Protocol of the Session on February 14, 2013

Ich komme zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen, ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD. Mit Beschluss des Landtags vom 3. Mai 2012 ist der Gesetzentwurf auch wieder federführend an den Petitionsausschuss überwiesen worden und an den Justizausschuss. Im Ergebnis empfiehlt der Petitionsausschuss, das Gesetz mit den Ihnen vorliegenden Änderungen anzunehmen. Der Justizausschuss empfiehlt, ich verkürze jetzt, den Gesetzentwurf der LINKEN abzulehnen und den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und SPD anzunehmen.

Ich komme zum Schluss zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP. Da geht es um die Einrichtung einer Kinderkommission. Der Petitionsausschuss empfiehlt, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Ebenso empfiehlt er, den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu diesem Gesetzentwurf abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Wir treten nun in die Aussprache ein und als Erster hat das Wort Abgeordneter Michael Heym von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute die Novelle des Petitionsgesetzes, die von den Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist, auf den Weg bringen, werden wir die Rechte der Bürger und das Petitionsrecht als wichtiges Instrument zur Kontrolle der Verwaltung gestärkt haben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dar- an glauben Sie doch selbst nicht.)

CDU und SPD haben einen Gesetzentwurf erarbeitet, mit dem nun öffentliche Petitionen eingeführt

(Präsidentin Diezel)

werden. Sie werden im Internet veröffentlicht und können mitgezeichnet werden und das ist nur folgerichtig, denn das Gesetz wird damit an die massiven Veränderungen individueller und gesellschaftlicher Kommunikationsgewohnheiten angepasst. Ausgangspunkt des nunmehr abzuschließenden Gesetzgebungsverfahrens war ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und dafür sage ich von dieser Stelle aus herzlichen Dank. Es war gut, dass wir uns auch durch Ihre Initiative veranlasst sahen, das Petitionsrecht zu modernisieren. Dabei waren nicht alle Ihre Vorschläge tauglich, ich komme darauf später noch zurück.

Gar nicht auseinander sind wir jedenfalls bei der Frage, dass Thüringen ein modernes Petitionsrecht bekommen sollte, das sich mit Regelungen des Bundestages und anderer Bundesländer zu öffentlichen Petitionen ohne Weiteres messen kann. Ich denke, meine Damen und Herren, genau das liegt Ihnen mit unserem Gesetzentwurf nunmehr vor.

Das Petitionsrecht ist ein Kontrollinstrument für das Handeln der Verwaltung und es soll die Position der Bürger stärken. Wir, die Mitglieder des Petitionsausschusses, spüren das in jeder Sitzung, in jeder Bürgersprechstunde und bei den Vor-Ort-Terminen. Sie können das hier im Plenum aus den jährlichen Berichten des Ausschusses, die der Vorsitzende abgibt, sehr gut ablesen.

Alles in allem hat sich das Petitionsgesetz bewährt. Was wir jetzt tun mussten, war dennoch nötig. Wir passen das Gesetz an die durch das Internet geprägten Kommunikationsgepflogenheiten unserer Zeit an und schaffen mit der öffentlichen Petition ein zusätzliches Instrument. Eine entsprechende Möglichkeit gibt es bisher beim Bund, in RheinlandPfalz und in Bremen. Wir haben uns dabei insbesondere an den guten Erfahrungen des Bundestages orientiert, bei dem bereits seit 2005 das Einreichen öffentlicher Petitionen möglich ist. Auch der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE hatte sich an der sogenannten Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen aus den - ich will jetzt die ganzen Ziffernfolgen nicht vorlesen - Verfahrensprozessen des Deutschen Bundestages angelehnt. Ich darf daran erinnern, wir sind ja auch, zumindest die Koalitionsfraktionen, extra im Bundestag gewesen und haben uns das vor Ort angesehen, wie die technischen Abläufe sind.

Wir mussten also nichts Neues erfinden, weil der Bundestag bereits gute Erfahrungen mit diesem Instrument gemacht hatte. Nur eine Anpassung an die Thüringer Verhältnisse war erforderlich. Bei öffentlichen Petitionen, die das Quorum von mindestens 1.500 Mitzeichnern erreicht haben, werden die Vertrauenspersonen der Petenten öffentlich angehört. In diese Anhörung werden dann auch die Fachausschüsse einbezogen. Das ist nach unserer Ansicht ein angemessenes Quorum, denn es orien

tiert sich an den Zahlen, die im Bund gelten, nur auf Thüringen heruntergebrochen.

Dass es grundsätzlich öffentliche Anhörungen zu Massen- und Sammelpetitionen mit mehr als 200 Unterstützern geben soll, wie es die LINKEN wollten, wird der Sache nicht gerecht. Das wäre weder vom Ausschuss noch von der Verwaltung leistbar, aber viel schlimmer, uns würde die Zeit für den Bürger und die Konzentration auf seine Anliegen am Ende wirklich fehlen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich anhand von zwei weiteren Beispielen begründen, warum wir einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet haben und nicht über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE reden. Stichwort „kommunales Petitionsrecht“, das sah Ihr Gesetzentwurf vor.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Gute Sache.)

Die Sinnhaftigkeit des Petitionsrechts - Herr Kuschel, es wird auch nach mehreren Jahren nicht richtiger, wenn Sie dieses Jahr wieder klopfen

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Selbstverständlich.)

begründen Sie nach Ihrem Verständnis mit einem nicht unerheblichen Beitrag zur Demokratisierung der Kommunalpolitik und es trage den geänderten Bedürfnissen der Menschen nach Teilhabe und Mitwirkung an politischen Prozessen und Entscheidungen vor Ort Rechnung. So ist es eben nicht.

Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde dem Vorschlag der LINKEN nach einem kommunalen Petitionsrecht eine klare Absage erteilt. Der Gemeinde- und Städtebund sah hierfür vor dem Hintergrund der bestehenden verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, sich mit Petitionen an die zuständigen Stellen und die Volksvertretungen zu wenden, keinerlei Notwendigkeit für ein Petitionsrecht auf kommunaler Ebene. Damit ist hierzu meines Erachtens auch alles gesagt. Die Stellungnahmen seinerzeit, ich glaube es war 2007, sind im Wesentlichen dieselben,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, nein.)

wie die, die wir auch zu dem vorliegenden aktuellen Gesetzentwurf erhalten haben.

Ein weiterer, keinesfalls zustimmungsfähiger Vorschlag der LINKEN zielt auf die Möglichkeit ab, durch Petitionen den Vollzug von Verwaltungsverfahren anhalten zu können. Demnach hätte beispielsweise der Vollzug von Steuerbescheiden ausgesetzt werden können, wenn sich der Steuerpflichtige mit einer Petition gegen eine aus seiner Sicht zu hohe Forderung des Fiskus wendet. Eine verlockende Vorstellung, aber in einem Rechtsstaat

nicht umsetzbar. Es geht eben aus Rechtsgründen nicht. Die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen exekutive oder gegebenenfalls auch gerichtliche Maßnahmen außer Vollzug gesetzt werden könnten, ist bundesgesetzlich abschließend geregelt. Rechtsgrundlage hierfür ist die Verwaltungsgerichtsordnung. Für eine Gesetzgebungskompetenz der Länder ist hier kein Raum mehr. Darüber hinaus läge auch ein Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung nahe, da der Legislative, hier dem Petitionsausschuss, eine über ihre verfassungsmäßige Funktion weit hinausgehende und in die Sphäre der Exekutive und Judikative eingreifende Befugnis eingeräumt wird.

Meine Damen und Herren, das macht eben den Unterschied, der Koalitionsentwurf ist eine Änderung mit Augenmaß. Er stärkt die Petenten, ohne damit zugleich den Vollzug von Verwaltungsmaßnahmen lahmzulegen.

Nun könnte ich noch einige Worte sagen zu den Vorschlägen der LINKEN zur grundsätzlichen Öffentlichkeit der Sitzungen des Petitionsausschusses und zur Absicht, das Landtagsplenum über Massen- und Sammelpetitionen entscheiden zu lassen. Die Nichtöffentlichkeit der Ausschuss-Sitzungen hat sich bewährt. Wir kümmern uns dort um die Anliegen der Bürger und arbeiten im Interesse dieser. Was wir nicht brauchen, ist ein Tribunal, wie Sie es wünschen. Das geht an den Interessen der Menschen vorbei und dient ausschließlich ihrer Profilierung. Schon bei der Einbringung Ihres Gesetzes hatte ich dazu das Bild vom Werkzeugkasten des politischen Kampfes gezeichnet

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ihre Sprachbilder sind besser als die von Herrn Mohring.)

erinnern Sie sich -, den Sie mit Ihren Instrumenten füllen und durch den Landtag hier legitimieren lassen wollten. Aber an der Stelle genug zu dem Entwurf.

Die FDP hatte auch noch einen Entwurf vorlegt. Dabei ging es - und das ist auch in der Berichterstattung vorhin gesagt worden - um die Wahrnehmung von Kinder- und Jugendpolitik als eigenständiges Politikfeld. Dazu soll eine Kinder- und Jugendkommission als ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses analog der Strafvollzugskommission eingerichtet werden. Die Zielstellung, sage ich, ist prima. Aber die vorgeschlagene Lösung ist nicht zielführend. Für einen weiteren Unterausschuss des Petitionsausschusses besteht aus unserer Sicht kein Bedarf. Den jährlichen Berichten des Petitionsausschusses ist nicht zu entnehmen, dass Angelegenheiten von Kindern und Jugendlichen eine besondere Rolle spielen. Zwar betreffen ca. 20 Prozent aller Petitionen den Bereich Soziales und 16 Prozent den Bereich Bildung; Angelegenheiten von Kindern und Jugendlichen sind je

doch in den dort untergeordneten Schwerpunkten nicht mal erwähnt. Dennoch können bereits heute Petitionen, die sich mit Anliegen von Kindern und Jugendlichen befassen, an den Petitionsausschuss gerichtet werden. Sie werden dort mit der gleichen Sorgfalt behandelt und beraten wie alle anderen Petitionen auch. Einer gesonderten Kinder- und Jugendkommission des Petitionsausschusses bedarf es daher nicht. Bislang ist auch kein derartiger Wunsch von außerhalb des Landtags an den Petitionsausschuss oder an die Fraktionen herangetragen worden. Ähnliches gilt für den Entschließungsantrag der GRÜNEN, Sie wollen eine Prüfung, ob wir eine Kinder- und Jugendkommission wie in Bayern einrichten sollen. Nach Ihrem Vorschlag soll diese Kommission ein Unterausschuss des Sozialausschusses sein. Ich denke, auch das brauchen wir nicht. Ich möchte dem Sozialausschuss nämlich ungern unterstellen, sich nicht in ausreichendem Maße um Angelegenheiten von Kindern und Jugendlichen zu kümmern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch sagen, ich habe ein gutes Gefühl, wenn wir heute ein modernes Petitionsrecht beschließen. Die Novellierung des Petitionsgesetzes ist ein wichtiger Schritt zu einer verbesserten demokratischen Teilhabe der Bürger.

Was ich noch gar nicht erwähnt habe, es soll Erleichterungen für Petenten mit Behinderungen geben. Wenn diese sich an uns wenden wollen, sollen Petitionen künftig auch in Brailleschrift und in Gebärdensprache eingereicht werden können.

Und ein Letztes: Unser Gesetzentwurf beinhaltet das Machbare und das Umsetzbare, auch das Finanzierbare. Wenn ich noch erwähnen darf, warum wir auch etwa die Einrichtung von Diskussionsforen hier herausgelassen hatten, langes Thema, aber wir haben am Ende der Beratung in der Koalition für uns die Meinung festgelegt, dass diese Diskussionsforen in diesem kleinen Landtag so viel Aufwand verursachen, dass wir in diesem Gesetzentwurf von dieser Option abgesehen haben. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion DIE LINKE hat die Abgeordnete Heidrun Sedlacik das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, was lange währt, wird endlich gut. Das ist ein toller Spruch, trifft aber leider nicht für den Thüringer Landtag zu.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Heym)

Ich muss kein Hellseher sein, wenn ich bereits jetzt schon einschätze und weiß, dass der Gesetzentwurf der Regierungsparteien, für den Herr Heym gerade noch mal geworben hat, heute mehrheitlich das Plenum passieren wird. Es stellt sich nur die Frage: Ist das gut für Thüringen oder nicht? Ich sage, weder noch. Dieser Wurf ist nur ein klitzekleiner Fortschritt und zum großen Teil dazu noch von uns geklaut. Unser Ziel ist es seit 2008, über ein modernes Petitionsgesetz mehr Bürgerrechte und mehr Demokratie zu sichern.

(Beifall DIE LINKE)

Unser Anliegen war es, mehr parlamentarische Kontrolle, mehr Öffentlichkeit und Transparenz zu schaffen. Und wenn ich in der Drucksache 5/5704 sehe, bei wie vielen Terminen wir uns angeblich im Petitionsausschuss mit dem Gesetzentwurf beschäftigt haben, muss ich sagen, Anspruch und Wirklichkeit liegen hier sehr weit auseinander. Es stand zwar auf der Tagesordnung, aber ziemlich schnell stand auch fest, man will sich damit nicht beschäftigen und es hat sehr, sehr lange gedauert, bis man dann etwas Eigenes vorgelegt hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn Sie sich heute rühmen, in Thüringen nun die Möglichkeit geschaffen zu haben, Petitionen zur Veröffentlichung zuzulassen, muss ich hier an dieser Stelle klarmachen, DIE LINKE war es, die Sie dazu genötigt hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und dafür, Herr Heym, müssen Sie sich nicht bedanken.

(Unruhe CDU)

Um Ihr Gesicht nicht zu verlieren, sind Sie einfach nicht mehr drum herumgekommen. Ihren Gesetzentwurf hätte es ohne unseren Vorstoß nicht gegeben.

(Beifall DIE LINKE)

Aber nun im Einzelnen: Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrungen, Erörterungen und Anhörungen und eines von Ihnen selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens von 2009. Mit etwas politischem Willen hätten wir in Thüringen bundesweit ein Achtungszeichen setzen können. Ein modernes Petitionswesen bedeutet für uns, dass es öffentliche Petitionen geben soll und auch die Gelegenheit zur Mitzeichnung und Abgabe eines Diskussionsbeitrags hierzu. Die Möglichkeit der Einführung von Diskussionen im Internet über eine Plattform ist unserer Meinung nach einfach notwendig, damit diejenigen, die an einer Mitzeichnung der veröffentlichten Petition interes