Protocol of the Session on September 12, 2008

(Unruhe CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen vor nach etwa 100-minütiger Debatte, die erst mal keiner beginnen wollte. Es ist keine Ausschussüberweisung des Antrags beantragt worden. Demzufolge stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion der SPD ab. Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Wir beantragen eine getrennte Abstimmung der Punkte 1 und 2.

Dann stimmen wir zuerst über den Punkt 1 aus dem Antrag in Drucksache 4/4367 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Damit hat eine Mehrheit diesen Punkt 1 abgelehnt.

Und zum Punkt 2 bitte jetzt die Abstimmung. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt zahlreiche Stimmenthaltungen. Mehrheitlich ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen noch zu dem Tagesordnungspunkt, der vereinbarungsgemäß heute aufgerufen werden soll, das ist der Tagesordnungspunkt 21

Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertages- einrichtungsgesetzes und anderer Gesetze (Gesetz für eine bessere Familien- politik in Thüringen) Bericht des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit über den Stand der Ausschussberatungen des Gesetzentwurfs auf Ver- langen der Fraktionen der SPD und DIE LINKE dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/4386 -

Die Fraktionen von SPD und DIE LINKE haben bisher nicht das Wort zur Begründung bei mir eingereicht. Demzufolge gehe ich davon aus, dass sie das auch nicht wollen. Frau Abgeordnete Künast hat die Aufgabe, den Bericht aus dem Ausschuss zu geben.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Oppositionsfraktionen haben mit der Ihnen vorliegenden Drucksache 4/4386 am 2. September einen Bericht des Sozialausschusses gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung eingefordert. Inhaltlich geht es um das Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes, kurz genannt um das Gesetz für eine bessere Familienpolitik in Thüringen.

Der entsprechende Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen wurde am 24.01.2008 in der Folge der ersten Beratung im Thüringer Landtag federführend an den Sozialausschuss überwiesen. Thematisch handelt es sich dabei um den gesetzlichen Regelungsinhalt des den Fraktionen seit Mai 2006 bekannten Antrags auf Zulassung des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik in Thüringen. Der Sozialausschuss hat sich am 22.02.2008 in seiner 46. Sitzung erstmals mit dem Gesetzentwurf befasst. Am 18. April 2008 wurde in der 48. Sitzung des Sozialausschusses die mündliche Anhörung durchgeführt. Neun Anzuhörende nahmen an der Anhörung teil. Alle Anzuhörenden formulierten in unterschiedlicher Art und Weise personellen Mehrbedarf in den Kindertageseinrichtungen. Die Details wurden während der Anhörung umfangreich und sehr differenziert erörtert. In der 49. Sitzung am 30. Mai 2008 beauftragte der Ausschuss auf Antrag der CDU die Landtagsverwaltung bis zum 4. Juli 2008 mit der

Erarbeitung einer Synopse. Weiterhin wurden die Landtagsverwaltung und die Landesregierung gebeten, exakt zu berechnen, wie viele VbE infolge der Umsetzung des Gesetzes zusätzlich erforderlich werden. Darüber hinaus wurde die Landesregierung auf Antrag der CDU gebeten, Aussagen zu den Ressourcen an ausgebildetem Fachpersonal zu treffen. Am 04.07.2008 erfolgte die Zusendung der Berechnung der Vollzeitstellen seitens des Thüringer Landtags an den Ausschuss sowie die Synopse. Am 23. Juli 2008 erfolgte die Zusendung der Berechnung der Landesregierung. Die Berechnungen des Landtags ergaben einen Mehrbedarf von 2.832 Vollbeschäftigten, die der Landesregierung von 2.617 Vollbeschäftigten. Weiterhin teilte die Landesregierung mit, dass nur knapp über 22 Prozent der Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen vollzeitbeschäftigt sind. Sie leiteten daraus ab, dass noch mehr Potenzial für einen Mehrbedarf an Personal vorhanden sei. Als derzeitige Absolventen für den Beruf der staatlich anerkannten Erzieherinnen, des Erziehers wurden 451 Fachschüler in Thüringen genannt, von denen 271 ihr Berufspraktikum in Kindertageseinrichtungen absolvieren. Die Landtagsverwaltung fügte ihrer Berechnung eine Bewertung bei. Dort heißt es unter anderem - ich erlaube mir, auszugsweise zu zitieren: „Allerdings handelt es sich hierbei“, also bei den VbE, „nur um eine rechnerische Größe und nicht um einen exakten Wert, der der Realität entsprechen würde. Dies liegt darin begründet, dass sowohl die geltende Rechtslage als auch der Gesetzentwurf nur einen Rahmen vorgibt, der von den Trägern der Kindertagesstätten ausgefüllt werden muss.“ Die Landtagsverwaltung verweist weiterhin darauf, dass aus den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände zu entnehmen sei, dass viele Kommunen freiwillig über den derzeitig geltenden Mindestschlüssel hinaus Fachkräfte eingestellt haben. Dies würde zu einer Verminderung der rechnerischen Differenz führen. Der Sozialausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 5. September erneut mit dem Gesetzentwurf. Eine abschließende Beratung kam nicht zustande, weil seitens der CDU weitere Berechnungen über die Kostenauswirkungen für die Landesregierung und die Kommunen von der Landesregierung verlangt wurden. Die nächste Beratung soll in der Sitzung am 8. November stattfinden. Ich danke.

Ich eröffne die Aussprache zum Bericht und rufe für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Panse auf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Künast, am 8. November geht es nicht, das ist ein Samstag - am 7. November geht

es. Es hat einen Grund, dass wir zusätzliche Berechnungen erbeten haben und den will ich gern auch hier darstellen, obwohl ich es Ihnen am vergangenen Freitag auch im Ausschuss schon einmal gesagt habe.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Weil Sie das nicht wollten.)

Nein, nicht weil wir das nicht wollten, Frau Kollegin Künast, Sie waren ja im Ausschuss, glaube ich, sogar dabei und haben es gehört. Sie haben am Ende darauf verzichtet, Ihren Antrag zur abschließenden Abstimmung zu stellen, weil Sie augenscheinlich den Argumenten dann gefolgt sind.

Das, was Sie uns an Mehrpersonalbedarfsforderungen vorgelegt haben, umfasst, wie Sie es gesagt haben, je nach Berechnung zutreffenderweise zwischen 2.600 und 2.800 Vollbeschäftigteneinheiten mehr. Sie wissen ganz genau, Sie waren bei der Anhörung im Sozialausschuss ja dabei, dass die kommunale Seite uns ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie im Falle einer Gesetzesänderung erwarten, dass die Mehrkosten vom Land getragen werden, auch das, was sie momentan freiwillig über den gesetzlichen Schlüssel hinaus machen. Das hat uns die kommunale Seite erklärt. Mich verwundert es sehr, dass Sie das augenscheinlich vergessen haben, denn es muss natürlich dann letztendlich, wenn wir über den Finanzbedarf reden, mit einfließen. Deswegen waren wir sehr verwundert, als Frau Kollegin Jung uns über die Sommerpause erklärt hat, DIE LINKE fordert zwar 2.800 Stellen mehr, aber diese 2.800 Stellen könnte man ja mit 50 Mio. € finanzieren. Das geht nicht, es sei denn, man will den Erzieherinnen nur 19.000 € Jahresgehalt zahlen. Aber das will ja sicherlich keiner. Auf Nachfrage kam dann so raus, die restlichen 60 bis 70 Mio. €, je nachdem, wie man es rechnet, sollte dann halt jemand anders tragen. Sie konnten die Frage im Sozialausschuss nicht beantworten, ob das nach Ihren Vorstellungen eher die Eltern sein sollen, die Kommunen oder eher die freien Träger; einer von den Dreien käme ja nur infrage. Ich sage, für uns ist das alles Dreies nicht geklärt. Selbstverständlich wollen wir keine Gebührenerhöhungen für die Eltern. Selbstverständlich erwarten wir, dass vorher rechtlich geklärt ist, wie viel überhaupt an kommunaler Belastung an dieser Stelle zulässig wäre. Sie selber als Oppositionsfraktionen wissen doch beide, Sie haben bei der letzten kommunalen Finanzausstattung die Kommunen ausdrücklich ermutigt, auch zu klagen und zu sagen, wir wollen mehr Geld haben. Was passiert denn, wenn wir hier ein Gesetz beschließen, in das wir Mehrkosten in Höhe von 117 Mio. € allein für Personalkosten reinschreiben? Dann kommt ja noch die Freistellung des letzten Kindergartenjahres von Gebühren. Das kann ja auch noch mal so 20 bis 30 Mio. € ausmachen.

Wenn wir diese Mehrkosten hier locker im Landtag beschließen und sagen, wir als Land bezahlen 50 Mio. € und den Rest möge doch bitte gefälligst die Kommune schultern, gibt es zwei Möglichkeiten, entweder, dass die Kommunen zu uns kommen und sagen, das können wir auf dem Rechtsweg wieder austragen, das gebt ihr uns dann über den Kommunalen Finanzausgleich, dann enden wir an einer Stelle, wo niemand etwas davon hat, oder die Kommunen kommen auf die Idee, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen beispielsweise hier in Erfurt, und sagen, da können wir ja die Gebühren hochziehen, Krippenplätzen auf bis zu 560 €, bei Kindergartenplätzen auf bis zu 280 €. Auch das wollen wir verständlicherweise nicht. Genau aus dem Grund haben wir die Landesregierung um drei Dinge gebeten. Wir haben gesagt: Bitte, Landesregierung, erklärt uns, was in diesem Bereich überhaupt zulässig wäre, was man an kommunalen Belastungen mit auf den Weg geben darf. Zweitens haben wir gesagt, wir wollen schon wissen, wie in anderen Bundesländern sich das Verhältnis Elternbeiträge zur Gesamtfinanzierung darstellt, denn wir wollen ja auch Eltern nicht über Gebühr belasten. Drittens haben wir gesagt, wir wollen auch von der Landesregierung wissen, wie im Ländervergleich sich das auf der einen Seite mit Personalbemessung, die ja immer so gepriesen wird, dass sie in anderen Bundesländern besser wäre, im Verhältnis zu einer Ganztagsbetreuung tatsächlich darstellt. Diese drei Aufgaben hat die Landesregierung zugesagt, wird Sie voraussichtlich bis zum 7. November 2008 lösen. Wir werden also am 7. November erneut über diese Ergebnisse diskutieren und dann auch zu einer Bewertung kommen. Ich habe, als vergangene Woche die beiden Fraktionsvorsitzenden Matschie und Hausold uns aufgefordert haben, wir mögen endlich diese Abstimmung zum Abschluss bringen und wir sollen doch zustimmen, darauf hingewiesen, dass es sicherlich hilfreich wäre, Herr Kollege Matschie und Herr Kollege Hausold, wenn Sie die Beratungen im Sozialausschuss an dieser Stelle etwas intensiver mit verfolgen. Wir hatten eine qualitativ sehr gute Anhörung. In dieser Anhörung sind viele Argumente gekommen, die uns so oder so in der Gesetzesberatung beschäftigen werden.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Natür- lich wird bei Wahlen auch über Ihre Sozial- politik abgestimmt, worüber denn sonst?)

Herr Matschie, Sie waren bei der Anhörung nicht dabei,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das war schon im April.)

Ihre Fraktion war ja vertreten. Es ist ja nicht ganz so schwer,

(Unruhe SPD)

die Kollegen zu fragen. Die hätten Ihnen doch erklären können, dass wir hinterher im Sozialausschuss, wie es Frau Künast jetzt gerade getan hat, eine Synopse der Anzuhörenden erbeten haben. Die haben wir bekommen. Zwischenzeitlich wissen auch Sie, dass eine Sommerpause war. Jetzt tun Sie bitte nicht so, als ob das alles so an Ihnen vorbeigegangen ist. Ich will Ihnen aber vielleicht noch ergänzend einen Satz dazu sagen, was mich diese Woche schon nachdenklich gemacht hat. Mir ist diese Woche das Protokoll der letzten Sitzung des Trägerkreises Volksbegehren in die Hände gefallen vom 02.09.2008 einschließlich des vertraulichen Entwurfs eines neuen Antrags zur Zulassung des Volksbegehrens. Wenn man sich das in diesem Protokoll einmal anschaut, was da unter dem Deckmantel „vertraulich“ miteinander diskutiert wird, fallen einem bemerkenswerte Sätze auf - ich will sie Ihnen nicht vorenthalten, wenngleich im Text steht, dass da wohl einige von Ihnen auch dabei waren, zumindest von den Fraktionen. Also, da wird im Text des Protokolls geschrieben, ich zitiere: „Es besteht jedoch eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich die LIGA mit Almosen abspeisen lassen wird, ab 300 VbE.“ Dann geht es im Text weiter: „Der Trägerkreis bittet die Oppositionsfraktionen, trotz der geringsten Ergebnisse, den Entwurf vorerst nicht zurückzuziehen.“ Jetzt muss man sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen und dann noch den Folgesatz lesen, da steht - da geht es dann um ein mögliches Volksbegehren im Frühjahr nächsten Jahres: „Damit würde das Volksbegehren legitime Auswirkungen im Kommunal- und Europawahlkampf haben.“ Da wird doch deutlich, worauf Sie eigentlich hinaus wollen. Sie wollen sich ein Wahlkampfthema erhalten, Sie wollen jetzt die Diskussion entweder schnell zum Abschluss bringen, damit das Volksbegehren wieder auf den Weg gebracht wird, oder zumindest mit Maximalforderungen im Zweifelsfall die Träger in eine Ecke stellen, wo man ihnen dann hinterher sagen kann, ihr habt euch auf Kompromisse eingelassen,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Natür- lich wird bei Wahlen auch über Ihre Sozial- politik abgestimmt, worüber denn sonst?)

wir hätten ja viel mehr gewollt. Das ist, das sage ich Ihnen, Herr Matschie, unredlich. Das ist unredlich, was Sie tun, weil das am Ende deutlich macht, Ihnen geht es nicht wirklich darum, dass Sie Verbesserungen in Kindertagesstätten wollen, Ihnen geht es darum, ein Wahlkampfthema haben zu wollen. Das halte ich für unredlich und, Herr Matschie, vor dem Hintergrund, selbstverständlich, wir werden uns sachgerecht mit dem jetzt im Sozialausschuss zur Beratung vorliegenden Gesetzentwurf der beiden Oppositionsfraktionen auseinandersetzen. Sollte dann der

vertrauliche Entwurf eines neuen Volksbegehrens irgendwann zu einem Volksbegehren führen, werden wir uns sehr gut überlegen, wie wir diese Diskussion damit führen. Was dann im Ergebnis auch herauskommt, wie Sie die Kolleginnen und Kollegen ermutigen, ein neues Volksbegehren auf den Weg zu bringen, das wird dann zu beurteilen sein. Momentan geht es allerdings lediglich um die Frage, wie wir einen von Ihnen eingebrachten Gesetzentwurf sachgerecht in den Ausschüssen beraten. Sachgerecht, das haben wir am vergangenen Freitag im Sozialausschuss deutlich gemacht, ist es, wenn wir die Fragen auch beantworten, die Fakten zusammentragen und hinterher auch zu einer Bewertung kommen, ob wir als Fraktion einen solchen Gesetzentwurf mittragen wollen, mittragen können oder nicht mittragen wollen. Dazu muss er aber sachgerecht vorher beraten sein. Genau das geschieht, genau das wird sich am 7. November fortsetzen. Sicherlich ist es korrekt, dass wir heute hier darüber gesprochen haben, damit auch Außenstehende wissen, warum wir seit einem halben Jahr über diesen Gesetzentwurf im Sozialausschuss diskutieren. Ich habe aber auch schon am Freitag im Sozialausschuss gesagt, egal, zu welchen Veränderungen wir kommen, es ist dienlich, dass wir vorher eine sehr gute inhaltliche Diskussion geführt haben in der Anhörung anhand der Synopse, die wir jetzt vorliegen haben, auch anhand der Zahlen, die die Landesregierung und die Ministerien oder die Landtagsverwaltung uns zusammengestellt haben, beispielsweise zu der Frage, was kosten diese 2.800 Personalstellen, 117 Mio. €, ich hatte es vorhin gesagt. Herr Matschie, Sie sind auf dem Holzweg, wenn Sie glauben, alles das, was man an Finanzierungsbedarf gern sehen würde, könnte man, wie Sie es immer wieder vorschlagen, mit der Abschaffung des Landeserziehungsgeldes tragen. Sie verkennen, dass mit dem Landeserziehungsgeld derzeit über 60 Prozent direkt in die Kindertagesstätten fließen. Sie müssen die Frage noch beantworten, wo Sie stattdessen dieses Geld hernehmen. Sie verkennen auch, dass von den weiteren 40 Prozent des Landeserziehungsgeldes 23 Prozent Eltern partizipieren, die ihre Kinder allein zu Hause betreuen, aber darüber hinaus auch jede Familie partizipiert, die Geschwisterkinder hat. Durch den Geschwisterbonus, durch den Zuschlag von 50, 100 oder 150 €, partizipieren auch Familien mit mehreren Kindern davon, denen Sie das auch einfach einmal streichen wollen. Vor dem Hintergrund der ungelösten Finanzierungsfragen, vor dem Hintergrund auch dessen, dass wir nicht wissen, was Ihr Begehren letztendlich alles kostet, ist es seriös und richtig, dass wir uns vorher auch im Sozialausschuss dazu Klarheit verschaffen. Das wird noch einen Moment dauern. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Jung zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, seit vier Jahren, fast auf den Tag genau, nämlich seit der Erklärung des Ministerpräsidenten, was er mit den Familien in diesem Land und damit natürlich auch mit der Kita-Betreuung vorhat, reden wir über dieses Thema in intensivster Auseinandersetzung und wir reden seit dieser Zeit, dass wir uns vor allem nicht zufriedengeben mit den Personalkürzungen, die mit der Familienoffensive gekommen sind. Wir haben ja heute den ganzen Tag schon viel Dank und Anerkennung für die Landesregierung hier gehört. Ich will das heute mal an die Eltern, an die Erzieherinnen und alle Beteiligten auch in diesem Prozess, unter anderem des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik, gern hier tun. Es ist nicht selbstverständlich, dass man in viel Freizeit und im Ehrenamt für die Interessen der Kinder - nämlich darum geht es in diesem Prozess der Diskussion - kämpft. Also herzlichen Dank an alle Beteiligten, vier Jahre durchzuhalten ist eine lange Zeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Deshalb, Herr Panse, ist die Sache, die Sie hier am Ende vorgetragen haben, nur bedingt richtig. Dann können Sie auch sagen, wir führen vier Jahre Wahlkampf. Okay, das kann man ja gern tun. Wie Frau Künast gesagt hat, ist am 24.01. der Gesetzentwurf eingebracht worden. Ich will es gern noch mal wiederholen, es ist ein Gesetzentwurf des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik, der mit 23.000 Unterschriften im ersten Gang - also wesentlich mehr als erforderlich - hier in den Landtag als parlamentarischer Arm eingebracht worden ist. Es ist ja nicht der Gesetzentwurf ausschließlich der Fraktion DIE LINKE und der SPD - wir waren ja beide beteiligt - es ist der Gesetzentwurf von Eltern, von Erzieherinnen, von allen, die sich gegen die Familienpolitik dieses Landes einfach wehren.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Panse, die Inhalte und die Vorschläge, die in dem Gesetzentwurf gemacht worden sind, sind natürlich unter dem Vorbehalt der Volksbegehrengesetzgebung gemacht worden, das will ich einfach noch mal so deutlich sagen. Sie haben gesagt, dass am 18.04. eine umfangreiche Anhörung hier im Ausschuss stattgefunden hat. Ja, das war so, aber das war das Einzige. Ich habe am Ende aufgehört zu zählen, wie viel - fast hundert Anzuhörende, die wir gar nicht aufgefordert haben - uns Briefe geschrieben und ihre Stel

lungnahme zu dem Gesetzentwurf geschickt haben. Aber eigentlich - und das hat die Anhörung auch gezeigt - haben ganz viele Anzuhörende Stellung genommen zu dem jetzigen Gesetzentwurf und gar nicht so sehr zu unserem Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben. Diese Anhörung hat eines gezeigt, die Personalausstattung in den Thüringer Kindertagesstätten ist unzureichend, die Erzieherinnen und Erzieher sind von Krankheit, von unwürdigen Umständen inzwischen in den Einrichtungen sehr unterschiedlich in diesem Land geprägt. Diese Anhörung hat gezeigt, dass es eben leider für die Kinder in Thüringen nicht nur abhängig ist, in welchem Familienumfeld sie geboren werden, sondern auch abhängig ist, in welcher Kommune sie geboren werden, ob diese reich oder arm ist. Das hat dieses Gesetz einfach gebracht.

Die Anhörung hat aber auch eins gezeigt, ich will mal ein paar Personalschlüsselvorschläge der Anzuhörenden hier nennen. Ich nenne ganz besonders zuerst den Gemeinde- und Städtebund. Der bestehende Gesetzentwurf sagt für Kinder unter zwei Jahren 1 : 7, also eine Erzieherin auf sieben Kinder unter zwei Jahren. Unser Gesetzentwurf sagt 1 : 5. Der Gemeinde- und Städtebund hat vorgeschlagen 1 : 5,3.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Wer bezahlt das?)

Dazu komme ich dann später, wer das bezahlt. Das Thüringer Kindertagesstättengesetz jetzt sagt 1 : 10 für Kinder zwischen zwei und drei Jahren. Unser Gesetzentwurf sagt 1 : 5. Ich will es noch mal hier an dem Pult ganz deutlich betonen, 1 : 5 deshalb, weil Kinder zwischen zwei und drei Jahren eben noch Krippenkinder sind und keine Kindergartenkinder. Der Vorschlag des Gemeinde- und Städtebundes sagt 1 : 8. Für Kinder über drei Jahre sagt der jetzige Gesetzentwurf als Vorschlag 1 : 15, unser Gesetzentwurf 1 : 10 und der Gemeinde- und Städtebund 1 : 12,5.

Ich denke, diese Diskussion im Ausschuss zu führen, hätten wir schon längst tun können, wenn das Ganze entsprechend anders gewollt gewesen wäre. Die Anhörung war so klar, die Stellungnahmen der Anzuhörenden waren so deutlich. Auf die Synopse, denke ich, hätte man durchaus auch verzichten können.

Herr Panse, Sie haben sehr schnell an dem Tag noch, nämlich am 18.04., erklärt, dass sich der Gesetzentwurf der LINKEN und der SPD in der Gesamtheit als undurchführbar und unfinanzierbar erweist. Damals hatten Sie die Erkenntnis schon und es stellt sich für mich schon die Frage, wieso man jetzt noch einmal rechnen muss. Das nur dazu.

Am 05.06 war im „Freien Wort“ zu lesen, dass die Landesregierung vor den Entscheidungen zur Änderung im Kindertageseinrichtungsgesetz das Gutachten zum Familienförderungsgesetz von Prof. Dr. Michael Opielka abwarte. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage heißt es dazu: Die Definition der Untersuchungsgegenstände ist bis zu einem gewissen Umfang Teil des Projekts, das durch die interdisziplinäre und methodische Freiheit gekennzeichnet ist. Im Klartext heißt das, die Landesregierung hat ihrerseits keine oder zumindest keine mittelbaren Vorgaben für eine Evaluation gemacht, sondern Prof. Opielka kann untersuchen, was er will. Und das Ganze kostet das Land 45.292 €. Ich frage: Auf was warten wir jetzt?

Damit bin ich beim Geld: 45.292 € ist auch schon ein Betrag und ich will noch einmal darauf eingehen, dass Herr Panse auch vorhin wieder gesagt hat, 2.800 Erzieher sind so 120 Mio. €. Ich habe es im Ausschuss schon einmal gesagt, man muss sich natürlich entscheiden, ob man entsprechend des Gesetzes, wie wir es im Gesetzentwurf auch vorgeschlagen haben, die Kinderpauschale für die Gemeinden erhöht. Das ist die Grundlage für unsere rund 50 Mio. €, die wir immer genannt haben. Ich will es Ihnen gern noch einmal sagen, dass wir für die 1- bis 3-Jährigen 150 € angesetzt haben, für die 3- bis 5-Jährigen 130 € und für die 5- bis 6-Jährigen 200 €, weil damit das letzte kostenfreie Kita-Jahr finanziert werden soll. Und deshalb kann man eben nicht einfach 2.800 VbE mal 40.000 € rechnen.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen im Haushaltsentwurf 2008/2009 genau diesen Änderungsvorschlag eingereicht. Den haben Sie abgelehnt. Aber dort haben wir Ihnen gesagt, wie wir das Ganze finanzieren wollen.

Heute lesen wir in der „Thüringer Allgemeinen“: Rechtsanspruch ab 1 Jahr soll kommen und damit auch die Anpassung des Erziehungsgeldes. Ich frage mich, wann Sie einmal die Änderungsvorschläge wirklich auf den Tisch legen. Das sind ja Änderungen, die wir im Gesetz durchaus stehen haben und somit will ich einfach noch einmal deutlich sagen, dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass Sie mit uns fachlich nicht beraten wollen, sondern am 27.09. auf der Veranstaltung zur Einführung des Bildungsplans Ihre Änderungen an dem Gesetz verkünden wollen. Ich denke, das spiegelt auch die gegenwärtige Zusammenarbeit wider.

Meine Damen und Herren, es hat jetzt nicht nur das Schuljahr begonnen und ich werde nicht müde, das immer wieder zu wiederholen, es hat auch das Kita-Jahr begonnen. Wir sagen, Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen und Bildung ist von Anfang an zu gewährleisten. Wir haben aber die Si

tuation, dass mit dem neuen Schuljahr für die Einführung des Bildungsplanes der Personalschlüssel nicht ausreichend ist. Ich denke, das ist inzwischen auch bei Ihnen Konsens. Deswegen sage ich, wir haben eigentlich keine Zeit mehr und wir müssen diesen Gesetzentwurf zu Ende beraten. Deshalb fordere ich Sie eindringlich auf an dieser Stelle, dass Sie Ihre Zusage einhalten, am 07.11. im Sozialausschuss abschließend zu dem Gesetzentwurf mit eventuellen Änderungsvorschlägen oder mit Ihrer Zustimmung diesen Gesetzentwurf wirklich beraten. Ich denke, das sind wir den Kindern in unserem Land schuldig. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst bin ich dankbar, dass die beiden Oppositionsfraktionen dafür Sorge getragen haben, dass wir heute hier in öffentlicher Plenarsitzung einen Bericht aus dem Ausschuss bekommen haben und dass wir noch mal ein paar Dinge klarrücken können, die weniger, Herr Panse, inhaltlicher Natur sind, die haben wir nämlich alle schon durch, sondern die eindeutig politischer Natur sind. Ich kann mich auch der Kollegin Jung anschließen, was das Dankeschön an die Vertreter des Trägerkreises angeht. Dieses Engagement im Interesse von Erziehern, Kindern und Eltern und das über Jahre hinweg unter dem Aspekt, dass man immer wieder das Gefühl hat, man wird von der Landesregierung und von der CDUFraktion für dumm verkauft, das muss ich sagen, ist doch eine ganz tolle Leistung. Ich bedanke mich bei allen, die diesen Trägerkreis und die dieses Engagement bis heute noch aufrechterhalten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Herr Panse, Sie wollen ja nicht nur alle, die ich eben genannt habe, für dumm verkaufen, sondern auch uns und den Landtag, und Sie denken immer, wir merken nicht, was hier abgeht. Das muss ich jetzt einfach mal loswerden. Wenn Sie vorhin gegenüber dem Kollegen Nothnagel sich beschweren, er sei herablassend und belehrend, dann war das eine sehr angenehme Atmosphäre im Gegensatz zu dem, wie Sie hier immer auftauchen und meinen, Sie müssten uns die Welt erklären.