Protocol of the Session on March 21, 2013

(Abg. Bergner)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte hat schon an vielen Stellen große Einhelligkeit gezeigt, so dass ich erst einmal auf die Vorredner eingehen will und da will ich ganz kurz auf die Koalition eingehen. Sie haben einen Gesetzentwurf heute vorgelegt, wieder vorgelegt, der keine Begründung hat, der sich nicht beim Lesen erschließt, wo Sie die Änderungen eingefügt haben. Sie haben Probleme und Lösungen beschrieben, aber keine Begründung hinzugefügt. Das muss nicht bei einem Gesetz aus der Mitte des Hauses sein, aber im kollegialen Arbeitsverhältnis macht es viel Sinn, diese Begründung anzufügen, dann lässt es sich nämlich viel leichter diskutieren.

An einer Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Kollegen Wolfgang Fiedler bedanken. Sie haben in Ihrer Rede sehr deutlich gemacht, dass die erneuerbaren Energien - und das soll die Kommunalordnung jetzt dann auch ermöglichen - auch dazu da sind, dass mehr bürgernah produziert, investiert wird und auch Gewinne gemacht werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das finde ich super, dass Sie das einmal klarstellen, weil Kollege Primas gestern das komplette Gegenteil für die Energiewende behauptet hat. Es ist wichtig, dass Sie es gesagt haben, Herr Kollege Fiedler.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie sollten aus Ihrem Traum erwachen.)

Was ich wirklich auch noch mal deutlich sagen muss, das Horrorszenario, das Kollege Bergner hier an die Wand gezeichnet hat, das sich mit Sicherheit historisch nicht halten lassen kann und das vor Ideologie nur so trieft, ist eigentlich ein trauriges Zeichen gewesen, dass Sie es nicht schaffen, sich sachlich mit der Sache auseinanderzusetzen.

(Beifall CDU)

Die Konflikte, die Sie angesprochen haben, bestehen ja.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Schönen Dank für die Benotung, aber Sie treffen den Punkt nicht.)

Ich glaube schon, dass ich ihn getroffen habe, sonst hätten Sie nicht reagiert.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwei Dinge und an der Stelle darf ich es durchaus sehr kurz machen, weil viele Kollegen darauf schon eingegangen sind.

(Unruhe FDP)

Zwei Dinge sind der wesentliche Kern dieser Gesetzesnovelle in verschiedenen Normen, die wir hier haben. Es ist nicht wirklich neu. Herr Kuschel hat mit Recht darauf verwiesen, dass DIE LINKE schon verschiedene Anläufe unternommen hat, um die kommunale wirtschaftliche Betätigung im Bereich der erneuerbaren Energien auch auszubauen und hier Möglichkeiten zu schaffen. Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben das damals wie auch heute immer begrüßt und drücken auch unsere Zustimmung schon einmal vorweg aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was allerdings die große Frage bleibt - und das hat Herr Kollege Bergner zu Recht angesprochen -, denn die Frage einer wirtschaftlich vernünftigen Daseinsvorsorge hin zu einer unlauteren Konkurrenz zum Privaten, das ist nur ein schmaler Grat. Es wird auf den Vollzug dieser Regelung ankommen, wie dieses Gesetz wirkt. Ob es in der Tat so wirkt, wie Herr Bergner bezeichnete, dass die Privaten nun an den Rand gedrängt werden, weil die Bauhöfe die gesamte Bautätigkeit im Kreis übernehmen können und es vielleicht auch tun,

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Können...)

wenn die Kassen knapp sind, oder ob es nicht eher so sein wird, wie unseren Recherchen nach in Baden-Württemberg, wo es die Möglichkeit auch gibt, dass man eigentlich in einem vernünftigen Miteinander diese Aufgaben erledigt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch schon gesagt worden, aber kann nicht oft genug gesagt werden, die bisherige Regelung hätte es erlaubt, dass die Kommunen sich wirtschaftlich beteiligen bei den erneuerbaren Energien. Es war kein Regelungsproblem, es war ein Vollzugsproblem. Es war das Landesverwaltungsamt, das das nicht möglich machen wollte. Wir haben das kritisiert und kritisieren das heute auch noch. Wenn diese Regelung nun dafür da ist, dass wir ein Stück Klarheit haben, dann soll es uns nur ganz recht sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren - auch diese Frage ist schon angesprochen worden -, warum hört der Katalog der Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung eigentlich in einer abschließenden Aufzählung auf. Warum können nicht Fragen wie Abfallentsorgung oder Ähnliches, was unzweifelhaft in die Daseinsvorsorge mit hineingehört, mit aufgenommen werden? Auch da hoffen wir auf eine möglichst offene Debatte in den Ausschüssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Regelungsbereich ist die Frage der intensiveren kommunalen Zusammenarbeit, der hier angesprochen wird. Man könnte fast glauben, dass die Idee unserer Gemeindekooperativen hier schon umgesetzt werden soll in ersten Schritten. Dem ist nicht

so, das muss man deutlich sagen, weil es bei dieser kommunalen Zusammenarbeit, die Sie hier schaffen, an einem wesentlichen Element fehlt, das uns ganz wichtig ist, das ist nämlich eine erhöhte Transparenz und Beteiligung. Schafft man größere Einheiten - und das ist das, was Sie zu Recht kritisieren -, muss man mehr Transparenz schaffen, um Beteiligung zu ermöglichen. Ohne die Beteiligung der Bürger wird jede große Einheit ein Schiff, ein Tanker, das sich von den Bürgern entfernt. Das darf in keinem Fall passieren. Deshalb müssen wir hier dringend Regelungen zur Transparenzerhöhung und zu mehr Teilhabe hereinbringen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz klare Absage erteilen wir all denen, die versuchen, sich mit dieser erweiterten kommunalen Zusammenarbeit um eine dringend notwendige Gebietsreform herumzumogeln.

(Beifall DIE LINKE)

Was wir in Thüringen brauchen sind größere Strukturen und eine verbesserte Zusammenarbeit.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Blödsinn.)

In diesem Sinne freuen wir uns sehr auf die hoffentlich offene Debatte im Ausschuss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich sehe eine erneute Wortmeldung des Abgeordneten Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin dankbar, dass die FDP noch einmal das Problem der kommunalen Wirtschaftstätigkeit und möglichen Auswirkungen auf die Privatwirtschaft angesprochen hat. Es ist tatsächlich ein Spannungsfeld, mit dem man sich beschäftigen muss. Ich will nur auf ein paar Dinge aus der jüngsten Vergangenheit verweisen und dann können sich die Kolleginnen und Kollegen der FDP selbst noch einmal fragen, ob die Aussagen, die hier getroffen wurden, in ihrer sehr einseitigen Dimension so stimmen oder ob es nicht viel differenzierter ist und auch die Öffentlichkeit kann sich ein Bild verschaffen.

Wir hatten seit 1992 eine noch nie dagewesene Privatisierungswelle im kommunalen Bereich. Eine Vielzahl kommunaler Aufgaben und kommunaler Unternehmen wurde privatisiert aus zwei Gründen. Der eine Grund war tatsächlich ein neoliberales Wirtschaftsverständnis und der zweite war die Krise der öffentlichen Kassen. Es hat sich gerade in den letzten Jahren gezeigt, dass die Mehrzahl dieser

Privatisierungen eben nicht zu den Zielen geführt hat und sich die Hoffnungen nicht erfüllt haben. Die Leistungserbringung war nicht in der Qualität, die Kosten sind trotzdem gestiegen. Nicht von ungefähr verzeichnen wir deshalb in den letzten drei Jahren eine Umkehr, nämlich eine Kommunalisierungsbzw. Rekommunalisierungswelle. Das machen die Gemeinden nicht, weil es dort andere politische Zusammensetzungen gibt, sondern sie machen es, weil sich die Privatisierung bedauerlicherweise als Irrweg herauskristallisiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren insbesondere von der FDP, es geht nicht um kommunale Konkurrenz, sondern es geht um faire Wettbewerbsbedingungen, an denen sich auch die Kommunen beteiligen können. Darum geht es. Das müssten auch Sie eingestehen, dass faire Bedingungen eine Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb sind.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ja, das war es doch. Das wollten Sie nicht einsehen.)

Sie haben angesprochen, dass kommunale Unternehmen aus Ihrer Sicht und auch Ihrer Überzeugung nach Wettbewerbsvorteile gegenüber den Privaten hätten.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Na klar, mit der öffentlichen Hand im Rücken.)

Ein Element ist tatsächlich, dass der öffentliche Eigner im Regelfall auch für Verluste haften muss. Aber ich erinnere an die Novelle des Kommunalrechts vor Jahren und seitdem - das will ich nur zitieren, die Rahmenbedingungen werden nicht geändert - müssen bestimmte Rahmenbedingungen bei der wirtschaftlichen Betätigung durch die Kommunen berücksichtigt werden. Erstens: Klar, öffentlicher Auftrag, aber die wirtschaftliche Betätigung muss sich an der Leistungsfähigkeit bemessen und an den Bedarfen, das regelt im Übrigen § 71. Und es darf, das ist in Absatz 2 geregelt, keine Schädigung und Aufsaugen von privaten Unternehmen oder örtlichem Handwerk erfolgen. Das ist auch noch einmal explizit aufgegriffen. Ich habe lange recherchiert, um ein Beispiel zu finden, wo durch die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune tatsächlich ein privates Unternehmen nachweislich geschädigt wird. Dass sie in Konkurrenz stehen, das will ich Ihnen zugestehen, aber die öffentlichen Unternehmen unterliegen einer ganz anderen Kontrolle und Steuerung und sind damit niemals so flexibel wie ein Privatunternehmen. Der private Unternehmer kann alles selbst entscheiden,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Er muss.)

muss, richtig. Bei den Kommunen sind oftmals demokratische Entscheidungsprozesse zu führen,

(Abg. Adams)

Herr Abgeordneter …

die natürlich nicht so flexibel sind. Von daher bitte ich, das noch einmal zu überdenken und hier nicht, da stimme ich Herrn Adams zu, Horrorszenarien an die Wand zu malen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich rufe jetzt für die Landesregierung zunächst Herrn Staatssekretär Rieder auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Fraktionen der CDU und der SPD bringen heute den Entwurf des Gesetzes zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze in die parlamentarische Beratung ein. Insbesondere die Herausforderungen des demografischen Wandels und der angespannten Finanzsituation vieler Kommunen machen flexible Formen der Aufgabenerfüllung und Kooperationen zwischen Gemeinden und Landkreisen notwendig. Die Landesregierung begrüßt vor diesem Hintergrund den Gesetzentwurf ausdrücklich, insbesondere das kommunale Haushalts- und Wirtschaftsrecht zu modernisieren und den neuen Anforderungen anzupassen. Sie unterstützt die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für zeitgemäßes, kommunales Handeln. Dies gilt zunächst und ganz besonders für die Einführung der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts als ein weiteres Angebot, von dem die Kommunen im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts Gebrauch machen können. Kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts gibt es mittlerweile in der Mehrzahl der Bundesländer. Abzuwarten bleibt, inwieweit die neue Organisationsform in Thüringen Anklang findet. Auch die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen zum Eigenbetriebsrecht sind nach Auffassung der Landesregierung sachgerecht, zumal mit ihnen Forderungen aus der Praxis entsprochen werden.

Von besonderer Bedeutung ist natürlich die Neuregelung zum kommunalen Finanzwesen. Zukünftig soll es aufgrund einer neu eingeführten Bestimmung möglich sein, Kreditaufnahmen für eine wirtschaftliche Betätigung zum Zweck der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien aufzunehmen. Vorausgesetzt wird hierbei allerdings, dass die mit der Zweckerreichung verbundenen wirtschaftlichen Vorteile dauerhaft höher sind als der Kapitaldienst einschließlich Zins- und Tilgungsleistungen. Mit dieser Regelung wird auf die aktuellen Anforderungen

im Bereich der Energiewirtschaft reagiert und den Kommunen die Option eingeräumt, in ihrem Interesse und im Interesse des Landes an der Energiewende in Thüringen aktiv mitzuwirken. Zudem sollen für die Kommunen im Bereich des Prüfungswesens Erleichterungen geschaffen werden, insbesondere durch den weiteren Abbau bürokratischer Hürden und das Verhindern von Doppelprüfungen. Darüber hinaus können die kommunalen Gebietskörperschaften von den im Gesetzentwurf vorgesehenen Querschnittsprüfungen profitieren und selbstverständlich ist die Landesregierung für alle Änderungsvorschläge offen, die mehr Rechtssicherheit versprechen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)