Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie alle recht herzlich zu unserer konstituierenden und somit 1. Sitzung des 5. Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne, willkommen.
In meinen Gruß schließe ich die große Zahl der erschienenen Vertreter der Medien genauso ein wie die zahlreichen Gäste aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft. Auch den Angehörigen, Freunden und Bekannten der Abgeordneten ein herzliches Willkommen.
Die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags gilt aufgrund des Gesetzes vom 19.07.1994 auch für diese Wahlperiode fort. § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung lautet: „Die erste Sitzung des Landtags leitet der älteste Abgeordnete, bis der neu gewählte Präsident oder einer seiner Stellvertreter das Amt übernimmt.“
Meine Damen und Herren, ich bin am 25. Februar 1944 in Ichtershausen in Thüringen geboren. Darf ich fragen, ob ein Mitglied dieses Hohen Hauses älter ist als ich? Ich kann feststellen, dass dies offenbar nicht der Fall ist. Deshalb werde ich als Alterspräsident den ersten Teil dieser Sitzung leiten.
Zunächst gilt festzustellen, dass wir uns gemäß Artikel 50 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen auf den Punkt genau in der vorgeschriebenen Frist von 30 Tagen nach der Landtagswahl versammelt haben. Ich eröffne somit die 1. Plenarsitzung in der 5. Wahlperiode.
Herr Alterspräsident, ich würde gerne beantragen, die Drucksache 5/12 - den gemeinsamen Antrag der Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur gemeinsamen Erklärung für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Thüringen - auf die heutige Tagesordnung in einem neuen Tagesordnungspunkt 11 zu setzen.
§ 66 Abs. 2 der Geschäftsordnung ist eine Fristverkürzung mit einer Zweidrittelmehrheit zu beschließen. Widerspricht jemand der Aufnahme in die Tagesordnung? Das ist nicht der Fall. Wir haben mit einfacher Mehrheit über die Aufnahme in die Tagesordnung abzustimmen. Ich frage Sie jetzt, wer für die Aufnahme des gemeinsamen Antrags der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN als Tagesordnungspunkt 11 ist, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen? Somit kann ich feststellen, dass einstimmig für den Antrag gestimmt wurde.
Meine Damen und Herren, ich möchte den Abgeordneten der vergangenen Legislaturperiode danken, sowohl jenen, die diesem Landtag angehören, als auch denjenigen, die nicht erneut kandidiert haben oder denen, denen der Wiedereinzug in das Parlament nicht geglückt ist. Ihnen allen herzlichen Dank für ihren persönlichen Einsatz für unsere Heimat, den Freistaat Thüringen.
Besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. Dagmar Schipanski, die als Präsidentin in den vergangenen fünf Jahren den Landtag souverän und umsichtig geführt hat.
In meinen Dank eingeschlossen sind die Vizepräsidentinnen des 4. Thüringer Landtags, Frau Dr. Birgit Klaubert und Frau Birgit Pelke, die gewissenhaft ihr Amt ausgeübt haben.
In dieser Stunde sind 32 Abgeordnete unter uns, die zum ersten Mal in den Thüringer Landtag eingezogen sind. Das ist mehr als ein Drittel. Ich möchte diese Abgeordneten ganz besonders zu ihrer Wahl beglückwünschen. Mit jedem neuen Landtagsmitglied ziehen neue Erfahrungen, Ideen und Perspektiven in dieses Haus ein. Das begreife ich als eine große Chance.
Ich freue mich, dass zwei demokratische Parteien, die FDP und die GRÜNEN, wieder im Thüringer Landtag vertreten sind. Wir gleichen uns damit dem auf Bundesebene bereits etablierten sogenannten fluiden Fünf-Parteien-System an. Mit dem Sprung der FDP und der GRÜNEN in das Parlament wird
sich der 5. Thüringer Landtag sicher durch eine noch größere Meinungsvielfalt auszeichnen. Dies ist umso erfreulicher, als wir hier im Plenum ein noch klareres Stimmungsbild der Thüringer Bürgerinnen und Bürger erwarten dürfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Heinrich Mann sagte, Demokratie sei die Anerkennung, dass wir sozial genommen füreinander verantwortlich sind. Dies gilt besonders für uns Abgeordnete, weil wir die ganze Bandbreite an Herausforderungen meistern müssen, die die politischen Umstände für uns bereithalten. Unsere Erfolge sind immer die Erfolge unseres Landes. Versagen wir, so bewirkt dies Konsequenzen für ein ganzes Land mit seinen Menschen. Deshalb sind Mut, Weitsicht und Entschlossenheit unerlässlich für jeden Abgeordneten.
Wir alle sind nach Artikel 53 der Thüringer Verfassung unabhängig, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur unserem Gewissen verantwortlich. Jeder einzelne Abgeordnete ist für die parlamentarische Demokratie, ganz gleich, ob er der künftigen Regierungsfraktion oder einer Oppositionsfraktion angehört. Jeder von uns hat die Aufgabe, Dienst für die Menschen in Thüringen zu leisten. Der Souverän hat uns das Mandat erteilt. Es ist ein Mandat auf Zeit. Wir sind nicht die Herren unseres Landes, auch nicht für fünf Jahre. Wir sind dessen Diener. Wir müssen dem Wohl Thüringens mit all unseren Kräften dienen. Dienen heißt, die beste politische Lösung und den besten Weg für unser Land zu finden. In einem Parlament mit fünf Parteien wird dies eine große Herausforderung darstellen. Konflikte werden nicht ausbleiben. Wer sagt, dass Konflikte nicht auch positiv wirken können? Unser ehemaliger Bundespräsident Richard von Weizsäcker formulierte sehr treffend: „Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg, deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des Anderen.“ Angesichts einer Wahlbeteiligung am 30. August 2009 von nur rund 56 Prozent müssen wir uns als Abgeordnete noch stärker bemühen, in der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass wir stets in der Sache miteinander ringen und dass uns dabei der gegenseitige Respekt trägt - und zwar über die gesamte Legislaturperiode.
Rufen wir uns also in der Stunde eins der 5. Wahlperiode in Erinnerung: Sei es im Plenarsaal oder in den Ausschüssen, politische Entscheidungen sind immer Kompromisse. Sie werden lange durchdacht, diskutiert und geprüft. Am Schluss muss jedoch ein Ergebnis stehen, mit dem sich die Mehrheit der Beteiligten einverstanden erklärt. Im Kompromiss erfüllt sich daher unsere Demokratie. Es ist gerade einmal 20 Jahre her, dass wir Bürgerinnen und Bürger in den fünf neuen Bundesländern uns die demokratischen Grundrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, freie Wahlen und den Schutz vor
staatlicher Willkür erkämpft haben. Gerade im Jahr der Demokratie 2009 tun wir gut daran, uns wieder in Erinnerung zu rufen: Die Demokratie ist keine natürliche Gegebenheit. Wir müssen um sie kämpfen, um nicht Gefahr zu laufen, sie leichtfertig zu verspielen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger den Anschluss an die Politik verlören und die da oben nur machen ließen, stünde es schlecht um die Zukunft unserer Demokratie. Deshalb ist es wichtig, dass wir Abgeordneten nicht nur Politik machen, sondern auch Politik kommunizieren. Carl Friedrich von Weizsäcker, der Bruder des bereits erwähnten ehemaligen Bundespräsidenten, hat einmal gesagt: „Das demokratische System, zu dem sich unser Staat bekennt, beruht auf der Überzeugung, dass man den Menschen die Wahrheit sagen kann.“ Dieser Satz sollte uns bei unserer Arbeit ein guter Wegweiser sein hin zu weniger kleinlichem Gezänk, mehr Transparenz zu einer klaren Vermittlung unserer Entscheidungen.
Doch genug der mahnenden Worte. Es ist dieser feierlichen Stunde sicher angemessen, mit Freude auf die Entwicklung unserer Demokratie seit 1989 zurückzublicken. Wir können stolz sein auf das, was die Menschen in Thüringen seither geschaffen haben. Die letzten 20 Jahre haben unser Land stark und nachhaltig verändert. Vieles hat sich zum Positiven gewandelt, wenngleich auch nicht alles glückte. Die rasante Entwicklung Thüringens war nur möglich, weil Bürgerinnen und Bürger sowie Politiker gemeinsam die Veränderungen der Gesellschaft vorantreiben wollten. Ich habe große Hoffnungen, dass die Erfolgsgeschichte unseres Freistaats auch in der 5. Wahlperiode fortgeschrieben wird. Vor uns liegen Aufgaben, die es zu lösen gilt. Arbeitslosigkeit, Abwanderung, Bildungsfragen und die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise sind nur einige Themen, die uns in der 5. Wahlperiode beschäftigen werden. Bei der Bewältigung dieser Probleme sind wir gefordert, den kommenden Generationen Handlungsspielräume zu erhalten, auch vor allem solche finanzieller Art. Darauf möchte ich besonders eindringlich hinweisen. Wir müssen also auch in den kommenden fünf Jahren eine solide Haushaltspolitik gestalten, weil unser Land weder jetzt noch künftig neue Schulden verkraftet. Es sind dies keine einfachen Aufgaben, doch lassen Sie es mich in aller Deutlichkeit sagen, meine Damen und meine Herren: Wir werden diese Aufgaben bewältigen. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken, liebe Abgeordnete, und das Beste für Thüringen tun. In diesem Sinne wünsche ich uns allen Kraft und Entschlossenheit, um unserem Auftrag und dem Vertrauen gerecht zu werden, das die Bürger in uns setzen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Gemäß § 1 Abs. 3 Geschäftsordnung ernennt der Alterspräsident zwei Abgeordnete zu vorläufigen Schriftführern. Es ist parlamentarischer Brauch, stets die jüngsten Abgeordneten jeder Fraktion zu vorläufigen Schriftführern bzw. Wahlhelfern zu benennen. Die Fraktionen sind übereingekommen, diese Tradition insoweit zu erweitern, als dass Abgeordnete der beiden neu im Landtag vertretenen Fraktionen zu vorläufigen Schriftführern ernannt werden. Ich berufe von der Fraktion der FDP Herrn Abgeordneten Lutz Recknagel und von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Jennifer Schubert als vorläufige Schriftführer. Ich bitte Herrn Abgeordneten Lutz Recknagel rechts neben mir Platz zu nehmen und Frau Abgeordnete Jennifer Schubert links neben mir Platz zu nehmen und die Rednerliste zu führen. Die jüngsten Abgeordneten sind bei der Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Beate Meißner, der Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Matthias Bärwolff und der Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Peter Metz. Sie bitte ich, sich als Wahlhelfer für diese Wahlen bereitzuhalten.
Zur Vereinfachung unserer Arbeit schlage ich vor, dass wir diese beiden Tagesordnungspunkte miteinander verbinden. Bei der Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin, die gemäß § 2 Abs. 1 Geschäftsordnung in geheimer Abstimmung erfolgt, wird jeder und jede Abgeordnete aufgerufen. Meldet er oder sie sich mit „ja“ bzw. „hier“, wird damit zugleich das Verfahren zur Feststellung der Beschlussfähigkeit durchgeführt. Gibt es hierzu Einwände? Das ist nicht der Fall, dann werden wir so verfahren.
Die Wahl wird gemäß § 2 Abs. 1 Geschäftsordnung ohne Aussprache durchgeführt. Gemäß § 2 Abs. 2 Geschäftsordnung steht das Vorschlagsrecht für den Präsidenten des Landtags der Frak
tion der CDU zu. Vorgeschlagen ist Frau Abgeordnete Birgit Diezel. Der namentliche Aufruf der Mitglieder des Landtags und die Wahlen werden in folgender Weise durchgeführt. Die Namen der Abgeordneten mit den Anfangsbuchstaben A bis K bitte ich Frau Abgeordnete Jennifer Schubert vorzulesen, die Abgeordneten mit den Anfangsbuchstaben L bis Z Herrn Abgeordneten Lutz Recknagel.
Der bzw. die jeweils aufgerufene Abgeordnete meldet sich mit Ja oder hier und erhält von einem Wahlhelfer vor Eintritt in die Wahlkabine einen Stimmzettel. Der Stimmzettel sieht wie folgt aus: Frau Abgeordnete Birgit Diezel - Ja, Nein und Enthaltung. Jeder Abgeordnete hat nur eine Stimme. Er kann also mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen. Die Abgabe von mehr als einem Votum macht den Stimmzettel ungültig. Bei der Durchführung der Wahlhandlung bitte ich die Abgeordneten Meißner, Bärwolff und Metz behilflich zu sein.
Wir treten jetzt in die Wahlhandlung ein. Ich bitte Frau Abgeordnete Schubert, mit der Verlesung der Namen in alphabetischer Reihenfolge zu beginnen. Ich bitte die drei Genannten nach vorn.
Dirk Adams, Dieter Althaus, Frank Augsten, Matthias Bärwolff, Uwe Barth, Rolf Baumann, Gustav Bergemann, Dirk Bergner, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Christian Carius, Birgit Diezel, HansJürgen Döring, Sabine Doht, David-Christian Eckardt, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Heiko Gentzel, Manfred Grob, Gerhard Günther, Christian Gumprecht, Thomas Hartung, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Manfred Hellmann, Susanne Hennig, Matthias Hey, Michael Heym, Franka Hitzing, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Elke Holzapfel, Mike Huster, Margit Jung, Regine Kanis, Karin Kaschuba, Birgit Keller, Jörg Kellner, Thomas Kemmerich, Birgit Klaubert, Katharina König, Marian Koppe, Knut Korschewsky, Maik Kowalleck, Horst Krauße, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel,
Annette Lehmann, Wolfgang Lemb, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Dr. Gudrun Lukin, Dorothea Marx, Christoph Matschie, Beate Meißner, Peter Metz, Carsten Meyer, Mike Mohring, Eleonore Margarete Mühlbauer, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Egon Primas, Bodo Ramelow, Lutz Recknagel, Jürgen Reinholz, Martina Renner, Astrid Rothe-Beinlich, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Jennifer Schubert, Heidrun Sedlacik, Anja Siegesmund, Michaele Sojka, Karola Stange, Christina
Tasch, Heike Taubert, Heinz Untermann ist erkrankt und entschuldigt, Dr. Mario Voigt, Marion Walsmann, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Gerold Wucherpfennig, Dr. Klaus Zeh.
Haben alle Abgeordneten gewählt? Ich stelle fest, dass alle Abgeordneten gewählt haben. Ich schließe den Wahlgang.
Bei Aufruf der Abgeordneten haben sich 87 Abgeordnete als anwesend gemeldet. Daher stelle ich fest, dass der Landtag beschlussfähig ist. Ich bitte die Wahlhelfer, nun die Auszählung der Stimmen vorzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt: 87 abgegebene Stimmen, ungültig keine, 87 gültige Stimmzettel. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU - Abgeordnete Birgit Diezel - entfielen 70 Jastimmen, 12 Neinstimmen, 5 Enthaltungen. Somit ist die erforderliche Mehrheit gegeben.