Protocol of the Session on December 10, 2004

(Unruhe bei der SPD)

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich tue das nur sehr ungern und stimme Herrn Schwäblein zu, aber in einem Fall möchte ich Herrn Schwäblein zustimmen, der Antrag der SPD-Fraktion lautet: "Etablierung einer Mitteldeutschen Wissenschaftsregion Leipzig-Halle-Jena" und in den beiden Beschlusspunkten wird dann aufgefordert, es zu etablieren und dafür die juristischen, materiellen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen. In der Begründung geht die SPD wesentlich weiter und redet dann von Mitteldeutschland und von einer mitteldeutschen Initiative. Aber, Herr Matschie, es ist tatsächlich so, Mitteldeutschland ist groß. Also, wenn Sie bis Salzwedel gucken und darüber hinaus oder bis Freiberg und was noch so alles dazwischenliegt, das ist schon ein wesentlich größerer geographischer Bereich.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das bestreitet doch keiner, Frau Kaschuba.)

Ich glaube, es nur auf Leipzig, Halle und Jena zu beziehen, das ist wirklich zu kurz gegriffen. Ich denke, dahinter stehen auch, ich will mal sagen, Ihre Ideen und Intentionen, die Sie ja sicher als Staatssekretär im Ministerium zur Wirkung bringen konnten und die Ihre Ministerin öffentlich auch besprochen hat, der Gründung von Exzellenzzentren. Vielleicht ist das der Gedanke, den Sie dahinter haben, dass Sie hier in besonderer Weise eine Struktur schaffen wollen. Aber, ich denke, und das denke nicht nur ich, ein Exzellenzzentrum kann man nicht schaffen, das kann man nicht gründen, das entwickelt sich und dafür muss Politik die Rahmenbedingungen schaffen

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Genau um die Rahmenbedingungen geht es.)

und sozusagen die Leitplanken, in denen sich das entwickeln kann. Dann kann man auch

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Ge- nau diese Rahmenbedingungen!)

per Definition nicht festlegen, in welcher Region oder in welchem geographischen Bereich sich so ein Exellenzzentrum eventuell entwickeln könnte.

Ich möchte dazu mal etwas ganz Einfaches sagen, es wird nicht jeder hier im Raum wissen, wie viele Einrichtungen es eigentlich insgesamt gibt. Thüringen lasse ich weg, da hoffe ich, dass es jeder weiß, aber ich fange mal mit Sachsen an: Der Freistaat hat 27 Hochschuleinrichtungen, 5 Universitäten, 5 Kunsthochschulen, 5 Wirtschaftshochschulen, dazu die Berufsakademie Sachsen und weitere 11 nicht staatliche Hochschulen, 21 Forschungseinrichtungen, 14 davon gehören zur Leibniz-Gemeinschaft oder zur Fraunhofer-Gemeinschaft und zu Gesellschaften wie Max Planck. Von den 27 Hochschuleinrichtungen entfallen 6 auf den Standort Leipzig, von den 21 Forschungseinrichtungen sind es mehr als die Hälfte, nämlich 13.

In Sachsen-Anhalt befinden sich 10 Hochschuleinrichtungen, 2 Universitäten, 1 Kunsthochschule, 5 Fachhochschulen und 2 nicht staatliche Hochschulen. Von den 10 Hochschuleinrichtungen sind 3 in Halle, 15 sind Forschungseinrichtungen, darunter ebenfalls viele Leibniz-, Max Planck- und Fraunhofer-Institute und die große Masse davon verdichtet sich auf den Standort Halle, nämlich 10.

Thüringen, hatte ich gesagt, wird jeder selbst kennen, das werde ich also weglassen. Wir haben, das ist vielleicht dem einen oder anderen bekannt, in dieser Woche eine Anhörung der Hochschulen des Landes und der außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungeinrichtungen gemacht. Die Beteiligung an dieser Anhörung war sehr hoch und dort sind auch viele Vorstellungen und Wünsche geäußert worden. Frau Lieberknecht hat gestern gesagt, wir sollten uns hier nicht dem partikulären Lobbyismus verschreiben in der Politik. Diese Aussage halte ich also auch an dieser Stelle für tragfähig. Aber in einer gewissen Weise möchte ich für die Lobby im Wissenschafts- und Forschungsbereich werben, weil ich denke, dass genau aus diesem Bereich die Kompetenzen entwickelt werden für Beschäftigung und für wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen. Ich denke, wir sollten alle ernsthaft darüber nachdenken, ohne uns auch gegenseitig die Schuld an irgendwelchen Dingen zuzuweisen.

Ich möchte auf einige Dinge hinweisen oder einige Dinge benennen, von denen ich denke, dass sie tatsächlich ein Mittel wären, um in dieser MitteDeutschland-Region, die ich also deutlich weiter fasse als Herr Matschie das tut, zu Voraussetzungen zu kommen, die Zusammenarbeit möglich machen. Ich beginne mit dem Hochschulbereich. Wir haben nach wie vor eine Vervielfachung der Studierendenzahlen, obwohl sie in diesem Jahr erst

malig zurückgegangen sind, egal aus welchen Gründen auch immer, die Gründe sind ja noch nicht so bekannt. Es gibt immer noch einen gewissen Dirigismus in der Hochschulpolitik, wo in die Hochschulen hineinregiert wird. Und es gibt, da wird die Landesregierung nicht mit einverstanden sein, auch eine nachhaltige Unterfinanzierung der Hochschulen auch in Thüringen trotz des Hochschulpakts. In allen drei Ländern müssen sich die Hochschulen auseinander setzen mit der Internationalisierung der Hochschulsysteme.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch das Stichwort "Föderalismus" erwähnen. In der von uns durchgeführten Anhörung wurde zu meiner großen Verblüffung die Föderalismusdebatte sehr genau ins Auge gefasst und auch sehr große Besorgnis geäußert, was sich auf dieser Ebene abspielt, insbesondere im Bereich der Hochschulen, der Hochschulfinanzierung, des Hochschulbaus u.Ä., wo wirklich auch um die Töpfe gekämpft wird durch die Länder, was in Länderhoheit kommt, was beim Bund bleibt. Diese Sorgen sollten wir ernst nehmen. Es wurde dort nachdrücklich betont, dass man sich nach wie vor eine Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern in diesen Bereichen vorstellt und wünscht, dass es aber auch sehr wünschenswert ist, Herr Matschie, dass die Mammutprogramme des Bundesministeriums abgespeckt werden und die Mittel mehr in die DFG gegeben werden, um auch gezielt und gut evaluiert in diese Bereiche hineinfördern zu können. Das waren klare Ansagen, die wir dort gehört haben.

Dann will ich doch noch mal etwas zu den Eliteuniversitäten sagen und der im Sommer sehr kühn verkündeten Idee der Abschaffung - sag ich jetzt mal so der Leibniz-Institute, also der Institute der LeibnizGemeinschaften, die wohl an die Hochschulen angebunden werden sollten. Irgendwoher wollte man wahrscheinlich auch das Geld realisieren, um dieses Elitekonzept umsetzen zu können. Ich denke, das sind alles keine Diskussionen, die langfristig kontinuierlich förderlich sind für die Ausrichtung des Wissenschafts- und Hochschulbereichs und auch nicht, wenn man über eine Mitteldeutschlandinitiative sprechen will. Das ist chaotisch, was dort abläuft. Bis heute ist dieser Diskussionsprozess auch nicht zu Ende geführt worden. Ich denke, für eine gute Zieldebatte muss man davon ausgehen, dass wir in Thüringen auch die Voraussetzungen schaffen müssen, einmal um Alleinstellungsmerkmale für die Einzelnen zu ermöglichen, denn nur über deutliche Alleinstellungsmerkmale kann mit diesen Einrichtungen für Kooperation und Zusammenarbeit geworben werden, sonst funktioniert es gar nicht. Man muss nicht alles doppelt und dreifach machen, da haben Sie schon Recht, aber für die Entwicklung dieser Alleinstellungsmerkmale sollten wir Einiges tun. Im

Bereich der Hochschulen, denken wir, ist in der Hochschulautonomie der Abbau von hemmenden Regelungen erwünscht und insgesamt das Aufeinanderabstimmen von Förderrichtlinien der drei Bundesländer, um ein funktionierendes Netzwerk entstehen zu lassen. Ich denke auch nicht, dass man ein Netzwerk aufbauen kann; Netzwerke bilden sich heraus. Politik kann nur die Bedingungen dafür schaffen und kann nur dafür sorgen, dass es dort zu guten, verlässlichen Beziehungen kommt.

Ich würde Ihnen vorschlagen, dass Thüringen eine Initiative ergreift, dass unter gleichen Bedingungen Autonomie an den Hochschulen gewährt wird, dass es eine Bundesratsinitiative gibt zur Entrümpelung von Bundesgesetzen und überflüssigen Regelungen und dass in den jeweiligen Landesgesetzen nach einer ähnlichen Verschlankung in der Konformität gesucht wird.

Ich möchte jetzt zu den Hochschulen noch einige wenige Sätze sagen. Wir halten es für wünschenswert, dass den Hochschulen Globalhaushalte gewährt werden, dass die Hochschulverträge ohne einschränkende und detaillierte Regelungen verabschiedet werden, dass man über die Schaffung von zwei Sonderfonds nachdenken könnte, eines Fonds als Ausgleich bei speziellen, noch konkret zu formulierenden Problemlagen von Hochschulen, zum Beispiel wenn die Studentenzahlen deutlich überschwappen, und zweitens eines Sonderfonds zur Förderung von Spitzenleistungen in Forschung und Lehre. Darüber könnte man auch gemeinsam in allen drei Ländern nachdenken. Ich dächte, wenn Thüringen dort die Initiative ergreift, wäre das für alle ein großer Fortschritt.

Ich will nichts sagen zu der Vergleichbarkeit von Abschlüssen, Bachelor- und Masterabschlüssen, auch der gleichen Zugangsmöglichkeiten zum Masterabschluss, aber auch dort könnte man initiativ werden und sagen, das will ich. Allerdings sollte man sich von der Verbeamtung im Bildungsbereich als Relikt vergangener Zeiten doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt verabschieden. Ein grundsätzlicher Verzicht in allen drei Ländern wäre ein bundespolitisches Signal und würde auch gleiche Ausgangslagen bedeuten. Dazu gehört natürlich auch die Erarbeitung und Verabschiedung eines Wissenschaftstarifs.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, im Rahmen dieser Debatte möchte ich noch Einiges zum Bereich Forschung und Entwicklung sagen. Ich will mit der Grundlagenforschung beginnen. Wir haben den Haushalt vorliegen. Wir wissen, dass es wieder deutliche Kürzungen in diesem Bereich gibt. Ich hatte zu Anfang schon gesagt, ich hatte mich auf diese Aussage zum Lobbyismus bezogen, aber ich denke, in diesem Bereich sollte man nicht kürzen, weil auch

die Akteure aus den Einrichtungen, mit denen wir gesprochen haben, immer wieder betont haben, dass ihre Einrichtungen zum Ziel haben müssen, Beschäftigung zu schaffen, zu sichern und auch nachhaltig zu installieren. Ich denke, darüber muss man sich verständigen, sowohl in den Fraktionen als auch hier im Landtag, ob das wirklich der Bereich ist, wo Beschäftigung entsteht, oder ob wir zu einem Land werden wollen, das Hersteller ins Land hineinholt Minister Reinholz ist da ja ein großer Könner, er macht das auch gut, es entstehen auch Arbeitsplätze, aber es entstehen auch Probleme. Ich bleibe in Jena, da weiß ich das: Wenn ich an den Schering-Konzern denke, dort gab es eine Entwicklungsabteilung Fermentierung, das ist einfach herausgenommen worden von Schering, das ist nicht mehr am Standort Jena erhalten worden durch den Konzern und damit ist die Forschung und Entwicklung raus. Wir haben es jetzt bei der Firma Brooks, dort ist zuerst die Produktfertigung gekauft worden und jetzt wird sozusagen noch die Entwicklungskapazität nachgekauft. Das sind Probleme, die hängen sicher mit Internationalisierungsprozessen zusammen. Sie hängen aber auch damit zusammen, dass wir in der Wirtschaft und in der Industrie kaum eigene F- und E-Potenziale haben. Insofern, glaube ich, muss man diese Potenziale deutlich stärken. Die Grundlagenforschung ist für mich einer dieser Punkte an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, in die investiert werden muss. Der Minister Reinholz hatte ein Interview gegeben, das habe ich gelesen, da sagte er, er möchte viel mehr, dass projektbezogen und nicht mehr institutionell gefördert wird. Ich glaube, das ist auf lange Sicht eine sehr kurzsichtige Sicht auf diese Prozesse. Das ist nicht nur meine Auffassung, das ist auch die Auffassung der Akteure.

Ich möchte jetzt einige Dinge benennen, die uns mitgeteilt wurden, dass man sich den Dialog von Politik und Wissenschaft wünscht; welches sozusagen die Anforderungen an uns sind. Geld ist sowieso geklärt, also eine stetige institutionelle Förderung, auch um Ersatzinvestitionen machen zu können. Sie kennen auch das Gutachten zum Wissenschaftsland Thüringen, wo darüber sehr durchgreifende Aussagen getroffen wurden, wenn man dort nicht investiert, dass dort beizeiten das Licht aus ist, das ist wie bei der Raumstation MIR, wenn man nicht weiter investiert, irgendwann ist es mit jedem mal vorbei und es muss abgeschaltet werden. Also ich denke, diese institutionelle Förderung muss erhalten werden. Auch eine gezielte Projektförderung wurde gefordert. Dazu ist der Wunsch der Fortsetzung der Technologiekonzeption Thüringen klar formuliert worden, aber mit der eindeutigen Leitbildentwicklung, in welche Bereiche man gehen will, welche man stringent verfolgen will. Diese Anforderung ist von allen mehr oder weniger sehr deutlich ausgesprochen worden. Es gab auch Aussagen zu Evaluierungsprozes

sen, wo man sehr deutlich einen Bürokratieabbau in diesem Bereich formuliert hat. Das betrifft natürlich dann auch die Zusammenarbeit in einer Mitteldeutschlandinitiative, das haben wir bereits 2000 diskutiert. Was den Bürokratieabbau anbelangt, was die Vereinfachung und Abgleichung von Förderrichtlinien und Elementen anbelangt, das ist die Aufgabe der Politik, dort schafft Politik auch Voraussetzungen für Zusammenarbeit.

Ich muss jetzt noch mal zurückkommen auf die Grundlagenforschung und möchte die Landesregierung zitieren: "Grundlagenforschung ist die Basis jeder Suche nach Erkenntnis, das heißt jeglicher Forschung überhaupt, und sie sollte" - so wörtlich "auf hohem Niveau gefördert werden." Ähnliche Sätze lassen sich in der Regierungserklärung von Herrn Althaus finden oder in der Anmeldung zum Teil 3 des 24. Rahmenplans der GA "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für den Zeitraum 2005 bis 2008. Die Frage ist nun tatsächlich: Kommen wir dieser Forderung nach der Förderung von Grundlagenforschung nach oder tun wir das nicht, wollen wir auch Verlässlichkeit herstellen, verlässliche Rahmenbedingungen in der institutionellen Förderung und in der Projektforschung, ich beziehe mich jetzt einmal auf die Verbundforschung? Wenn es in jedem Haushalt immer wieder Kürzungen in diesen Bereichen gibt, ist das keine Verlässlichkeit, sondern das geht dann amplitudenhaft. Keiner weiß mehr, ob er sich auf wen verlassen kann. Die Unternehmen wissen nicht, ob sie sich auf die Einrichtungen verlassen können. Die Einrichtungen wissen sowieso nicht, ob sie sich auf die Unternehmen verlassen können. Aber, ich denke, die Politik muss einen Korridor schaffen, in dem sozusagen Verlässlichkeit hergestellt wird und nicht ein wackliger Boden installiert wird. Wir haben es in der Diskussion gesehen, es gibt jetzt schon anhand der Haushaltsdiskussion wirklich keine Wettbewerbsdiskussion mehr zwischen den Einrichtungen, sondern die Diskussion entwickelt sich zur Karikatur, zur Neiddiskussion, zum Beispiel zwischen den wirtschaftsnahen und den Forschungseinrichtungen. Da, glaube ich, muss man andere Bedingungen schaffen. Jemand von den Anzuhörenden hat gesagt, Forschung und Entwicklung sind ihrer Natur nach risikobehaftet. Risikoarmut führt zur Armut. Hier sei noch nebenbei bemerkt, dass ein Wissenschaftspreis, der mit 1.000   " $ " den Charakter einer Prämie trägt. Es ist ein Preis, aber man sollte auch einmal über die Wertigkeit nachdenken. Ich möchte noch aus der Stellungnahme einer Hochschule zitieren: "Die Schaffung von F- und E-Netzwerken sollte mit Bezug zu den existierenden Wirtschaftsclusterstrategiefeldern erfolgen. Die Zielstellung sollte nicht primär in der Generierung von mehr Fördermitteln, sondern in der Optimierung der Marktstellung der Thüringer Unternehmen durch bessere Erzeugnisse und Verfahren

liegen. Die Begrenzung der F- und E-Netzwerke auf Thüringen erscheint mittelfristig nicht zielführend. Eine regionale Erweiterung erscheint dringend erforderlich. Die für Grundlagenforschung zur Verfügung stehenden Mittel sind nicht ausreichend. Dies betrifft nicht nur die institutionelle, sondern auch die Projektförderung. Auch sind alle relevanten Forschungseinrichtungen - ausdrücklich auch die Hochschulen - von den vorgenommenen Kürzungen in diesem Bereich betroffen." Die Kleinteiligkeit der Thüringer Wirtschaft sollte nicht zu einer Kleinteiligkeit der Forschungs- und Entwicklungsstrukturen führen. Die Forschungs- und Entwicklungsstrukturen müssen Öffnungsmöglichkeiten haben, sie müssen sich internationalisieren können und dafür müssen wir als Politiker auch die Voraussetzungen schaffen. Insofern bin ich der Meinung, dass der Antrag von Herrn Matschie ein Anstoß sein kann, darüber nachzudenken, wie die Initiative Mitteldeutschland, über die so viel geredet wird - und das ist uns auch sehr kritisch gesagt worden, dass diese Reden alle sehr, sehr schön sind -, umgesetzt werden kann, dass es dort jetzt auch Strukturen geben muss, aber für Gesamtmitteldeutschland, dass es also auch Taten geben muss, die es ermöglichen, zusammenzuarbeiten, die es schnell und zügig ermöglichen. Herr Matschie, bevor Sie reden - ich weiß nicht, ob Sie es tun werden - über die Exzellenzzentren oder die Schaffung von Forschungsexzellenzen, die man vielleicht auch etablieren kann, die Vertreter des IMB haben uns gesagt, der Aufbau eines Exzellenzzentrums ist deshalb auch bei konsequenter Politik ein Jahrzehntprojekt; die Forschung entwickelt sich aus der Forschung heraus und kann nicht gesetzt werden von oben herab durch die Politik. Die Politik kann nur Rahmenbedingungen schaffen und um diese Diskussion bitte ich Sie. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Matschie zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Kaschuba, Sie haben hier sehr viel gesagt, aber sehr wenig zu dem, was in diesem Antrag steht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: Da steht nicht mehr drin.)

Herr Schwäblein, ich kann ja verstehen, dass ein neuer, ein ungewohnter Gedanke Mühe macht. Aber man sollte nicht sofort auf Gegenwehr schalten, sondern man sollte erst einmal überlegen: Was könnte

denn an einer solchen Idee dran sein? Um Ihnen alle Ängste zu nehmen, die Sie hier formuliert haben, will ich zunächst einmal deutlich machen, natürlich gibt es auch heute schon vielfältige Forschungskooperationen. Solche Kooperationen gibt es zwischen Forschungseinrichtungen, zwischen Hochschulen, die gibt es aber auch zwischen einzelnen Wissenschaftlern. Es gibt Wissenschaftler, die haben ein weltweites Netz von Forschungskooperationen. Es gibt natürlich den Campus Thüringen und die Zusammenarbeit und auch die Abstimmung innerhalb der Hochschullandschaft in Thüringen. Das soll hier doch überhaupt nicht in Frage gestellt werden, sondern hier geht es um eine neue Überlegung, um eine zusätzliche Entwicklung und auch eine, die sich jetzt eben mal nicht kurzfristig jemand in der Politik ausgedacht hat, sondern eine Entwicklung, die ansetzt an schon bestehenden Initiativen. Sie wissen vielleicht, dass in der Diskussion der letzten Jahre, auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion, die Frage der Clusterbildung von immer stärkerer Bedeutung geworden ist. Denn wir sind heute international in einer Situation, dass nicht mehr nur einzelne Unternehmen gegeneinander konkurrieren, dass nicht Länder oder Staaten gegeneinander konkurrieren, sondern auch gerade bei der Standortpolitik Cluster gegeneinander antreten. Cluster bedeutet eine hohe Dichte von Forschungsmöglichkeiten, Ausbildungsmöglichkeiten und Unternehmen ein und derselben Branche oder sich gegenseitig befruchtender Branchen. Jetzt geht es darum, wo solche Möglichkeiten in Ansätzen vorhanden sind. Wie können wir wirtschaftliche Entwicklung weiter forcieren und beleben? Dieser Frage geht unser Antrag nach und ich hoffe und wünsche mir, dass wir das auch weiter diskutieren im Ausschuss, dass Sie jetzt nicht sofort auf Gegenwehr schalten und sagen, da will der Matschie allein und isoliert für Jena etwas unternehmen oder der hat den Rest von Thüringen nicht im Blick. Darum geht es überhaupt nicht. Es gibt einen Ansatzpunkt für diese Kooperation, den ich gern verstärken und ausbauen würde. Das ist der Hochschulverbund Halle-JenaLeipzig. Ich bin dem Jenaer Rektor Herrn Prof. Dicke sehr dankbar, dass er auch kürzlich erst deutlich gemacht hat, dass dieser Hochschulverbund weiter ausgebaut werden soll, dass es da neue Initiativen geben soll. Er hat auch deutlich gemacht vor kurzem in einem Vortrag, den er dazu gehalten hat, dass es eben nicht nur auf die interne Hochschulkooperation dabei ankommt, sondern dass inzwischen auch eine Reihe von anderen Initiativen in dieser Region dazugekommen sind, dass es verschiedene von der Politik, von der Wirtschaft bis hin zur Kultur getragene Initiativen im Raum Halle-Jena-Leipzig gibt und dass der Hochschulverbund sich mit diesen Initiativen auch zu strategischen Partnerschaften verbinden muss. Das ist die Überlegung, um die es in diesem Zusammenhang geht. Wir haben hier eine Region vor uns, die auch in Europa Ihresgleichen sucht

mit traditionsreichen, sehr leistungsfähigen Hochschulen, mit rund 20 hochkarätigen Forschungseinrichtungen, von der Max-Planck-Gesellschaft, von der Fraunhofer-Gesellschaft, von Leibniz, von der Helmholtz-Gemeinschaft, und das in einem geographisch sehr engen Raum. Auch das gehört zur Clusterbildung dazu, dass man eben nicht einen ganz weiten Raum versucht in den Blick zu nehmen, also Gesamtmitteldeutschland, Gesamtthüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, sondern dass man schaut, wo sind denn Räume mit sehr hoher Verdichtung, sehr hoher Vernetzung und wie kann man solche Räume zum Wohle aller drei beteiligten Bundesländer weiterentwickeln. Das ist doch der Punkt, um den es in diesem Antrag geht. Dazu müssen auch politische Rahmenbedingungen gesetzt werden. Es geht doch nicht darum, Frau Kaschuba, dass wir jetzt sagen, wir heben jetzt einfach mal ein solches Projekt aus der Taufe, sondern die Forschung ist hier schon auf dem Weg, die Hochschulen sind auf dem Weg, die Industrie ist auf dem Weg. Jetzt kommt es darauf an, all diese Initiativen aufzugreifen, sie politisch zu begleiten, sie zu befördern und zu unterstützen. Dazu gehört die Kooperation der drei beteiligten Länder. Dazu gehört aber auch die Kooperation mit dem Bund und seinen Möglichkeiten, Forschungslandschaft auszubauen, weiter zu unterstützen und weiter zu entwickeln, und nicht zuletzt die Initiative, die ja 2002 ins Leben gerufen wurde von den drei beteiligten Landesregierungen. Ich wünsche mir, dass wir dieser Initiative wieder etwas mehr Leben einhauchen. Herr Althaus hat ja da vor der Landtagswahl kräftig auf die Bremse getreten, weil er offenbar Angst hatte, dass aus dieser intensiven Kooperation der drei Bundesländer wieder die Debatte kommt, gibt es jetzt irgendwann eine Fusion dieser drei Länder. Ich kann ja solche Ängste alle nachvollziehen. Nur, jetzt sind wir nach der Landtagswahl und wir müssen alles daran setzen, sinnvolle Kooperationen zwischen den drei Ländern auszubauen und zu befördern. Wir haben auch nicht ewig Zeit dafür, denn andere Länder haben sich längst auf den Weg gemacht, ihre Clusterstrukturen auszubauen. Ein Beispiel hat Andreas Bausewein genannt aus Nordrhein-Westfalen, wo sich entlang des Rheins mehrere Hochschulen, Forschungseinrichtungen und weit über 100 Unternehmen zu solch einem Cluster in der Biotechnologie verbunden haben. Jeder, der sich solche Entwicklungen anschaut das bekannteste Beispiel für so ein Cluster ist das Silicon Valey -, der weiß, welches Entwicklungspotenzial da drinsteckt. Und diese Potenziale zu heben, auszuschöpfen, darum geht es mir mit diesem Antrag. Ich bitte Sie also, spielen Sie das nicht aus gegen die vielfältigen Kooperationen, die es gibt. Spielen Sie es nicht aus gegen den Campus Thüringen, den wir natürlich haben, und die Kooperation, die es innerhalb Thüringens gibt, sondern sehen Sie es als eine zusätzliche Initiative an. Wenn es gelingt, diesen

Raum so zu vernetzen und gemeinschaftlich zu vermarkten, wie ich mir das vorstellen kann, dann kann das eine herausragende Forschungs- und Wirtschaftsregion in Europa werden. Das ist eine Region von internationalem Gewicht, die wir hier gemeinsam schaffen können. Ich bitte Sie darum, das konstruktiv zu begleiten. Wir werden beantragen, dass der Antrag, den wir heute gestellt haben, an den Ausschuss überwiesen wird. Ich wünsche mir da eine intensive Debatte, in die jeder seine Ideen, seine Vorstellungen auch einbringt. Hier geht es nicht darum, irgendeine Universität in diesem Land besser zu stellen, sondern es geht darum, ein Potenzial, was drei Länder gemeinsam haben, in einem engen geographischen Raum so zu nutzen, dass alle davon profitieren können. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Matschie, meinen Sie den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien?

(Zuruf Abg. Matschie, SPD: Eben diesen meine ich.)

Gut. Für die CDU-Fraktion hat sich im Weiteren Herr Abgeordneter Seela zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, weil bald das Fest von Weihnachten ist, bin ich durchaus geneigt, dem Antrag der SPD-Fraktion etwas Positives abzugewinnen, zugegeben, obwohl mir dies schwer fällt aufgrund der in Ihrer Begründung gelieferten Argumente, Herr Bausewein, die schlichtweg die Realität der überaus zahlreichen Kooperationsprojekte zwischen den Wissenschaftsstandorten Jena, Halle und Leipzig ignorieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Minister uns dann detailliert und ausführlich berichten wird über zahlreiche Projekte, die bereits angelaufen sind, die auch noch zu realisieren sind. So kurz vor Weihnachten möchte ich dann doch der SPD-Fraktion positiv unterstellen, dass sie ihrem Fraktionsvorsitzenden bei seiner Wahlkreisarbeit unter die Arme greifen wollte, also musste ein Antrag her, der vermeintlich Jena etwas Gutes tut,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Herr Seela, hören Sie doch mal zu, was ich gesagt habe. Nehmen Sie doch mal Ihre vorgefertigte Meinung beiseite.)

und ganz nebenbei, Herr Matschie, natürlich auch parlamentarisch Schaum schlägt. Auf der Strecke bleibt dabei allerdings der gute Vorsatz, Herr Mat

schie, dass jedes politische Handeln von der Verantwortung für das Ganze getragen sein muss, für Thüringen, Herr Matschie, für Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Sie müssen doch mal auf die Rede hören.)

Herr Matschie, Sie haben Ihre Schlagzeilen in der Thüringer Presse bereits vor drei Wochen bekommen, doch eine in der Tat zukunftsorientierte Wissenschaftspolitik vermittelt Ihr Antrag nicht und auch das werde ich Ihnen am Ende noch aufzeigen darüber hinaus schadet er dem Wissenschaftsstandort Jena.

Meine Damen und Herren von der SPD, wer Thüringens Wissenschaftslandschaft voranbringen möchte, darf nicht in klein klein denken,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Eben.)

sondern sollte den Blick über den Tellerrand hinaus wagen.

(Unruhe bei der SPD)

Weder die Stadtgrenzen Jenas noch ein Gebiet, was ich in einer Autofahrstunde durchqueren kann, sollten dabei der Maßstab unseres politischen Handelns sein. Etwas Ähnliches sagten Sie auch. Provinzialität und Gartenzwergmentalität - so will ich es beschreiben - in der Wissenschaftspolitik