Protocol of the Session on December 14, 2012

Es gibt den Antrag zur Herbeirufung des vertretenden Regierungsmitglieds. Jetzt möchte ich abstimmen lassen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Zustimmung bei der Fraktion der FDP. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt. Also keine Herbeirufung des zuständigen vertretenden Mitglieds der Landesregierung. Ich will aber trotzdem als Präsidentin hier sagen, es ist misslich, wenn niemand auf der Regierungsbank sitzt.

(Beifall im Hause)

Aber ich bitte jetzt den Staatssekretär Prof. Merten, den Sofortbericht zu halten.

Vielen Dank, hochverehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Frau Abgeordnete Hitzing, Sie haben ja darauf hingewiesen, das Licht, das im HuFA war, habe Ihnen nicht ausgereicht. Das muss ja nicht notwendigerweise am Licht liegen. Das Zweite: Sie haben mit einer sehr hypothetischen Frage begonnen: „Stellen Sie sich vor, wir hätten den Haushalt bereits in dieser Sitzung verabschiedet.“ Darauf kann ich genauso hypothetisch antworten: Stellen Sie sich vor, gestern wäre der Himmel runtergefallen, dann wären wir heute alle tot und wir wären genauso klug, tut mir leid. Also das ist ein sehr schwaches Argument, mit hypothetischen Argumentationen aufzuwarten, die sind hübsch für die Galerie, aber in der Substanz bringen sie nichts.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, die Arbeiten an einer neuen Hortkostenbeteiligungsverordnung laufen auf Hochtouren und wir sind bestrebt, zu Beginn des nächsten Schuljahres 2013/2014 damit zu starten.

Nun zum Sachstand: Im September wurde die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, des Landesschulbeirats und der Landeselternvertretung eingeleitet. Zeitgleich ging der Entwurf der Verordnung an den Landesbeauftragten für den Daten

(Präsidentin Diezel)

schutz sowie an den Thüringer Rechnungshof. Von verschiedenen Seiten liegen Stellungnahmen vor. Intensive Gespräche gibt es zurzeit noch mit den kommunalen Spitzenverbänden über das Verwaltungsverfahren. In der Anhörungsfassung der Verordnung sind neue Staffelungen nach dem Nettoeinkommen vorgesehen. Da das ja offen als wichtige Quelle zitiert wird, kann ich darauf verweisen, dass tatsächlich die Daten, die in der TLZ vom 13.11.2011 aufgeführt wurden, diese Staffelungen, dem aktuellen Arbeitsstand entsprechen. Die Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung ist unverändert seit 2001, also seit mehr als 11 Jahren, im Januar werden es 12 Jahre sein, in Kraft. Sie ist noch vor der Euro-Umstellung erarbeitet und umgesetzt worden. Eine Anpassung war notwendig und auch an der Zeit. Das heißt, wir haben, was diese Dienstleistung anbelangt, inzwischen seit 12 Jahren keinerlei finanzielle Veränderung. Wir wollen mit dieser Anpassung mehr soziale Verträglichkeit in der Elternbeteiligung. Wir sorgen dafür, dass einkommensschwache Familien mehr Spielraum haben. In der aktuell gültigen Hortkostenbeteiligungsverordnung werden Familien schon ab einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 920 € zur Kasse gebeten. Wir heben diese Untergrenze an, wie ich finde, deutlich an, um 130 €. Das heißt, künftig sind Familien bis zu einem Nettoeinkommen von 1.050 € von der finanziellen Beteiligung freigestellt. Wir wollen eine stärkere Differenzierung bei den Familien mit den mittleren und höheren Einkommen. Bisher wurden alle Familien ab einem Einkommen von mehr als 1.432 € über einen Kamm geschoren. Es macht aber einen Unterschied, ob eine Familie 1.500 €, 2.500 € oder 3.000 € netto zur Verfügung hat. Dieser Unterschied soll sich künftig auch in der Kostenbeteiligung bemerkbar machen. Daher schlagen wir eine differenzierte Staffelung der Personalkostenbeteiligung vor.

Meine Damen und Herren, wir wollen auch, dass die finanzielle Belastung einer Familie durch mehr Kinder künftig besser - und das heißt insofern angemessen - berücksichtigt wird. Daher soll das Kindergeld nicht - ich betone es ausdrücklich -, nicht auf das Einkommen angerechnet werden. Für jedes weitere Kind wird ein Freibetrag gewährt. Außerdem sollen Familien mit mehreren Kindern bei gleichzeitigem Besuch des Horts von weiteren Ermäßigungen profitieren. Ich glaube, das sind nun wirklich - auf die Familie bezogen - sehr familienpolitisch positive Orientierungen, die wir hier in das Gesetz bzw. die Verordnung reinbringen.

Zu Frage 4: Im Schuljahr 2012/13 werden an Grund- und Gemeinschaftsschulen in staatlicher Trägerschaft insgesamt 62.394 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Davon sind 52.254 Kinder im Hort angemeldet. Dies entspricht einer Betreuungsquote von 83,74 Prozent.

Meine Damen und Herren, das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Bundesweit profitieren nämlich nur 28 Prozent der Schüler von schulischen Ganztagsangeboten. Die Eltern in BadenWürttemberg oder Bremen, die Arbeit und Familie unter einen Hut bringen wollen, sind auf private Dienstleister angewiesen. Sie können sich ja gern mal mit den Damen und Herren vor Ort unterhalten, wie dort die Gebühren aussehen. In Thüringen gibt es ein verlässliches und qualitativ hochwertiges Bildungs- und Betreuungsangebot. Der Anteil der Hortkinder, bei denen der Betreuungsumfang wöchentlich unter zehn Stunden beträgt, beläuft sich auf 19,75 Prozent. Eltern wissen und Kinder erleben, dass sie hier in guten Händen sind, denn an den Horten in Thüringen arbeiten hoch qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen. In enger Zusammenarbeit mit den Schulen entwickeln sie abwechslungsreiche und anspruchsvolle Bildungsangebote. Kinder - das sage ich deutlich - sind hier im Hort sehr gut aufgehoben und das macht die Arbeit der Eltern natürlich auch leichter.

Meine Damen und Herren, Befreiungstatbestände für Bezieher von Sozialleistungen, wie sie im Entwurf vorgesehen sind, sind in der derzeitig gültigen Hortkostenbeteiligungsverordnung nicht enthalten. Deshalb gibt es dazu natürlich auch keine Statistiken bei uns im Haus. Aus diesem Grund existieren auch keine Daten darüber, wie viele Eltern von der Personalkostenbeteiligung befreit sind bzw. welche Befreiungstatbestände nach dem Verordnungsentwurf am häufigsten vorkommen. Gleiches gilt für die in der geltenden Verordnung vorgesehene Möglichkeit zum Erlass der Elternbeteiligung. Ausdrücklich weise ich darauf hin, auch durch die höhere Beteiligung der Eltern wird eine Deckung der Personalkosten für die Hortkosten insgesamt nicht erreicht. Eine solche Gesamtkalkulation ist im Verordnungsentwurf nicht angelegt. Die im Haushalt 2013/2014 geplanten Einnahmeansätze basieren, ich sage es deutlich, auf einer Prognose. Sie dienen nicht als Vorlage für die künftig vorgesehene Staffelung. In diese Prognose fließen ein die Entwicklung der Hortanmeldungen, des Betreuungsumfangs sowie der Einkommensverhältnisse der Eltern. Die Befreiungen von der Hortkostenbeteiligung gehen daher allein zulasten des Landeshaushalts. Sie werden nicht auf die anderen zahlenden Eltern umgelegt, weil sozial bedingte Gebührenermäßigungen nicht die übrigen Eltern belasten dürfen. So weit mein Kurzbericht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Danke schön, Herr Staatssekretär. Ich eröffne die Aussprache zum Sofortbericht und zu Nummer II des Antrags. Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Dirk Möller von der Fraktion DIE LINKE.

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Userinnen und User da draußen, die sich zu dieser Stunde hier eingeloggt haben, herzlich willkommen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Vielleicht ist da auch jemand von der Landesregierung dabei.)

Herr Prof. Merten, Stichwort Familienfreundlichkeit, welches Sie angesprochen haben: Ich finde es äußerst schwierig, anzunehmen, dass zwei bis drei, vielleicht auch sogar mehr Kinder einer Familie in ein und derselben Horteinrichtung untergebracht sind. Vielleicht sollte man unter dem Stichwort Familienfreundlichkeit mal darüber nachdenken, die Kinder einer Familie einzubeziehen, die in verschiedenen Betreuungseinrichtungen untergebracht sind. Da könnte ich mir Familienfreundlichkeit plastischer und wirklicher vorstellen.

Frau Kollegin Hitzing, Hortkostenbeteiligungsverordnung, Sie wissen sicherlich, dass bei so einer Verordnung am Ende der Ausschuss ins Benehmen gesetzt wird und wir letzten Endes leider nicht den großen Zugriff hätten. Aber es geht um den Titel des Antrags „Familienfreundliche Hortgebühren“ und Frau Hitzing, hier habe ich meine Zweifel, ob es bei Ihrem Ansinnen, wenn man sich den Punkt II ansieht, wirklich um Familienfreundlichkeit geht. Ich persönlich sehe sie nicht, denn ich sehe hier in erster Linie, dem Grundsatz von FDP-Politik treu bleibend, und zwar dem Grundsatz, eine bestimmte Klientel zu betreuen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Genau, Fami- lien.)

Nein, nicht Familien. Wenn Sie sich, Herr Barth, die Begründung anschauen bzw. Punkt II Ihres Antrags anschauen, dann kaprizieren Sie sich nicht nur auf Familien im Allgemeinen, sondern auf Familien ab einer bestimmten Einkommensgrenze.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die beson- ders betroffen sind.)

Sie formulieren nämlich: „Bereits Familien mit zwei durchschnittlichen Einkommen droht somit schon eine deutliche Erhöhung, obwohl gerade diese Familien aufgrund der Berufstätigkeit der beiden Eltern auf die Betreuung ihrer Kinder im Hort angewiesen sind.“ So weit Ihr Begründungstext. Aber was ist eigentlich mit anderen Haushalten, die es noch in dieser Gesellschaft gibt? An denen scheinen Sie offensichtlich kein Interesse zu haben.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist dum- mes Zeug.)

Stichwort Alleinerziehende, die passen höchstwahrscheinlich gerade nicht in Ihr Schema, weil die wahrscheinlich von diesen bis zu 66 Prozent …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Lesen bildet, Herr Kollege.)

Ich denke, Sie sollten mir erst mal zuhören, bevor Sie anfangen, einfach dazwischenzureden.

(Unruhe FDP)

Oder Stichwort Geringverdiener, wo vielleicht beide Ehepartner arbeiten und sogar aufstocken müssen. Wieso kommt das nicht bei Ihnen vor bzw. warum kümmern Sie sich hier eigentlich nicht?

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Weil die re- gelmäßig von den Gebühren befreit sind.)

Bei Ihnen geht Vereinbarkeit von Familie und Beruf erst, wenn wir hier über ein Einkommen von über 3.000 € reden. Das finde ich einfach zu kurz gedacht oder vielleicht auch gar nicht gedacht. Zur Klarstellung: Ich möchte niemandem seinen Lohn, den er für geleistete Arbeit erhält, neiden, allerdings bin ich der Auffassung, dass starke Schultern mehr tragen können als schwache Schultern. Ich vermisse mit Ihrem Antrag in diesem Sinne einfach Ihren Beitrag für eine solidarische Gesellschaft. Es ist natürlich nachzuvollziehen, dass nach Ihrer Logik die typische deutsche Durchschnittsfamilie von Vater, Mutter und 1,3 Kindern, Berufstätigkeit beider Eltern vorausgesetzt, schnell zu den oberen Einkommensklassen im Sinne dieser noch ausstehenden Verordnung zählt. Das ist noch lange kein Grund, andere Familienverhältnisse außer Acht zu lassen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das wird da- durch nicht besser.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bildung zu genießen und gebildet zu werden, ist ein Grundrecht eines jeden Kindes und eines jeden Schülers, nicht nur in Thüringen. Bildung für alle sollte die Perspektive sein, auf die wir zuarbeiten. Dabei darf das Einkommen der Eltern keine Entscheidungsgrundlage für einen Schul- und einen Hortbesuch sein. Leider ist es allerdings in Deutschland eine traurige Realität, dass immer noch das Einkommen der Eltern eine wesentliche Entscheidungsgrundlage ist. Die aktuellen IGLU- und TIMSS-Studien belegen dies. Wir haben in Thüringen - und wir sind stolz darauf - ein Erfolgsmodell der Einheit von Schule und Hort, leider in einem Teil mit Gebühren belastet und der andere gebührenfrei. Da aus meiner Sicht, aus unserer Sicht der Hort ebenfalls eine Bildungseinrichtung ist, sollte er perspektivisch von allen Gebühren befreit sein. Man könnte ja zum Beispiel die Gelder des Thüringer Erziehungsgelds und des entsprechenden Gesetzes hier einsetzen, wenn das Betreuungsgeld vom Bund kommt. Allerdings, wie wir seit Kurzem wissen, soll ja hier zweispurig oder doppelspurig gefahren werden.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Was hat das mit Hortgebühren zu tun?)

Da wir die Gebührenfreiheit im Kopf bzw. als Ziel haben, können wir diesem Antrag als Fraktion nicht zustimmen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Maik Kowalleck zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Staatssekretär Merten ist in seinem Sofortbericht durchaus ausführlich auf die einzelnen Fragen des Antrags der Fraktion der FDP eingegangen, deshalb möchte ich an dieser Stelle nur ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen. Frau Hitzing hat es auch gesagt, innerhalb der Haushaltsberatungen waren die Fraktionen zum größten Teil schon überrascht, dass diese Einnahmeerhöhung im Rahmen der Novellierung der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung vorgesehen ist. In der vorliegenden Antragsbegründung wird auch noch mal auf die Mehreinnahmen eingegangen und die beabsichtigten Änderungen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Vom Finanz- minister.)

Das Thema Hort ist ein sensibles Thema. Das hatten wir auch hier an dieser Stelle in der Vergangenheit diskutiert. Ich nenne da zum Beispiel das Modellprojekt Thüringer Grundschule. Es ist auch wichtig - Herr Staatssekretär Merten hat das erwähnt -, wir haben ein verlässliches und qualitativ hochwertiges Hortsystem hier in Thüringen. Das ist auch beispielhaft für Deutschland.

(Beifall CDU)

Das müssen wir auch bewahren, denn es ist wichtig einerseits für unsere Kinder im Rahmen des Bildungsauftrags, hier die besten Voraussetzungen zu bieten, und andererseits eben auch für unsere Eltern. Meine Damen und Herren, in der Sitzung der CDU-Fraktion wurde jetzt so eine kleine Tradition eingeführt. Seit geraumer Zeit nennen wir verschiedene Standards, die den Freistaat viel Geld kosten. Da können Sie sich denken, dass die besagte Verordnung in diesem Zusammenhang schon aufgezeigt wurde. Unsererseits bestehen erhebliche Bedenken, dass wiederum in unserem Freistaat ein bürokratischer Aufwand betrieben wird, der am Ende ein Mehr an Arbeit bedeutet und somit auch Geld kostet,

(Beifall CDU)

Geld, das letztendlich unsere Kommunen aufbringen müssen. An dieser Stelle möchte ich es auch nicht versäumen, den Beschluss meiner Fraktion mitzuteilen, den wir in dieser Woche gefasst haben:

Die CDU-Fraktion lehnt den gegenwärtigen Entwurf der Novelle der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung ab

(Beifall CDU)

und bittet die Landesregierung, den Entwurf dahin gehend abzuändern, dass der Verwaltungsaufwand reduziert wird und die Regelungen familienfreundlich ausgestaltet werden.

(Beifall CDU, FDP)

Der Thüringische Landkreistag lehnt mit Schreiben vom 09.10. den vorliegenden Verordnungsentwurf ebenfalls ab. Das Schreiben ist Ihnen zugegangen mit der folgenden Begründung: Die vorgesehene Neuregelung würde den Verwaltungsaufwand der Schulträger im Vergleich mit der bestehenden Verordnung erheblich erhöhen und die Eltern erheblich belasten. Aufgrund der erweiterten Einkommensstaffelung wäre das Einkommen nahezu aller Familien, aus denen Kinder den Schulhort besuchen, von den Eltern nachzuweisen und vom Schulträger zu prüfen. Aktuell liegt dieser Anteil an den Anmeldungen, bei denen eine Prüfung erfolgt, im Durchschnitt zwischen 20 bis 30 Prozent. Der Landkreistag hält diesen Mehraufwand für die Schulträger und die zusätzliche Belastung für die Eltern für unverhältnismäßig.

(Beifall CDU, FDP)