Protocol of the Session on April 11, 2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Fraktion will solch eine Entwicklung nicht. Wir sind gegen einen Wettbewerbsföderalismus, der sich nur allzu oft als von jeder nationalen Verantwortung losgelöste Kleinstaaterei entpuppt. Wir wollen einen bundesweiten Raum für das Hochschulstudium. Wir wollen die Mobilität der Studierenden über die jeweiligen Landesgrenzen hinweg erhalten und wir wollen möglichst einheitliche Studienbedingungen in ganz Deutschland. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich im Sinne des von der LINKEN eingebrachten Antrags für die Fortexistenz bundesgesetzlicher Regelungen zu dem komplexen Hochschulzugang und den Hochschulabschlüssen einzusetzen. Die Bundesministerin Schavan ist offensichtlich nicht in der Lage, hier steuernd einzugreifen, also muss Thüringen, allein schon im Interesse der eigenen Studierenden, hier endlich im Bundesrat aktiv werden. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Dr. Kaschuba, die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, unser Antrag lautet „Hochschulrahmengesetz beibehalten“ und er hat die Aufforderung an die Landesregierung zum Inhalt, im Bundesrat aktiv zu werden, um Initiativen zur Beibehaltung des Hochschulrahmengesetzes zu unterstützen und das Gesetz in Kraft zu belassen und zum Zweiten sich für die Anpassung der bisherigen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes oder ein Bundesgesetz einzusetzen, in dem die Hochschulzulassungen und die Studienabschlüsse bundesweit einheitlich geregelt

Ich möchte zu Beginn noch einmal darauf verweisen, was im derzeitigen Hochschulrahmengesetz geregelt ist. Es sind die Aufgaben der Hochschulen geregelt, Studium und Lehre, Forschung, Zulassung zum Studium, die Stellung der Mitglieder der Hochschulen, des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals, die Rechtsstellung der Hochschulen, die staatliche Anerkennung von Einrichtungen und der Notarschule und die Regelung der Anpassung an das Landesrecht für die Änderung von Bundesgesetzen und Schlussvorschriften. Ich glaube, dass es fatal wäre, wenn unter den Bedingungen, wie wir sie jetzt nach der Föderalismusreform haben, diese Regelungen außer Kraft gesetzt oder nur noch in der KMK verhandelt würden.

Die Föderalismusreform von 2006 hat zum Ergebnis, dass die Länder allein für Schulen und Universitäten zuständig sind, während der Bund nahezu jeden Einfluss verloren hat. Bezeichnend ist, dass die Föderalismusreformer damals bei dieser Weichenstellung noch nicht einmal eine Begründung versucht haben, auch Herr Althaus nicht. Sämtliche Experten, von den Lehrerverbänden bis zum Wissenschaftsrat, hatten vor einer solchen Machtverschiebung eindrücklich gewarnt, doch um den auf sehr tönernen Füßen stehenden Föderalismuskompromiss nicht zu gefährden, wurden alle Kritiker ignoriert. Auf dem Rücken von Schülern, Studenten und Lehrenden wurde die Staatsreform ausgetragen.

Mehr als 50 Jahre hatten die Bundesländer Zeit gehabt, ihre Bildungskompetenz unter Beweis zu stellen. Die Bilanz ist ebenso vielfältig wie ernüchternd. In keinem anderen Industrieland sind die Bildungschancen so ungerecht verteilt wie in Deutschland. Die neueste OECD-Studie, die Ihnen ja sicher allen bekannt ist, belegt das weiter. Es wurde eine zerklüftete Schullandschaft geschaffen mit unterschiedlichen Schulsystemen. Es liegen Qualitätsunterschiede vor und die Erstarrung in Kleinstaaterei im Bildungssystem. Das sind die gravierendsten Folgen dieser Zersplitterung. Und es wird nicht besser, so bastelt z.B. bei der Reform der Lehrerausbildung gerade jeder Kultusminister - wie unlängst in Thüringen sehr genau zu beobachten war - an seiner eigenen Lösung. Jetzt sind bei der Föderalisierung die Hochschulen weiter im Gespräch, das heißt, sie sind sozusagen dran, indem das Hochschulrahmengesetz aufgehoben werden soll. Die schlechten Erfahrungen mit dem Bildungsföderalismus müssten logischerweise gerade zu einer Stärkung des Gewichts des Bundes führen. Das möchte allen Umfragen zufolge auch die Mehrheit der Bevölkerung. Angesichts dieser Erfahrungen verwundert es nicht, dass die Zahl der Kritiker zahlreich ist, und das hat nichts mit Schwarzmalerei zu tun, sondern es wird vor Lang

zeitschäden gewarnt.

Bisher haben wir noch keine Reaktion der Thüringer Landesregierung auf diese Diskussionsprozesse gesehen. Ganz im Gegenteil, nun soll auch noch das Hochschulrahmengesetz beseitigt werden. Was wären aus unserer Sicht die Folgen, wenn dieser letzte einheitliche Standard verschwindet? Es könnte tatsächlich bald einfacher werden, von einer deutschen Universität an eine Universität nach Italien oder nach England zu wechseln, als von Jena nach München oder nach Düsseldorf. Wenn sich die Universitäten im Fall einer Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes nicht absprechen, welche Voraussetzungen für Studieneintritt und -abschluss gelten, ist der Bildungswirrwarr in Deutschland perfekt und auf der Strecke bleiben die Studenten.

Ich möchte auf einige Regelungen verweisen, die das vielleicht besonders deutlich machen, welche Konsequenzen das hätte. Bisher war z.B. in § 32 das allgemeine Auswahlverfahren geregelt. Dort war geregelt, dass bis zu drei Zehntel der Studienplätze vorbehalten sind für Bewerberinnen und Bewerber, die besondere Eigenschaften hatten in Bezug auf die Zulassung für ein Hochschulstudium. Das bedeutete z.B., wenn es außergewöhnliche soziale Härten gab, wenn es sich um Bewerberinnen und Bewerber handelte, die ihren Beruf in Bereichen besonderen öffentlichen Bedarfs ausgeübt haben oder wenn sie ein soziales Jahr abgeleistet haben und Ähnliches mehr. Diese Regelung würde z.B. wegfallen. Die Kapazitätsregelung würde aufgeweicht werden - dazu möchte ich nachher noch etwas sagen - und es würden die Regelungen aufgehoben werden zur Koordinierung der Ordnung von Studium und Prüfung. Dort möchte ich zumindest einen Passus vorlesen: „Die Länder tragen gemeinsam dafür Sorge, dass die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels gewährleistet werden.“ Nun soll mir einer sagen, wie das ohne einheitlichen Rahmen funktionieren soll, wenn jedes Land und jede Hochschule macht, was sie will, oder machen darf, was sie will.

Die Erfahrungen der letzten Jahre machen für uns deutlich, dass die vermeintliche Freiheit der Hochschulen in der Praxis meistens Unvergleichbarkeit und Chaos hervorbringt und - was deutlich wird in allen Untersuchungen - dass die Ungleichheit zwischen den Bundesländern und neuerdings sogar zwischen den Hochschulen verschärft wird. Wir haben dafür aktuell besonders schöne Beispiele. Die Ergebnisse der Exzellenzinitiative zeigen schon, dass ein deutlicher Wettbewerb zwischen den Hochschulstandorten entsteht. Der kann durchaus begrüßenswert sein, Herr Schwäblein, aber es zeigt natürlich auch, dass die Hochschulstandorte, die schon sehr

gut gewachsen sind, die gut ausfinanziert werden, die mit Großforschungseinrichtungen zusammenarbeiten können, deutlich im Vorteil sind und andere sind es dann eben nicht mehr.

Thüringen hat ja nun auch eine eigene Exzellenzinitiative aufgelegt, das könnte einen Ausgleich schaffen. Aber der bereits vom Kollegen Eckardt benannte Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassungen, die ehemalige ZVS, zeigt in einer besonderen Weise, wie das jetzt im Hochschulbereich zugeht. Die ZVS soll zu einer Serviceeinrichtung werden für Hochschulzulassungen und ein zentrales Bewerberportal bereitstellen. Die Hochschulen müssen die Leistungen einkaufen von der ZVS, sie müssen es bezahlen und müssen es auch in Auftrag bringen. Wir haben natürlich die Frage gestellt: Wenn die Hochschulen bezahlen müssen, bekommen sie dann auch im Hochschulpakt Geld dafür? Das haben wir nicht so richtig klären können, aber wir werden uns um weiteren Klärungsbedarf bemühen. Schon allein, dass die ZVS zur Serviceleistung für einzelne Hochschulen wird, zeigt natürlich, dass dort der Regelungsbedarf auch verändert wird. Die Bewerber können bis zu 12 Studienwünsche äußern. Aber nicht geregelt sind unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen zum Studium und es ist nicht geregelt die Kapazitätsverordnung für die Hochschulen. Ich glaube, wenn das von der KMK gemacht werden sollte - die KMK ist ja ein diskussionsfreudiges und lang diskutierendes Gremium, das sich auch nicht so schnell einigen kann -, wäre es viel einfacher, es über ein Hochschulrahmengesetz zu regeln, dann fiele das alles weg.

(Beifall DIE LINKE)

Aus der Föderalismusreform ergibt sich aus unserer Sicht eigentlich keinerlei Notwendigkeit, das Hochschulrahmengesetz aufzuheben. Es gibt eigentlich nur Gründe, die dafür sprechen, das Gesetz in Kraft zu belassen. Nur so können all die Grundsätze, die nach der Föderalismusreform weiterhin auf Bundesebene geregelt werden können bzw. zu denen auf Ebene der Länder noch keine alternativen Regelungen verabschiedet wurden, weiter Bestand haben. Falls das vorliegende Gesetz jedoch verabschiedet würde, hätte dies zur Folge, dass erstens einzelne Länder quasi gezwungen werden, ihre Hochschulgesetze zu überarbeiten, und zweitens der Bildungsflickenteppich weitergesponnen wird. Wir müssten zwei Kernfragen beantworten: Wie wird die Hochschulzulassung künftig geregelt, wenn es kein bundeseinheitliches Gesetz mehr gibt und wie werden die Abschlüsse vergeben? Es bleiben schon jetzt genügend Studienplätze unbesetzt, das berührt die Kapazitätsordnung, berührt übrigens auch den Hochschulpakt 2020, wo die Hochschulen auch wieder im

Wettbewerb stehen um die Erhöhung der Anzahl der Studienanfänger. Es fehlen einfach einheitliche Zulassungsregeln. Die Frage nach einheitlichen Abschlüssen wurde im Bologna-Prozess geregelt, auch gewünscht, deshalb haben wir ja das strukturierte Studium eingeführt. Diese Abschlüsse sollen länderübergreifend anerkannt werden und wir gehen jetzt wieder einen anachronistischen Weg, weil wir das den jeweiligen Bundesländern überlassen. Das ist nicht miteinander vereinbar.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kultusministerkonferenz sollte Standards definieren, allein ihr fehlt eben wirklich der Handlungsspielraum, das hatte ich schon benannt. Durch den Einigungszwang blockieren sich die Länder gegenseitig und selten gelangen sie zu tragfähigen Ergebnissen. Wir bitten um Unterstützung für unseren Antrag, weil aus internationalen Vergleichsstudien durchaus hervorgeht, dass wir mit dem Bildungsniveau und unseren Bildungskompetenzen nicht an der Spitze liegen. Uns geht es hier um die Zukunft der Hochschulen und der Studierenden an den Hochschulen. Wir bitten Sie um Unterstützung für unseren Antrag. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, die Opposition nicht zu enttäuschen, wenn ich sage, dass es auch uns um das Wohl der Studierenden geht, wir aber genau aus diesem Grunde Ihrem Antrag nicht folgen werden. Das, was Sie als Gedankenmodell hier ausbreiten, es müsse alles ganz einheitlich geregelt werden, damit es auch noch mit dem Bologna-Prozess klappt, führt eigentlich zu einer Schlussfolgerung, die heute ausgeblieben ist: Wenn Sie so auf dem Hochschulrahmengesetz des Bundes beharren, müssten Sie konsequenterweise ein Hochschulrahmengesetz auf europäischer Ebene fordern, denn mit dem Hochschulrahmengesetz ist der internationale Vergleich überhaupt nicht gegeben. Vielmehr - und da bin ich der Bundesregierung dankbar - bemüht man sich darum, die Hochschulen aus der Detailsteuerung zu entlassen, aus der zentralstaatlichen Detailsteuerung, und ihnen weitere Freiheiten für einen Wettbewerb einzuräumen. Sie haben eben angedeutet, na ja, Wettbewerb könnte vielleicht auch nützlich sein. Ich sage Ihnen ganz deutlich, er ist nützlich. Gerade die Exzellenzinitiative hat unsere Defizite deutlich ge

macht, weshalb wir international nicht an der Spitze stehen, weil wir in Teilen, teilweise auch in großen Bereichen, einfach nicht fit genug sind für den internationalen Vergleich. Nun konnte man den in zentralstaatlichen Strukturen schlicht verbieten, diesen Wettbewerb. Man hat sich was vorgemacht, aber es gab ihn trotzdem. Wenn man die Wirklichkeit an sich heranlässt, muss man erkennen, wenn Defizite entstehen, dass man etwas tun muss. Wir sind glücklicherweise jetzt auf dem Weg, mit verstärkten Anstrengungen unsere Defizite wettzumachen. Ich bekenne ein weiteres Mal, dass wir uns einen neuen Nachteil eingebaut haben, der nur mit viel Geld aus dem Haushalt zu korrigieren sein wird. Andere Länder bringen regelmäßig 10 Prozent mehr Geld in ihr Hochschulsystem durch Beiträge der Studierenden. Wenn man das nicht will, wie das jetzt auch die SPD in Hessen vorschlägt, muss man diese neue Lücke aus dem Landeshaushalt ausgleichen. Das tun wir derzeit noch nicht, aber das Defizit wird größer werden.

Dann ist hier vorgetragen worden, dass dieses Hochschulrahmengesetz doch völlig unverzichtbar sei. Ich frage mich, wie die Bundesrepublik bis 1976 eigentlich in dem Bereich ohne ein Hochschulrahmengesetz klarkommen konnte, denn erstmalig ist in der sozialliberalen Koalition 1976 das erste Hochschulrahmengesetz in Deutschland überhaupt beschlossen worden. Da darf man ja durchaus mal nachlesen und sich dann wundern, wenn eine solche Argumentationskette hier aufgemacht wird. Sie unterstellen völlig unzulässigerweise, dass die Kultusministerkonferenz nicht zu verbindlichen Absprachen kommen könnte, was die Zulassung und die Abschlüsse angeht. Da kann ich schlicht nicht folgen. Nun mag das nicht die dynamischste Einrichtung sein, aber sie ist eine verlässliche Einrichtung und hat bisher immer noch zu sehr tragfähigen Beschlüssen gefunden. Warum sollten wir jetzt plötzlich daran Zweifel hegen? Es ist nicht zu erkennen.

Dann ist eben noch mal von meiner Vorrednerin beklagt worden, dass die ZVS doch jetzt zu etwas ganz Fürchterlichem umgestaltet worden wäre, zu einer Serviceeinrichtung. Die Kapazitätsverordnung käme nun gar nicht mehr zum Tragen. Die ZVS hat immer schon nur für einen kleinen Bereich der Studienplätze überhaupt Vorgaben gemacht. Sie hat überhaupt nicht das ganze System geregelt und wir hatten immer schon Fachbereiche, die von der ZVS völlig unberührt waren. Trotzdem hat es geklappt. Wenn wir feststellen können, dass manche Studierende sich in diesen Numerus-clausus-Fächern so oft beworben hatten und danach, weil sie ja nur einmal ein Studium antreten konnten, viele Studienplätze frei geblieben sind, dann ist das doch jetzt eher ein Weg, diese Fehlsteuerung zu verhindern. Wie man das nun wieder kritisieren kann, leuchtet mir schlicht nicht ein.

Die personalrechtlichen Regelungen, die dann plötzlich im luftleeren Raum wären, sind es auch nicht. Es ist eindeutig im Gesetzentwurf der Bundesregierung nachzulesen, dass das dann im Bundesbeamtenversorgungsgesetz aufgefangen wird, was im Moment jetzt noch an personalrechtlichen Regelungen im Hochschulrahmengesetz enthalten ist.

Wir unterstützen die Initiative von Frau Schavan und der Bundesregierung und hoffen, dass die Regierung Thüringens stabil bleibt bei diesen Fragen und es nicht zu einem Antrag im Bundesrat kommt, nun auf einmal konterkarierend tätig zu werden. Wir betonen die Chancen, die für unsere Hochschulen dadurch entstehen und wissen um Restrisiken, aber die müssen zugunsten der Chancen und der Entwicklungsmöglichkeiten schlicht eingegangen werden. Sollte die eine oder andere Fehlsteuerung entstehen, ist man immer in der Lage, das auch in der Kultusministerkonferenz anzusprechen und zu korrigieren. Insoweit bitte ich meine Kolleginnen und Kollegen um Ablehnung Ihres Antrags.

(Beifall CDU)

Weitere Redeanmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Dann hat Staatssekretär Prof. Dr. Bauer-Wabnegg das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere an den Werdegang und die Beweggründe für die Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes. Bundestag und Bundesrat haben im Sommer 2006 mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit die Föderalismusreform verabschiedet. Damit wurde unter anderem die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens abgeschafft. Seitdem können die Länder weitestgehend von den Regelungen des alten Hochschulrahmengesetzes im Landesrecht abweichen. Dadurch gewinnen die Länder Handlungs- und Innovationsfreiheit im Hochschulbereich. Die Länder können wiederum den Hochschulen weitreichende Autonomie gewähren, also weiterreichen, um sie so im globalen Wettbewerb zu stärken. Der Bund bleibt nach wie vor zuständig für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse. Die Länder verfügen hierbei aber über eine gesetzliche Abweichungsbefugnis.

Das Bundeskabinett hat am 9. Mai des Jahres 2007 einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 beschlossen. Dadurch hat die Bundesregierung ein Signal zur Stärkung der Hochschulautonomie ge

setzt. Ausdrücklich verzichtet der Bund darauf, von seinen verbleibenden Gesetzgebungskompetenzen für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse Gebrauch zu machen.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 6. Juli 2007 einstimmig - also auch mit Unterstützung Thüringens - beschlossen, gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung keine Einwendungen zu erheben. Thüringen begrüßt wie alle anderen Länder und die Bundesregierung das Mehr an Handlungs- und Innovationsfreiheit der Länder im Hochschulbereich. Ich freue mich auch ganz persönlich, dass ich in politischer Mitverantwortung erleben darf, was wir an den Hochschulen seit Langem, seit vielen, vielen Jahren gefordert hatten. Dieses Mehr an Freiheit überträgt jedoch - das wurde angesprochen - auch eine größere gesamtstaatliche Verantwortung auf die Kultusministerkonferenz, die ja die Gesamtheit der Länder in diesem Bereich repräsentiert. Dieser Verantwortung hat sich die KMK bereits verantwortlich gestellt, denn im Dezember 2007 beschloss die KMK unter Einbeziehung der Hochschulrektorenkonferenz, die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in eine Serviceeinrichtung für Hochschulzulassung umzuwandeln. Aufgabe dieser neuen Stiftung des öffentlichen Rechts ist es, Hochschulen und Bewerber bei der Studienplatzwahl und bei den Zulassungen zu unterstützen. Die Hochschulen entscheiden - mit Ausnahme der Studiengänge in zentralen Verfahren, also Medizin und Pharmazie - selbst, inwieweit sie das Angebot nutzen wollen. Die Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnen den entsprechenden Staatsvertrag derzeit, Thüringen hat bereits gezeichnet. Der Thüringer Landtag ist nach Artikel 67 Abs. 4 der Landesverfassung unterrichtet.

Entsprechend den politischen Zielvorgaben des Bologna-Prozesses bestehen nach Maßgabe der ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen einheitliche Vorgaben für den Bereich der Hochschulabschlüsse. Dieses Verfahren ist länderübergreifend abgestimmt, etabliert und wird auch nicht konterkariert. Inwiefern eine Detailregelung des Bundes, von der die Länder jederzeit abweichen können, Gewähr für eine einheitliche Regelung bieten könnte, bleibt ohnehin offen. Die geforderte dezidierte bundesrechtliche Regelung könnte nichts anderes leisten, als die bereits auf europäischer Ebene, in den Ländern und an den Hochschulen geschaffene Realität gesetzgeberisch nachzuvollziehen. Ein solches Gesetz - sozusagen um des Gesetzes willen - ist überflüssig, schafft nur Bürokratie, ist letztlich kontraproduktiv.

Die Fraktion DIE LINKE fordert einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Grundsätze von Studium und

Lehre, die Personalstruktur an den Hochschulen, die Mitwirkungsrechte der Hochschulangehörigen, die Rechtsform und Organisation der Hochschulen sowie für die Aufgaben der Forschung. Mit einem solchen einheitlichen Rechtsrahmen fordert DIE LINKE die Umkehr der mit Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Föderalismusreform. Offensichtlich soll eine bereits im Sommer 2006 auch hier im Landtag geführte Diskussion wieder belebt werden. Doch das ist eine Diskussion von gestern, denn zwischenzeitlich hat sich die KMK längst ihrer gesamtstaatlichen Anforderung gestellt, gerade auch auf den genannten Gebieten.

Zeitgleich mit der Föderalismusreform hat die KMK bereits im Juni 2006 eine Amtschefkommission zur Qualitätssicherung im Hochschulbereich eingesetzt. Diese prüft im Zuge der Vorbereitung eines KMKBeschlusses, inwieweit es nach dem Wegfall der Rahmenkompetenz des Bundes einen unabdingbar notwendigen Kernbereich eines länderübergreifenden Regelungsbedarfs im Hochschulbereich gibt. Darüber hinaus soll sie ein Verfahren vorschlagen, einen solchen Kernbestand dann länderübergreifend zu sichern. Die Arbeiten sind im Gange, die KMK wird rechtzeitig eine Entscheidung treffen. Ganz richtig hat die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von DIE LINKE bereits ausgeführt, ich zitiere: „Bund und Länder verfolgen das gemeinsame Ziel, die Autonomie der Hochschulen zu stärken. Dies ist eine wesentliche Grundlage dafür, dass sich Exzellenz im Wettbewerb entwickeln kann. Mit dem Gesetzentwurf zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes verfolgt die Bundesregierung diesen Weg konsequent weiter.“ Dem ist doch nichts hinzuzufügen.

Darüber hinaus arbeiten Bund und Länder im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung sowieso weiterhin eng zusammen. Sie haben sich auf der konstituierenden Sitzung der GWK, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, am 18. Februar dieses Jahres, auf folgendes Arbeitsprogramm verständigt: Verbesserte Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschafts- und Forschungssystems; Erreichen des 3-Prozent-Ziels der Lissabon-Strategie; Fortführung Hochschulpakt 2020; Pakt für Forschung und Innovation; eine weitere Staffel der Exzellenzinitiative; Internationalisierungsstrategien. Dazu kommen die neuen Kooperationsformen unter den Wissenschaftsorganisationen, die Rahmenbedingungen für das wissenschaftliche Personal, die Förderung von Frauen in der Wissenschaft, die Fragen der Chancengleichheit, europäische Forschungspolitik. Das belegt doch überdeutlich, Bund und Länder kooperieren auch ohne bundesrechtliche Vorgaben gemeinsam zur Stärkung von Wissenschaft und Forschung. Mehr Bundesrecht schafft lediglich mehr Bürokratie, aber eben nicht mehr Auto

nomie und nicht eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit für die Hochschulen. Die Länder nehmen also ihre politische Verantwortung nach der geltenden Verfassungslage bestens wahr. Die Thüringer Landesregierung lehnt es daher entschieden ab, im Bundesrat im Sinne der Forderungen der Fraktion DIE LINKE aktiv zu werden. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, damit kann ich die Aussprache schließen und komme zur Abstimmung. Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, demzufolge lasse ich direkt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3813 abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Danke schön. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt und ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20 a

Sonnennutzung auf Lan- desdächern Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/3821 - dazu: Photovoltaik auf Landes- dächern Alternativantrag der Frak- tion der CDU - Drucksache 4/3957 -

Von beiden Fraktionen wurde keine Begründung gewünscht. Dem ist so. Dann kann ich die Aussprache eröffnen. Als erster Redner hat das Wort Dr. Schubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, als vor, ich glaube, zwei Monaten oder eineinhalb Monaten der Antrag der Fraktion DIE LINKE als Drucksache vorlag, fand ich den Antrag auf Anhieb sehr gut und habe mich auch über den Antrag gefreut, weil er sehr zielführend ist.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe mich dann allerdings gewundert, dass es noch mal einen Alternativantrag der CDU-Fraktion gibt, zumal der inhaltlich fast genauso ist. So richtig habe ich das nicht verstanden, was das sollte. Wahrscheinlich will man dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht zustimmen und musste deshalb noch einen eigenen machen - oder was? Es erschließt sich mir nicht. Vielleicht kann irgendjemand

der CDU dann erklären, warum da noch mal ein Alternativantrag notwendig war. Ich kann es nicht verstehen.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Der Antrag zielt genau in die richtige Richtung, denn wenn man sich in Thüringen umschaut, dann liegt Thüringen - wir haben ja noch den Punkt 20 b, ob der noch drankommt, weiß ich nicht - bei der Produktion von Teilen von Photovoltaikanlagen ziemlich mit an der Spitze. Was allerdings die Nutzung der Photovoltaik angeht, ist das in Thüringen nur im marginalen Bereich. Ich kenne z.B. keine großen Freiflächenanlagen; zwei sind, glaube ich, auf irgendwelchen Deponien errichtet worden, aber ansonsten sind mir große Solarparks, wie sie in Sachsen und auch in Sachsen-Anhalt gebaut werden, um jetzt nur mal in die anderen mitteldeutschen Länder zu gehen, in Thüringen nicht bekannt. Auch wenn man durch das Land fährt, auf den Dächern ist nicht allzu viel mit Solarnutzung, also Photovoltaiknutzung begegnet einem da nicht.