Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Lehmann hat hier wieder ein Beispiel der traditionellen Ankündigungspolitik der CDU geliefert, aber Sie kündigen nur an, Sie handeln nicht.
Wie Sie gegenwärtig mit den Thüringer Gemeinden, Städten und Landkreisen umgehen, zeigt der Fakt, dass Sie als größte Fraktion in diesem Haus und als Regierungsfraktion beide Termine für das Vorlegen von Änderungsanträgen zum Haushaltsentwurf 2013/2014, die aus verfassungsrechtlichen Gründen den Kommunen zugeleitet werden müssen, versäumt haben. Von Ihnen liegt kein Antrag vor. Das ist ein inakzeptabler Umgang mit den Kommunen, da können Sie noch so goldene Worte hier am Mikrofon finden, die sind wenig hilfreich.
Der Grundsatz der Einheit von Wort und Tat galt nicht nur in vergangenen Zeiten, sondern auch immer noch heute; von dem sind Sie also weit weg.
Was mich besonders betroffen macht, ist, dass Sie eine Kreisumlage von 50 Prozent für einen Lösungsansatz halten.
Das heißt, Sie zementieren die Auseinandersetzung auf der kommunalen Ebene, damit Sie sich als Land zurücklehnen können, weil Sie sagen, schwache Gemeinden, schwache Landkreise sind immer für ein Land gut, insbesondere wenn es von der CDU regiert wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Antrag der FDP. Was ich nicht gehört habe, ist der Lösungsansatz der FDP. Sie haben eine Zustandsbeschreibung gemacht, der kann man zustimmen, die war nicht allumfassend, das geht auch in der kurzen Zeit nicht, aber Sie haben keinen Lösungsansatz. Bisher war der Lösungsansatz der FDP auf Bundesebene, wir greifen ins Steuerrecht ein, das trifft auch die Gemeinden. Für die Thüringer Gemeinden macht das jetzt kumulativ im Jahr 400 Mio. €, die uns seit 1998 durch Steuerrechtsänderungen verloren gegangen sind. Das sind 30 Prozent der Steuereinnahmen. Das heißt, wir würden hier eine andere Diskussion führen, wenn die FDP endlich aufhören würde auf Bundesebene, diesen Staat auszuplündern.
Dann bieten Sie doch eine Lösung an. Ihre Lösung ist, Steuerrechtsänderungen vorzunehmen, die auch die Kommunen treffen. Das kann nicht die Lösung sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann hat Herr Bergner hier wieder versucht, Verschuldung und Leistungsfähigkeit in einen kausalen Zusammenhang zu bringen. Da gibt es aber keinen Zusammenhang, das wissen Sie, Sie sind selbst Bürgermeister. Sie wissen, die Verschuldung ist kein Maßstab von Leistungsfähigkeit. Wir haben eine Vielzahl von Kommunen, die schuldenfrei sind, aber nicht deshalb schuldenfrei, weil sie leistungsfähig sind, sondern deshalb schuldenfrei, weil sie so arm sind, dass sie von der Rechtsaufsicht keine Kredite genehmigt bekommen. Das müssen Sie auch endlich begreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Finanzausgleich, den jetzt der Finanzminister vorgelegt hat, macht überdeutlich, welche strukturellen Defizite wir im Lande haben. Insofern ist diese neue Struktur in dem Sinne hilfreich, aber sie bietet keine Lösung für die Zukunft. Wir haben aber nur zwei Lösungen: Entweder ändern wir auch etwas an den Strukturen auf Landesebene und kommunaler Ebene, um so wieder Leistungsfähigkeit zu bekommen, oder wir machen es so wie die CDU und sagen, weiter so, dann muss die CDU, müssen Herr Dr. Voigt und Herr Mohring sagen, wo sie das Geld hernehmen wollen, denn dann müssen wir tatsächlich mehr Geld auf die kommunale Ebene geben.
Das haben wir nicht, weil die CDU selbst sagt, wir haben zurückgehende Landeseinnahmen oder zumindest stagnierende Landeseinnahmen und der Anteil für die Kommunen kann dabei nicht extensiv erweitert werden. Aber dieses Konzept fehlt. Wir haben als LINKE am gestrigen Tag ein Angebot unterbreitet, 50 Mio. im Jahr 2013 und 2014 mehr in den Finanzausgleich. Das entspricht nicht den Forderungen der Kommunen, ist aber ein Angebot.
Das Angebot ist mit der Forderung an die Landespolitik verbunden, nun endlich Strukturveränderungen auf den Weg zu bringen, aber auch an die Gemeinden und Landkreise, einen eigenen Beitrag für die Stabilisierung der Kommunalfinanzen zu leisten. Solange wir noch Gemeinden haben, wie beispielsweise die Wachsenburg-Gemeinde, die den Hebesatz der Gewerbesteuer einfach mal so von 400 auf 210 reduziert und damit einen ruinösen Wettbewerb in der Region erzeugt, und das Hand in Hand mit Ichtershausen - darüber werden wir morgen reden , die sich weigern, einen Hebesatz über 300 zu nehmen, während die Stadt Arnstadt aber über Hebesätze jenseits von 400 nachdenken muss, solange das der Fall ist, haben Gemeinden noch Reserven. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir auf Landesebene gefordert sind, für andere Strukturen und andere Schwerpunkte zu sorgen. Da hat die FDP heute hier bedauerlicherweise nicht den richtigen Rahmen gewählt, weil man das nicht in fünf Minuten erläutern kann, sondern wir konnten hier nur unsere Grundsätze anmahnen. Wir haben aber zum Beispiel morgen ausreichend Gelegenheit, über Strukturen auf kommunaler Ebene zu reden. Danke.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen. Herr Bergner, ich habe auch ähnlich wie meine Kollegin Lehmann erst einmal dieses Thema bewundert, diese extreme Unwucht, das hat mir sehr gefallen, das ist ein Wort, das kommt kaum noch vor. Ich muss allerdings sagen, Frau Lehmann, das Wort Unwucht ist nicht immer nur aus dem Kfz-Verkehr entlehnt. Ich habe mal nachgeschaut: Von einer Unwucht spricht man bei rotierenden Körpern, deren Masse nicht rotationssymmetrisch verteilt ist; Unwuchten führen zu Vibrationen und erhöhtem Verschleiß, weshalb sie durch Gegengewichte ausgewuchtet werden, aber nicht nur im Kfz-Bereich. Wenn Ihr Handy auf
stumm geschaltet ist - das habe ich auch gelernt und es vibriert, dann ist da ein kleiner Unwuchtmotor drin. Danke an die FDP, dass ich mich da auch noch mal schlau machen durfte.
Wir wollen aber mal zurück zum Grundsatz dieser Aktuellen Stunde. Herr Bergner hat das hier bereits angesprochen und deswegen zurück zum Thema. Mit dem Gesetz zur Änderung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen hat die Landesregierung, im Speziellen der Thüringer Finanzminister, die Vorstellungen für die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen vorgestellt. Ich sage jetzt einfach noch einmal KFA, das ist dieses alte Wort, das wird sich bestimmt, Herr Voß, noch zwei bis drei Jahre hier im Lande halten. Das Gesetzeswerk, wir haben das schon bei der Einbringung erlebt, hat sogar aus den Reihen der Opposition, ich will mal vorsichtig sagen, zumindest lobende Worte erhalten. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben diese vorgeschlagene Neuregelung nicht in Bausch und Bogen verdammt, das kann man nicht sagen.
Es gibt, Herr Bergner, Sie wissen das natürlich, eine Reihe von Kriterien oder Ansatzpunkten, die auch der Gemeinde- und Städtebund und der Landkreistag noch kritisch sehen, Sie wissen, die Kritik bezieht sich im Einzelnen zum Beispiel auf die Ermittlung der Ausgangsmasse auf Basis des Jahres 2010, Fortschreibung des Zuschussbedarfs auf das Jahr 2013, Nichteinhaltung des Gebots der Verteilungssymmetrie, Verschlüsselung der Leistungen im Bereich SGB II und XII. Das kennen Sie alles, uns liegen die Stellungnahmen der Spitzenverbände vor. Im Grunde ist die Kritik natürlich auch auf die Berechnung und die Gewährung des angemessenen Bedarfs gerichtet. Es ist zu wenig Sprit im Tank, lesen wir immer, das ist wirklich ein sehr schönes Bild. Die Auffassung der kommunalen Spitzenverbände in dieser Beziehung ist so, der Bedarf, so lesen wir, sei zumindest fehlerhaft ermittelt worden. Deswegen wird der generelle Ansatz der finanziellen Auskömmlichkeit überhaupt nicht richtig berücksichtigt.
Mit dieser Sachfrage und dieser Kritik, da seien Sie sich sicher, Herr Bergner, setzen sich die Regierungsfraktionen schon auseinander, wir werden darauf auch eine gemeinsame Antwort finden müssen. Ich sage Ihnen ganz klar, an der SPD-Fraktion werden machbare und seriöse Vorschläge, die zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen führen, nicht scheitern. Ich bin aber, als Sie die Aktuelle Stunde einberufen haben, auf Ihre Internetseite gegangen und habe erst mal den Sinn und Zweck der heutigen Aktion so richtig verstanden, als ich lesen musste, Sie erlauben sicherlich ein Zitat, Frau Präsidentin, „der 47-Jährige“, das sind Sie, „glaubt nicht daran, dass an der angeblichen Bereitschaft zur weiteren Verhandlung viel dran ist“, da geht es um die Verhandlungen zum
Kommunalen Finanzausgleich. Dann werden Sie wörtlich zitiert: „Wir Kommunalpolitiker sind gut beraten, uns nicht weiter verschaukeln zu lassen und der Regierung in den laufenden Haushaltsberatungen Dampf zu machen.“ So haben Sie das gesagt.
und wie Sie Dampf machen wollen, Herr Bergner, aber schauen Sie bitte in den aktuellen Entwurf des Landeshaushalts. Es gibt sehr wohl etliche
Stellen, wo auch Kommunen geholfen wird - weil Sie uns mangelnden Gestaltungswillen beispielsweise auch in diesem Zeitungsartikel und Ihrer Rede vorgeworfen haben. Ich will noch mal daran erinnern, dass die Landesregierung und auch die SPDVertreter dafür gekämpft haben, dass wir in diesem neuen Kommunalen Finanzausgleich einen Anpassungsfonds haben, 70 Mio. € innerhalb von drei Jahren, den Kulturlastenausgleich, das sind 9 Mio. € jährlich, das Förderprogramm für Schulsozialarbeit, das ist bares Geld für die Kommunen. Das ist also mit durchgesetzt worden. Sie können gern Aktuelle Stunden einberufen, Herr Bergner, aber was ich nicht so richtig verstehe, Sie wissen laut Geschäftsordnung, Sie haben fünf Minuten Zeit, hier vorn dieses Thema anzureißen. Von diesen fünf Minuten haben Sie 30 Sekunden dazu gebraucht, zu bedauern, dass Sie nur fünf Minuten haben. Wir können also, da gebe ich Frau Lehmann recht, überhaupt nicht so sehr inhaltlich darauf eingehen.
Ich rede sehr gern zur Sache, nur das Problem ist, das haben Sie ja auch bedauert, dass es in fünf Minuten gar nicht richtig möglich ist. Deswegen sage ich, Sie haben diese Aktuelle Stunde nur deswegen einberufen, weil Sie hier Dampf ablassen und der Regierung Dampf machen wollten.
Sie haben uns leider nicht verraten, wie Sie das tun wollen. Das ist im Prinzip auch das, was ich Ihnen durchaus vorwerfen muss, und deswegen ist dieses Dampfmachen für mich auch aus diesem Zeitungsartikel heraus nichts anderes als Dampfplauderei. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Um dieses mechanische Problem noch kurz zu lösen, umgangssprachlich nennt man das Ganze „rumeiern“, wenn jemand eine Unwucht hat. Das ist manchmal auch das Problem mit der FDP und ihren Anträgen.
Wenn wir über das Thema „Kommunen vor unlösbaren Aufgaben“ sprechen, dann sei vielleicht noch mal kurz daran erinnert, welche Aufgaben nach unserer Ansicht die Kommunen in den nächsten 10 bis 20 Jahren haben werden. Sie werden vor allem Strukturänderungen bewältigen müssen. Das ist auch nichts wirklich Neues. Die Bevölkerungsabnahme, wir haben die aktuellen Zahlen gerade aus dem Handbuch für Statistik entnehmen können, von 14.000 Menschen, das ist einmal Hildburghausen, um mal ein Beispiel zu nehmen, ohne die Hildburghäuser jetzt diffamieren zu wollen, aber die Größe stimmt so ungefähr. Einmal Hildburghausen wird Thüringen jedes Jahr weniger. Die Kommunen haben die Aufgabe, die Menge an öffentlichen Leistungen, die in Hildburghausen erbracht werden, über die ganze Fläche verteilt, nicht mehr wahrnehmen zu müssen und auch nicht mehr wahrnehmen zu können, weil auch die Einnahmen für die 14.000 Einwohnerinnen und Einwohner von Hildburghausen - im Wortsinn gesprochen - dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Wir müssen den Kommunen interregionale Wanderungen zumuten. Abwanderungen in den meisten Gebieten in Thüringen stehen, wie Sie wissen, Wanderungsgewinnen in anderen gegenüber, deswegen reden wir auch in den Plenarsitzungen heute, morgen und übermorgen über das Thema „Wohnungsnot“ zum Beispiel, eine ziemlich unbekannte Problematik in vielen Gegenden von Thüringen, aber nicht in allen. Die Alterung unserer Bevölkerung ist auch ein Problem, auch das ist nicht ganz neu. Dazu kommen dann auch noch - und darum ist wahrscheinlich die Aktuelle Stunde auch von der FDP angestrengt worden - die tendenziell sinkenden Einnahmen. Dass diese Einnahmen gemeinsam gedacht werden müssen zwischen Land und Kommunen, ist keine falsche Sichtweise, um das mal deutlich zu sagen. Haben die Kommunen deshalb unlösbare Aufgaben vor sich? Sie müssen mit diesem Wissen um die Bevölkerungsänderung und die sinkenden Mittel ihre Infrastruktur, die sich teilweise entwertet und teilweise neu gebaut werden muss, völlig neu definieren und strukturieren.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kommunen, die Aufbauleistungen seit 1990 hinter sich gebracht haben, die werden wohl diese kleine Problematik, mit diesen bisschen weniger Mitteln auskommen zu können, logischerweise lösen können. Um die Frage zu beantworten, Herr Bergner, nein, die Kommunen stehen nicht vor unlösbaren Aufgaben. Die Kommunen stehen vor notwendigen Aufgaben, die man gemeinsam schultern kann, aber die kann man auch schultern, wenn es weniger Geld geben wird. Wenn Sie das immer nicht akzeptieren wollen, dann reden Sie bloß populistische Sprüche und machen dann doch nur Rumgeeiere. Das ist nicht notwendig an dieser Stelle.
Die Kommunen brauchen, wenn es um das Thema der sinkenden Mittel geht, eine Finanzausstattung, die nachvollziehbar ist, soweit es irgendwie geht, die abgewogen ist mit den Problematiken, die die Landesseite zu schultern hat. Die Landesaufgaben müssen auch erfüllt werden. Populistisch nur darauf zu drängen und zu sagen, ihr müsst auch noch einsparen, ändert an dem Problem, das wir damit haben, dass wir ausreichend Lehrer, Polizisten, Justizvollzugsbedienstete und auch ein paar Menschen in der Verwaltung bezahlen wollen, gerade einmal gar nichts. Es muss verteilungsgerecht werden. Darüber reden wir wahrscheinlich heute und auch morgen noch in Ausführlichkeit, über die Frage der Gerechtigkeit zwischen Land und Kommunen, zwischen den Kreisen und den Gemeinden und innerhalb der Kreise und der Gemeinden. Dafür braucht es eine möglichst große Legitimität dieser Ausstattung.