Protocol of the Session on November 12, 2004

Es scheint in diesem Haus doch hin und wieder möglich zu sein, mit Argumenten zu überzeugen. Fast hätte ich nämlich diese Hoffnung schon aufgegeben. Der Antrag freut uns nicht etwa deshalb, weil er neue inhaltliche Aspekte in die Diskussion einbringen würde, sondern weil er unseren im Landtag wiederholt eingebrachten konstruktiven Umgang mit dem Gedanken des Förderns bei der Umsetzung des SGB II und des SGB III aufgreift. Die kürzliche Pressekonferenz der Kollegin Leukefeld zur Arbeitsmarktpolitik der PDS hat ebenfalls aufgezeigt, dass offenbar ein Umsteuern in Richtung Konstruktivität statt Totalverweigerung erfolgt. Ich sage das ohne Häme, aber eben mit Freude.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist toll.)

Schließlich ist es das Ziel politischer Auseinandersetzungen, den Konkurrenten zu überzeugen und Mehrheiten für die eigene Auffassung zu gewinnen. Übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch eine Regierungspartei darf dazulernen, das ist nicht verboten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Bei aller verständlichen Kritik an der Modernisierung des Arbeitsmarkts stand diese SPD-Landtagsfraktion in der vergangenen und der jetzigen Legislaturperiode immer für ein Ziel ein: Wir wollten und wollen die Förderung für die einzelnen Arbeit Suchenden verbessern und wir wollen die zukünftig in besonderer Verantwortung stehenden Kommunen für diese Aufgabe stärken, wollen ihnen dabei helfen. Der vorliegende Antrag und die Verlautbarung anlässlich der Pressekonferenz der PDS gehen genau in diese Richtung und ich kann sie nur in Anlehnung an die Grußformel einer beliebten Fernsehmoderatorin beglückwünschen zur Mehrung der gewonnenen Einsichten.

Ich verbinde diesen hoffnungsvollen Ausblick mit der Bitte, auch vor Ort dazu beizutragen, dass Arbeitslose, insbesondere Langzeitarbeitslose, ihren Rechtsanspruch auf persönliche Förderung und auf eine möglichst optimale berufliche Förderung überhaupt realisieren können, dass also nicht weiter durch einige politische Akteure der PDS der Eindruck vermittelt wird, mit einer Verweigerungshaltung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen sei für den Einzelnen irgendetwas zu gewinnen. Nein, außer Verunsicherung wurde damit nichts, aber auch gar nichts erreicht. Wenn ich mir aber die Zahlen über die Antragsrückläufe und den heutigen Antrag vor Augen führe, so scheint diese Einsicht zum Glück zu wachsen. Die Einsicht bei den Arbeitslosen selbst, aber auch bei den politischen Kräften, die in teilweise merkwürdigen, ja unverantwortlichen Koalitionen nicht zu verantwortende Stimmung geschürt haben.

Wenn das nun zukünftig anders wird, dann sind wir und dann bin ich darüber hocherfreut. Wir sollten unsere Kraft vielmehr dafür einsetzen, die bestmögliche Förderung für unsere Arbeitslosen zu erreichen. Genau an dieser Stelle aber hätte ich mir nicht nur die Einsicht der PDS gewünscht, sondern vielmehr noch die Verantwortungsbereitschaft der CDU. Immerhin haben Sie die Regelung des SGB II, Herr Minister Reinholz, auch die CDU, wesentlich mitverantwortet und tun nur so, als hätten sie nichts damit zu tun. Nicht nur für die gesetzlichen Regelungen sind sie mitverantwortlich, meine Damen und Herren von der CDU,

(Unruhe bei der CDU)

sondern darüber hinaus allein verantwortlich für das der Landesregierung zur Verfügung stehende Instrumentarium, um Arbeitslose besser zu fördern. Genau da setzt sich auch nach den heutigen Berichten eine Doppelzüngigkeit fort, die seit den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zu Hartz IV vor ziemlich genau einem Jahr bis zum heutigen Zeitpunkt anhält.

Öffentlich gefordert wurde und wird vom Ministerpräsidenten samt dem Wirtschaftsminister die Verstärkung der Förderung. Parallel wurden im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat die Förderbedingungen z.B. beim Hinzuverdienst auf Druck der CDU verschlechtert. Jetzt wird klagend auf den Bundesarbeitsminister verwiesen. Ihr Kollege Koch wollte damals jeden Euro angerechnet haben, das war die Position der CDU. Sie müssen sich doch nicht wundern, wenn nach all der Akrobatik, zwischen Verschärfungsforderung einerseits und unter Führung Ihres Parteifreundes Milbradt aus der Verantwortung stehlen andererseits, der Glaube an den tatsächlichen Gehalt ihrer Forderung in Berlin nicht allzu hoch ist.

(Beifall bei der SPD)

Es geht ja nicht nur um diese Kapriolen; es geht auch um Untätigkeit im eigenen Wirkungsbereich. Nachdem am 31.12. des vergangenen Jahres das SGB II in Sack und Tüten war, nachdem die gewollte besondere Verantwortung der Kommunen erkenntlich war, geschah trotz diverser Anträge der SPD einfach nichts. Ich erinnere nur an die Forderung zur Unterstützung der Kommunen beim Aufbau der Jobcenter und eine stärker abgestimmte und regionalisierte Arbeitsmarktförderung. Nichts wurde getan, rein gar nichts. Nein, ich relativiere das. Es geschah und geschieht eine permanente Schuldzuweisung an die Bundesregierung und das hartnäckige Verleugnen eigener Verantwortung bei gleichzeitiger Untätigkeit. Immerhin, das ist mehr als nichts. Dem haben Sie mit der Behandlung unseres Antrags zur Förderung

Langzeitarbeitsloser im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit noch eine Krone aufgesetzt. Jede Veränderungsnotwendigkeit des Europäischen Sozialfonds und des Landesarbeitsmarktprogramms wurde auch heute wieder mit Blick auf die Neuregelung des SGB II ebenso wie die zusätzliche Förderung Langzeitarbeitsloser für überflüssig erklärt. Und, Herr Kollege Kretschmer, dies lässt sich in der "Osterländer Volkszeitung" vom 06.11.2004 auch bestens nachlesen. Unser Antrag einer abgestimmten und zusätzlichen Förderung ist für Sie ein hinderliches Bürokratiemonster. So werden Sie dort zitiert. Ich habe eher den Eindruck, dass die Bürokraten dieser Landesregierung ihre bürokratischen Monster ungestört weiterpflegen wollen. Reden Sie einmal mit Antragstellern für eine ESF-Förderung in diesem Land. Deswegen will ich heute an dieser Stelle gar nicht erneut um das Verständnis der CDU werben. Sie wissen offenbar genau, was Sie tun und warum Sie gegen jede rationale Betrachtung, man nennt das Vernunft, an dem Grundsatz der Unfehlbarkeit festhalten. Nun hat die Unfehlbarkeit bei Ihnen eine gewisse Tradition, das verstehe ich auch. Aber Sie überschätzen sich da bestimmt. Das war eine andere Ebene, da ging es mehr um Glauben. Vielleicht sollten Sie sich bei der Frage doch besser lokalpatriotisch verhalten und sich eher an dem Reformer aus Wittenberg orientieren. Irrtum ist in der Politik erlaubt, glauben Sie mir das ruhig. Eine Korrektur und Anpassung Ihrer Förderpolitik im Arbeitsmarkt wäre sicher eine Gelegenheit, eingetretene Bürokratiepfade zu verlassen, sozusagen Ihre Verwaltung zu modernisieren, von bürokratischen Monstern zu befreien. Weil Ihnen trotz der angespannten Haushaltslage durch den Europäischen Sozialfonds zumindest noch für einige Jahre Möglichkeiten gegeben sind, diese Förderung für Arbeitslose, insbesondere für Langzeitarbeitslose, qualitativ und quantitativ zu verbessern, deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist Ihre Verweigerungshaltung nichts anderes als unterlassene Hilfeleistung, und zwar für die arbeitslosen Menschen und unterlassene Hilfeleistung genauso für die Kommunen, die Sie mit diesem Verhalten im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wir werden das nicht zulassen und den uns möglichen Teil tun, um Sie in Bewegung zu setzen. Wenn die PDS diesen von uns seit Beginn der Debatte um die Modernisierung des Arbeitsmarkts eingeschlagenen Weg nun mitbeschreitet, umso besser. Deshalb ist der Antrag der PDS sinnvoll und deshalb wollen wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, und damit komme ich zur Drucksache 4/303, mit dem Antrag der SPD-Landtagsfraktion nochmals Gelegenheit geben, Ihre Haltung zu den Kommunen zu überdenken. Ich weiß ja, dass Sie die Kommunen nach der erfolgreichen Zerschlagung der Landes

arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren von mehr als 176 Mio. 1999 auf nur noch 43 Mio.  !   Haushalt nun zur neuen Melkkuh erkoren haben. Die Kommunalwahl ist schließlich vorbei und nun gilt es, ohne Rücksicht auf Verluste schnell zu handeln. Das scheint Ihre Devise zu sein. Aber Vorsicht - Kommunalpolitiker haben ein langes Gedächtnis. Vielleicht fördert dieses lange Gedächtnis Ihre Bereitschaft zum Nach- und zum Überdenken. Auch wenn ich mich wiederholen sollte, nun noch einmal: Dieser SPDAntrag ist die logische Fortsetzung unseres in der September-Plenarsitzung eingebrachten Antrags zur Förderung Langzeitarbeitsloser und er ist ebenso die logische Fortsetzung unserer Argumentation zum Ausführungsgesetz zum SGB II. Wir sind aus zwei Gründen davon überzeugt, dass eine bestmögliche berufliche Integration Langzeitarbeitsloser unmittelbar mit der Stärkung kommunaler Handlungsfähigkeit verbunden sein muss.

Erstens: In den Jobcentern der Landkreise und kreisfreien Städte - ob sie nun optieren oder ob sie die Jobcenter als Arbeitsgemeinschaft betreiben -, dort, und nur dort, wird für den Arbeit Suchenden sehr individuell festzulegen sein, welcher Bedarf für die Aktivierung erforderlich ist. Die platte Antwort "Arbeitsplätze müssen her" allein reicht mir nicht. Die problematische Arbeitsmarktsituation ist mir durchaus bewusst. Das aber, meine Damen und Herren, kann doch wohl nicht der Grund sein, um die Förderung wegen fehlender Arbeitsplätze sozusagen auf kleiner Flamme zu kochen. Das kann doch wohl nicht der Anlass sein, untätig jammernd auf die fehlenden Arbeitsplätze und den nach Ihrer Ansicht ach so bösen Bund hinzuweisen. Nein, gerade weil der Arbeitsmarkt so ist, gerade deshalb ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ein optimales Beratungsangebot zur Verfügung zu stellen. Wir müssen gerade deshalb dafür sorgen, dass jede nur irgendwie mögliche Nische in den Betrieben entdeckt und genutzt wird. Auch gegenüber den Unternehmen wird eine passgenaue, flexible und schnelle Beratung erforderlich sein, genauso wie gegenüber den Arbeit Suchenden. Genau hier liegt auch eine Chance der künftigen Jobcenter. Das Land hat gefälligst seinen Teil zur Unterstützung der Kommunen zu leisten, damit das klappen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie werden sich endlich von einem von Ihnen geradezu mit Hysterie aufgebauten Feindbild im Interesse der Kommunen und der Arbeitslosen verabschieden müssen. Wir benötigen nämlich einen qualitativ hochwertigen öffentlichen Beschäftigungssektor, der keine Verdrängungseffekte auf dem regulären Arbeitsmarkt bewirkt und der dennoch immer wieder die Brücke zum ersten Arbeitsmarkt schlägt,

(Beifall bei der PDS, SPD)

einen öffentlichen Beschäftigungssektor, der gerade in Anbetracht der Haushaltsnot in den Kommunen mit dazu beiträgt, notwendige Strukturen aufrechtzuerhalten oder neu zu entwickeln

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Der bringt ja alles durcheinander.)

und insgesamt die Attraktivität der Region in Thüringen erhöht. Da ist mehr gefragt, wenigstens aus unserer Sicht, als ein massenhaftes Umsetzen der so genannten Ein-Euro-Jobs. Dort haben die Kommunen durch das SGB II erhebliche Mitgestaltungsrechte und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Ich will an dieser Stelle auch sagen, Herr Minister Reinholz, ich hätte mich gefreut, wenn wir in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit annähernd so detaillierte Informationen von Ihnen zur Bewegung in den Arbeitsmarktprogrammen bekommen hätten. Wir haben nie grundsätzlich neue konzeptionelle Überlegung gefordert. Wir haben gesagt, wo ist es anzupassen. Hier in der Plenarsitzung haben Sie dazu mehr gesagt, als Sie in der AusschussSitzung uns an Informationen gegeben haben. Wir hätten eine fachlich andere Diskussion im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit führen können, die wir jetzt auch hier im Plenum wahrscheinlich nicht nachholen können. Ich denke auch, dass es nämlich nicht nur reicht, darauf zu warten, und das gilt für uns alle, dass irgendwann hoffentlich das notwendige Wirtschaftswachstum einsetzt. Es dabei zu belassen wäre zynisch und es wäre genauso, als ob man bei einem Brand auf den irgendwann einsetzenden Regen wartet.

Genau an dieser Stelle komme ich zu meinem zweiten Punkt. Anders als das Land bleiben die Kommunen nämlich bei einer mangelnden Förderung genauso wie die Arbeitslosen selbst immer unmittelbar betroffen. Dort in den Städten und Landkreisen leben die Menschen und dort erleben sie Hoffnung und Chancen oder sie erleben Perspektivlosigkeit und Resignation. Dies alles geschieht nicht in oder neben den Ministerien, aber es geschieht in den Städten und Dörfern und es geschieht unmittelbar neben und in den Rathäusern oder Landratsämtern und in den künftigen Jobcentern. Deshalb, meine Damen und Herren von der CDU, und deshalb, Kollege Kretschmer, ist es eben kein bürokratisches Monster, wenn die Förderinstrumente des Landes endlich an den tatsächlichen Anforderungen in den Kommunen ausgerichtet werden. Das betrifft ganz wesentlich die ESF-Mittel und die hoffentlich verbleibenden Arbeitsmarktmittel des Landes. Das betrifft aber genauso die ergänzende Landesförderung. Darum geht es in unserem Antrag. Nämlich zum Beispiel zur Suchtberatung und den psychosozialen Beratungsstellen, hier fordern wir, dass die Mittel beibehalten werden. Es wäre unverantwortlich, wenn

zum Start des Sozialgesetzbuches II das Land genau in diesem Bereich weitere Kürzungen beabsichtigt.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Und es wäre unverantwortlich, wenn die durch den ESF gegebenen Möglichkeiten nicht endlich besser als bisher für die Kommunen erschlossen würden. Deshalb, meine Damen und Herren, hätte ich heute tatsächlich erwartet, dass seitens der Landesregierung nach fast 12-monatiger Untätigkeit Substanzielles berichtet werden könnte, auch über das, was in den Kommunen tatsächlich notwendig und erforderlich ist. Und dass Substanzielles berichtet werden kann, welche Auffassung die EU-Kommission denn dazu vertritt und welche Spielräume innerhalb des Operationellen Programms gegeben sind, das hätten wir an dieser Stelle gerne gewusst. Noch einmal zur Erinnerung: Die Ziele des ESF sind in weiten Bereichen übereinstimmend mit denen des Sozialgesetzbuches II. Sie lassen darüber hinaus Fördermöglichkeiten für Personenkreise zu, die zukünftig weder durch das SGB II noch durch das SGB III erfasst werden. Aber auch diese müssen bekannt sein und sie müssen wiederum vor allen Dingen innerhalb der Jobcenter in den Kommunen bekannt sein.

Meine Damen und Herren, was ich heute gehört habe und was ich vor einer Woche im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit gehört habe, ist unverändert völlig unbefriedigend. Ich bleibe einmal in dem zuvor schon gewählten Bild. Arbeitslosigkeit und insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit ist wie ein Brand, ein sozialer Brand in unserer Gesellschaft. Zumindest das müsste uns doch allen bewusst sein. Diese Landesregierung aber weiß nichts besseres, als ihre Löschmittel zu kürzen, zumindest aber nicht dem Einsatzleiter der Brandbekämpfung zur Verfügung zu stellen, sondern spielt stattdessen irgendwo am Rande des Brandes lauthals wehklagend und nach Regen rufend mit der Handspritze herum. Die Einsatzleiter aber sind unsere 23 Landkreise und kreisfreien Städte gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit. Anerkennen Sie das doch endlich. Wenn dieser Erkenntnisprozess so furchtbar schwer fällt, dann hören Sie doch wenigstens den Experten dieser Brandbekämpfung einmal zu und auch denjenigen, die uns aus Brüssel bemerkenswerte Löschmittel zur Verfügung stellen.

Zuhören und Anhören, meine Damen und Herren von der CDU, kann uns doch nicht schaden. Wir alle können nur klüger werden. Anhörung kann manchmal auch zur Erhörung führen und das täte den Kommunen wirklich gut und damit auch den Arbeit Suchenden. Weil das so ist, beantrage ich - auch für diesen Antrag der SPD-Fraktion - die Überweisung unseres Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Dort sollten wir uns im Rah

men einer mündlichen Anhörung der kommunalen Vertreter und der Europäischen Kommission ein Bild davon machen, wie die Förderung für die Langzeitarbeitslosen zu verbessern ist und wie das Land den Kommunen bei dieser Aufgabe behilflich sein kann. Wer selbst dies nicht will, der will den Brand mutwillig flackern lassen, der will die Kommunen auch bei dieser Problematik allein lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Abgeordneter Pilger, ich bitte Sie, mir noch am Ende der Beratung mitzuteilen, ob Sie die Nummer 3 Ihres Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überweisen wollen oder ob Sie die Fortberatung des Berichts im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wollen.

(Zuruf Abg. Pilger, SPD: Beides.)

Beides, Fortberatung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit in allen Bestandteilen. Gut, danke schön. Ich rufe für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Günther auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, strukturelle Arbeitslosigkeit und fehlende Wachstumsimpulse in Deutschland, insbesondere in den neuen Bundesländern mit einem Anteil an Langzeitarbeitslosen von 40 Prozent und darüber, bedürfen grundsätzlich eines Bündels von Arbeitsmarkt, Arbeitsrecht und Steuerreformen, so dass als Paketwirkung eine radikale Senkung der Arbeitskosten eintritt. Nur dann wird das erwartete Jobwunder durch die Hartz-Reformen eintreten, wenn sie denn eintreten. Obwohl Hartz IV eine der einschneidenden Sozialgesetze der jüngsten deutschen Geschichte ist - und es wird von beiden Volksparteien im Kern getragen - kann das kommunizierende System "Fördern und Fordern" nur funktionieren, wenn Arbeitsplätze vorhanden sind.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Die PDS stimmt da als Volkspartei nicht zu.)

Bei über 80.000 Langzeitarbeitslosen und 10.000 freien Stellen in Thüringen ist das eine schwierige Ausgangslage, die sich mit reinen Verwaltungsakten und verbesserten Betreuungsschlüsseln allein wohl nicht lösen lässt. Anstatt gemeinsam an Problemlösungen zu arbeiten, verzetteln wir uns in sich ständig wiederholenden Berichtsersuchen und fordern ständig neue Konzepte.

(Beifall bei der CDU)

Es ist richtig, meinen Damen und Herren, dass durch das neue SGB II, in dem beide Leistungssysteme, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, verschmolzen werden, den Kommunen in der Folge der Umsetzung des Gesetzes eine erhebliche Verantwortung für die Ausgestaltung aktivierender Angebote zur Förderung Arbeitsloser zukommt. Es ist richtig, dass es Aufgabe der Landesregierung ist, finanziell im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten und vor allem beratend zu unterstützen. In diesem Zusammenhang muss sich das Land aber auch eigene Spielräume freihalten, damit individuell auf den Thüringer Arbeitsmarkt reagiert werden kann. Dieser Verantwortung sind wir uns sehr bewusst. Deshalb, finden wir, ist es richtig, dass an der bisherigen Fördersystematik grundsätzlich festgehalten wird, weil auch jetzt schon vorrangig Langzeitarbeitslose und Jugendliche gefördert werden.

(Beifall bei der CDU)

Es bedarf deshalb keiner grundlegenden Änderungen des Förderkonzepts, sondern vorrangig einzelner Anpassungsmaßnahmen an die neuen gesetzlichen Regelungen und mit Sicherheit an die sich ständig ändernden Bedingungen im Freistaat Thüringen. Darunter zählt z.B. das Programm "Arbeit statt Sozialhilfe" - das übrigens ein Landesprogramm ist und kein Bundesprogramm -, dessen Fördereckwerte, wie schon in der 8. Plenarsitzung erwähnt, schnellstmöglich an das SGB II angepasst werden müssen. Da künftig die Erwerbsfähigen nicht mehr in der Sozialhilfe sind, sondern im SGB II, bedarf es eines Nachfolgeprogramms. Herr Minister Reinholz ist ausführlich darauf eingegangen. Soweit mir bekannt ist, hat das TMWTA die Fördereckwerte dafür bereits an die Mitglieder des Landesbeirats für Arbeitsmarktpolitik verschickt, damit das Programm mit dem Schwerpunkt der Förderung Jugendlicher im ersten Arbeitsmarkt ab Januar 2005 umgesetzt werden kann und genau das hat Herr Minister Reinholz vorhin im Bericht auch bestätigt.

Die zielgruppenorientierte ESF-Förderung muss und wird in ihrer Breite grundsätzlich erhalten bleiben, um flankierend die Förderung nach SGB II zu ergänzen.

(Beifall bei der CDU)

Es darf allerdings nicht passieren, dass die ESFMittel so weit in die Fördersystematik eingegliedert werden, dass die Agenturen für Arbeit bzw. die Arbeitsgemeinschaften direkten Zugriff darauf haben.

(Beifall bei der CDU)

Hier muss die Entscheidungs- und Förderkompetenz des Landes gewahrt bleiben, zumal es auch sinnvolle Förderfälle für Arbeitslose geben wird, die eben nicht im Leistungsbezug des SGB II oder SGB III sind. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten sehr ausführlich über die Zusammenlegung der zwei Leistungssysteme debattiert. Es wurde unendlich viel Kritik geübt, es wurde gezweifelt und es wurde kritisiert. Heute stellen wir fest, dass Agenturen, Landkreise und optionierende Kommunen recht gut gewappnet sind und sicherstellen, dass Anfang Januar 2005 jeder Anspruchsberechtigte seine ihm zustehenden Zahlungen erhält.

(Beifall bei der CDU)

Dabei, denke ich, ist es unwesentlich, wer hier welchen Beitrag geleistet hat. Das erfordert erhebliche Kraftakte für alle Beteiligten. Hier meinen tiefen Respekt, wie anfängliche Defizite aufgearbeitet wurden. Lassen Sie jetzt die Verantwortlichen einfach ihre Arbeit tun und fordern wir nicht grundsätzlich neue Konzepte, wo die vorhandenen Systeme noch recht ordentlich funktionieren.

(Beifall bei der CDU)

Eine Weiterentwicklung von Förderinstrumenten ist sicherlich sinnvoll. Bewährtes aber nur deshalb über den Haufen zu werfen, weil man aus politischen Gründen meint, ein neues Konzept fordern zu müssen, ist sicherlich nicht sinnvoll.

Noch eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Verschmelzung der beiden Systeme wird richtigerweise der Schwerpunkt auf die Wiedereingliederung der erwerbsfähigen Hilfebezieher in den Arbeitsmarkt gelegt und nicht mehr primär auf die Zahlung des Lebensunterhalts gesetzt. Fördern und Fordern steht in Fokus. Oberstes Ziel muss es aber dabei sein - und damit sind wir einer Meinung, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion -, die Betroffenen aus dem öffentlichen Leistungssystem wieder herauszuführen und in Arbeit zu bringen.