Protocol of the Session on February 14, 2013

Aber nun im Einzelnen: Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrungen, Erörterungen und Anhörungen und eines von Ihnen selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens von 2009. Mit etwas politischem Willen hätten wir in Thüringen bundesweit ein Achtungszeichen setzen können. Ein modernes Petitionswesen bedeutet für uns, dass es öffentliche Petitionen geben soll und auch die Gelegenheit zur Mitzeichnung und Abgabe eines Diskussionsbeitrags hierzu. Die Möglichkeit der Einführung von Diskussionen im Internet über eine Plattform ist unserer Meinung nach einfach notwendig, damit diejenigen, die an einer Mitzeichnung der veröffentlichten Petition interes

siert sind, sich mit den Einreichern verständigen können. Wir wollen eine sachliche Diskussionsplattform, in der sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen darstellt. Wir wissen, Sie lehnen es ab - schade. Auch bei den Fristen zur Stellungnahme der Landesregierung zu den eingereichten Petitionen konnten wir uns nicht annähern. Wir bleiben dabei, sechs Wochen sind ausreichend für die Bearbeitung der Stellungnahmen.

Unser Vorschlag lautete weiter, die Stellungnahmefrist kann in begründeten Fällen darüber hinaus einmalig um weitere sechs Wochen verlängert werden, in dringenden Fällen kann die Stellungnahmefrist zur Vermeidung von Nachteilen für den Petenten verkürzt werden. Eine moderatere Festlegung gibt es doch gar nicht in einem Gesetz. Ich möchte nach wie vor eine Begründung der Landesregierung haben, wenn sie die Frist zur Stellungnahme nicht einhält, was ja nicht wenig passiert. Das fanden wir doch sehr vernünftig und wir sagen erneut heute, nein, den acht Wochen werden wir nicht zustimmen, denn das ist für uns eine Verschlechterung des jetzigen Verfahrens.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es besteht die Gefahr, dass durch den Vollzug von Verwaltungsakten bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der Petitionsausschuss beraten und entscheiden kann. Infolgedessen kann das Petitionsrecht faktisch ins Leere laufen. Für die Wahrnahme des Petitionsrechts, für das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern in das Parlament und in den Petitionsausschuss ist es aber wesentlich, dass die Petitionen nicht ohne Wirkung bleiben. Deshalb wollten wir im Gesetz folgende Regelung: Bei bevorstehendem Vollzug einer beanstandeten Maßnahme kann die Landesregierung oder die sonst zuständige Stelle ersucht werden, den Vollzug der Maßnahme auszusetzen, bis der Petitionsausschuss über die Petition entschieden hat. Es wäre toll gewesen, wenn wir endlich diesen Satz auch in das Gesetz geschrieben hätten. Alle juristischen Findigkeiten, die Sie ja jetzt aufgezählt haben, zeugen bei mir davon, dass einfach der politische Wille dazu nicht da ist. Auch dies wird also abgelehnt werden.

Ich mache weiter, was den Umgang mit Massenund Sammelpetitionen betrifft. Auch hier kommen wir wieder keinen Schritt weiter. Wir wollten, dass ab einem bestimmten Quorum hier eine Anhörung stattfindet. Dass das unsere Arbeit im Plenum oder im Ausschuss lahmlegt, das ist für mich nur wieder einmal ein Totschlagargument. Wir wollen, dass sämtliche Petitionen die Möglichkeit haben, im Rahmen einer öffentlichen Anhörung erörtert zu werden. In Ihrem Entwurf werden durch die Begrenzung auf öffentliche Petitionen jedoch eingereichte Sammel- und Massenpetitionen ausgeschlossen,

hinter denen ebenfalls eine Vielzahl von Unterstützern stehen.

Auch das Mitzeichnungsquorum öffentlicher Petitionen im Entwurf der SPD und CDU sehen wir nach wie vor als überhöht an. Nicht mindestens 1.500, sondern bereits 500 Mitzeichnerinnen und Mitzeichner in einem Petitum sollten uns Anlass sein für eine öffentliche Anhörung hier im Landtag.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch unsere Forderung nach öffentlichen Sitzungen, wenn der Petent es wünscht, werden wir weiterverfolgen.

Meine Damen und Herren, ebenfalls nicht gewollt sind unsere vorgeschlagenen Regelungen zum kommunalen Petitionsrecht. Auch hier bemühte Herr Heym die Einschätzung in der öffentlichen Anhörung des Gemeinde- und Städtebundes. Sie haben aber verheimlicht, dass es auch andere Stellungnahmen gab,

(Beifall DIE LINKE)

wie zum Beispiel von „Mehr Demokratie“, die schon der Meinung sind, dass das eine vernünftige Regelung wäre.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das habe ich doch nicht verheimlicht.)

Dabei ist doch das Petitionsrecht bereits auf kommunaler Ebene in neun Bundesländern verankert.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man will, geht es doch. Wir wollen mit der verbindlichen Einführung eines kommunalen Petitionsrechts in Thüringen die Möglichkeit eröffnen, Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zum Ausgangspunkt der Tätigkeit der Kommunen zu machen. Die Einführung eines Petitionsrechts auf kommunaler Ebene fördert das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie Kommune und schärft doch das Problembewusstsein der Kommune und der Verwaltung. Jeder hat das Recht und soll auch dazu ermuntert werden, sich mit Bitten und Beschwerden an seine Gemeindeund Kreisvertretungen zu wenden. Die Einwohnerinnen und Einwohner haben das Recht darauf, über die Stellungnahme der Gemeinde- und Kreisvertretung oder einer ihrer Ausschüsse mit dem Ergebnis unterrichtet zu werden. Auch das wollen Sie nicht und haben wieder x juristische Klauseln angebracht, was Ihrer Meinung nach nun nicht dazu führen kann - schade.

Ein Satz zum Gesetzentwurf der FDP, den wir leider ablehnen müssen. Mein Kollege Matthias Bärwolff hat bereits in der ersten Lesung sehr ausführlich dazu Stellung genommen und ausdrücklich das Anliegen einer Kinder- und Jugendkommission begrüßt. Als Unterausschuss im Petitionsausschuss

lehnen wir dies allerdings auch ab. Denn eine solche Kommission braucht verbindliche und strukturelle Beteiligungsformen und keine Stellvertreterfunktion.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren von der SPD und CDU, Sie waren nicht einmal bereit, diese Vorschläge im Fachausschuss zu beraten und diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen, auch das ist ein Armutszeugnis für Sie.

Ich fasse zusammen: Der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zum Gesetzentwurf der Regierungsparteien kann meine Fraktion nicht zustimmen. Das, was letzten Endes von unseren Vorschlägen übriggeblieben ist, ist so verfälscht und rudimentär, dass wir uns nur der Stimme enthalten können. Aber seien Sie sicher, ein nächster Anlauf wird in der nächsten Legislatur gestartet.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wieder?)

Das soll keine Drohung sein, aber die Thüringer Bürgerinnen und Bürger haben es einfach verdient. Wir nehmen das als wichtigen Wahlauftrag mit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die FDP-Fraktion hat Abgeordneter Dirk Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt 1 umfasst vier Unterpunkte und roter Faden der Punkte 1 a und b ist die Schaffung der Möglichkeit der Online-Veröffentlichung und der Online-Mitzeichnung von Petitionen. Inhalt der Punkte 1 c und d ist die Schaffung der Kinderkommission. Ich möchte kurz auf die einzelnen Anträge eingehen und das Für und Wider erläutern.

Frau Schubert berichtete ausführlich über den bisherigen Verlauf und die zahlreichen Diskussionen im Justiz- bzw. Petitionsausschuss. Deshalb, meine Damen und Herren, beschränke ich mich auf die wesentlichen Unterschiede in den Anträgen.

Zu Punkt 1 a, Antrag der Fraktion DIE LINKE, möchte ich sagen: Die Veröffentlichung unter einem Pseudonym stellt eine Erweiterung zum Antrag der Koalitionsregierung dar. Die Petition soll von mindestens 50 Mitzeichnern unterstützt werden. Zur Klärung der Rechtslage wird eine Frist von sechs Wochen gefordert. Die Beantragung einer Fristverlängerung durch Zustimmung des Petitionsausschusses geht uns als FDP-Fraktion nicht weit genug. Deshalb beinhaltet der FDP-Änderungsantrag die Zustimmung durch eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Petitionsausschusses bei einer Frist

(Abg. Sedlacik)

verlängerung von 6 Wochen unter Benennung von Gründen.

In Ihrem Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE, dass der Vollzug von Verwaltungsmaßnahmen bis zum Abschluss des Petitionsverfahrens, jedoch nicht länger als drei Monate ausgesetzt werden kann. Ein Recht des Petitionsausschusses im Thüringer Landtag auf Aussetzen des Vollzugs bis zur Entscheidung des Ausschusses ist in der Thüringer Verfassung nicht geregelt und verstößt gegen das Gewaltenteilungsprinzip. Sie kennen die Beanstandung, die es bereits im Rechtsgutachten der Landesregierung zum Antrag der LINKEN aus dem Jahr 2008 gibt.

Streitpunkte in den letzten Beratungen waren die unterschiedlichen Auffassungen zur Änderung der Kommunalordnung. Ich möchte dabei auf das Gesagte in der letzten Plenarsitzung im Juni 2011 verweisen, denn unsere Meinung hat sich seitdem nicht geändert. Hier soll verbindlich bei Gemeinden über 1.000 Einwohner ein Petitionsausschuss gebildet werden und bei Gemeinden bis 1.000 Einwohner ist der Gemeinderat für die Erledigung der Petitionen zuständig. Da muss man sich die Frage stellen, meine Damen und Herren, ob das jeder Gemeinderat leisten kann, ob wir damit nicht eine Bürokratiewalze lostreten, die auch viel einfacher zu lösen ist.

(Beifall FDP)

Ich kenne aus meiner langen kommunalen Praxis seit 1994 nicht einen Fall, in dem sich Bürger an die Stadt gewendet haben, der nicht auch ohne dieses Gesetz behandelt worden wäre.

(Beifall CDU, FDP)

Ich möchte an der Stelle auch noch mal sagen, Gemeinde und Gemeinderat sind eine zuständige Stelle für kommunale Angelegenheiten und im engeren Sinn keine Volksvertretung.

Deswegen zusammengefasst noch einmal die Gründe, die aus unserer Sicht für eine Ablehnung Ihres Antrags sprechen: Die Volksvertretung ist für uns das Parlament und es gibt in Thüringen nur diese Volksvertretung. Für jeden Bürger besteht das verfassungsmäßige Recht, sich mit Petitionen an die zuständigen Stellen und an den Landtag zu wenden. Somit besteht aus unserer Sicht keine Veranlassung, an dieser Stelle die Thüringer Kommunalordnung zu ändern.

(Beifall FDP)

Zu Punkt 1 b, Gesetzentwurf der CDU, SPD: Zur Klärung der Rechtslage wird eine Frist von acht Wochen in Ihrem Gesetzentwurf festgelegt und wie beim Antrag der Fraktion DIE LINKE soll hier der Ausschussdienst prüfen, ob die Voraussetzungen für eine öffentliche Petition erfüllt sind. Dies bedeutet natürlich für das Personal der Landtagsverwal

tung ein nicht unerhebliches Maß an zusätzlichen Aufgaben. In § 16 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Koalition muss eine öffentliche Petition das Quorum von mindestens 1.500 Mitzeichnern erreichen. Eine öffentliche Anhörung ist nur auf Petitionen zur Veröffentlichung begrenzt.

Meine Damen und Herren, es ist ein Gebot der Gleichbehandlung, allen Formen der Mehrfachpetitionen, also Sammelpetitionen, Massenpetitionen, Petitionen zur Veröffentlichung, eine öffentliche Anhörung zu ermöglichen.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Zu unserem Antrag: Der Antrag der FDP-Fraktion sieht vor, dass jede Form von Mehrfachpetitionen, also Massenpetitionen, Sammelpetitionen und Petitionen zur Veröffentlichung, die ein Quorum von 1.000 Mitzeichnern erfüllen, die Möglichkeit einer öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss erhalten muss. Es ist, meine Damen und Herren, nicht nachvollziehbar, dass die Koalitionsfraktionen diese Möglichkeit ausschließlich auf Petitionen zur Veröffentlichung beschränken wollen.

(Beifall FDP)

Auch Sammelpetitionen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger bei Wind und Wetter auf den Thüringer Marktplätzen Unterschriften sammeln, haben es verdient, dass ihnen die Möglichkeit eröffnet wird, ihr Anliegen den Abgeordneten direkt im Ausschuss vorzutragen.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weiterhin führen die Koalitionsfraktionen in ihrem Gesetzentwurf an, dass mit einfacher Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses von einer öffentlichen Anhörung abgesehen werden kann trotz Erfüllen des gesetzten Quorums. Die FDP-Fraktion vertritt die Auffassung, dass das Absehen von einer öffentlichen Anhörung nur durch Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Ausschusses beschlossen werden sollte. Da das Petitionswesen auch eine parlamentarische Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive wahrnimmt, gilt es hierbei, die Rechte der Opposition besonders zu schützen.

(Beifall FDP)

Daher, meine Damen und Herren, erscheint eine Zweidrittelabstimmungsregelung angemessen, damit für die Regierung unliebsame Petitionen nicht mit einfacher Mehrheit von der öffentlichen Ausschuss-Sitzung ausgeschlossen werden können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)