Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heute hier eingebrachte Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze regelt eine ganze Reihe von rechtlichen Voraussetzungen neu. Herr Fiedler ist ja schon auf die eine oder andere eingegangen. Ich will hier auch deswegen nicht auf jede einzelne dieser Regelungen noch mal verweisen, denn ich beabsichtige - wie das Herr Fiedler auch schon getan hat, das gleich vorweg -, für diesen Gesetzentwurf eine Überweisung an die jeweilig zuständigen Ausschüsse zu beantragen.
Im Kern dieser Novelle, wenn wir es doch mal ganz kurz anreißen wollen, geht es vor allem darum, den Thüringer Kommunen einen größeren Spielraum zu verschaffen, z.B. in Fragen des Gemeindewirtschaftsrechts, auch darum, dass Kommunen durch Investitionen in erneuerbare Energien auch Einnahmen generieren können. Das ist ein sehr, sehr wichtiger Faktor, der in den nächsten Jahren sicherlich auch noch an Bedeutung gewinnen wird. Beim jetzigen Stand der Dinge besteht hier im Freistaat ja auch keine Möglichkeit für die Städte und Gemeinden, sich in einer Unternehmensform der kommunalen Anstalt zu betätigen oder in dieser Art miteinander oder untereinander zusammenzuarbeiten. In der Praxis anderer Bundesländer hat das aber ganz gut funktioniert, hat sich also dort auch bewährt.
Es besteht in Thüringen außerdem Handlungsbedarf bei einer entscheidenden rechtlichen Angelegenheit. Es geht um das Eigenbetriebsrecht. Auch das wird hier angefasst bei dieser Novellierung, weil es auch unter anderem Meinungsverschiedenheiten in der Frage gibt, was denn die Werkleitung des Eigenbetriebs so alles machen darf und was nicht, also diese Fragen, die sich - salopp formuliert
aus einer gewissen Unschärfe des jetzigen Rechtsrahmens ergeben sollen, klar beantwortet werden. Es geht zusätzlich noch um die Thematik beispielweise der doppischen Haushaltsführung. Das kommunale Prüfungsrecht soll vereinfacht und effektiver gestaltet werden. Es geht um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen der Gemeinden gegen faktisch ihre Oberhäupter, aber auch gegenüber den Landräten und Gemeinschaftsvorsitzenden, also eine ganze Reihe von rechtlichen Einzelregelungen. Wir sollten in den Ausschüssen diese Novellierung gründlich diskutieren. Herr Kuschel hat eben noch den einen oder anderen Aspekt, den er gedenkt, dann auch in die Diskussion einzubringen, hiermit klar umrissen. Deswegen beantrage ich die Überweisung an den Innenausschuss federführend, an den Justizausschuss und an den Wirtschaftsausschuss. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf sieht mehrere kommunalrechtliche Veränderungen vor. In der Thüringer Kommunalordnung soll der Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen geändert werden, und es wird die Anstalt des öffentlichen Rechts als Rechtsform in die Kommunalordnung aufgenommen und bei der kommunalen Rechnungsprüfung werden Veränderungen vorgenommen. Weitere Änderungen finden sich im Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit und es wird die Anstalt öffentlichen Rechts als weitere Rechtsform für die kommunale Gemeinschaftsarbeit eingeführt.
Durch die Integrierung der Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts sollen flexiblere Formen der Aufgabenerfüllung und Kooperationen zwischen den Kommunen geschaffen werden. Durch den Gesetzentwurf - so der Anspruch - soll geprüft werden, inwieweit weitere Verbesserungen der Formen der kommunalen Betätigung möglich sind, ohne die Identifikationsräume durch verpflichtende Gebietsänderungen beseitigen zu müssen. Diese Aussage, meine Damen und Herren, der Begründung des Gesetzentwurfs ist sehr erfreulich, da demnach sogar die SPD der Ansicht ist, dass eine verpflichtende Gebietsänderung nur Ultima Ratio sein kann. An diesem Punkt Ultima Ratio sind wir aber noch lange nicht angekommen und wenn ich das „blaue Wunder“ sehe, vielfach noch nicht mal in einer einfachen Ratio.
Vorher, meine Damen und Herren, müssen die Hausaufgaben gemacht werden durch eine Aufgabenkritik, durch eine Funktionalreform, durch Bürokratieabbau und mehr Spielräume bei der interkommunalen Zusammenarbeit.
Weiterhin soll durch den Gesetzentwurf das kommunale Prüfungsrecht verschlankt werden. Die Änderungsvorschläge könnten dabei hilfreich sein, aber hier steckt sicherlich der Teufel im Detail. Auch soll die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Bereich der erneuerbaren Energien und nicht nur da ausgeweitet werden. Spannend, meine Damen und Herren, wird es schon bei der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist gesetzlich ohne Zweifel nicht abgrenzungsscharf definiert. Wesensmerkmal ist aber gleichwohl die Gemeinwohlorientierung. Mit der kommunalen Daseinsvorsorge soll sichergestellt werden, dass alle existenziell notwendigen Dienstleistungen, die für die Einwohner einer Gemeinde benötigt werden, gleichberechtigt und stetig zu sozialverträglichen Bedingungen zur Verfügung stehen. Hierbei handelt es sich insbesondere um solche Dinge wie Energieversorgung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und dergleichen.
In dem Zusammenhang, meine Damen und Herren, muss man doch mal ausleuchten, was bereits jetzt möglich ist und was wir bereits jetzt als Kommunen - und das sage ich bewusst auch als Kommunalpolitiker - bereits wirtschaftlich alles erledigen können. CDU und SPD begründen die weitere Öffnung der wirtschaftlichen Betätigung mit dem Ziel, die Erzeugung erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Da frage ich Sie, meine Damen und Herren, was, wenn nicht eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, ist denn die Energiegewinnung und damit die Erzeugung erneuerbarer Energie?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lesen Sie sich dazu die Antwort der von Ihnen gestützten Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Hellmann in der Drucksache 5/705 vom 26.03.2010 durch. Dort hat der damalige Innenminister Prof. Huber die Versorgung mit Energie nach § 2 Abs. 2 ThürKO als Aufgabe im eigenen Wirkungskreis qualifiziert - geht also bereits. Der Gesetzentwurf von CDU und SPD sieht in § 71 vor, dass außerhalb der Daseinsvorsorge bei erneuerbarer Energie eine Kommune auch wirtschaftlich tätig sein kann, unabhängig davon, ob ein Dritter den Zweck nicht ebenso gut erfüllt oder erfüllen kann die sogenannte Subsidiaritätsklausel. Auch soll eine Bereitstellung von Dienstleistungen bei Strom, Gas, Wärmeversorgung zulässig sein, wenn die Gemeinde es genauso gut erfüllen kann wie ein Dritter.
Meine Damen und Herren, das bedeutet im Klartext die Umkehrung der derzeitigen Rechtslage und es zeigt meines Erachtens wes Geistes Kind diese Koalition heute ist.
Ihre Reden zu kleinen und mittelständischen Unternehmen werden so zu Sonntagsreden und Polittheater degradiert.
Meine Damen und Herren, wir vertreten hingegen die klare Auffassung, wer dafür sorgen will, dass in Thüringen kleine und mittlere Unternehmen Arbeitsplätze schaffen können und dass eine selbsttragende Wirtschaft sich weiter aufbauen kann, der darf Kommunen nicht in Konkurrenz zu kleinen Handwerkern und Gewerbetreibenden bringen.
Meine Damen und Herren, Kommunen stehen im Zweifel gegenüber Selbstständigen im Wettbewerbsvorteil, weil sie bei Verlustgeschäften auf Steuern und Gebühren zurückgreifen. Ich sage Ihnen, mit den Steuern der Steuerzahler darf die öffentliche Hand den Steuerzahlern keine Konkurrenz machen, meine Damen und Herren.
Die Denkweise, die sich in dem vorliegenden Paradigmenwechsel verbirgt, erinnert mich eigentlich an eine düstere Vergangenheit. Ich denken an Zeiten, an denen etwa gegenüber einem Handwerker - ich habe das in der eigenen Familie erlebt - dann ein Dienstleistungskombinat aufgebaut worden ist, um Konkurrenz der öffentlichen Hand zu schaffen und damit die private Wirtschaft an den Rand zu drängen.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So was zu vergleichen, eine Diktatur zu vergleichen mit einem freiheitlich-demokratischen Parlament …)
Kollege Fiedler, auch wenn Sie sich hier aufregen, das ist letzten Endes das Ende dieser Zielgerade. Sie können dann hier noch mal ans Pult gehen und müssen da hinten nicht herumschreien.
Meine Damen und Herren, die Regelung im vorliegenden Entwurf bedeutet im Prinzip eine Beweislastumkehr und heißt de facto, dass künftig der Bauhof den Elektrobetrieb aus der Montage von Hausanschlüssen drängen kann. Das bedeutet es im Klartext.
Meine Damen und Herren, dass in der linken Hälfte dieses Hohen Hauses Selbstständige oft genug ein Feindbild darstellen, ist ja nicht neu, aber ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen der Union,
einen derart ideologietriefenden Paradigmenwechsel gegen das einheimische Handwerk, gegen den einheimischen Mittelstand nicht mitzutragen.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf, der mit Blick auf die Erleichterung interkommunaler Zusammenarbeit und im Bürokratieabbau, in der Rechnungsprüfung wahrscheinlich von seinen Intentionen her durchaus gut gemeint war, bekommt durch die Wünsche auf der linken Seite der Koalition ein Riesenmanko. Der Wirtschaftsminister und seine Genossen versuchen ja nicht zum ersten Mal, den Kommunen etwas vorzugaukeln. Und hier fängt es an, bei der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung bis hin zu sprudelnden Geldeinnahmen. Aber, meine Damen und Herren, das ist ja leider nur die halbe Wahrheit. Im Bereich der Daseinsvorsorge können auch nach der bisherigen Kommunalordnung - ich sagte es bereits - Kommunen wirtschaftlich tätig werden. Eine Subsidiaritätsklausel besteht hier nicht. Das heißt, dass auch heute schon die Gemeinden, unabhängig davon, ob Dritte die Leistungen erbringen, diese Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge nach der Kommunalordnung anbieten können. Nur außerhalb der Daseinsvorsorge besteht die Subsidiaritätsklausel, dass Kommunen nur wirtschaftlich tätig werden dürfen, wenn es nicht ebenso gut von einem anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann, aber es ist eben bisher auch schon möglich. Genau bei dieser Subsidiaritätsklausel setzt die Änderung des Gesetzentwurfs an. Wie, und das frage ich Sie, meine Damen und Herren, soll ein kleiner Handwerker, wie soll ein mittelständisches Unternehmen in einer Gemeinde, die eben nicht das Risiko einer Insolvenz durch Zahlungsverzug usw. trägt, konkurrieren können? Das ist doch die Frage und ist auch die Frage der Fairness im Umgang mit unseren Unternehmen. Diese Antwort, die müssen Sie uns schon geben.
Auch die finanziellen Risiken bei einem Scheitern kommunaler Investitionen, meine Damen und Herren, sind nicht zu unterschätzen. Der Wirtschaftsminister vergisst ja manchmal ganz gerne, so etwas zu erwähnen. Private Unternehmen tragen die Konsequenzen bei unternehmerischen Fehlentscheidungen selbst und müssen für Verluste aufkommen. Dagegen werden in kommunalen Unternehmen verursachte Verluste von der Kommune und damit vom Steuerzahler ausgeglichen.
Was ich als einen interessanten Punkt im Zusammenhang mit der beabsichtigten Änderung der Kommunalordnung sehe, ist die Frage der kommunalen Gemeinschaftsarbeit. Ich gebe ja auch zu, wenn ich Punkte sehe, die in meinen Augen gut sind, wir kritisieren ja nicht nur, aber Herr Kollege Mohring, bei dem, was Sie vorgelegt haben, gibt es jede Menge zum Kritisieren.
Die wesentliche Änderung besteht in der Einführung eben der Anstalt öffentlichen Rechts neben dem Zweckverband. Ich denke, meine Damen und Herren, es ist sinnvoll, eine weitere Rechtsform zu ermöglichen. Bei der Optimierung der Aufgabenerfüllung darf es keine Denkverbote geben. Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir grundsätzlich für eine flexiblere Ausgestaltung. Bei der Anstalt öffentlichen Rechts ist bei der Ausgestaltung der Satzung ein großer Spielraum vorhanden und somit eine gute Ausrichtung der Unternehmensstruktur auf die Aufgabe. Was mich aber dann doch verwundert hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass in § 44 - Vorschriften für die gemeinsame kommunale Anstalt - in Absatz 7 normiert wird, dass durch eine Rechtsverordnung der Aufbau und die Verwaltung der kommunalen Anstalt geregelt werden soll. Warum haben Sie hier nicht auf die Kommunalordnung verwiesen, sondern warum soll es eine separate Rechtsverordnung geben? Das heißt, meine Damen und Herren, so richtig weiß man eigentlich bisher gar nicht, wie die sogenannte gemeinsame AöR aufgebaut sein soll.
Es gibt also noch einiges zu beraten. Herr Kollege, wenn es Quatsch ist, können Sie es ja gerne im Ausschuss darlegen.
Es gibt also noch einiges zu beraten in den Ausschüssen und ich freue mich auf eine spannende Diskussion in den Ausschüssen und ich beantrage zusätzlich zu den bereits benannten Ausschüssen auch die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss, weil es nämlich etwas mit öffentlichen Finanzen zu tun hat. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.