Protocol of the Session on February 15, 2013

Ich lasse zuerst abstimmen den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/5698 in der Neufassung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Die Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Wer der Überweisung der Drucksache 5/5698 in der Neufassung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Frak

tion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die gibt es nicht. Die Überweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz ist abgelehnt worden.

Wer der Überweisung dieser Drucksache an den Europaausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPDFraktion und der CDU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist die Überweisung an den Europaausschuss abgelehnt worden.

Ich frage nun nach der Überweisung des Antrags an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die gibt es nicht. Auch diese Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Demzufolge kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag aus der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/5698 in der Neufassung. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion DIE LINKE. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Zweiter Teil, die Abstimmung zum Alternativantrag in der gleichen Reihenfolge. Wer der Überweisung des Alternativantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Drucksache 5/5750 seine Zustimmung gibt, diesen an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Die Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Wer diesen Alternativantrag an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Die Überweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz ist abgelehnt worden.

Wer diesen Antrag an den Europaausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Diese Überweisung ist abgelehnt worden.

Als Letztes stimmen wir über die Überweisung des Alternativantrags an den Haushalts- und Finanzausschuss ab. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDPFraktion. Auch diese Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Demzufolge stimmen wir nun über den Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/5750 ab. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nun nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und FDP. Ich stelle fest, dieser Alternativantrag in Drucksache 5/5750 ist abgelehnt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 17.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Echte Transparenz herstellen Gutachten zur Funktional- und Gebietsreform bewerten und Transformationsprozess einleiten Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/5693

Ich habe kein Signal, dass dieser Antrag begründet werden soll und gehe davon aus, dass die Landesregierung sofort zu Nummer I des Antrags ihren Bericht gibt. Frau Ministerpräsidentin, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, danke auch an die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für den Antrag „Transparenz herstellen - Gutachten zur Funktionalund Gebietsreform bewerten und Transformationsprozess einleiten“. Allerdings anders als es im Titel des Antrags heißt, muss nicht erst Transparenz hergestellt werden. Die Landesregierung hat in dieser Frage einen klaren Kurs, der auch klar und deutlich seit Beginn der Legislaturperiode mit dem

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Koalitionsvertrag von CDU und SPD vorgegeben ist. Der Antrag zitiert zu Recht den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien CDU und SPD aus dem Jahr 2009. Er ist die Basis für das gemeinsame Regierungshandeln und darin ist mit Blick auf das Thema Funktional- und Gebietsreform festgehalten, ich zitiere: „Die Landesregierung lässt im Licht der demografischen Entwicklung, der allgemeinen Haushaltsentwicklung und vor dem Hintergrund der Degression des Solidarpakts II durch unabhängige Gutachter prüfen, ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum eine Funktional- und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler Ebene und im Landeshaushalt führt.“ Soweit der Koalitionsvertrag und dann heißt es allerdings auch weiter in dem gleichen Abschnitt des Koalitionsvertrags: „In Auswertung dieses Gutachtens wird die Landesregierung eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen. Die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement vor Ort muss dabei berücksichtigt werden.“ Auch dies ist der Text aus dem Herbst 2009. Die Koalitionsvereinbarung bestimmt damit in zwei Phasen das Vorgehen: 1. Unabhängige Gutachter sollten zur Beratung der Landesregierung zur Prüfung von grundsätzlichen Fragen beauftragt werden und 2. in Auswertung des Gutachtens wird die Landesregierung Entscheidungen über weitergehende Maßnahmen treffen. Das Kabinett hat folglich am 30. August 2011 beschlossen, eine unabhängige Expertenkommission zu berufen, um so den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Ergänzend sollte ein Beirat aus Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschaft, der Gewerkschaft, der Fraktionen im Thüringer Landtag, der Landesverwaltung sowie von Einzelpersonen beratend tätig sein. Das schon allein deshalb, weil Handlungsund Reformbedarf besteht. Heute leben in Thüringen rund 2,2 Mio. Einwohner, wir kennen die Zahlen. Im Jahr 2030 werden es nur noch rund 1,8 Mio. Einwohner sein. Eine abstrakte Zahl, aber konkret bedeutet das eben, weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter, weniger Beitragszahler in die sozialen Sicherungssysteme, auch weniger Steuerzahler, weniger Fachkräfte und auch weniger Auszubildende für Unternehmen. Mit dieser Entwicklung geht nicht nur ein weniger einher, sondern auch eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur, die zum Beispiel im Vergleich dazu, dass es weniger junge Menschen geben wird, aber deutlich mehr ältere Menschen über 65 Jahre, ja über 80 Jahre, über 90 Jahre, ja auch über 100 Jahre uns voraussagt und das sind nicht nur Voraussagen, sondern ziemlich belastbare Berechnungen, die es hier gibt. Ich will es beispielsweise am Landkreis Greiz zeigen, wo es im Jahr 2011 noch mehr als 11.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren zählte, im Jahr 2030 werden dort nur noch rund 5.000 Kinder leben. Das ist weniger als die Hälfte des heutigen Wertes, auch das können wir ziemlich

sicher vorhersagen, denn die Elterngeneration, die kennen wir ja schon, die dann da sein wird oder die dann eben nicht mehr sein wird. Während dort im Jahr 2011 noch weniger als 7.000 hoch betagte Menschen im Alter über 80 Jahre gezählt wurden, werden es im Jahr 2030 eben schon fast 10.000 sein. So die Veränderung, die innerhalb der Bevölkerungsstruktur auch stattfindet. Das heißt, diese wenigen Zahlen verdeutlichen einen Anpassungsdruck, den wir haben, unter dem ein großer Teil der Thüringer Regionen steht und natürlich auch wir als Land insgesamt und vor allen Dingen auf den Landeshaushalt bezogen bis zum Jahr 2020, bezogen auf das heutige Haushaltsbudget, ist ein Minus von etwa 16 Prozent so in der Finanzplanung vorhersehbar. Diese Zahlen haben auch dem Haushaltsund Finanzausschuss vorgelegen. Deswegen hat die Landesregierung bzw. haben wir in der Koalitionsvereinbarung sehr deutlich bei der Überprüfung auf die demografische Situation, aber auch auf die haushalterische Situation abgehoben. Aber wir wissen auch, wir beginnen dabei nicht bei Null. Wir haben intensive Bewegungen in den letzten Legislaturperioden hinter uns. Ich nenne nur die Behördenstrukturreform der 4. Legislaturperiode, die wir berücksichtigen, wo die Landesregierung bereits entsprechende Weichenstellungen vorgenommen hat. Ich nenne unsere kommunalen Neugliederungsgesetze, die Zahlen, die aussagen, dass wir im Jahr 1990 mal mit über 1.700 Gemeinden in Thüringen gestartet sind, dass wir im Jahr 1994 noch etwas über 1.200 Gemeinden hatten, die aktuelle Zahl ist 878 Gemeinden.

(Beifall CDU)

Also da ist Bewegung, weil sich Menschen vor Ort dieser Situation stellen und entsprechend handeln. Der Personalabbau der Landesverwaltung, jeder weiß es, wir haben es mit jedem Haushalt im Gespräch, hat längst eingesetzt. Der Bericht der Expertenkommission weist auch darauf hin, dass in den letzten Legislaturperioden die Verwaltung laufend modernisiert, gestrafft und Personal abgebaut wurde, sozusagen in einem permanenten Prozess. Auch in dieser Legislaturperiode sind bereits Behörden zusammengelegt worden, auch just wieder mit der gerade in der letzten Plenarsitzung im Januar verabschiedeten Begleitgesetzgebung zum Landeshaushalt bzw. Doppelhaushalt 2013/2014. Daran knüpfen wir an. Ich kann es auch in diesem Zusammenhang wiederholen. Die Landesregierung wird in den kommenden Jahren insgesamt einen Stellenabbau von etwa 11.000 Stellen im Landeshaushalt bewerkstelligen müssen, um auf das Durchschnittsniveau der westdeutschen Flächenländer zu kommen, wohl wissend, dass es auch dort keine statische Größe gibt und dass wir permanent in Änderungsprozessen uns befinden.

Der Doppelhaushalt, auch das möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen, 2013/2014 kommt

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

nicht nur ohne neue Schulden aus, tilgt auch erstmals Schulden im Landeshaushalt, sondern hat auch den Kommunalen Finanzausgleich neu geregelt und damit ebenfalls wichtige strukturelle Weichen gestellt. Wir befinden uns also längst in einem Veränderungsprozess, der aus demografischen und finanziellen Gründen unausweichlich ist. Die Landesregierung hat das Jahr 2020 und die Zeit darüber hinaus fest im Blick. Schrittweise werden die Strukturen angepasst und wo es notwendig und sinnvoll ist, eben auch entsprechend verändert.

Am 21. September 2011 wurde gemäß Koalitionsvertrag dann die unabhängige Expertenkommission unter dem Vorsitz eines ehemaligen Staatssekretärs, nämlich dem Staatssekretär a.D. Wolfgang Riotte eingesetzt. In der Staatskanzlei ist zur logistischen Unterstützung der Expertenkommission und des Beirats eine Stabsstelle und eine Geschäftsstelle eingerichtet worden. Die Stabsstelle hatte dabei die Aufgabe, die ressortübergreifende Leitung und Koordinierung zu übernehmen und die Arbeit der Expertenkommission zu unterstützen und zu begleiten. Der Beirat hat insgesamt fünfmal getagt, zum Teil waren auch Vertreter der Fraktionen des Thüringer Landtags zugegen. Die Expertenkommission hat dabei jeweils über den aktuellen Stand der Arbeiten berichtet. Anregungen und Kritik wurden aufgenommen, in den Arbeitsprozess einbezogen. In der Wahl der Methodik und in den Abstimmungsprozessen war allerdings die Kommission - das war auch Voraussetzung und Beauflagung schon vom Koalitionsvertrag her - unabhängig. Politische Einflussnahmen waren nicht gewollt und haben auch nicht stattgefunden, so dass Beirat und Expertenkommission auch frei waren bzw. die Expertenkommission, wie sie nun mit den Anregungen aus dem Beirat jeweils umgeht. Ich habe jedenfalls die Aufnahme, das können Sie mir glauben, anheim gestellt, aber der Beirat, wie gesagt, hat in eigener Verantwortung an dieser Stelle gehandelt. Der Beirat wird auch für die vor uns - also Beirat, nicht nur die Kommission - stehenden Arbeiten und Überlegungen eine wichtige Rolle spielen. Wir sind auf einen vielfältigen Austausch mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im Land angewiesen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle auch ausdrücklich für das bisherige Engagement der Mitglieder im Beirat aus den verschiedenen Bereichen bedanken.

Die Expertenkommission hat neben dem Beirat bei einer Vielzahl von Gesprächspartnern im Land Meinungen, Positionen und Stellungnahmen eingeholt. Im Rahmen ihrer insgesamt 42 Sitzungen hat die Kommission Vertreter kommunaler Gebietskörperschaften und nahezu aller Sonderbehörden und der dafür zuständigen Ministerien angehört, insgesamt haben 23 Anhörungen stattgefunden. Weiter hat die Geschäftsstelle in Behördenbesuchen und mit schriftlichen und telefonischen Anfragen Informatio

nen eingeholt und zu einzelnen Themen Sachverhaltsinformationen durch breiter angelegte Umfragen bei den zuständigen Dienststellen erhoben.

Bereits in den ersten Monaten der Kommissionsarbeit gab es Anhörungen von Vertretern der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes. Mit Ihnen, den Vertretern der Fraktionen des Thüringer Landtags, Leitungen oberster Landesbehörden, Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und mit weiteren Sachkundigen hat sich die Kommission auch in den Sitzungen des begleitenden Beirats austauschen können. Selbstverständlich sind auch frühere Arbeiten, wie etwa der Enquetekommission „Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen“ aus der 4. Legislaturperiode des Thüringer Landtags betrachtet worden. Ausdrücklich bezieht sich die Expertenkommission auf den Bericht im Bereich des E-Governments und bei der Abhandlung des Thüringer Landesverwaltungsamts.

In etwa eineinhalbjähriger Tätigkeit hat die Expertenkommission ein umfangreiches Gutachten erarbeitet, das mir persönlich sowie den Mitgliedern des Beirats und mit Einstellung ins Internet der Öffentlichkeit am 31. Januar dieses Jahres überreicht worden ist. Die Expertenkommission hat ihre Arbeit gründlich und mit Sachkunde verrichtet, nicht mit dem Blick, den wir von innen haben, mit dem Blick von außen, mit Benchmarks im Vergleich der deutschen Flächenländer. Das ist auch gewollt gewesen, unbeschadet der Auseinandersetzung, die wir jetzt natürlich damit auch führen müssen. Deswegen heißt es nun, nach Vorstellung des Gutachtens tritt die Phase 2 des Koalitionsvertrags in Kraft, die nämlich heißt: „In Auswertung dieses Gutachtens wird die Landesregierung eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen.“ So steht es im Koalitionsvertrag vom Herbst 2009. Die Vorschläge der Expertenkommission müssen nunmehr ausgewertet, geprüft und beraten werden. Es ist wichtig und richtig, fundierten Rat einzuholen, verschiedene Modelle und Optionen zu prüfen.

Im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist von daher aus meiner Sicht völlig zu Recht von einer Generationenreform die Rede. Ich finde, das ist zutreffend, denn gleich, wie die Reform konkret aussehen wird, das Ziel muss lauten, Thüringen über unsere Generation hinaus zukunftsfest zu machen. Die Politik kann und darf die Verantwortung für solche grundsätzlichen und weitreichenden Entscheidungen, wie sie für eine Funktional- oder gar Gebietsreform getroffen werden müssen, nicht bei Experten belassen bzw. auf Experten verlagern. Sie sollen ihre Sicht äußern, ihre Hinweise geben, aber was politisch geschieht, wird letztlich hier im Hohen Haus bestimmt und vor allen Dingen auch von den

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

Menschen in Thüringen selbst mit geprägt werden müssen und sollen.

(Beifall CDU)

Das ist Demokratieverständnis, wie ich es habe. Es ist und bleibt also eine politische Entscheidung, welche Reformvorschläge der Experten für praktikabel und umsetzbar erachtet werden, was ist sinnvoll, was ist machbar, was ist auch rechtlich möglich, welche Auswirkungen haben einzelne Entscheidungen auf die Menschen im Lande vor Ort und nicht zuletzt, wie nehmen wir die Menschen mit. Und nicht nur, wie nehmen wir die Menschen mit, sondern auch mal den Perspektivwechsel wieder umzudrehen, nämlich vom Grundgesetz unserer Bundesrepublik Deutschland ausgehend, Artikel 20, „Alle Staatsgewalt geht vom Volks aus.“ Was meinen die Menschen selber, der Mensch, der im Mittelpunkt stehen muss auch für alle Reformen im Land. Diese Diskussionsprozesse sind gemeinsam zu führen. Deswegen auch der Hinweis in der Koalitionsvereinbarung, auch das bürgerschaftliche Engagement vor Ort besonders zu beleuchten und zu beleuchten, wie Menschen die Spannung zwischen ihrer Identität vor Ort und aber auch den Anforderungen in einer globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts zu lösen. In diesem politischen Prozess kann, ja wird es zu Veränderungen und Ergänzungen der Vorschläge der Expertenkommission kommen. Dazu gibt es auch klare Beauftragungen der Kabinettsmitglieder, auf die ich gleich noch eingehe. Manches wird sich möglicherweise nicht als zielführend erweisen und deswegen verworfen werden müssen, aber die Aufgabe, wie bekommen wir unser Land fit für die Anforderungen, die stehen unter haushalterischen und unter demografischen Gesichtspunkten, die müssen wir lösen. Diese Aufgabe bleibt. Für diese Aufgabe hat die Landesregierung zum einen eine Regierungskommission als politisch wertendes Gremium eingesetzt und zum anderen wurden die Mitglieder der Landesregierung mit Kabinettsbeschluss vom 5. Februar, noch einmal konkretisiert in der Kabinettsitzung in dieser Woche (am 12. Februar), und zwar mit dem Auftrag, dass die von der Expertenkommission für ihre jeweiligen Geschäftsbereiche erarbeiteten Vorschläge zu bewerten sind. Darüber hinaus werden die Mitglieder der Landesregierung gebeten, für ihre jeweiligen Ressorts konkrete Vorschläge zu unterbreiten, wie die langfristige Handlungsfähigkeit unter Berücksichtigung der demografischen und haushalterischen Entwicklung aus der Perspektive des Jahres 2020 - das heißt also aktuelles Haushaltsbudget, da waren wir ein bisschen großzügig, nicht minus 16, aber minus 15 Prozent, aber das ist noch hart genug - gesichert werden kann. Sie werden gebeten, ihre ersten Vorstellungen bis zum 20. März 2013 der Regierungskommission zu übersenden. Abschließende Berichte erfolgen bis zum 20. April 2013. Wie gesagt, die Mitglieder des Kabi

netts für ihre jeweiligen Geschäftsbereiche, weil ich eine ganz klare Maßgabe habe, dass zuerst das Kehren vor der eigenen Türe natürlich stattfinden muss, um am Ende in der Lage zu sein, übergreifend für das gesamte Land gemeinsam zu denken. Aufgabe der Regierungskommission ist die Vorbereitung von politischen Grundsatzentscheidungen, die vom Kabinett und, soweit gesetzgeberisches Handeln gefordert ist, auch vom Thüringer Landtag zu treffen sind. Diese Arbeit erfordert eine enorme Konzentration und Kraftanstrengung aller Beteiligten. Das ist eine Herkulesaufgabe, aber wir wissen auch, was Verwaltungsreform ganz konkret bedeutet. Wir kennen es an vielen kleinen Stellschrauben im Land, aber dem müssen wir uns stellen. Wie gesagt, egal wie, man kann werten, man kann für gut befinden, man kann verwerfen, aber die Aufgabe muss gelöst werden. Deswegen sind wir an dieser Stelle alle gefordert. Auch hier gilt, bei allem zeitlichen Limit, das wir uns hier auch gesetzt haben, Qualität und Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Jetzt will ich nur mal sagen, wir haben 22 Jahre Aufbau unseres Landes, bis zur Sommerpause haben wir 22 Wochen und dann sage ich, lassen Sie uns mal diese 22 Wochen der Überlegung über den künftigen Weg nutzen. Ich meine, das lohnt sich. Selbstverständlich muss diese Arbeit auch begleitet werden durch eine breite Debatte im Land, was ja auch mit einer Vielzahl von Beiträgen und Veranstaltungen geschieht, allerorten wo ich hinkomme, und es gibt ja auch schon den griffigen Begriff des „blauen Wunders“, das finde ich ganz gut.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist von mir.)

Jawohl, ich danke dem Abgeordneten Fiedler, dass er das so auch in die Sprache des Volkes übersetzt hat. Die Landesregierung setzt deshalb auf ein konstruktives, auf ein transparentes Miteinander auch hier im Hohen Haus und selbstverständlich sind wir gern bereit, auch erneut darüber zu berichten. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Frau Ministerpräsidentin, für den Sofortbericht.

(Beifall CDU)

Gemäß § 29 Abs. 2 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also in doppelter Redezeit verhandelt, dies als Hinweis. Ich frage, wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags? Das sind alle Fraktionen, wenn ich das richtig sehe. Es liegen auch Redeanmeldungen aus allen Fraktionen vor. Als Erster hat das Wort Abgeordneter Carsten Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe bewusst auf die Einbringung verzichtet und will auch jetzt nur zunächst mal kurz darauf eingehen, welche Absicht wir mit diesem Antrag verfolgt haben. Als Allererstes vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin, für Ihren Sofortbericht. Er hat einige der Fragen beantwortet, die wir haben. Unsere Absicht heute mit dem Antrag ist es eben nicht, in eine dann höchstwahrscheinlich emotionalere Debatte über einzelne Punkte aus dem - bleiben wir bei dem schönen Begriff, Herr Fiedler - „blauen Wunder“ zu diskutieren, sondern die Absicht heute ist es, das Verfahren des weiteren Umgangs mit diesem Konvolut zu führen und nicht über die Inhalte jetzt schon zu sprechen. Ich glaube, das sollte man sehr schön auseinanderhalten und das ist, glaube ich, auch gerade von Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht so gemacht worden. Was unseren Antrag angeht, dass der Punkt II d als erledigt betrachtet werden kann, davon können Sie natürlich ausgehen, den ziehen wir hiermit zurück. Der Bericht ist uns zugeleitet worden, vielen Dank, wenn auch ein paar Tage später als der Öffentlichkeit, aber Schwamm drüber.

Die anderen drei Themen sind uns wichtiger, und zwar die Situation, die wir aus anderen Bundesländern kennen, die sich ähnliche Herkulesaufgaben gestellt und sie auch bewältigt haben. Wir sind der festen Überzeugung, das braucht so etwas wie ein Vorschaltgesetz, um den Prozess in eine rechtssichere Bahn zu bringen und wenig sinnvolle Reaktionen von Beteiligten zu verhindern. Ich habe es bewusst so unklar gelassen, weil es mir gar nicht darauf ankommt, jetzt wieder mit dem Finger auf potenziell Beteiligte zu zeigen. Es geht darum, Rechtssicherheit zu schaffen im Bereich der Struktur und der räumlichen Organisation. Das ist uns wichtig, dass es dieses Vorschaltgesetz geben muss,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

damit wir planen können, damit die Kreise planen können, die Gemeinden planen können und vor allen Dingen auch die Bevölkerung planen kann.

Das zweite Thema, auf das wir schon mehrere Jahre hier immer unser Augenmerk legen, ist ein ressortübergreifendes Personalentwicklungskonzept, das diesen Namen dann auch verdient.

Frau Ministerpräsidentin hat zu Recht noch mal und ich denke, diese Zahl werden wir einfach nicht mehr loswerden - 11.000 Stellen genannt, die zu streichen sind. Es ist eine unschöne Situation, sich vorzustellen, das „blaue Wunder“ in Teilbereichen oder vielleicht in einer Mehrzahl der Vorschläge abzulehnen und dann das Problem zu haben, aber im Prinzip in derselben Höhe von Vollzeitäquivalenten

der Beschäftigung andere, bessere Vorschläge machen zu müssen. Nur das einfache Ablehnen, das geht jetzt nicht mehr, denn die Größenordnung der Aufgabe ist darin nicht nur beschrieben, sondern vor allen Dingen auch gelöst worden. Jeder, der jetzt 1.000 Arbeitszeitäquivalente nicht mehr für gerechtfertigt hält - aus welchen sehr guten Gründen übrigens politisch auch immer, da werden wir sicherlich auch einige Themen dabei haben -, der muss dann die Frage beantworten, wo denn diese 1.000 Arbeitszeitäquivalente stattdessen gestrichen werden.

An diesem Thema, glaube ich, wird es richtig unangenehm, und zwar für jeden und für jede von uns hier in diesem Raum und schon für alle Fraktionen auch.

Das dritte Thema, das uns umtreibt, und, ich glaube, Frau Ministerpräsidentin, das ist noch nicht das, was wir jetzt von Ihnen erwarten, was Sie uns genannt haben, ist, das Thema in die Öffentlichkeit einzubinden. Das muss noch auf eine andere Art und Weise passieren, die sehr viel strukturierter ist als bloß eine Website oder dass Sie freundlich sich unterhalten mit Menschen, wenn Sie sie auf der Straße treffen. Wir werden die Notwendigkeit haben, ganz egal wer von uns hier in 18 Monaten weiterregiert oder regiert, dafür zu sorgen, dass alle Interessengruppen - so groß oder so klein sie auch seien, so interessengeleitet sie auch seien oder so gut organisiert oder so schlecht organisiert sie auch seien - gehört werden müssen, ohne dass wir ihnen immer nachgeben können und wollen. Diesen Prozess nicht strukturiert zu führen, das heißt, nur wieder denen, die am lautesten sind oder am mächtigsten sind oder am schnellsten sind, das Wort zu geben. Das kann nicht Sinn der ganzen Angelegenheit sein. Wir merken jetzt schon in den anderen Bereichen, über die wir heute gesprochen haben und noch sprechen werden, wie dringlich wir auch dieses Problem haben.

Stellen Sie schlimmstenfalls im Rahmen eines Nachtragshaushalts Geld in den Haushalt ein, um diesen Prozess öffentlich anzuleiten, dafür zu sorgen, dass das Thema viel öffentlicher noch diskutiert wird als das Lieblingsprojekt von Herrn Machnig, seine Energiewende. Und selbst für die hat er schon einiges Geld in die Hand genommen, und wie wenig Bürgerinnen und Bürger sind doch zurzeit bei dem Thema dabei.