Ich bitte Frau Präsidentin Diezel nach vorn, um die Amtsgeschäfte zu übernehmen. Gleichzeitig gratuliere ich ihr zur Wahl.
Sehr geehrter Herr Alterspräsident Klaus von der Krone, meine lieben Abgeordnetenkollegen, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne! Lassen Sie mich einige Gäste besonders begrüßen. Ich begrüße die Bischöfe Frau Junkermann von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands und ich begrüße den Bischof des Bistums Erfurt, Dr. Wanke. Ich begrüße die Judikative und ich begrüße den Verfassungs
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, wir starten mit guten Vorsätzen, mit viel Elan, mit vielen bekannten, aber auch mit vielen neuen Gesichtern hier in die 5. Legislaturperiode. Neue Persönlichkeiten bringen neue Ideen mit. Ich darf Sie alle nochmals jetzt als frisch gewählte Präsidentin hier im Thüringer Landtag herzlich willkommen heißen.
An erster Stelle steht mein Dank an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie haben mir ein anspruchsvolles, ein gutes Ergebnis beschert, Sie haben mir Ihr Vertrauen ausgesprochen und ich freue mich und ich bedanke mich. Ihnen allen, den Abgeordneten ebenso wie den noch zu wählenden Vizepräsidentinnen verspreche ich gute, partnerschaftliche Zusammenarbeit. Ich will auch diejenigen mit meiner Arbeit überzeugen, die mir heute nicht ihre Stimme geben konnten. Ich will Anwalt aller Abgeordneten sein bei ihren berechtigten Anliegen nach innen wie nach außen.
Eines will ich besonders betonen: Über Parteigrenzen hinweg haben Sie mir Ihre Stimme gegeben. Das ist für mich Ehre und Ansporn zugleich. Ich verspreche Ihnen, ich werde alles daran setzen, Ihrem Vertrauen in meine Person, in meinen politischen Sachverstand und in meine politische Erfahrung gerecht zu werden. Ich verspreche Ihnen ein Zweites: Ich werde mein neues Amt mit aller Entschiedenheit überparteilich zum Wohle des ganzen Freistaats ausüben - menschlich, fair, gerecht und unvoreingenommen. Ich sehe mein neues Amt als Landtagspräsidentin als Verpflichtung an, stets ein offenes Ohr für alle Kolleginnen und Kollegen zu haben und zugleich den notwendigen Raum zu bieten, dass alle gleichberechtigt ihre jeweils unterschiedlichen Interessen und Belange als Landtagsabgeordnete würdig hier im Haus vertreten können.
Wir hatten bisher im Thüringer Landtag immer Persönlichkeiten, die diese Tugenden in ihrem Präsidentenamt vorbildlich gezeigt haben. In der 5. Legislaturperiode möchte ich die Arbeit meiner vier Vorgänger fortsetzen. Ich bin deshalb Dr. Gottfried Müller, Dr. Frank Michael Pietzsch, Christine Lieberknecht und Frau Prof. Dr. Dagmar Schipanski zu tiefem Dank verpflichtet. Sie alle haben den Freistaat nach innen und nach außen in den vergangenen 19 Jahren ausgezeichnet repräsentiert. Meine Vorgänger haben ohne Zweifel die Messlatte sehr hoch gesetzt; das motiviert mich. Mein Ziel ist es, wie Sie Präsidentin aller Thüringerinnen und Thüringer, aller Landtagskolleginnen und -kollegen zu sein.
Im parlamentarischen Regierungssystem trägt die Mehrheit im Parlament die Regierung. Für mich ist das Parlament aber nicht Vollzugsorgan der Regierung, sondern deren Auftraggeber und Kontrolleur.
Es hängt an uns allen, an jedem von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie der politische Diskurs im Parlamentsalltag sein wird. Davon hängt ab, zu welchen Instrumenten wir im Präsidium greifen, ob die mahnende Glocke, der zurückweisende Ordnungsruf oder ob politisches Management, politische Vernunft. Ich setze auf politische Vernunft und politische Kultur. Das Parlament ist der Hort der politischen Kultur, gerade und ganz besonders im Kulturland Thüringen. Im Stil und im Geiste im Umgang mit den gewählten Volksvertretern und vor allem im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern sehe ich mich als Repräsentantin und Dienerin des Freistaats.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Demokratie lebt vom offenen Disput, von der Diskussion und dem harten Ringen um den richtigen Weg. Dazu gehört der Respekt vor der Meinung des anderen. Bei aller Leidenschaft, bei allem Wettbewerb der Parteien und Fraktionen dürfen wir die Grundregeln des fairen und kollegialen Umgangs nicht vergessen, die Achtung vor dem Andersdenkenden, Toleranz, Weltoffenheit, das ist der Kern einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.
Wir stehen heute in Thüringen am Beginn einer wirklich neuen, weil anderen Legislaturperiode. Zum Ersten ist es für viele Kolleginnen und Kollegen der Start in einen ganz neuen Lebensabschnitt. Da gibt es Erwartungen, da gibt es Hoffnungen, dass man das umsetzt, was man den Wählern versprochen hat, was man als Auftrag hat. Zum Zweiten - dem Wählerwillen entsprechend - ist der Thüringer Landtag auch anders geworden. Mit dem Einzug der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist das Bild bunter, facettenreicher geworden. Damit folgt Thüringen dem bundesweiten Trend zum Fünf-Parteien-System und damit wird der breite Wählerwille auch im Parlament abgebildet. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den neuen Abgeordneten und den neuen Fraktionen. Ich sehe es als positives Zeichen der politischen Kultur dieses Hohen Hauses, wenn die Fraktionen sich geeinigt haben, dass alle Fraktionen einen Vizepräsidenten stellen sollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir in Thüringen dürfen uns glücklich schätzen, dass eine Farbe in diesem Parlament fehlt, nämlich die Farbe braun. Im Land von Buchenwald,
im Land der deutschen Klassik, im Land der Weimarer Republik wäre dies eine Katastrophe, ein politisches Armutszeugnis für uns alle. Ich freue mich, dass die Fraktionen einen gemeinsamen Antrag eingebracht haben. Und ich freue mich, dass die Wählerinnen und Wähler Thüringens den Demagogen keine Stimme in diesem Haus gegeben haben. Wir Demokraten sollten aber gemeinsam dafür sorgen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Das Grundgesetz hat sich als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik zur wertebezogenen und wehrhaften Demokratie bekannt. Wir Demokraten müssen zusammenstehen. Keine Freiheit den Feinden der Freiheit, das ist die Devise unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung im Geiste des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Start in eine neue Legislaturperiode des Thüringer Landtags fällt in eine politisch bewegte Zeit. Im Freistaat Thüringen hatten wir in den letzten Wochen und Monaten Wahlen auf allen politischen Ebenen - Kommunal-, Europa-, Landtags- und zuletzt die Bundestagswahl. Das hat uns alle gefordert, auch bis an die Grenzen der körperlichen Möglichkeiten. Über zwei Trends müssen wir besonders nachdenken. Zum einen hat sich die Parteienlandschaft in den letzten Jahren grundlegend geändert. Es gibt mehr Wechselwähler, weniger festere Parteibindungen. Die bisherigen Volksparteien haben harte Konkurrenz bekommen. Das Parteienspektrum ist bunter geworden. Koalitionsverhandlungen sind spannender, aber zugleich komplizierter geworden. Politik auf allen Ebenen ist damit offener, aber gewiss nicht einfacher.
Der zweite Trend allerdings sollte uns Demokraten allen zu denken geben. Die Wahlbeteiligung ist deutlich gesunken und damit zugleich leider die Chance für extremistische Parteien gestiegen. Wenn wir eine aktive demokratische Gesellschaft, wenn wir den mündigen, engagierten Bürger wollen, wenn wir Partei- und Politikverdrossenheit überwinden wollen, dann müssen wir als Volksvertreter den Hebel an mehreren Stellen ansetzen. Unsere wichtigste Aufgabe ist es, Demokratiebewusstsein in allen Bereichen der Gesellschaft - von der Kita bis zur Erwachsenenbildung - zu fördern. Demokratie entsteht im Kopf. Daher müssen wir vor allem die junge Generation für gesellschaftliches, politisches Engagement begeistern. Ich sehe hier eine große Chance für unsere jungen Abgeordneten gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Mir ist wichtig, dass unser Parlament die Themen, die unsere Menschen im Lande bewegen, aufnimmt, dass sie hier in der Debatte eine Rolle spielen, diskutiert werden, aber transparent und verständlich diskutiert werden.
Wenn wir dann noch Lösungen finden, dann gelingt es uns, Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern im Lande zu gewinnen und zu erhalten. Dann wird auch den Menschen klar werden, dass Politik hier im Landtag geschieht und nicht Politik in Talkshows gemacht wird, dass das Parlament der zentrale Ort der politischen Debatte und des Meinungsaustausches ist und dass hier in diesem Rund über die Zukunft des Freistaats entschieden wird. Ich denke, man kann die Worte des Bundestagspräsidenten Dr. Lammert nur unterstreichen: „Im Parlament schlägt das Herz der Demokratie.“
Das Image eines Landes ist mit dem Ansehen seines Parlaments eng verbunden. Öffnen wir also umso mehr den Thüringer Landtag zum Bürger hin. Stärken wir die Teilnahme der Bürger durch transparente Politik. Der Tag der offenen Tür mit Tausenden von Besuchern ist ein gelungenes Beispiel, ein Musterbeispiel der Öffentlichkeitsarbeit. Wir brauchen als Parlamentarier den Dialog mit den Bürgern. Wir müssen dem Bürger die Herausforderungen, all die Veränderungen, die auf ihn zukommen, erklären. Wir müssen die Menschen mitnehmen. Nur wenn wir unsere Entscheidungen und Beschlüsse bei dem Bürger verständlich machen, finden wir Akzeptanz. Daher sehe ich eine wichtige Aufgabe als Landtagspräsidentin darin, nahe bei den Menschen zu sein, ihnen zuzuhören, ihre Wünsche zu akzeptieren, auf sie einzugehen und ihre Kritik anzunehmen. Ich hoffe, meine Erfahrungen seit 1994 in diesem Haus und meine Erfahrungen in Regierungsverantwortung helfen mir dabei. Und sicher ist es für das Amt der Landtagspräsidentin nicht von Schaden, wenn sie das Zahlenwerk des Landeshaushalts versteht. Denn das Parlament hat das Königsrecht der Verabschiedung des Landeshaushalts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag steht in dieser Legislaturperiode vor enormen Herausforderungen. Wir sind Teil der globalen Welt. Wir spüren die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise. Viele sehen in der Finanzkrise die Nagelprobe für die soziale Marktwirtschaft. Diese wertegebundene Wirtschaftsform hat sich bewährt. Wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit sind keine Widersprüche, sie bedingen einander. Mit unserem Sozialstaat haben wir seit der Wende schon vieles erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Eine sozial gerechte Gesellschaft zu schaffen, das ist nicht allein die Aufgabe des Staates. Jeder in der Gesellschaft muss dazu beitragen für ein menschliches Antlitz. Wenn jeder jedem helfen würde, wäre allen geholfen - ein kluges Wort von Marie von Ebner-Eschenbach. Unsere freiheitliche Ordnung lebt vom bürgerschaft
lichen Engagement. Diese Idee darf ruhig ansteckend sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn Vorbilder bilden.
Fördern wir als Politiker daher nach Kräften die Zivilgesellschaft. Wir wollen keine Zuschauerdemokratie. Demokratie lebt vom Mitdenken und vom aktiven Mithandeln. Zur Zivilgesellschaft gehört Zivilcourage. Dies haben wir 1989 bewiesen. Es waren nicht die Demonstrationen für Bananen, sondern für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und für ein einiges Vaterland.
Weil in der Finanzkrise viele, auch in der Wirtschaft, so gern nach dem Staat rufen, sei daran erinnert: 1989 stand die Freiheit des Bürgers und nicht der Ruf nach dem allmächtigen Staat auf der Tagesordnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zivilcourage erleben wir heute in vielen Formen und wir brauchen sie. Wir müssen aber mit allen Mitteln des Rechtsstaats all denen die Stirn zeigen, die mutige Bürger zu Tode prügeln, weil sie angegriffenen Kindern helfen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die neue Legislaturperiode beginnt im Jahr der Demokratie, das wir 2009 ausgerufen haben. Vor 90 Jahren haben aufrechte Demokraten die Weimarer Republik, die erste Demokratie auf deutschem Boden, ausgerufen. Aus ihrem Scheitern müssen wir Lehren ziehen. Vor 60 Jahren hat sich der freie Teil unseres Vaterlandes für das Grundgesetz mit dem Wiedervereinigungspostulat entschieden. Und vor 20 Jahren ist uns 1989 die friedliche Revolution in der Geschichte geglückt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade die junge Generation sei daran erinnert: Demokratie, Freiheit, Menschenrechte - das sind keine Selbstverständlichkeiten. Diese Grundwerte werden nicht mit den Genen vererbt. Demokratie- und Freiheitsbewusstsein müssen stets aufs Neue von jeder Generation erworben werden. Holen wir deshalb verstärkt die Jugend ins Parlament. Eine wichtige Herausforderung können wir auch nur mit der jungen Generation verwirklichen - die Europäische Union, das Europäische Haus weiterzubauen. Europa muss auch in der Arbeit des Thüringer Landtags ein zentrales Thema bleiben. Schließlich - und da ist wieder die Finanzministerin im Hinterkopf gewesen - geht in dieser Legislaturperiode die Förderperiode
2013 mit dem Ziel-I-Gebiet zu Ende. Da braucht es Antworten und Lösungen hier aus diesem Hause. Europa braucht unseren föderalistischen Geist. Verleihen wir Europa neue Impulse! Thüringen bildet mit seiner Kultur, seiner Bildung, seiner Historie die Mitte Deutschlands und die Mitte Europas. Der Freistaat kann somit Vorbild für das neue, moderne Europa sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute hat sich der neue Landtag konstituiert. Nun beginnt die parlamentarische Arbeit. Ich freue mich darauf und ich baue auf Ihre partnerschaftliche Zusammenarbeit. Der nächste Schritt wird die Bildung einer handlungsfähigen Regierung sein. Ich wünsche mir, dass wir die Regierung in der nächsten Parlamentssitzung vereidigen können. Wir haben ein Mandat auf Zeit. Nutzen wir diese Zeit für den Freistaat. Vielen herzlichen Dank.
Wahl des Präsidenten und sei- ner Stellvertreter gemäß § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hier: Abweichung bei der Zahl
Landtags Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/3 -
Wünscht jemand zur Begründung des Antrags das Wort? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig beschlossen.
Wahl der Vizepräsidenten des Landtags Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU, DIE LINKE und der SPD - Drucksachen 5/6/7/8 -
Vorgeschlagen wurden durch die Fraktion der CDU: Frau Abgeordnete Franka Hitzing; von der Fraktion DIE LINKE: Frau Abgeordnete Dr. Birgit Klaubert; von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau
Wir wählen die vier Vizepräsidenten jeweils einzeln. Zur Erleichterung des Verfahrens schlage ich Ihnen aber vor, die Wahlen parallel durchzuführen. Das bedeutet, dass Sie alle vier Stimmzettel gleichzeitig erhalten und damit nur einmal in die Wahlkabine gehen müssen. Die notwendigen vier Stimmzettel sind farblich unterschiedlich gestaltet. Gibt es dazu Einwände? Das ist nicht der Fall, dann verfahren wir so.
Die Stimmzettel haben jeweils folgendes Aussehen: Name des Kandidaten, Ja, Nein, Enthaltung. Jeder Abgeordnete hat für jeden Wahlvorschlag jeweils eine Stimme, er kann also für die vier Wahlvorschläge jeweils mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen.
Wir treten jetzt in die Wahlhandlung. Ich bitte, die Namen vorzulesen, Abgeordnete Frau Schubert liest die Anfangsbuchstaben von A bis K und der Abgeordnete Herr Recknagel von Buchstabe L bis Z vor. Danke. Ich bitte die Wahlhelfer Frau Meißner, Herr Bärwolff und Herr Metz behilflich zu sein.