Richtlinie der Landesregierung, dass den Privatpersonen geholfen wird, dass den Kleinunternehmern geholfen wird, dass den Kommunen geholfen wird, wir jetzt auch den Blick darauf gerichtet haben, dass auch den Vereinen, den gemeinnützig Tätigen in diesem Land ein Signal der Hilfe gesandt wird und dass unseren Bauern und Landwirten in Thüringen ein klares Signal gegeben wird: Wir lassen euch nicht allein, ihr seid inbegriffen in die Soforthilfen. Allen, die Schäden an Hochwasser erlitten haben, den wollen wir im Rahmen der Soforthilfepakete helfen. Das sagt auch der gemeinsame Antrag aus, das sagt auch die Soforthilfe der Landesregierung aus. Ich glaube, dieses Signal ist verdammt wichtig.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Antrag, den wir ja aufgeteilt haben in zwei Pakete, eben dass wir zum einen darüber berichtet haben wollen in fünf Ausschüssen, was ist seit 2002 passiert, welche Maßnahmen sind ergriffen worden, was ist noch ausgeblieben, warum ist manches ausgeblieben, was kann nachgesteuert werden, aber eben auch, dass wir wissen wollen und darüber die Landesregierung bitten wollen, wie kann man unbürokratisch weiterhelfen. Deswegen haben wir auch vorgeschlagen in dem gemeinsamen Antrag, darüber zu reden, welche Finanzierungsinstrumente zur Unterstützung der von Hochwasser betroffenen Kommunen kann man zusätzlich jetzt noch entwickeln, wenn es im Rahmen der Aufbauhilfe weitergeht. Deswegen haben wir auch markiert und fragen nach: Ist es vielleicht auch möglich, dass man durch weitere Zuweisungen, durch Erlass von Rückzahlungsansprüchen bei Bedarfszuweisungen, durch Sofortkredite, durch Lockerung von Vergabebestimmungen und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren den Kommunen im Rahmen der Sofort-, aber auch im Rahmen der Aufbauhilfe weiterhelfen kann? Ich glaube, diese Flexibilität bei Finanzierungsinstrumenten wird wichtig sein an der einen Stelle und natürlich auch, dass wir die Fragen klären aus der Vergangenheit, aber auch für die Zukunft, wie steht es mit unserem Informations- und Meldeweg. Wir wollen auch in einem Ausschuss darüber reden: Kann es nicht auch sein, dass wir unseren eigenen öffentlich-rechtlichen Rundfunk dazu motivieren können, dass wir über die Reportagen aus den Krisengebieten, die Reportagen der großartigen Hilfe, die viele Menschen in dem Land geleistet haben, vielleicht auch einrichten können, dass man den Menschen in so einer Katastrophe helfen kann, wenn es eine permanente Information durch öffentlich-rechtliche Medien gibt, sei es über die Höhe der Pegelstände, sei es über die Frage, wo Hilfe vor Ort abgerufen werden kann? Ich glaube, da kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk uns auch insgesamt als Verantwortliche noch mehr unterstützen, dass in solchen Katastro
phenfällen auch die Bürger aus dem Rundfunk und aus Fernsehen diese permanente Hilfe über die Krisensituation bekommen. Das wollen wir ausführlich diskutieren.
Wir wissen, es ist viel passiert und viele Nachrichten sind gekommen, aber Sie wissen auch, das Bessere ist der Feind des Guten und auch das muss eine Lehre sein, es aus den Katastrophenfällen noch besser zu machen. Wir müssen uns fragen: Reichen die technischen Kapazitäten der vorhandenen Informationssysteme bei den Behörden aus? Wir haben das Pegelinformationssystem. Wir haben auch gesehen, dass das System mit seiner Serverkapazität völlig überlastet gewesen ist in den Tagen, weil eben nicht nur die Behördenvertreter auf das Informationssystem zurückgegriffen haben, sondern natürlich auch alle Tausende Bürger, die von dem Hochwasser betroffen waren. Ich glaube, eine dieser Fragen wird auch sein müssen, ob wir nicht auch die technischen Ausrüstungen an der Stelle so verstärken können, dass im Katastrophenfall, wenn Tausende Menschen mit einem Mal auf diese Informationssysteme zugreifen, wir diese so verstärken und ausstatten müssen, dass sie dann auch leistungsfähig sind im Katastrophenfall und nicht für Überlastung Erroranzeige machen und dann die Hilfe ausbleibt. Auch das ist wichtig und darüber wollen wir in Ruhe sprechen.
Dann, glaube ich, wird in dem Kern der künftigen Maßnahmen wichtig sein, dass das Landesprogramm Hochwasserschutz, was der Landwirtschaftsminister bis 2015 angekündigt hat, aufgestellt und auch umgesetzt wird. Wir haben, glaube ich, auch gelernt, dass wir in den Prioritäten von Haushaltskonsolidierung und von Sanierung von Haushalt und von Prioritätensetzung von künftigen Maßnahmen sehen müssen, dass dem Hochwasserschutz eine Priorität eingeräumt werden muss, und wir sind der Landesregierung dankbar, dass sie vereinbart hat, dass die vom Landwirtschaftsminister vorgeschlagene Ausfinanzierung von zusätzlich 10 Mio. € bis 2015 jetzt aus dem laufenden Haushalt finanziert wird. Ein wichtiges Signal für den Hochwasserschutz, aber auch ein wichtiges Signal für die betroffenen Bürger, dass wir jetzt zügig mit der Umsetzung der Maßnahmen in einem Gesamtpaket beginnen wollen.
Dann will ich bei der Frage über die Maßnahme der Berichterstattung hinaus auch noch einmal ein paar Überlegungen namens unserer Fraktion mit auf den Weg geben. Ich will mit einer beginnen, die ich schon noch einmal sagen will, dass ich glaube, über alle Maßnahmen, die wir jetzt machen, über alle Hilfen, die wir leisten, über die 8 Mrd. €, die wir
investieren, über alle bürokratischen Hemmnisse, die wir lockern, über alle schnelle Reaktion seitens der Politik, über alle Hilfen hinweg müssen wir, glaube ich, auch erkennen und immer wieder sagen, der Mensch wird nicht in der Lage sein, all diese Katastrophen tatsächlich zu 100 Prozent zu verhindern. Das ist, glaube ich, auch eine wichtige Erkenntnis aus diesen Katastrophen heraus. Wir werden es nicht schaffen, ob nun von Wind oder von Wasser oder von anderen Elementen her wir am Ende von Katastrophen heimgesucht werden, alles werden wir nicht verhindern können, auch wenn wir uns noch so perfekt aufstellen wollen. Wir müssen auch lernen, dass nicht all unser Wachstum immer unendlich und unbegrenzbar ist. Auch das, glaube ich, gehört als wichtige Erkenntnis dazu.
Wir müssen uns fragen, wenn es zur Interessenkollision kommt zwischen Einzelinteressen und zwischen dem Gemeinwohl, wo schlägt das Pendel am Ende aus? Natürlich ist es schön, wenn man in einer niedlichen Aue wohnen kann, aber am Ende dienen die Flussauen immer auch dazu, als Polder zur Verfügung zu stehen. Natürlich ist es schön, wenn man am Fluss wohnt und hat einen schönen Ausblick. Natürlich kann man verstehen, wenn einer durch einen Deich, der gebaut wird, diesen schönen Ausblick versperrt bekommt. Aber wenn diese Debatte um diese Interessen dann dazu führt, dass man zehn Jahre lang keine Hochwasserschutzmaßnahmen durchführen kann, weil man sich darüber streitet, hat das Einzelinteresse mehr Wert als das Gemeinwohlinteresse. Dann müssen wir, glaube ich, auch den Mut haben und die Verantwortung, deshalb sind wir auch gewählt, die Regelungen so zu treffen, dass die Einzelinteressen im Zweifel, da Gemeinwohlinteresse überwiegt, zurückstehen müssen und wir müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen.
Wenn wir lernen, darüber zu schauen, wie kann man bürokratisch manches schneller machen, dann wollen wir empfehlen, auch darüber zu reden, ob wir nicht Modelle, die wir schon einmal angewendet haben, ich erinnere an die verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzliche Regelung, dass man auch noch einmal schaut, kann man nicht in Analogie zu diesen gesetzlichen Regelungen auch noch einmal Beschleunigungsgesetze auflegen und manche Verfahren zur Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen jetzt so gesetzlich einbetten, dass sie schneller umgesetzt werden können, dass die Planungen kürzer sind, dass die umgesetzten Maßnahmen schneller gehen. Denn wir können angesichts auch der Schnelligkeit dieser Jahrhunderthochwasserkatastrophe nicht ausschließen, dass die nächsten Katastrophen schneller kommen, als die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen uns
heute das erlauben, die Maßnahmen umzusetzen. Wir plädieren für eine analoge Regelung, für schnelle Regelungen an Planung und Umsetzungsregelung.
Wir wollen eine Idee aufgreifen, die unser wirtschaftspolitischer Sprecher Gerhard Günther in diesen Tagen als Idee mit aufgebracht hat, nämlich den Vorschlag für ein befristetes Thüringer Wiederaufbauprogramm. Angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, angesichts der guten Entwicklung von Beschäftigung, angesichts der guten Entwicklung, dass die Sozialkassen nicht überlastet, sondern derzeit entlastet werden, sehen wir auch, dass derzeit in Größenordnungen Mittel für Eingliederungsmaßnahmen für Hartz-IV-Bezieher und Lohnkostenzuschüsse aus dem Landesarbeitsmarktprogramm nicht abgerufen werden. Unser Vorschlag ist, dass man im Rahmen eines befristeten Thüringer Wiederaufbauprogramms auch Langzeitarbeitslosen die Chance gibt, die für Aufräumarbeiten und personalintensive, grundständige Landschaftspflegemaßnahmen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu überführen, die dadurch eine Chance für den ersten Arbeitsmarkt gibt, aber jetzt auch hilft, dass diese Maßnahmen, die so unendlich notwendig sind, die die Kommunen zum Teil mit ihren eigenen Bauhöfen überfordern, die die Kommunen aber auch angesichts ihrer Kassenlage überfordern, all das in Ordnung zu bringen, was wir an den Flussrändern sehen, was überall ausgespült und kaputt gemacht wird und was wir auf den landwirtschaftlichen Flächen sehen, was alles saniert werden muss an Neuanlagen von Wegen und in Uferbereichen, eben auch in der Sanierung von Parkanlagen. Wir schlagen vor, dass man im Rahmen dieses Thüringer Wiederaufbauprogramms Langzeitarbeitslosen eine Chance gibt, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen; wir würden diese Mittel dafür einsetzen wollen.
Meine Damen und Herren, eine Anmerkung will ich machen, die eher die Bundesebene trifft als die Thüringer Landesebene. Ich habe ja vorhin auch gesagt, es ist klug verhandelt von den Länderministerpräsidenten, dass wir mit unseren Haushalten das alles stemmen können ohne Neuverschuldung und dass auch zugunsten der Länderkassen gute Entscheidungen getroffen wurden bis hin zu der Regelung der Entflechtungsmittel bis 2019, ein Nebeneffekt der Verhandlung, die uns Sicherheit gibt für unseren eigenen Haushalt, auch unsere Bemühungen zur Konsolidierung, auch Investitionen zu ermöglichen, all das umsetzt, also eine sehr gute Lösung dafür. Aber ich will noch anmerken, dass die Entscheidung beim Bund selbst, vor allen Dingen über die Finanzierung von Schulden über 20 Jahre Rückzahlung, die Hochwasserschutzmaß
nahmen daraus zu finanzieren, mit Sicherheit nicht der schwierigste Weg war, den zu wählen, weil man natürlich auch sehen muss, wenn man sich jetzt vereinbart, das 20 Jahre lang zurückzuzahlen, wenn man gleichzeitig sieht, wie schnell die Hochwasser in der letzten Zeit zu uns reingekommen sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir innerhalb der Rückzahlung der Schäden aus dem jetzigen Hochwasser immer noch dabei sind, wenn möglicherweise schon das nächste Hochwasser uns ereilt. Und ob auf Dauer ein Staat, der jetzt gerade im höchsten Steuereinnahmeniveau steht, es sich leisten kann, permanent mit neuen Anleihen immer wieder neue Finanzierungen und Verschuldungen auch außerhalb des Haushalts darzustellen, dahinter würde ich ein großes Fragezeichen machen. Ich finde, da teile ich übrigens die Ansicht des haushaltspolitischen Sprechers aus der SPDBundestagsfraktion, einen Teil kann man immer wieder auch in solchen schwierigen Maßnahmen für Einsparungen erwirtschaften. Dazu muss man eigentlich auch in der Lage sein, da appelliere ich auch an unsere Kollegen beim Bund, das muss möglich sein, weil in solchen Krisensituationen die Rechtfertigung, auch dafür neue Prioritäten innerhalb eines Haushaltes zu setzen, am größten ist. Das wollte ich wenigstens noch anmerken zum Schluss, damit bei aller Freude, wenn alles weg ist und alles wieder aufgebaut ist, wir nicht vergessen, die Last der 8 Mrd. € zurückzuzahlen, die holt uns länger ein, als möglicherweise das nächste Hochwasser vor der Tür steht.
Ich werbe für die Überweisung des Antrags an die Ausschüsse, was den Berichtsteil betrifft, und um Zustimmung aus unserem Haus für unseren gemeinsamen Antrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren auf unserer Tribüne, auch vonseiten der Opposition ein ausdrücklicher Dank an Ihre großartige Leistung und Ihre unglaubliche Einsatzbereitschaft in einer Situation, in der Menschen große Sorgen hatten und wir uns fragen müssen - und so ist heute die Diskussion -, was können wir tun, um Ihre Arbeit zu verbessern, was müssen wir tun, um Ihre Arbeit zu verbessern, und was müssen wir gemeinsam tun, um solche Situationen in Zukunft früher oder besser in den Griff zu bekommen?
Was können wir auch tun, um vielleicht solche Situationen gänzlich zurückzudrängen? Ich will ein Stichwort nennen, über das man lange Zeit Scherze gemacht hat, „Klimawandel, Klimaschutz“, als ein Thema, das unbedingt mit in die Diskussion gehört.
Aber ich will mich ausdrücklich dem Dank der Ministerpräsidentin anschließen und auch Bezug nehmen auf alle Zahlen, Daten, Fakten, die Sie genannt haben. Das muss ich als Oppositionsvertreter nicht wiederholen, weil das die Arbeitsgrundlage für das ist, was die Regierung jetzt auf den Weg gebracht hat, aber auch wir als Fraktionen mit unserem gemeinsamen Antrag deutlich gemacht haben, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen wollen und - wie der Kollege Mohring eben ausgeführt hat auch nicht unkritisch gehen wollen, denn es gibt Situationen, die man so schräg gar nicht vorherdenken kann, wie sie einzelnen dann geschieht. Da hilft dann auch schnelle Hilfe nichts, wenn man feststellt, dass gemeinnützige Vereine wie in Jena die überbetriebliche Ausbildung und das Saale-Betreuungswerk absaufen, allein beim Saale-Betreuungswerk ein Schaden von über 700.000 €, das ist ein gemeinnütziger Verein, der keine Rücklagen bilden darf, und es ist ein Ort, in dem es keine Versicherungen gibt. Das heißt, ein solcher Verein steht vor der Existenzvernichtung. Er fällt nicht in das Programm der Wirtschaft, wo Matthias Machnig die Weichen ordentlich gestellt hat, er fällt auch nicht in den Vereinsspendentopf oder Investitionstopf, den der Kultusminister aufgelegt hat. Auch über solche Dinge müssen wir reden. Dasselbe gilt für die Volkssolidarität in Zwötzen. Da ist der Kindergarten abgesoffen, da wird das Gebäude noch über die Versicherung finanzierbar sein, aber schon die Freiflächen und die ganzen neuen Kinderspielgeräte sind alle vernichtet. Das heißt, da zahlt keine Versicherung und da greifen auch die Instrumentarien noch nicht so richtig.
Ich verstehe aber, werte Frau Ministerpräsidentin, Ihr Agieren so, dass wir für all diese Problemfälle Lösungen suchen und finden werden. Deswegen glaube ich, dass wir schauen müssen, was können wir tun, was müssen wir tun. Am Beispiel - Mike Mohring hat es gesagt - der Kommunen, die keinen Haushalt haben, haben wir auch genau solche Situationen.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben ja darauf hingewiesen, direkt als wir aus China zurückgekommen sind, sind Sie unterwegs gewesen, sind alle anderen sozusagen ausgeschwärmt, haben geschaut, da gibt es so eine Situation, dass dann auf einmal eine freiwillige Feuerwehr sagt, wir würden gerne helfen, weil an dem Ort, wo wir sind, ist alles getan, und jetzt ist die Frage, wie ist die Zuständig
keit, wer bezahlt den Diesel, damit die freiwillige Feuerwehr losfahren kann. Da habe ich den Innenminister kurz angerufen, der hat mir ein Signal gegeben und das Problem war innerhalb von fünf Minuten gelöst.
Ich habe in Erfurt gesehen, DLRG war gut vorbereitet, neben all den Kollegen vom Roten Kreuz, THW und Feuerwehr und freiwillige Feuerwehr, das hat alles hervorragend ineinandergegriffen, trotzdem war die DLRG-Einheit bereit, weiter zu helfen. An der Stelle haben wir dann den Tipp weitergegeben und ganz schnell wurde die DLRG-Einheit angefordert. Auch da hat man gesehen, die Ketten, die sozusagen jenseits der offiziellen Linien gehen, haben eigentlich in den letzten Tagen unglaublich geholfen. Das heißt, mein Dank gilt all denen, die einfach so schräg gedacht haben, dass man gesagt hat, zuerst steht die Hilfe. Was können wir tun, wo können wir helfen? Und keiner hat gefragt vorher, wo ist die Risikoabschätzung, wo ist die Risikoabwehr, wo ist das Geld, dass ich dabei verdiene, nein, und das will ich ausdrücklich sagen, alle, die zugefasst haben, haben zugefasst, um zu helfen, und dafür kann man aus tiefstem Herzen nur Dank sagen.
An ein paar Punkten, will ich schon sagen, habe ich eine etwas andere Einschätzung bei der Herangehensweise, wenn wir 2002 zu 2013 bewerten. Wir haben jetzt zweimal diese katastrophalen Fluten innerhalb von zehn Jahren erlebt. Das heißt, immer im technischen Bereich HQ100, soll heißen, das Hochwasser kommt nur alle 100 Jahre. Jetzt ist es nach zehn Jahren wieder gekommen und die Maßnahmen, die man 2002 ergriffen hat - und da ist viel Geld in die Hand genommen worden -, die greifen zehn Jahre später schon nicht mehr. Und manches ist einfach nicht konsequent zu Ende gebracht worden. Über das muss man reden. Also ich stehe in Meuselwitz in der Schule und sehe, dass im Kellergeschoss der EDV-Raum und der Chemieraum sind. Der ist schon 2002 abgesoffen. Und die Schulleitung hat den Antrag gestellt, dass wenigstens dieser Teil nach oben kommt, damit er nicht wieder bei einer Wassergefährdung absäuft. Das letzte Mal hat der Schuldirektor selbst alles hochgetragen, er hat es noch hochtragen können. Dieses Mal war das Wasser schneller. Der Antrag, das von unten nach oben umzusetzen, ist abgelehnt worden aus Kostengründen. Dem müssen wir nachgehen. Und deswegen sage ich, das ist keine Frage von Opposition und Regierung, sondern es ist eine Frage von uns gemeinsam, dass man sagt, was ist nicht konsequent zu Ende gebracht worden. In Meuselwitz gab es einen Hochwasserschutz, der komplett geplant war. Die Bürgermeisterin hat mir das noch mal genau erläutert. Das ist von der nächsthöheren Stelle abgelehnt und verworfen worden. Es hätte also ein Teil der Flut dort verhindert
werden können, an der Stelle. Das Wasser an sich wäre trotzdem da gewesen. Der Punkt ist nur, und das versteht dann dort am Ort niemand, warum man dann, wenn man den einen Planungsteil verwirft, nicht einen neuen Planungsteil in der Zwischenzeit umsetzt.
Und ich muss mir auch an die eigene Nase fassen, in meinem Wahlkreis besichtigte ich vor zwei Jahren eine Stelle, wo mir gesagt wird, hier muss Hochwasserschutz gemacht werden, ich gehe der Sache nach, versuche das zu unterstützen und dann erfahre ich am Samstag im Lagezentrum, genau diese Stelle ist unter Wasser. Und ich sage so, ja, aber das ist doch seit zwei Jahren bekannt, dann wird mir geantwortet, seien Sie mal lieber still, Herr Abgeordneter, weil die dafür Zuständigen am Ort haben auf das Baurecht bestanden. Jetzt ist Baurecht erteilt worden und der Ort ist abgesoffen. Hätten Sie mit Einvernehmen gebaut, wäre alles verbaut gewesen und es wäre erledigt gewesen. Also insoweit, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, geht es überhaupt nicht darum, irgendeine Lösung zu finden, die heißt, die Opposition weiß es besser, die Regierung ist schuld, sondern in diesem Fall haben wir mit einer katastrophalen Situation umzugehen. Die Bilder im Moment von Sachsen-Anhalt und Sachsen und Brandenburg, auch die Bilder, die kurz vorher von Bayern kamen, sind einfach prägend. Ich bin froh, dass wir den gemeinsamen Antrag so auf den Weg gebracht haben. Wir hatten als Opposition einen Antrag eingereicht, der sozusagen den Erkenntnissen gezollt hat, die wir an dem Tag hatten. Die Kollegen der anderen Fraktionen haben das aufgegriffen, ich habe mich nicht irgendwie ausgegrenzt gefühlt und wir haben keinen Sonnenscheinantrag gemacht. Sondern wir sagen, wir wollen, dass darüber berichtet wird, und wir haben eine Zielstellung. Am Ende muss es Maßnahmen geben, die viel konzentrierter greifen. Die Frage, die wir uns aber ehrlich beantworten müssen, ist die Frage, wie häufig werden solche Katastrophen auf uns zukommen und wie intensiv müssen wir mit ihnen umgehen. Denn Mike Mohring hat darauf hingewiesen, Bürger wollen gern am Wasser bauen, sie möchten sozusagen gern einen schönen Blick auf ein Fließgewässer haben. Wenn man dann sagt, das geht nicht, weil wir genau diesen Teil des Flusses, des Bachs brauchen, dann sind wir als Politiker diejenigen, die blöd angeschaut oder auch angemeiert werden. Und wenn Sie, Frau Ministerpräsidentin, sagen, es darf in Auen nicht gebaut werden und wir bekommen jetzt die Katasterkarten und, und, und, dann bleibt die Frage: Warum wird in Bad Salzungen gerade in einer Aue ein Hotel genehmigungsfähig auf den Weg gebracht? Dann müssen wir uns aber auch die gleiche Frage nach der Multifunktionsarena in Jena stellen.
Dann müssen wir auch den Mut haben, die Dinge anzuschauen, und zwar nicht parteipolitisch, sondern tatsächlich dem Flussverlauf folgend oder dem Bachverlauf folgend. Manche Dinge haben wir ja 2002 gelernt und jetzt noch einmal 2013, dass manchmal ein Rinnsal, das völlig unbedeutend aussieht, zu einem Riesenproblem werden kann, wenn, wie an einer Stelle vor Erfurt von der einen Seite der kleine Mühlbach kommt und von der anderen Seite der Überlauf der Heyda durch die Apfelstädt auf denselben Punkt am Ende einwirkt. Auch da muss man lernen, die Wassermengen besser zu berechnen, besser abzuschätzen und natürlich dann auch konsequent Maßnahmen zu ergreifen, dass das Wasser nicht so schnell fließt, weil die Beschleunigung hilft nicht weiter.
Ich erinnere mich an die 70er-Jahre in RheinlandPfalz. Die Mosel wurde jahrzehntelang begradigt und die Moselhänge, die Weinberge wurden drainagiert. Das Ergebnis dieser Drainagierung ist, dass das Regenwasser, das auftritt, innerhalb von Sekunden unten im Fluss ist. Das Ergebnis davon war, dass der Fluss in kürzester Zeit hochsteigt. Lange Zeit wollte niemand darüber reden. Der Bach, an dem ich in Hessen gewohnt habe, war schnurgerade ausgerichtet seit den 20er-Jahren, dann wurde er mit Millionen zurückgebaut, damit er ganz langsam und träge fließt und die Weiden wurden als Au-Weiden genutzt. Da haben sich die Bürger aufgeregt und gesagt, die Politik ist verrückt geworden, solche Schlängelbäche wieder zu machen, der gerade Bach ist doch viel schöner. Und jetzt merken wir langsam, hier geht etwas schief. Deswegen bin ich froh, wenn wir anfangen, auch gründlicher gemeinsam darüber zu reden, welche Verantwortung haben wir an diesen Stellen, das heißt auch, am Ende an der Stelle, wo wir vor Ort Gesicht zeigen müssen.
Ich will nur sagen, am 20. Mai, Frau Ministerpräsidentin, kurz bevor wir nach China geflogen sind, war im MDR-Fernsehen der Filmbeitrag über die Thüringer Sintflut. Den habe ich mir angesehen und mir gedacht, ist ja spektakulär, was der MDR da macht. Das war noch, bevor der Regen losging. Danach habe ich über diesen Film anders nachgedacht. Eine 8 Meter hohe Wasserwand im Ilmtal ist für uns unvorstellbar. Aber sie hat stattgefunden. Am 23. Mai 1950 ist in Bruchstedt innerhalb von wenigen Minuten das ganze Dorf abgesoffen, 60 Prozent aller Häuser sind vernichtet worden, das ganze Vieh ist ertrunken und sechs Menschen waren tot - Bruchstedt in Thüringen bei Bad Langensalza. 2002 bei Leubingen standen wir in der Nacht vor der Frage: Muss der Deich geschlitzt werden oder läuft er über? Die Frage ist: Wie benachrichtigt man dort die Menschen, damit sie nachts wissen, dass sie aus den Häusern rauskommen müssen? Da kommt dann auch so eine Frage: Wo sind denn die Sirenen abgeblieben? Es gab mal ein Sirenen
alarmierungssystem in ganz Deutschland. Da, wo die Kameraden der Feuerwehr auf stille Benachrichtigung umstellen, bleibt am Ende die Frage: Wie bekommen wir denn genug Lärm und Krach in der Nacht, um solche Dinge als Alarmsituation zu kennzeichnen? Das ist der Zuständigkeit des Föderalismus - das ist der etwas andere Akzent - 1990 zum Opfer gefallen. Der Bund hat gesagt, Katastrophenbenachrichtigung ist nicht mehr unser Thema, der Kalte Krieg ist um, die DDR gibt es nicht mehr, wir müssen niemanden mehr wegen drohender Kriege benachrichtigen, also haben wir das Katastrophenwarnsystem komplett abgeschafft. Ob das richtig war, da habe ich große Zweifel. Ich glaube, darüber müssen wir miteinander reden.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin unglaublich dankbar für die Improvisation, die alle Beteiligten an den Tag gelegt haben. Ohne diese Improvisation wäre uns manches schlimmer begegnet. Wie man sieht, die Bürger zwischen Sachsen und Brandenburg und SachsenAnhalt debattieren im Moment über die Frage, ob der Ausbau des Hochwasserschutzes in Sachsen nicht zu einer erhöhten Flut in Sachsen-Anhalt und Brandenburg geführt hat. Das Pretziener Wehr wird heute geschlossen und die ganzen Polderwiesen, die geöffnet worden sind, wo dann hintendran der Deich gebrochen ist und die Gemeinden von beiden Seiten abgesoffen sind, das führt dazu, dass die Bürger dort sagen, es kann doch nicht sein, dass ein Bundesland sich schadlos hält zulasten des anderen. Ob das stimmt, wissen wir nicht, aber wir haben die Bilder auch gesehen, wo empörte Bürger sagen, wir glauben euch nicht. Diese Geschichte an dem Schöpfwerk in Sachsen-Anhalt, wo der Minister dann noch einen Holzknüppel Richtung Kopf geworfen bekommen hat, weil er nicht erklären konnte, warum das Schöpfwerk nicht angestellt wird und die Bürger sehen, ihre Gemeinde säuft ab.
Wir haben so etwas im Kleinen, es ist überhaupt nicht so dramatisch passiert, aber wir haben im Kleinen die gleiche Frage. In Sömmerda ist die Unstrut außen herum Gewässerklasse 1 und die Alte Unstrut, die Sömmerda entwässert, ist jetzt der Mühlgraben, Gewässerklasse 2. Der Bürgermeister sagt, wenn die Unstrut mittlerweile einen höheren Pegelstand hat, weil sie ablaufendes Wasser mitnimmt, entwässern wir Sömmerda nicht mehr. Das dazugehörige Schöpfwerk, das notwendig ist, dazu sagt die Landesebene jetzt, das muss die Gemeinde bauen, weil es Gewässerklasse zweiter Ordnung ist.
Stichwort Leubingen: Die Deiche von Leubingen sind 2002 alle wirklich unglaublich gut ausgebaut worden. Da kann man einfach nur sagen, große Klasse, überhaupt keine Kritik. Trotzdem bleibt die Frage, wer die Wiesen dort bewirtschaftet, wenn sie unter Wasser stehen und er kann sie für Futter
nicht benutzen für seine Hochleistungsmilchkühe, er muss dann anschließend irgendwann mal Futter dazukaufen. Finanzieren wir das alle gemeinsam oder nicht oder überlassen wir das dem jeweiligen Betrieb? Auch die ganzen Auen dort sind mit Schöpfwerken zu entleeren und seit Jahren gibt es ein Zuständigkeitsgerangel, wer diese Schöpfwerke finanziert.
Das sind Sachen, bei denen ich meine - so verstehe ich unseren gemeinsamen Antrag -, wir müssen Stück für Stück darüber reden, und zwar ohne Adressierung, wer daran schuld ist, sondern immer mit der Adressierung, wie können wir es lösen, wie bekommen wir es besser hin und welche Konsequenzen können wir ziehen. Die Frage, die wir uns aber auch politisch stellen müssen, ist die Frage von Versiegelung.
Haben wir die Kraft, Versiegelung zu thematisieren? 77 Hektar Land werden täglich in Deutschland aus der Flächennutzung herausgenommen, heißt, Stück für Stück versiegelt oder verdichtet 77 Hektar täglich. Das sind 280 Mio. Quadratmeter Grundfläche, die beim Versickern von Regenwasser fehlen. Mit jedem Stück verdichtetem Raum und asphaltiertem Raum nehmen wir dem Wasser den Zugang in die Erde. Genau diese Sachen haben wir in diesem Jahr spüren müssen, deswegen muss über Versiegelung geredet werden und es muss auch über die Dinge im Katastrophenschutz geredet werden, die vielleicht nicht ganz so optimal waren.
Mein Kollege Tilo Kummer weist mich immer darauf hin, dass es für die Talsperre Weida schon seit zehn Jahren eine Anordnung gibt, dass die Staumauer saniert werden muss. Die zuständige Institution sagt, na ja, schauen wir mal. Aber „schauen wir mal“ innerhalb einer solchen Katastrophensituation hilft nicht weiter. Jetzt sind Weida und Zeulenroda nicht zum Katastrophenteil geworden, aber richtig ist, es hätte auch sein können, dass wir sie gebraucht hätten. Und wenn wir sie gebraucht hätten, dann nutzt es nichts, zu sagen, zehn Jahre haben wir uns mal darum gestritten, wer zuständig ist, um die Sanierungsanordnung der Staumauer und bei Zeulenroda den Hochwasserüberlauf der Talsperre zu sanieren.