Grundstück, für seinen Acker oder für das Gemeindegebiet ist. Wir müssen hier eine ehrliche Debatte führen. Es ist nicht möglich, all diese Gebiete vor dem Risiko eines Hochwassers zu schützen. Das kann unser Land, das kann niemand leisten. Aber wir sind dafür verantwortlich, in diesen Gebieten keine neuen Risiken entstehen zu lassen. Wir müssen uns bewusst sein, Hochwasserschutz und dessen Verbesserung ist eine kontinuierliche Aufgabe, die niemals als abgeschlossen und fertig gelten kann. Es ist eine Generationenaufgabe und wir werden unseren Teil dazu beisteuern. Die Thüringer Landesregierung, namentlich das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt, Natur, das Thüringer Innenministerium und das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr, hat hier bereits im vergangenen Jahr ein neues Landesprogramm Hochwasserschutz initiiert. Derzeit läuft ein umfassender Konsultations- und Planungsprozess. Bis Ende 2014 wird der Entwurf des Landesprogramms erstellt und sechs Monate öffentlich für Vorschläge und Stellungnahmen ausgelegt. Die Maßnahmen und Ziele werden anschließend in nationale und internationale Hochwasserrisikomanagementpläne integriert. Die Ziele des Landesprogramms werden auch unter dem Blickwinkel der aktuellen Hochwasserkatastrophe noch einmal geprüft werden und wir werden sie entsprechend weiterverfolgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich unser zukünftiges Handeln mit Prioritäten und Prämissen versehen, die ich hier vortragen will. Prämissen und Prioritäten, die wir mit Blick auf einen nachhaltigen Hochwasserschutz beachten müssen.
1. Wir Thüringer schieben unsere Probleme nicht flussabwärts, sondern wir stehen für die Intensivierung der Kooperation zwischen den Ländern. Denn hier ist jeder auf jeden angewiesen und wir müssen deswegen auch eine nationale und eine internationale Strategie entwickeln, in der jeder seine Aufgabe, seine Verpflichtung wahrnimmt. Da heißt es eben für Thüringen, wir liegen ausschließlich an Oberläufen von Gewässern. Hochwässer, die bei uns entstehen, werden sich, und das haben wir ja dramatisch erlebt bis zum heutigen Tag, zeitverzögert bei unseren Nachbarn auswirken. Auch diesmal war es so. Thüringen trägt deshalb eine große Verantwortung für ein abgestimmtes Management im Hochwasserfall, aber eben auch für die Vorbeugung. Hierzu zählen sowohl die Kommunikation im Fall von Schadensereignissen als auch eine zwischen allen Interessen optimierte Hochwasservorsorge.
2. Gemeinsam mit den anderen Ländern und mit dem Bund bekennen wir uns dazu, in einer abgestimmten Strategie präventive Investitionen in einen nationalen Hochwasserschutz, in ein nationales Hochwasserschutzprogramm einzubauen. Die an
stehende Sonder-Umweltministerkonferenz im Herbst dieses Jahres unter Thüringer Vorsitz soll dazu einen entsprechenden Konsultationsprozess einleiten.
3. Wir brauchen eine stärkere Rückbesinnung auf das Gemeinwohl. Dazu gehört auch, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt werden und die Interessen Einzelner nicht über den Interessen aller stehen dürfen. Entsprechende Vorschläge für eine Bundesgesetzgebung zur Hochwasserschutzbeschleunigung müssen wir gemeinsam auf den Weg bringen. Auch Thüringen wird sich hieran aktiv beteiligen.
4. Weil wir schnellere Verfahren wollen, brauchen wir allerdings auch mehr Transparenz und Beteiligung in den Verfahren. Das ist kein Widerspruch. Gleichzeitig müssen wir neue Verfahren schaffen, wie man eben schneller und effektiver einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen herbeiführen kann. Das schließt Bürgerbeteiligung ausdrücklich ein und nicht aus. Ich setze hier auf die Mitwirkung auch in einem breiten bürgerschaftlichen Engagement, denn es ist das Anliegen aller, die Kenntnis ist vor Ort und sie muss mit dem behördlichen Wissen zusammengebracht werden. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
5. Wir müssen prüfen, ob und auf welcher Ebene wir statt Fonds für Schäden nach dem Hochwasser, wie wir das jetzt auch wieder tun, gemeinsam zu Fonds zum Schutz vor dem Hochwasser kommen. Prävention ist immer besser als Schadensbewältigung. Das ist noch einmal eine ganz klare Erkenntnis aus den Debatten, die wir in diesen Tagen führen.
6. Bei Maßnahmen zum Hochwasserschutz darf es nicht nur um höhere und festere Deiche gehen. Vielmehr wird es auch darauf ankommen, den Schutz der Menschen durch Schaffung natürlicher Rückzugsräume für das Wasser zu verstärken. Dafür brauchen wir auch Anreizsysteme für die Ausweisung solcher Überschwemmungsgebiete. Solidarität beim Hochwasser fängt eben bereits bei der Hochwasservorsorge an.
7. Für uns gilt weiterhin, Hochwassergebiete sind keine Neubaugebiete. Die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete werden wir konsequent fortführen, aber eben auch auf deren Einhaltung drängen müssen.
8. Mit dem bis 2015 aufzustellenden Landesprogramm Hochwasserschutz wollen wir gleichermaßen den technischen Hochwasserschutz als auch die sogenannten ökologischen Verfahren, zum Beispiel auch die Rückverlegung von Deichen, voran
treiben. Dies muss personell und finanziell abgesichert sein. Ich meine, wir können nicht 8 Mrd. € in Deutschland für Wiederaufbau einsetzen und darüber die Prävention, den nachhaltigen Hochwasserschutz, vernachlässigen.
Wiederaufbau und mehr Hochwasserschutz müssen Hand in Hand gestaltet werden, nur dann wird unser Handeln auch nachhaltig sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir sind in den vergangenen Jahren wichtige Schritte vorangekommen, aber wir sind noch nicht am Ziel. Wir müssen vor allem mit Blick auf den Hochwasserschutz weitere Lehren ziehen. Wir müssen ihn weiter verbessern und noch besser vernetzen. Das gelingt jedoch nur gemeinsam, gemeinsam vor Ort in den bedrohten Gebieten, gemeinsam mit unseren Nachbarländern, gemeinsam mit dem Bund und gemeinsam in Europa.
Es ist eine Binsenweisheit, ist aber deswegen nicht weniger wahr, die Ursachen und Wirkungen von Naturkatastrophen wie die Hochwasser 2002 und jetzt wieder 2013 machen nicht an Ländergrenzen halt. Das muss auch für die Lösungen gelten. Sie machen nicht an Ländergrenzen halt. Zielführend ist unser Handeln nur über Landesgrenzen hinweg. Sowohl international als auch national wird deutlich, dass man bei der Frage der Bewältigung solch schwerwiegender Krisen nicht nur zusammenstehen und im Notfall kooperieren muss, vielmehr muss nach dem Rückgang der Fluten und dem beginnenden Aufbau dafür gerungen werden, die Ursachen gemeinsam zu bewältigen und zukünftige Maßnahmen gemeinsam zu entwickeln und zu beschließen.
Neben der Herausforderung durch die Natur gibt es auch eine moralische Herausforderung, weil wir die Betroffenen eben nicht allein lassen dürfen und weil wir Hilfe bieten müssen und Hilfe bieten wollen. Gleichzeitig gilt jedoch, auch die, die nicht direkt betroffen sind, stehen solidarisch für die Folgen solcher Hochwasser mit ein. Auch wir als Politiker haben die Verpflichtung den Betroffenen und der gesamten Gesellschaft gegenüber und diese Verpflichtung möchte ich auch wahrnehmen. Deswegen ist es mir abschließend noch einmal wichtig, das Bewusstsein für das Naturereignis Hochwasser zu schärfen. Wir können uns vorbereiten, wir können den Flüssen wieder mehr Raum geben, wir können die Pegelhöchststände durch ein kluges Talsperrenmanagement abmildern, wir können den Betroffenen in ihrer akuten Not und beim Wiederaufbau helfen. Ich sage nicht nur „wir können“ - wir müssen. Wir sind nicht wehrlos, aber wir müssen uns auch bewusst sein, wir sind nicht allmächtig. Wir werden ein Hochwasser niemals gänzlich verhindern können. Wir können die Natur nicht beherrschen, wir können nur mit der Natur leben und ich
sage auch hier: Wir müssen mit ihr leben. Nachhaltiges Handeln in allen Lebensbereichen ist langfristig der einzige Weg, um gleichermaßen Wachstum und Gerechtigkeit zu erreichen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Von dieser Erkenntnis wird sich die Landesregierung bei ihrer Arbeit auch weiterhin leiten lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, in diesem Sinne werbe ich nun auch hier im Hohen Haus um Ihre Mitarbeit, um Ihre Mithilfe und um Ihre Unterstützung. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin für die Regierungserklärung. Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen die Aussprache zur Regierungserklärung wünschen. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zum gemeinsamen Antrag aller Fraktionen und als Erster hat das Wort der Abgeordnete Mike Mohring von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, Frau Ministerpräsidentin, recht herzlichen Dank für Ihre Regierungserklärung, auch für die Ausführlichkeit der Darlegungen der Schäden, die eingetreten sind, vor allen Dingen seit dem letzten Hochwasser 2002, auch in der Folgewirkung davon und auch mit dem Ausblick darauf, was muss in Thüringen geschehen, damit wir auch aus der Lehre dieser beiden Hochwasser die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und helfen können.
Ich will namens unserer Fraktion zuallererst den Helfern danken, all den Helfern, die im Hochwasser jetzt in beeindruckender Weise gezeigt haben, wie die Gesellschaft zusammenstehen kann. Wir wollen allen an dieser Stelle ausdrücklich Danke sagen.
Wir wollen den hauptamtlichen Helfern Danke sagen, denen, die an der Wasserfront gestanden haben, den Stäben bei der Polizei, den Stäben bei der Feuerwehr, beim Katastrophenschutz und bei der Bundeswehr - all diesen hauptamtlichen Helfern, die in diesen letzten drei Wochen Großartiges geleistet haben herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, wir wollen feststellen, das Hochwassermanagement in Thüringen ist besser geworden, der Katastrophenschutz hat dazugelernt und wir haben gesehen an der Ilm und auch an der Saale, wir sind dem Landwirtschaftsministerium dankbar und denen, die am Talsperrenmanagement ihre Arbeit geleistet hatten. Wenn die nicht so ihre Arbeit des Managements hinbekommen hät
ten, wären die Schäden in Thüringen größer gewesen. Danke stellvertretend dem Landwirtschaftsminister und seinen Leuten.
Wenn man diesen Satz so einfach dahinsagt und dann mal ein Stück sacken lässt, dann sieht man nichts von Ellenbogengesellschaft, nichts von Egoismus, sondern die Menschen haben geholfen bei den Deichen, beim Aufräumen, bei Spendenaktionen, Arbeitgeber haben Mitarbeiter uneigennützig freigestellt, haben gesagt, helft mit, wenn es wichtig ist. Man sieht, diese deutsche Gesellschaft, diese Thüringer Gesellschaft steht zusammen, wenn es darauf ankommt, und darauf können wir auch gemeinsam ziemlich stolz sein.
Wir danken unserer Landesregierung für eine schnelle Hilfe, für eine unbürokratische Hilfe. Es gab drei Kabinettssitzungen in einer Woche, wo die ganzen Dinge zusammengebunden wurden, damit die Menschen spüren, die Politik reagiert, sie verheddert sich nicht in bürokratischen Fragen, sondern sie bündelt die Soforthilfe. Schnelles Geld wurde bereitgestellt, jeder Euro des Bundes nach der Zusage der Kanzlerin wurde mit 1 € aus Landesgeld sofort zur Verfügung gestellt. Wir danken ausdrücklich für diese schnelle Hilfe in der ersten Woche nach der Hochwasserkatastrophe.
Wir danken auch deshalb, weil sofort berücksichtigt wurde - es war auch eine Bitte unserer Fraktion -, dass den Privaten, den Kleinunternehmern, aber eben auch gleich den kommunalen Vertretern geholfen werden wird, weil klar war, manche waren seit drei Wochen im Hochwasser. Und alle Richtlinien haben das auch gleichzeitig berücksichtigt. Wir kennen viele Bürgermeister, die haben keine Haushalte aufgestellt und die haben mitten in der Flut gestanden drei Wochen. Die mussten Aufträge auslösen, die mussten Schlamm entsorgen, die mussten Aufräumarbeiten leisten, die mussten schweres Gerät organisieren, und das alles ohne Haushalt. Jeder weiß, wenn dann nicht eine Richtlinie kommt und den rechtlichen Rahmen dafür gibt, dann stehen die Leute irgendwann mit ihrer Verantwortung und mit den ausgelösten Aufträgen alleine da und haben keine Hilfe und keine rechtliche Rückendeckung. Das ist mit den Richtlinien geschehen und dafür sind wir ausdrücklich dankbar, dass diese rechtliche Klarheit so schnell gekommen ist.
Wir sagen auch, weil wir wissen, dass die Ministerpräsidenten und die Bundesregierung ihre nationale Aufgabe gesehen haben und zügig jetzt das Paket von 8 Mrd. € zu Ende verhandelt haben, dass diese gefundene Lösung - und ich sage mal vor allen Dingen aus Ländersicht - eine sehr gut verhandelte Lösung ist. Frau Ministerpräsidentin als Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, da kann man nur Respekt zollen, das ist gut gelungen, auch zugunsten der Länderkassen.
Und es ist deshalb so wichtig, weil das für uns heißt - auch die Zahlen, die die Ministerpräsidentin genannt hat -, Thüringen kommt bei der Hochwasserhilfe ohne neue Schulden aus. Die Bundesrepublik kommt ohne Steuererhöhung aus. Das sah in den ersten Tagen der Verhandlung nicht immer so aus, weil es unterschiedliche Vorstellungen gab, weil es unterschiedliche Vorschläge gab. Aber dass es uns gelungen ist, hier Hochwasserschutzmaßnahmen jetzt und auch in Zukunft ohne Neuverschuldung zu machen, und dass die Bundesrepublik auskommt ohne Steuererhöhungen, das ist ein wichtiges Signal und ich bin froh, dass diese Einigung so zustande gekommen ist.
Ich will sagen, ich danke unseren Vertretern aller fünf Fraktionen hier in diesem Hause, weil von Anfang an klar war, dass wir, nachdem wir auch das Signal ausgesendet hatten von unserer Fraktion aus, dass wir einen gemeinsamen Antrag stellen wollen und dass wir gemeinsam als Parlament hier aus der Mitte des Hauses zeigen wollen, wenn es um Soforthilfe, wenn es um Hochwasserschutz geht, dann ist das keine Partei- und Fraktionsfrage, sondern da geht es darum, dass wir insgesamt unserer Verantwortung als Parlamentarier gemeinsam gerecht werden wollen und dass wir nicht nur in einer Plenarsitzung im Rahmen der Regierungserklärung über die Fragen sprechen wollen, was ist seit dem Hochwasser 2002 passiert und was muss künftig getan werden, sondern dass wir die Landesregierung bitten, in fünf Ausschüssen in den nächsten Wochen und Monaten uns als Parlament darüber Bericht zu geben: Was für Maßnahmen sind getroffen worden seit 2002? Was ist passiert? Was muss künftig passieren? Wie können wir gemeinsam Soforthilfen steuern? Wie können wir uns aber auch so als Land aufstellen, dass wir bestmöglich solchen künftigen Katastrophenfällen begegnen können? Danke von unserer Seite allen Fraktionen in diesem Haus für diesen gemeinsamen Antrag, das war wichtig für uns.
Wir sind deshalb auch froh, dass diese Gemeinsamkeit auch zum Ausdruck gebracht hat, über diese Soforthilfe, die wir vereinbart haben, über die
Richtlinie der Landesregierung, dass den Privatpersonen geholfen wird, dass den Kleinunternehmern geholfen wird, dass den Kommunen geholfen wird, wir jetzt auch den Blick darauf gerichtet haben, dass auch den Vereinen, den gemeinnützig Tätigen in diesem Land ein Signal der Hilfe gesandt wird und dass unseren Bauern und Landwirten in Thüringen ein klares Signal gegeben wird: Wir lassen euch nicht allein, ihr seid inbegriffen in die Soforthilfen. Allen, die Schäden an Hochwasser erlitten haben, den wollen wir im Rahmen der Soforthilfepakete helfen. Das sagt auch der gemeinsame Antrag aus, das sagt auch die Soforthilfe der Landesregierung aus. Ich glaube, dieses Signal ist verdammt wichtig.