl der Erwerbsunfähigkeitsrenten aufgrund von Krankheitsbildern sinkt. Darüber hat Herr Hartung auch gesprochen.
Fassen wir also zusammen: Arbeits- und Gesundheitsschutz ist eine klassische Win-win-Situation für alle Beteiligten und deshalb sehr wichtig. Wenn wir uns die Thüringer Arbeitsschutzberichte der vergangenen Jahre anschauen und wenn wir jetzt auch den Bericht gehört haben, wird deutlich, dass dies inzwischen allgemein verstanden wurde und dass sich die Arbeitsunfälle seit Mitte der 90er-Jahre deutlich verringert haben. Auch schwere Arbeitsunfälle und vor allem diejenigen mit tödlichem Ausgang sind zum Glück rapide gesunken. Hier gebührt auch einmal ein großer Dank an die aufklärerische und kontrollierende Tätigkeit des bisherigen Landesamts für Arbeitsschutz und technischen Verbraucherschutz, welches seit Anfang des Jahres in das neue Landesamt für Verbraucherschutz integriert wurde. Herzlichen Dank dem Präsidenten Herrn Wendt, der für diese Fragen sehr offen ist, und Frau Dr. Ziemer, der Leiterin des Bereichs Arbeitsschutz, und ihren Mitarbeitern selbstverständlich.
Wichtig ist, dass wir heute Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht nur als Unfallvermeidung betrachten, sondern auch und insbesondere - das war auch Ziel unseres Antrags, das zusammenzuführen - als Gesundheitsprävention. Dieser Bewusstseinswandel ist entscheidend, meine Damen und Herren, um weitere Verbesserungen zu erzielen. Darauf zielt unser Antrag. Das ist auch nötig, weil nach unserer Auffassung in gewissen Bereichen in fahrlässiger Weise der bereits gewonnene Standard
gefährdet wird. Das beginnt bereits bei den Fragen des Kontrollpersonals und wir haben hier darüber gesprochen: Schon heute ist es so, dass die zuständigen Beamtinnen und Beamten trotz intensiver Bemühungen jährlich nicht einmal ein Prozent aller Thüringer Unternehmen zu Kontrollzwecken besuchen können. Das ist nach unserer Auffassung ein sehr geringer Wert.
Im Übrigen ist die Linke nicht das Kontrollgremium, sondern das müssen professionelle, ausgebildete, qualifizierte Menschen machen. Insofern frage ich mich schon, Frau Ministerin Taubert, wie Sie eine angemessene Kontrolldichte wahren wollen, wenn bis 2021 der Personalbestand im Bereich Arbeitsschutz um ein weiteres Drittel abgeschmolzen werden soll. Das war das Ergebnis der Kleinen Anfrage von mir und meinem Kollegen Kubitzki. Sie haben selbst darauf reflektiert, am 8. November ist der Bericht zur geplanten Verwaltungsreform vorgelegt worden. Dort ist eine weitere Ausdünnung vorgesehen. Was mich allerdings freut, ist, dass Sie heute sehr klar gesagt haben, dass Sie eine Privatisierung ausschließen. Dort in dem Bericht steht das noch als Prüfauftrag. Ich hoffe, es bleibt dabei und da haben Sie auch unsere Unterstützung: keine Privatisierung des Arbeitsschutzes.
Mit einem anderen Bereich haben Sie durch eine veränderte Aufgabenstellung bereits vollendete Tatsachen geschaffen. Ich meine die Verordnung zu den Ausnahmen der Sonn- und Feiertagsarbeit. Da sind aus unserer Sicht bewusst Sozialstandards heruntergefahren worden und das sagt nicht nur die Linke. Sie wissen selbst, dass es doch auch viele Proteste und Fragen und Klagen von Gewerkschaften gegeben hat. Mit der Neufassung dieses Kriterienkatalogs im Oktober 2011 haben Sie veranlasst, dass Unternehmen nicht mehr vor der Antragstellung mit den Gewerkschaften die Frage der Sonnund Feiertagsarbeit erörtern müssen - das kann natürlich gemacht werden, aber muss nicht mehr sein. Wir sagen, das hat zur Folge, dass, wie alle Einzelgewerkschaften übereinstimmend berichten, die Sonn- und Feiertagsarbeit massiv zugenommen hat, gerade auch in Branchen, wo sich dies nicht unbedingt rechtfertigen lässt. Deshalb unsere Bitte, noch einmal zu prüfen und gegebenenfalls diesen Passus im Kriterienkatalog zurückzunehmen, denn wir wissen, gerade Sonn- und Feiertagsarbeit ist eine enorme Belastung. Nicht zuletzt haben wir unter anderem wenigstens über die zwei freien Samstage im Einzelhandel hier umfassend diskutiert. Permanente Belastung macht auf Dauer krank. Die Ausklammerung von Gewerkschaften und Belegschaften und damit der Sichtweise von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist genau der falsche Weg, wenn man eine Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes will. Hier liegt das Wissen aus der alltäglichen Arbeit vor, was sinnvoll ist, was und
wie es verbessert werden kann. Deshalb fordern wir in unserem Antrag auch eine stärkere Berücksichtigung der Erfahrungen von Betriebsräten, Jugend- und Auszubildendenvertretungen und der Beschäftigten selbst. Dass es anders geht, hat die Landesregierung übrigens mit dem Thüringer Vergabegesetz gezeigt. Es ist vollkommen richtig gewesen, dass dort in § 7 Abs. 3 festgehalten wurde, dass der Verstoß gegen eine arbeitnehmerschützende Vorschrift zum Ausschluss aus dem Verfahren führen kann. Und jetzt kommen wir zum „Internetpranger“, also dem Vorwurf der FDP an DIE LINKE. Was heißt denn hier „Internetpranger“? Wie soll denn eine Kommune zum Beispiel prüfen, ob ein Unternehmen durch die Arbeitsschutzbehörde wegen schwerwiegender Mängel abgemahnt wurde? Sofern etwa die Medien nicht Entsprechendes berichten, gibt es keinerlei offizielle Auskunft dazu. Insofern ist das zwar ein schöner Paragraf und eine schöne Regelung in einem Gesetz, aber praktisch gar nicht handhabbar, wenn man nicht den nächsten Schritt geht und sagt, wer die schwarzen Schafe im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind. Hier Mitarbeiter auch zu schützen, das wäre ein ernsthafter Anreiz für die dort aufgeführten Unternehmen, ihren Standard zügig zu verbessern, um dann auch wieder von der Liste gestrichen zu werden.
In dieselbe Richtung weist auch unsere Aufforderung an die Landesregierung, in Absprache mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit dafür zu werben, dass schwere Regelverstöße im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in einem Unternehmen als Unzumutbarkeitskriterium im Übrigen auch hier gesetzlich geregelt, § 10 des SGB II - gewertet werden. Aber hier ist es genau dasselbe. Woher sollen denn Arbeitnehmer wissen, dass dort ein Unternehmen, dem sie zugewiesen werden sollen, es mit Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht so genau nimmt, wenn ihnen das nicht gesagt wird? Deswegen denke ich, dass es schon sinnvoll ist, hier eine Regelung entsprechend zu schaffen, und deswegen steht es auch in unserem Antrag. Es müssen jedoch auch Maßnahmen entwickelt werden, die sich auf neue Gefährdungen einstellen. Und hier wurde über alte Berufskrankheiten und neue Krankheitsbilder gesprochen und es wurde insbesondere das neue Risikopotenzial der psychischen Erkrankungen, die das Ergebnis einer enormen Stresszunahme sind, genannt. Dafür gibt es unzählig viele Ursachen. Ich möchte hier verweisen auf eine „Gemeinsame Erklärung Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesministerium für Arbeit am 5. September in diesem Jahr unterzeichnet wurde. Angesichts der Zeit lasse ich jetzt das Zitat dazu weg, ich glaube, das hat Frau Schubert hier sehr umfangreich besprochen. Aber - das haben unsere Gespräche ge
zeigt - die ständige weitere Reduzierung im öffentlichen Dienst und der Trend der Arbeitsverdichtung und des Termin- und Leistungsdrucks sind eben auch Ausdruck dafür, dass es hier hohe Ausfallquoten gibt bei Lehrerinnen und Lehrern, bei Polizistinnen und Polizisten und in vielen anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes. Deswegen will ich hier wirklich noch mal sagen, das tangiert die Debatte, die wir gestern und auch heute Morgen hatten. Wenn es um Personalreduzierung geht, kann man nicht ausschließlich über Kosten reden, sondern da müssen Aufgabenkritik und auch eine Funktionalreform zugrunde gelegt werden, denn man kann das nicht zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, also auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen.