mus, wenn Thüringen und der deutsche Bundesrat zu einem Zeitpunkt aktiv werden, zu dem auf EUEbene zweifach, einmal in der Schutzklauselprüfung nationaler Verbote und zum anderen im Neuzulassungsverfahren von MON 810, die Sicherheit von MON 810 ohnehin erneut überprüft wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Ihrem Antrag helfen Sie nicht weiter, sondern Sie tragen leider lediglich polemisch zu einer Verunsicherung der Verbraucher bei. Ihr Antrag sollte aus unserer Sicht daher abgelehnt werden.
Ich frage jetzt zunächst, ob die Aussprache zum Sofortbericht gewünscht wird. Die SPD signalisiert das auch; die CDU-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE tun dies. Damit kommen wir zur Aussprache zum Sofortbericht und natürlich zum Antrag. Ich rufe als Erstes für die CDU-Fraktion Abgeordneten Gumprecht auf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die aktuelle Diskussion um den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in Deutschland, aber auch hier in Thüringen im Gebiet von Großfahner oder Gierstädt sowie auch in der Nähe von Schmölln/Zeitz - beim Anbau von gentechnisch verändertem Mais scheiden sich die Geister. Der Absicht zum Anbau folgten prompt Proteste. In Schmölln beispielsweise startete eine Initiative eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel, den Anbau zu stoppen. Wir hörten eben bei der Einbringung schon, am vergangenen Dienstag erfolgte trotz der Proteste der Genmaisgegner die Aussaat auf ca. 1 ha Fläche bei Weißbach im Raum Schmölln. Die Anbaugegner, darunter auch Verpächter der Felder, drohten den betroffenen Landwirten sogar damit, die Pachtverträge künftig nicht mehr zu verlängern. Dennoch wurde ausgesät. Anderenorts in Thüringen wichen die Agrarunternehmen dem Druck der Gegner und haben auf den Anbau verzichtet.
Meine Damen und Herren, die Gentechnik wird seit einigen Jahren erfolgreich bei der Herstellung vieler hochwertiger Arzneimittel benutzt. Sie ist im Bereich der Krankheitsforschung unerlässlich geworden und aufgrund der guten Erfahrungen und dadurch neu gewonnener Behandlungsmethoden ist diese sogenannte Rote Gentechnik in der Bevölkerung hoch akzeptiert. Es wird wohl kaum einen geben, der dem Diabetiker sein Insulin als Produkt der Roten Gentechnik verbieten oder ausreden möchte. Dennoch ist bei der Frage der Gentechnik die Fra
ge, wie gehe ich mit dem Risiko um, wesentlich. Dabei sind bei solchen Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung die Relevanz der jeweiligen Anwendung, das heißt die Bedeutung als Lösung eines konkreten Problems, die Möglichkeit oder die Verfügbarkeit anderer Lösungsalternativen, die individuelle oder gesellschaftliche Nutzen-Risiko-Bewertung. Da sind mögliche prognostizierbare Nachfolgekosten oder nachhaltige Kosten, die sowohl ökologisch, sozial oder auch ökonomisch sein können, und es ist die Frage der Transparenz, die hier ein wesentliches Entscheidungskriterium spielen sollte. Die deutlichen Unterschiede in der Bewertung von medizinisch-wissenschaftlicher und landwirtschaftlicher Nutzung hängen eben wesentlich damit zusammen, dass mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen hier das Risikomoment der Irreversibilität ins Spiel kommt. Dies ist bei in sich geschlossenen Kreisläufen, wie es in medizinischen oder industriellen Einsatzgebieten der Fall ist, nicht so. Die Grundlage zur Beurteilung einer bestimmten gentechnischen Anmeldung bilden also immer wissenschaftlich fundierte Studien, wozu hier sehr zahlreiche vorliegen. Aufgrund dessen wurden sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene zahlreiche Institutionen eingerichtet, die sich auf das intensivste mit der Forschung und Beurteilung der Gentechnik, in unserem konkreten Fall der Grünen Gentechnik, befassen. An erster Stelle steht hier die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der LINKEN, fordern - übrigens gleichlautend wie ein jetzt eingebrachter Antrag in Brandenburg -, alle rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, um die Gefahren, die von transgenem Mais MON 810 ausgehen, festzustellen und abzuwehren. Wir sind uns einig, bei Gefahr muss eine Behörde handeln und die Gefahr abwehren.
Worin besteht der Entscheidungsrahmen des Freistaats und der zuständigen Thüringer Behörden? Wir haben schon darüber vom Staatssekretär gehört: Nach dem deutschen Gentechnikgesetz ist es die Pflicht der jeweiligen Landesbehörden, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überwachen. Das ist beispielsweise der ordnungsgemäße Umgang mit dem Saatgut oder die Einhaltung der Abstandsvorschrift zwischen den einzelnen Feldern. Die Zuständigkeiten hierfür liegen einmal beim Landesverwaltungsamt, aber auch - so wie im Staatsanzeiger 2004 veröffentlicht - bei der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft. Doch der Antrag lautet, die Thüringer Behörden sollen zuerst einmal Gefahren feststellen. Gefahren feststellen in dem Sinne, wie Sie es meinen, kann man nur durch wissenschaftliche Untersuchungen. Dies ist aber klar Aufgabe des Bundes. Der verfügt über die gesetzlichen Kompetenzen und die notwendigen Instrumente. Das sind - und ich zähle sie auf - das Bundesinstitut für Risi
kobewertung, das Bundesamt für Naturschutz, das Robert-Koch-Institut und die Biologische Bundesanstalt - also, wie ich meine, vierfach geballtes Fachwissen. Die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit beim Bund prüft und bewertet sicherheitsrelevante Fragen nach den Vorschriften des Gentechnikgesetzes, gibt hierzu Empfehlungen und berät die Bundesregierung in den anstehenden Fragen der Gentechnik.
Eine spezielle Zuständigkeit der Naturschutzbehörden unseres Freistaats ist in unserem Naturschutzgesetz enthalten, das wir im Sommer vergangenen Jahres novelliert haben. Danach besteht eine Anzeigepflicht nach § 26 b, wenn die Anbaufläche in einem FFH-Gebiet liegt.
Meine Damen und Herren, DIE LINKE verweist in ihrem Antrag auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, jedoch ohne konkrete Benennung dieser. Vielleicht liegt es auch daran, dass Sie auf den Antrag der GRÜNEN vom Bundestag in diesem Jahr aufbauen. Sie verweisen in Ihrer Antragsbegründung weiter auf eine Studie von 2007 des NABU im Ruhlsdorfer Bruch in Brandenburg. Die Vorgänge in Brandenburg standen im Zusammenhang mit dem Anbau gentechnisch veränderten Maises in besonderen Schutzgebieten. Hierzu gibt es schließlich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder gegen den klagenden Wirt. In Thüringen liegen die Dinge ein wenig anders. In Thüringen muss ein solcher Anbau frühzeitig beim Landesverwaltungsamt angezeigt werden, worauf eine Risikoabschätzung der oberen Behörde erfolgt, was hier auch im Fall Straußfurt so geschehen ist.
Herr Staatssekretär Illert hat in seinem umfangreichen Bericht bereits auf die beiden in der EU anhängigen Verfahren hingewiesen. Das erste Verfahren betrifft die Verlängerung der Zulassung von MON 810 und damit die erneute Sicherheitsprüfung aufgrund der europäischen Regelung in der Freisetzung (Richtlinie 2001/18/EG). Das zweite Prüfverfahren wurde anlässlich der Bedenken Frankreichs eingeleitet. So hat Frankreich aktuell einen Anbaustopp für gentechnisch veränderten Mais MON 810 erlassen. Sie begründen dies mit neuen Erkenntnissen im Bereich der Charakterisierung der Verbreitung über weite Entfernungen, der Identifizierung der Resistenz bei bestimmten sekundären Zielschädlingen. Sie begründen dies weiter mit neuen Erkenntnissen zu Nebeneffekten auf Fauna und Flora und auf die Reduzierung der Produktion von Mykotoxin.
Einer Pressemeldung konnte ich vor zwei Tagen entnehmen, dass die EU die Bearbeitungsfrist verlängert hat, um die Prüfung der Verfahren dennoch zeitnah abschließen zu können. In Briefwechseln zwischen EFSA und der Europäischen Umweltkom
mission ist zu entnehmen, dass die Erkenntnisse Frankreichs aufgenommen wurden und in einem Zusammentreffen der betreffenden Fachleute erörtert werden. Der Ausgang ist offen.
Meine Damen und Herren, angesichts der Vielzahl von gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit genverändertem Mais, insbesondere mit der in Deutschland zugelassenen Sorte MON 810, angesichts der gerade laufenden Zulassungs- und Prüfverfahren und in dem Wissen, dass unsere Behörden in Thüringen zuverlässig arbeiten, ist es nicht sinnvoll, eine eigene Bundesratsinitiative zu starten. Wir lehnen deshalb den Antrag ab.
Wenn vorhin gesagt wurde, die Verbraucherzentrale hat hier eine klare Position, dann kann ich sagen, mir liegt eine sehr umfangreiche und breite Analyse vor. Diese klare Position ist aber ergebnisoffen. Ich darf einen kurzen Auszug aus der Zusammenfassung hier vortragen, Frau Präsidentin: „Die Bewertung der Gentechnik aus Verbrauchersicht erfolgt kriteriengeleitet und ergebnisoffen, nicht im Sinne einer ideologischen Vorentscheidung für oder gegen eine bestimmte Technologie.“ Dieses Papier geht dann in diesem Sinne so weiter.
Meine Damen und Herren, hier wird deutlich, die Entscheidungsstrukturen und Verwaltungen auf allen Ebenen, der europäischen und nationalen Ebenen und die in unserem Freistaat, arbeiten gewissenhaft. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind so, dass die Behörden entsprechend verantwortlich entscheiden können. Wir wollen nicht eine Hoffnung suggerieren, auf die wir keinen Einfluss haben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Illert, als Chance sehen wir den Anbau von MON 810 nun wirklich nicht, muss ich für die SPD-Fraktion sagen. Wir stehen dem Anbau schon sehr kritisch gegenüber, obwohl wir auch unterschiedliche Meinungen haben zur Grünen Gentechnik insgesamt. Das ist eine andere Frage. Aber gerade zum Anbau von MON 810 sind wir der Meinung, das Verbot vom April 2007 durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hätte aufrechterhalten werden müssen und
Es zeigt sich auch im Nachhinein, dass da vielleicht wirklich die Freigabe erfolgte aus Furcht und Angst vor Schadenersatzforderungen von Monsanto. Das kann es doch nicht sein, dass wir auf Kosten der Gesundheit, auf Kosten der Gesellschaft einem Unternehmen die Erlaubnis geben, weiter MON 810 anzubauen, obwohl noch Fragen offen sind. Hier sind sicherlich alle der Meinung, dass es für Forschungszwecke nicht das Problem ist, das anzubauen. Es einerseits freizugeben als Futtermittel zur Verfütterung, aber andererseits als Lebensmittel auszuschließen, das zeigt doch schon, in welchem Konflikt Herr Seehofer bzw. die Bundesregierung war, überhaupt einen Weg zu finden, MON 810 wieder freizugeben. Ich glaube, so wie die Menschen auch in Thüringen darauf reagieren, ich habe es auch in Gierstädt erlebt, in Schmölln konnte ich leider nicht selbst sein, aber wie sensibel die Menschen auf den Anbau von diesem Genmais reagieren, da können wir uns als Politik doch nicht verschließen und so tun, als ob alles in Ordnung ist, wo es nicht ist. Es ist so. Das Monitoring zum Genmais MON 810 wird infrage gestellt von Naturschützern, aber auch von Juristen, weil Teile der Auflagen von Monsanto nicht erfüllt wurden. Da kann doch die Bundesregierung nicht so tun, als ob alles in Ordnung ist, und es wieder freigeben. Ganz umsonst ist es ja nicht so, dass es in Frankreich, Polen, Österreich, Ungarn, der Schweiz und Griechenland verboten ist, das muss ja Gründe haben.
Ich sehe auch rechtliche Probleme mit dem Antrag der LINKEN, das ist wohl wahr, weil die Vermischung zwischen den Ebenen sehr schwierig ist, was kann die EU, was kann der Bund, was kann das Land wirklich regeln. Nichtsdestotrotz werden wir als SPDFraktion diesem Antrag zustimmen. Ich sehe das nicht als reinen Populismus, sondern als eine Aufgabe, die wir haben als Politiker, auch mit den Menschen in der Region verantwortungsvoll umzugehen und ihre Ängste wahr- und aufzunehmen. Es gibt da vielleicht auch Punkte, Herr Staatssekretär, wo wir doch Ihre Mithilfe brauchen und wo wir jetzt als SPD Ansätze sehen, noch mal darüber nachzudenken, was denn eine Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger schaffen könnte. Da würde ich mir wünschen, dass Landkreise als gentechnikfreie Zone sich selber erklären können. Es geht ja jetzt rechtlich nicht. Aber wenn die Landkreise das von sich aus wollen, mehrheitlich dort die Bauern das ablehnen und das wollen, dann muss doch das möglich sein, dass die Landkreise sich wenigstens als gentechnikfreie Zonen erklären können. Das ist meiner Meinung nach auf der jetzigen Rechtsgrundla
ge nicht möglich, deshalb will auch die SPD-Bundestagsfraktion darüber nachdenken, auf EU- und Bundesebene eine Möglichkeit zu schaffen, das zuzulassen.
Was meiner Meinung nach auch noch fehlt, ist die wirkliche Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen durch den Anbau des MON 810. Das ist aber auch eine Ebene, das muss im Bundestag geklärt werden, das können wir hier nicht klären. Aber vielleicht könnten wir über den Bundesrat da Anregungen mitgeben, dass darüber gesprochen wird, dass Veränderungen erfolgen, weil mir das auch zu wenig ist. Aus diesem Grund hat der Bauernpräsident in Thüringen seinen Kolleginnen und Kollegen geraten, kein MON 810 anzubauen. Herr Kliem hat die Landwirte in Thüringen aufgefordert, darauf zu verzichten, weil die wirtschaftlichen Folgen nicht abgeklärt sind. Ich möchte ihn nicht anbauen aus Verbraucherschutzgründen - das sind andere Gründe. Aber wenn man doch zu einem gleichen Punkt aufruft, dann ist es doch schon ganz gut, dann sollten die Bauern in Thüringen vielleicht auch darüber nachdenken. Bis auf einen machen sie es ja auch alle. Es ist jetzt nur noch das Anbaufeld in Schmölln übrig geblieben. Auch auf politischen Druck und auf Druck der ganzen Region ist ja in Gierstädt die größere Anbaufläche nicht zustande gekommen, so wie ich jedenfalls im Moment unterrichtet bin. Das weiß man ja immer nicht so ganz genau, was denn dann wirklich ausgesät wurde oder nicht. Aber offiziell ist es ja jetzt in Gierstädt nicht zur Aussaat gekommen und wenigstens da war ich anwesend mit der Bürgerinitiative und das waren keine Spinner, die da waren. Das waren Menschen, die aus den Kirchen heraus die Verantwortung wahrgenommen haben und die sehr sensibel mit dem Thema umgegangen sind, die sich sehr tiefgründig auch mit dem Thema befasst haben und sehr gut über die Vorgehensweise und über alles informiert waren.
Wie gesagt, auf Landesebene sehe ich auch diesen Spagat, dass wir nicht gesetzlich jetzt irgendwas regeln können, aber den politischen Druck auf die Bundesebene können wir doch aufbauen und weiter fortführen, weil ich ein paar Änderungen im Verbraucherschutzgesetz schon sehe, und das wäre auch machbar, wenn wir gemeinsam dagegen angehen sollten. Wir sollten die Interessen der Menschen nicht so leicht abtun und der MON 810 hätte nach unserer Kenntnis wirklich im April 2007 weiter verboten und nicht im Dezember 2007 wieder zugelassen werden sollen. Das ist unserer Meinung nach der größte Fehler, der passiert ist. Wir werden dem Antrag der LINKEN zustimmen und hoffen auf Ihre Mithilfe, Herr Staatssekretär, dass wir auf Bundes- und europäischer Ebene Klarheit für die Menschen und für die Verbraucher schaffen können. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Günter, wer sonst sollte zu diesem Thema sprechen. Wir haben ja gerade den Bericht der Landesregierung zur Situation mit dem transgenen Mais MON 810 gehört. Ich muss Ihnen sagen, gerade, Herr Gumprecht und Herr Illert, weil wir aktuell Schutzklauselverfahren laufen haben in der Europäischen Union und gerade weil dieser Mais, dieser transgene Mais MON 810, in der Neuzulassung ist, die Neuzulassung beantragt ist und noch keine Entscheidung getroffen ist, gerade deswegen sind wir der Auffassung, dass so ein Antrag, wie wir ihn heute vorgelegt haben, jetzt unbedingt wichtig und richtig ist. Herr Illert, Herr Gumprecht hat es ja gut ausgeführt, die unterschiedliche Betrachtung der Sicherheit zwischen der Anwendung der Grünen und der Roten Gentechnik. Die Grüne Gentechnik findet auf Feldern statt, findet in einem völlig offenen System statt, wo viele Interaktionen laufen. Deswegen, ist einmal etwas eingebracht in das System, ist dies auch nicht mehr rückholbar. Der Boden ist nicht wie eine Kläranlage, das Feld ist nicht wie ein Krankenhaus und der Ackerbaubetrieb ist nicht wie ein Labor. Es ist ein offenes System und einmal eingebracht, ist es nicht mehr rückholbar. Sie können mir glauben, meine Damen und Herren, dass in meiner Brust immer auch ein Herz für die Landwirte und für die Situation der Landwirtschaft schlägt. Aber in meiner Brust schlägt eben auch das Herz für die Umwelt und auch für die Sicherheit.
Bevor ich auf die Inhalte des Antrags eingehe, lassen Sie mich einige Ausführungen machen zu diesem transgenen Mais MON 810, denn ich bin davon überzeugt, dass zu oft Entscheidungen getroffen werden auf der Grundlage von Halbwissen, auf der Grundlage von Gerüchten oder gar trotz schierer Unkenntnis.
Das finde ich schlimm und deswegen bringe ich Ihnen Argumente, damit dann aufgeklärt die Argumente ausgetauscht werden und auf aufgeklärter Basis richtig entschieden werden kann. Um was geht es also? Es geht um einen gentechnisch veränder
ten Mais, bei dem Gene das Bacillus thuringiensis in die Erbsubstanz transferiert wurden. Dieser transgene Mais, auch Bt-Mais genannt, nach dem Bacillus thuringiensis, produziert dann das Gift des Bacillus selbst. Das Gift in diesem Mais soll vor allem gegen den Maiszünsler wirken, einen Schädling, der sich in Thüringen ausbreitet. Der Maiszünsler ist ein Falter, der auf den Mais Eier legt, dessen Larven dann gefräßig den Maisstängel aushöhlen und dadurch den Bruch der Stängel verursachen. Dieser Bruch führt direkt zu Ernteausfällen, aber er führt auch dazu, dass diese Pflanzen leichter mit Pilzen befallen werden.
Herr Gumprecht, Sie haben vorher falsch zitiert aus dem Gutachten des französischen Wissenschaftlers. Frankreich hat nicht aufgrund der geringeren Mykotoxinbelastung dieses Maises, also der geringeren Belastung mit Pilzgiften, den Mais verboten, sondern das ist ja ein Vorteil. Aber die haben das abgewägt und trotz dieses Vorteils haben die Nachteile, zu denen ich noch komme, überwogen und deswegen wurde dieser Mais verboten. Der Maiszünsler, dieser Maisschädling ist relativ neu in Deutschland. Es ist zu beobachten, dass er von Süden nach Norden wandert und mit zunehmendem Maisanbau sich auch in Thüringen ausbreitet, wenn keine ackerbaulichen Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Während im Thüringer Becken mit seinem milden Klima der Maiszünsler schon verstärkt auftritt, ist im Eichsfeld zum Beispiel, wo ich herkomme, mit Befallsraten von bis zu 6 Prozent zu rechnen. Ist das Frühjahr eher kühl und nass, sind die Entwicklungschancen …
Frau Scheringer-Wright, lassen Sie sich nicht ablenken. Man wollte nur seine Fähigkeit im Rezitieren einfacher Gedichte nachweisen.
Das ist die ähnliche Bauernregel, die beim Borkenkäfer auch von Herrn Minister immer in den Raum gestellt wurde. Ähnliche Situation: Ist das Frühjahr nass und kühl, kann sich der Zünsler nicht gut entwickeln, auch der Borkenkäfer.
Da natürlich kein Landwirt die Witterung beeinflussen kann, und Herr Carius auch noch nicht seine Regenmacherfähigkeiten unter Beweis gestellt hat, obwohl das heute gefordert wurde,
muss sich jeder Landwirt und jede Landwirtin natürlich auf einen Maiszünslerbefall einstellen. Und welche Möglichkeiten zur Bekämpfung gibt es? Es gibt die gute ackerbauliche Vorsorgestrategie. Ein möglichst früher Erntetermin, ein tiefer Schnitt bei Silomais, ein tiefes Zerschlagen der Maisstoppeln unmittelbar nach der Ernte und ein sauberes Unterpflügen - dadurch kann die Populationsdichte der Elterngeneration im folgenden Jahr um bis zu 99 Prozent reduziert werden. Für den Erfolg dieser Maßnahme ist mit entscheidend, dass sich möglichst viele Landwirte an der Maßnahme beteiligen und diese konsequent umsetzen. Unterstützt werden sollte diese ackerbauliche Vorsorgemaßnahme mit einer Erweiterung der Fruchtfolge. Weiterhin gibt es die Möglichkeit der biologischen Bekämpfung des Maiszünslers mit dem Einsatz der Schlupfwespe oder des direkten Aufspritzens des Bacillus thuringiensis. Letztendlich gibt es noch die chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten. Sie merken, ich nenne diese chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten zum Schluss, denn die chemische Bekämpfung ist die von den aufgezählten Methoden, die am wenigsten nachhaltig ist. Leider muss ich in Gesprächen immer wieder feststellen, dass viele überhaupt nur die chemische Keule zu kennen scheinen. Die chemischen Mittel erfolgreich anzuwenden, ist auch nicht einfach. Am nachhaltigsten ist also die ackerbauliche Bekämpfungsstrategie, das heißt die mechanische Bekämpfung in Kombination mit einer angepassten Fruchtfolge. Aber auch in dieser Hinsicht gibt es in der Praxis Probleme. Vielfach hatten die Betriebe Prämien für die pfluglose Bodenbearbeitung zum Schutz gegen die Erosion beantragt. Das war mit Blick auf die Schädlingsproblematik mit dem Maiszünsler tatsächlich kontraproduktiv. Deswegen, Herr Minister Dr. Sklenar, auch immer wieder meine Forderung, die offizielle Agrarberatung zu stärken. Das ist ja nicht einfach für die Betriebe draußen, sich auf diese Situation einzustellen. Vor diesem Hintergrund also kam der Chemie- und Agrarkonzern Monsanto mit einem genveränderten Mais auf den Markt, der resistent ist gegen den Maiszünsler. Eine ganze Reihe von Leuten, Maislobbyisten oder irgendwie mit der Gentechnik, glaube ich, Verbandelte, hat diesen Mais in den hellsten Farben angepriesen. Gerade die Monsanto-Berater sind es, die, wenn sie überhaupt über alternative Bekämpfungsmöglichkeiten reden, nur die chemischen gelten lassen. Warum wohl? Ich frage Sie: Warum wohl? Als weltweit agieren
der Konzern, der Agrochemikalien vertreibt, liegt das Interesse da ja wohl auf der Hand. Konzerne wie Monsanto verkaufen Gentechnik und Chemikalien oft im Doppelpack, ohne sich groß um ökologische oder gesundheitliche Folgen zu kümmern. Vor dieser Tatsache muss man sich schon die Frage stellen, wer wirklich von den gentechnisch veränderten Pflanzen profitiert: Die Bauern, die oft gegen großen sozialen Widerstand die Pflanzen anbauen, die den Dorffrieden bei sich sozusagen gefährden, aus diesem Grund der Betrieb in Großfahner letztendlich dann zurückgezogen hat, oder die Agrarmultis, die großartige Gewinne mit gentechnisch verändertem Saatgut und den dazu passenden Spritzmitteln einsacken?
Die Zulassung für die Maislinie MON 810 bekam Monsanto schon 1998. Es wurde hier schon erwähnt und ausgeführt, dass die Zulassung abgelaufen ist und ein Antrag von Monsanto vorliegt für eine neue Zulassung. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sagt aber, weil diese Zulassung von diesem MON 810 nach der alten Richtlinie in der EU erfolgte, hat dieser Mais sozusagen eine Übergangsfrist, sonst dürfte er jetzt gar nicht angebaut werden. Es liegt bei der EU-Kommission und die EU-Kommission hat sich noch nicht entschieden, hat weder eine Zulassung ausgesprochen oder gesagt, wir entziehen die Zulassung. Warum sie sich noch nicht entschieden hat, könnte natürlich viele Gründe haben. Da komme ich auch noch mal zur Einschätzung, wie gut die Sicherheitsforschung im Vorfeld ist. Ausgerechnet der Umweltkommissar Stavros Dimas hat die EU-Zulassungspraxis für gentechnisch veränderte Organismen grundsätzlich kritisiert. Man könnte daraus schlussfolgern, dass, wenn die Zulassungspraxis auf EU-Ebene schlecht ist trotz der Lebensmittelbehörde auf EUEbene, die Zulassungen grundsätzlich mit Risiken behaftet und eigentlich abzulehnen sind.
Ein konkreterer weiterer Grund, dass sich die Kommission noch nicht entschieden hat, liegt aber sicherlich darin, dass Studien aus den letzten drei Jahren die Risiken von MON 810 viel höher bewerten, als in den 90er-Jahren eingeschätzt wurde. Dass das so ist, hat Frau Becker schon gesagt. Letztes Jahr hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Inverkehrbringung dieses Maises untersagt. Sie haben sich dann sozusagen politisch von ihrem Chef natürlich breitschlagen lassen und es wird sich geeinigt, okay, Monsanto muss ein Monitoring während des Anbaus dieses Maises durchführen. Dass das Monitoring hinter allen Erwartungen zurückbleibt und nichts bringt, kann man jetzt wiederum nicht unbedingt dem Bundesamt vorwerfen, aber das ist Tatsache.
Der Anbau und die Verwertung des Maises MON 810 stellt eine Gefahr für die Artenvielfalt allgemein und für viele Kleintiere und Kleinlebewesen im Besonderen dar und gefährdet zudem auch ökologisch wirtschaftende Betriebe, die den Standard gentechnikfrei einhalten müssen, wenn sie ihre Zertifizierung nicht verlieren wollen. Die Maispollen verbreiten sich viel weiter, als bislang immer in Betracht gezogen wurde. Das haben Umweltverbände schon immer gesagt. Geht man von Wind- und Sturmereignissen aus, ist das nicht überraschend, dass die kilometerweit fliegen. Das impliziert für Ökobetriebe und Schutzgebiete ein großes Problem, welches durch die gesetzlich vorgegebenen Abstandsregeln, nämlich 300 m zu ökologischen Betrieben, 150 m zu anderen konventionellen Betrieben, nicht gelöst wird. Die Artenvielfalt und viele Einzelarten sind gefährdet. So deckten Studien auf, dass es toxische Effekte gerade für Bodenlebewesen, z.B. für Regenwürmer, Asseln und Fadenwürmer, geben kann und dass die Gefährdung von Tagfaltern, also unserer „schönen“ Schmetterlinge, trotz wiederholter Untersuchungen nicht ausgeschlossen werden kann. Das Bt-Toxin könnte in die Nahrungskette eingeschleust werden und auch eine Persistenz im Wasser aufweisen. Eine Gesamtanalyse der Auswirkungen auf Nichtzielorganismen weist Auswirkungen von Bt-Mais auf einige Wirbellosen nach, auch wenn sie im Vergleich mit der direkten Insektizidbehandlung, also dem chemischen Mittel, niedriger ausfallen. Aber es ist doch gerade der hohe Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln generell zu kritisieren. Das hat DIE LINKE schon als PDS getan. Wir sollten wirklich mal überlegen und - um mal bildlich zu sprechen - nicht Pest mit Cholera entschuldigen. Wie die aus dem Abbau des Bt-Toxins hervorgehenden Metaboliden, also die Abbauprodukte, wirken, das weiß bisher kein Mensch. Fakt ist, dass auf dem Wissenschaftskonvent im Herbst 2007, der zu einem Verbot von MON 810 in Frankreich führte, übereinstimmend festgestellt wurde, dass 90-Tage-Tests bei Säugetieren, also zum Beispiel Fütterungsversuche, nicht ausreichend sind, weil die Aussagekraft zu gering ist.