Protocol of the Session on September 11, 2008

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit kann ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde schließen.

Ich rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Imagekampagnen der Thü- ringer Landesregierung“ Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/4371 -

Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat Abgeordneter Gerstenberger, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung ist also auf der Suche. Sie sucht ihr Image, was ja wohl heißt, sie hat es verloren - den noch schlimmeren Fall will ich mal ausschließen.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Sie hat es nie gehabt.)

„Willkommen in der Denkfabrik“ scheint nach Meinung der Staatskanzlei nicht mehr ausreichend zu ziehen. Die Denkfabrik lahmt und in der Eigendarstellung zwar das größte Thüringen Deutschlands, aber in der Bewertung von außen sieht es durchaus etwas ernüchternder aus. Im Bundesländerranking 2008 der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ und der „Wirtschaftswoche“ belegte Thüringen unter allen Bundesländern Platz 11 bei der Wirtschaftsdynamik. Die Patentintensität sank in Thüringen von 2004 bis 2007 und führte dazu, dass Thüringen den 14. Platz belegt. Im Dynamikranking für die Investitionsquote der öffentlichen Haushalte erreichte Thüringen gerade mal Platz 13. Das verfügbare Einkommen der Einwohner stieg in Thüringen im Zeitraum 2004 bis 2006 um 2,4 Prozent, bundesweit allerdings um 3,8 Prozent und lässt Thüringen auf dem vorletzten Platz verharren.

Antworten kündigt die Landesregierung seit Jahren an. Von der Ablehnung zum Beispiel revolvierender Fonds über fast zehn Jahre bis zur endlichen Ankündigung eines solchen Fonds als Thüringendynamik für das Frühjahr 2008 war eine viel zu lange Zeit verstrichen und die wird weiter ausgedehnt, denn der Einführungstermin wird jetzt auf Frühjahr 2009, also rechtzeitig zum Beginn des Wahlkampfauftakts, verlängert. Und statt Eingeständnis eines Schnellschusses des Ministerpräsidenten zur Kampagne, Informationsverweigerung - und das seit Anfang August - zu den einfachsten Fragen.

Wie bewertet denn nun die Landesregierung die bisherigen Ergebnisse der Imagekampagne „Willkommen in der Denkfabrik“? Welche Ziele verfolgt die Landesregierung mit der neuen Imagekampagne „Deutschland - die starke Mitte“? Wann und durch wen ist die Gestaltung der neuen Imagekampagne ausgeschrieben worden? Aus welchen Gründen hat die Diemar, Jung & Zapfe Agentur den Zuschlag erhalten? Wie hoch sind die Kosten der Imagekampagne und aus welchem Haushaltstitel wird diese Imagekampagne finanziert?

Sechs Wochen nach Ankündigung der Initiative, meine Damen und Herren, Stille, lähmende Stille oder, Herr Minister Reinholz, auch hektische Abstimmung im Hintergrund über Inhalte; ich vermute sehr stark, insbesondere zur Finanzierung. Welcher der drei EU-Fonds soll es denn sein, den man zur Finanzierung benutzt? Das bleibt vorerst noch ein Geheimnis der Landesregierung, denn eigentlich war ja vorgesehen, die Mittel aus dem Staatskanzleihaushalt zu nehmen. Also, meine Damen und Herren, nichts Genaues weiß man nicht, aber die Werbeagentur Diemar, Jung & Zapfe wurde bereits durch die Staatskanzlei beauftragt, die nicht vorhandene Idee umzusetzen. Interessant ist dazu, mal auf der Referenzseite dieser Werbefirma zu lesen. Unter denen, die sich auf dieser Seite sehr lobend über die Agentur geäußert haben, befindet sich auch Dr. Bernhard Vogel, der Ministerpräsident a.D. von Thüringen. Ich darf zitieren: „In den Wochen des Wahlkampfes standen Sie uns immer hilfreich zur Seite. Sie haben wertvolle und kreative Ideen entwickelt und diese erfolgreich in der Kampagne werblich umgesetzt. Besonders hilfreich war, dass die vereinbarte Werbelinie konsequent eingehalten und damit schlüssig den interessierten Thüringer Wählern präsentiert wurde.“ Aha, doch Wahlkampfvorbereitung, Herr Ministerpräsident?

(Beifall DIE LINKE)

Allerdings diesmal, meine Damen und Herren, ganz offensichtlich auch noch mit Landeshaushaltsmitteln. Ideologiegeprägte Argumentationen, bunte Plakate, flotte Sprüche, die Abstimmung vieler hoch motivierter, sehr gut ausgebildeter junger Leute mit den Füßen durch Wegzug und die Suche der Landesregierung nach Inhalten und Finanzierung einer geäußerten Idee prägen zurzeit offensichtlich das Thüringer Ideengut der Denkfabrik.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Ein Skandal!)

Die starke Mitte lässt man sich dann noch durch den Steuerzahler Thüringens bezahlen.

Meine Damen und Herren, was könnte Thüringen alles erspart bleiben, hätten wir diese Kampagne nicht. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Heym, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, unstrittig ist, denke ich, dass Thüringen eine Imagekampagne haben muss und dass die auch über Jahre laufen muss, wenn sie nachhaltig Erfolg haben soll.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, DIE LINKE: Die Kampagne läuft seit fünf Jah- ren.)

Richtig ist auch, dass wir seit 2001 mit der Denkfabrik eine Kampagne haben. Als tourismuspolitischer Sprecher meiner Fraktion habe ich seinerzeit, als die Kampagne angelaufen ist, auch meine Bedenken geäußert, ob wir die richtigen Botschaften über unser Land nach draußen senden, gerade mit Blick auf den Tourismus. Aber das ist Jahre her. Inzwischen hat sich diese Kampagne mit unterschiedlicher Botschaft an unterschiedliche Zielgruppen erfolgreich gewendet. Es ist kein Widerspruch, sondern schlicht ein sinnvoller Bestandteil, wenn wir darstellen, dass wir auch die starke Mitte von Deutschland sind und andererseits der Urlaub in unserem Land mit anderen Slogans beworben werden muss, als mit der Begrifflichkeit „Denkfabrik“. Was aber viel wichtiger und auch erfreulicher ist, unsere Slogans werden durch ganz klar auch nachweisbare Fakten und sogar aktuelle Nachrichten bestätigt. Wenn die Denkfabrik Thüringen gerade in diesen Tagen erst wieder exzellente Bewertungen für ihre Bildungspolitik bekommen hat, dann ist unsere Kampagne belegt. Wenn der Thüringer Tourismus sich steigender Zahlen erfreut, was ja der Fall ist, dann können unsere Slogans und Botschaften auch so falsch nicht gewesen sein.

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Trotz Eurer Botschaften.)

Wenn sich die Denkfabrik auch als starke Mitte bezeichnet, dann haben wir das auch erst gestern Abend in Suhl beim IHK-Empfang durch die Unternehmen bestätigt und belegt bekommen und auch durch den Vortrag vom Professor vom Weltwirtschaftsinstitut aus Hamburg. Aber, Herr Gerstenberger, offensichtlich ist Ihnen das zu viel gewesen und die Botschaft zum Beispiel von gestern Abend hat

Ihnen nicht in den Kram gepasst, denn Sie sind nicht bis zum Ende des Vortrags im Saal geblieben.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, DIE LINKE: Doch, doch, leider bis zum Ende!)

Dann haben Sie sich versteckt. Ja, leider, genau das „Leider“, weil Sie die positiven Botschaften über dieses Land nicht hören wollen, weil es nicht in Ihr Konzept passt.

(Beifall CDU)

Ich kann es sogar verstehen, dass das Ihrer Argumentationskette nicht dienlich ist, aber wenn gerade wie gestern Abend so deutlich zum einen die eigenen Unternehmen und zum anderen auch Externe, die von außen den Blick auf dieses Land haben, diesem Land eine positive Entwicklung bescheinigen und auch die Perspektive positiv darstellen, dann möge Sie das zwar ärgern, aber dann haben Sie schlichtweg einen Realitätsverlust, was dieses Land angeht.

Richtig ist auch, und das ist eben das Problem, was Sie haben, dass Sie mit Ihrem ständigen Schlechtreden über dieses Land eigentlich die Regierung treffen wollen, aber damit eigentlich die Leistungen der fleißigen Menschen, die in diesem Land ihren Dienst tun, schlechtreden. Auch Sie sollten sich befleißigen, das, was in den letzten 18 Jahren in diesem Land erreicht worden ist, anzuerkennen und zur Kenntnis zu nehmen, dass die Imagekampagne mit ihren unterschiedlichen Bestandteilen in diesem Land längst durch Leistungen, Ergebnisse und Fakten belegt worden ist. Es tut Ihrer Rolle als Opposition auch in den nächsten Jahren keinen Abbruch, wenn Sie die Imagekampagne mit ihren einzelnen Bestandteilen anerkennen und Ihren Teil dazu beitragen, dass das Erscheinungsbild von Thüringen nach außen hin wirklich das ist, was es ist, nämlich dass wir ein gut entwickeltes Land sind und uns von Ihnen die Leistungen, die hier gebracht worden sind in den letzten 18 Jahren, nicht schlechtzureden lassen brauchen.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Schubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist eigentlich los in dieser Landesregierung? Da wird seit nunmehr sieben Jahren die schon oft zitierte Imagekampagne „Willkommen in

der Denkfabrik“ vom Wirtschaftsministerium gemacht und urplötzlich initiiert die Staatskanzlei eine neue Kampagne unter dem Titel „Die starke Mitte“.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Da frage ich mich, wo Sie die letzten Jahre waren. Die läuft auch schon seit Jahren.)

Sie können ja dann auch noch einmal reden. Sie haben noch fünf Minuten.

Das Wirtschaftsministerium weiß nichts davon, die Staatskanzlei sagt, sie weiß doch was davon, da fallen einem doch nur die Worte „Chaos“ und „Konzeptionslosigkeit“ ein. Aber das passt ja zum Erscheinungsbild der Landesregierung. Ich nenne da nur das Stichwort „verkorkste Polizeireform“ oder den Zickzackkurs bei der Rentenangleichung, was man jetzt wieder in den letzten Tagen hören konnte. Ich, meine Damen und Herren, habe noch einmal in den Haushaltsplänen nachgesehen: Seit 2001, seitdem die „Denkfabrik“ läuft, sind bis heute 10,8 Mio. € ausgegeben worden. Wenn man noch das Jahr 2009 dazurechnet, sind es fast 12 Mio. €, die für die Denkfabrik-Kampagne ausgegeben wurden.

Sicherlich, die Kampagne ist sehr umstritten gewesen, aber bevor man jetzt etwas Neues beginnt, sollte man doch erst einmal das bisher Gemachte evaluieren, auf seine Wirkung hin versuchen zu überprüfen und dann eine Entscheidung treffen: Lagen wir richtig mit dieser Kampagne oder brauchen wir eine neue? Aber offensichtlich soll es ja, wie man lesen konnte, gar keine neue Kampagne geben, sondern die sollen parallel geführt werden. Also etwas Unsinnigeres habe ich noch nie gehört, zwei Kampagnen nebenher zu führen.

(Beifall SPD)

Wie hat es der Agenturinhaber Zapfe auch so schön gesagt: „Die ‚Denkfabrik’ richtet sich an die Investoren, ‚Die starke Mitte’ richtet sich an normale Menschen und an Einheimische.“ Da frage ich mich oder da wundere ich mich dann, dass man für die Denkfabrik an Bushaltestellen geworben hat, das passt dann irgendwie alles nicht zusammen.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Da stehen die Investoren.)

Am Ende frage ich mich: Steckt da wirklich eine Strategie hinter der ganzen Geschichte oder ging es eigentlich bei der ganzen Sache nur darum, einer ganz bestimmten Agentur wieder einmal einen neuen Auftrag aus Steuergeldern zu verschaffen? Hätte es die CDU bezahlt, dann hätten wir ja sicherlich alle nichts dagegen gehabt. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen vor. Abgeordneter Günther, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht ein Wort, Herr Schubert: Die Kampagne „Deutschlands starke Mitte“, auf die ich jetzt weiter eingehen möchte, gibt es bekanntermaßen schon seit mehr als den paar Monaten, wie Sie sie beschreiben, und „Willkommen in der Denkfabrik“ ist nicht nur eine Kampagne, die innerhalb Thüringens und Deutschlands läuft, sondern die läuft europa-, ja weltweit. Das dürfte auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein, dass es dafür höchste Anerkennung und auch Preise gegeben hat.

(Beifall SPD)

Herr Gerstenberger sagte, die Landesregierung sucht mit der Kampagne nach dem Image, Herr Gerstenberger, das ist sicherlich die Auffassung … Bitte?

(Zwischenruf aus der Fraktion DIE LINKE)

Ja, ja, Sie haben es jetzt hier so vorgetragen. Für meine Fraktion sage ich, Sie halten mit Ihrer Fraktion an Ihrem Image fest, nicht lernfähig, schlechtreden und Positives ausblenden.

(Beifall CDU)

Fakt ist, meine Damen und Herren, dass die Denkfabrik - eine Imagekampagne des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - dazu beigetragen hat, dass Unternehmen und potenzielle Investoren Thüringen eben nicht nur als Tourismus-, sondern als besonders attraktiven Wirtschafts- und Forschungsstandort wahrnehmen. In diesem Sinne müssen nun auch weitere Schritte unternommen werden, um bereits angesiedelte Unternehmen dauerhaft in Thüringen zu halten und natürlich auch eine Abwanderung zu verhindern. In den Köpfen von Betrieben sowie auch Studenten muss sich der Wille, ich bleibe oder ich gehe gern nach Thüringen, festsetzen und durchsetzen. Gerade das Niveau von über 50.000 Studenten im Freistaat müssen wir halten. Ein Zugewinn an Fachkräften in betriebs-, natur- und ingenieurwissenschaflichen Fachrichtungen ist nicht schon letztlich wegen des Rufs von Thüringen als Kaderschmiede für Ingenieure und Mathematiker anzustreben. Danke, Frau Dr. Kaschuba, dass Sie mir da zustimmen.