Protocol of the Session on October 11, 2007

Sehr geehrter Herr Minister, ich wollte Sie nicht stören, Sie wedelten nur so auffällig mit Ihren Blättern, dass ich den Eindruck gewann, Sie wären am Ende. Aber von daher, vielen Dank für die Nachfragemöglichkeit.

Ich bin noch lange nicht am Ende.

Herr Minister, Sie haben zu den Grenzwerten Ausführungen gemacht, dass diese für den gesamten Bereich des Kalieinflussgebiets gelten. Uns wurde im Ausschuss immer wieder angedeutet, dass der

Grenzwert für den Pegel Gerstungen gilt, dass aber inzwischen auch in Lauchröden eine Messstelle eingerichtet wird. Vor drei Wochen im Plenum haben Sie diesbezüglich zugesagt, dass diese Messwerte zur Verfügung gestellt werden, diese Zusage vor zwei Wochen wiederholt und gesagt, innerhalb der nächsten Woche, die jetzt auch schon wieder eine Woche vergangen ist, würden uns diese Messwerte zugehen. Was spricht denn bisher dagegen, uns diese Messergebnisse zur Verfügung zu stellen?

Frau Abgeordnete, überhaupt nichts. Wenn ich es richtig im Kopf habe, habe ich den Brief an die Präsidentin des Landtags gesandt. Das geht ja alles seinen ordentlichen Verwaltungsweg.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Er ist hier.)

Er ist also da. Ich wusste noch, dass ich ihn unterschrieben habe. Es tut mir leid, wenn er noch nicht bei Ihnen angekommen ist. Aber was ich sage und was ich verspreche, versuche ich auch zu halten.

(Beifall CDU)

Es gibt jetzt eine weitere Redeanmeldung des Abgeordneten Kummer und offensichtlich eine weitere des Abgeordneten Gentzel. Bitte, Herr Abgeordneter Kummer für die Fraktion DIE LINKE.

Er ist im Moment noch nicht so richtig auf seinem Platz. Gut, dann nutze ich die Zeit erst einmal, um Herrn Hartung zu begrüßen, den Bürgermeister von Gerstungen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Herr Hartung, ich möchte Ihnen auch hier vom Thüringer Landtag aus ganz herzlich Dank sagen für die Aktivitäten Ihrer Gemeinde, die Sie im Rahmen des Prozesses „Versenkung in der Gerstunger Mulde“ in Angriff genommen haben. Ich denke, es was sehr wichtig und sicherlich nicht das Normale, dass Sie für Ihre Gemeinde auch Sachverstand mit beigezogen haben, um diese ganzen Überprüfungen vorzunehmen, um selber Messungen anzustreben - ein Handeln, wie ich mir das auch vom Freistaat Thüringen in dem Zusammenhang wünschen würde. Sie haben viel dazu beigetragen, um uns ein Bild von der Gesamtsituation dort zu geben und auch deutlich zu machen, dass es mit den Verpressungsver

suchen so nicht weitergehen kann.

Herr Minister, ich wollte Sie vorhin nicht irritieren, ich wollte mich einfach zu Wort melden, weil ich Ihre Aussagen so nicht stehen lassen möchte, was die Frage Verhandlungen mit Kali + Salz angeht. Ich denke, eines ist klar: Die Arbeitsplätze sind uns allen wichtig und wir können sicherlich gemeinsam nach Lösungen des entstandenen Entsorgungsproblems suchen. Aber, Herr Minister, was wir nicht können und was die Umweltverwaltung in diesem Land auf jeden Fall tunlichst unterlassen sollte, sind Kompromisse zu suchen, was Umweltgesetzgebung angeht.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir das tun, mit welchem hehren Ziel auch immer, machen wir Tür und Tor für Unternehmen auf, die Gesetzesbrüche begehen wollen, machen wir Tür und Tor dafür auf, dass hart erkämpfte Umweltstandards über Bord geworfen werden. Das darf nicht sein.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte die Gelegenheit, da ich nun einmal vorgegangen bin, auch gleich nutzen, um noch ein paar Worte zu Herrn Rose zu sagen. Herr Rose, noch einmal zur Wasserrahmenrichtlinie: Die Wasserrahmenrichtlinie sagt eben nicht, dass jedes Gewässer bis zum Jahr 2015 einen guten Zustand erreichen soll. Die Wasserrahmenrichtlinie sagt ganz klar, dass sie zwei verschiedene Arten von Gewässern kennt. Das eine sind die Gewässer, die naturnah sind und den guten Zustand erreichen können. Das andere sind stark veränderte Gewässer, wo ein Erreichen eines guten Zustands nicht machbar ist. Von der Warte her ist es wichtig, dass wir in einem Antrag zu diesem Problem klarmachen, für uns ist die Werra kein stark verändertes Gewässer. Hier ist der gute Zustand zu erreichen.

(Beifall DIE LINKE)

Das vermisse ich bei Ihrem Antrag. Die Wasserrahmenrichtlinie sagt auch ganz klar aus, es gibt Verlängerungsoptionen - nach 2015 zweimal für je sechs Jahre. Auch da gibt es diese Aussage und deshalb ist das Jahr 2015 wirklich eine wertvolle Bereicherung eines solchen Antrags. Wir haben mit unserer Forderung, dass die typischen Arten sich wieder ansiedeln können sollen, eine Forderung der Wasserrahmenrichtlinie für die Beschreibung des guten Zustands aufgegriffen. Es ist die wesentliche Forderung: Unsere Gewässer werden sich daran messen lassen müssen, dass die typischen Arten für den jeweiligen Gewässerabschnitt vorhanden sind. Deshalb ist es so wichtig für uns, die Grenzwerte in dieser Richtung festzusetzen. Es ist eine Zielvorgabe

der Wasserrahmenrichtlinie, die wir hier einführen.

Herr Abgeordneter Kummer, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Rose?

Ja. Herr Abgeordneter Rose, bitte.

Kollege Kummer, ist Ihnen bekannt, dass in Artikel 4 Abs. 2 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie steht, dass für die oberirdischen Gewässer ein zumindest guter ökologischer und chemischer Zustand herzustellen ist?

Herr Rose, die Wasserrahmenrichtlinie …

Unabhängig jetzt von der Klassifizierung.

Sie differenziert. Entweder ist ein guter Zustand zu erreichen oder es ist der unter den gegebenen Umständen bestmögliche zu erreichende Zustand anzustreben. Sie differenziert wirklich zwischen natürlichen Gewässern und stark veränderten Gewässern bei der Erreichung des Zustands. Das ist das Wichtigste, was heute klargestellt werden muss.

Meine Damen und Herren, zu einem weiteren Punkt, der angesprochen wurde, die Frage: Wo gilt der Grenzwert? Da sage ich noch einmal, wir haben eine Klarstellung in unserem Antrag getroffen - im Einzugsbereich der Kaliindustrie. Es ist die örtliche Klarstellung, wo der Grenzwert für uns gelten soll, um klarzumachen, dass aus diffusen Einträgen, die wirklich keine natürlichen sind, sondern die aus Verpressung herrühren, keine Belastung der Werra erfolgen darf, die zu einer Überschreitung des hart erkämpften Grenzwertes von 2,5 g Chlorid hinter dem Pegel Gerstungen führt. Das wollen wir damit vermeiden. Das, denke ich, ist auch klar genug dargestellt. Da bin ich auch ein bisschen unglücklich, dass die Zahlen von Lauchröden noch nicht vorliegen. Ich denke, da wird es doch zu höheren Werten gekommen sein. Aber wir werden uns das ja heute anschauen können.

Noch zur Frage Überleitung: Auch diese Frage hatten Sie gestellt, Herr Rose. Auch hier ist unser Antrag eindeutig. Es geht uns bei der Formulierung, dass wir sagen, eine Überleitung von Neuhof nach Philippsthal darf es nicht geben, ganz klar - wenn Sie weiterlesen - darum, dass dann im Bereich des Werkes Werra die Wässer in die Werra eingeleitet oder verpresst werden. Es geht hier nicht um die Aufbereitung, wie wir sie in dem anderen Punkt genannt haben.

Zu dem letzten Punkt - Alternativen: Auch hier, Herr Rose, steht vor der Nordseepipeline ein „zum Beispiel“. Das ist ein kleines Wort, aber es macht deutlich, dass es für uns eine von vielen Alternativen ist, die wir geprüft haben möchten.

Von der Warte her, denke ich, ist unser Antrag klar und deutlich aussagefähig und lässt Kali + Salz auch nicht die Möglichkeit, sich vorbeizumogeln. Ich bitte Sie, springen Sie über Ihren Schatten und stimmen Sie ihm zu. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Gentzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst will ich feststellen, dass wir in der Debatte hier in dem Haus zum Thema Kali + Salz und der Umweltbelastung ein Stückchen weitergekommen sind, aber für mich noch lange nicht befriedigend weitergekommen sind, denn ich stelle das erste Mal in diesem Haus fest - Herr Minister, auch nach Ihrer Rede -, dass wir in der Analyse nicht mehr weit auseinandergehen: Die Umweltbelastungen sind unerträglich und so kann es nicht weitergehen.

Ich will das so zusammenfassen, wie Sie das formuliert haben, und das bedarf einer Unterstützung. Wo man einfach unzufrieden sein muss, ist die Frage: Was folgt der Analyse? Da sind wir im Streit. Da will ich, weil mir das so im Unterton mitklingt, dass hier irgendjemand in diesem Haus oder eventuell im Gemeinderat in Gerstungen oder bei irgendeinem Umweltverband Arbeitsplätze aufs Spiel setzt, ein paar ganz deutliche Worte sagen: Herr Minister oder Herr Ministerpräsident, ich wäre dankbar, wenn Sie zu Beginn erklären, ob die Notiz zum Staatsvertrag - er ist vorhin angesprochen worden - noch gilt,

(Beifall SPD)

ob die Zusage von Kali + Salz im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Staatsvertrag noch gilt, in dem steht, dass diese Arbeitsplätze gesichert sind.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ja, na klar.)

Also, wenn die noch gilt, kann Kali + Salz die Karte „Arbeitsplätze“ nicht ziehen.

(Beifall SPD)

Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Wenn die nicht mehr gilt oder wenn die nach Belieben von Kali + Salz gezogen werden kann, was haben wir denn dann für einen Verhandlungspartner auf der anderen Seite, dem wir heute entgegenkommen - und das machen wir seit Jahren - und der morgen dieses Entgegenkommen nicht mehr honoriert und die Zusagen, die gemacht worden sind - immerhin in einem Anhang zu einem Staatsvertrag -, je nach Belieben zur Disposition stellt? So geht das nicht. Ich will das deutlich sagen und auch: Die Arbeitsplätze in dieser Region sind einzig und allein von Kali + Salz in Gefahr gebracht worden.

(Beifall SPD)

Kali + Salz hat einzig und allein die Verantwortung für den Verlust der Arbeitsplätze zu übernehmen - nicht dieses Haus, nicht der Gemeinderat und nicht irgendwelche Umweltverbände.

(Beifall SPD)

Zu Punkt 7 - und wir sind uns bei so vielen anderen Themen in diesem Haus immer einig gewesen, warum soll das jetzt bei Kali + Salz anders sein: Es gibt auch Beschlüsse dieses Hauses, die so eine Art deklaratorische Wirkung haben, die anderen Leuten zeigen, wohin dieses Haus gewillt ist zu marschieren - und das ist der Punkt 7.

(Beifall SPD)

Es ist eine politische - und dafür sitzen wir auch hier - Äußerung.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Es geht doch nicht, dass, wenn es um eine Müllverbrennungsanlage geht, gesagt wird, hier muss alles nach Gesetz und Regeln gehen, und wenn es um ein anderes Thema geht, bei dem Kali + Salz vielleicht mal nicht in der Vorderhand ist, muss dann plötzlich verhandelt werden, auch an Regeln vorbei. Da haben wir unsere Probleme und ich will, weil ich für die Zustimmung insbesondere für den Punkt 7

werben will, weg von diesen ganzen Chloridbelastungen usw. und Ihnen mal wirklich darstellen, um was es eigentlich geht. Ich hoffe bei vielen Abgeordneten, auch bei der CDU, insbesondere auf die Solidarität der Gemeinde- und Stadträte. Ich weiß, und das begrüße ich immer, dass viele auch von dieser Fraktion in Gemeinde- und Stadträten sitzen, es sind sogar Bürgermeister dabei. Nun steht, und damit ist der Punkt 7 unmittelbar verbandelt - diese Frage ist ja in der letzten Gemeinderatssitzung in Gerstungen auch dankenswerterweise so klar gestellt worden -, eigentlich die Frage oder damals war es die Frage: Ist die Gemeinde bereit, auf eine eigenständige, unabhängige Trinkwasserversorgung zu verzichten? Jetzt stellen Sie sich mal vor, in Ihrem Gemeinderat würde Ihnen diese Frage gestellt, ob im Osten, Süden oder Norden von Thüringen wird Ihnen im Gemeinderat die Frage gestellt: Seid Ihr bereit, auf eure ordentliche, unabhängige Trinkwasserversorgung zu verzichten? Wie würden Sie denn antworten? Würde sich hier einer in dem Haus wagen, im Gemeinderat diese Frage mit Nein zu beantworten? Und darum geht es im Kern an dieser Stelle. Deshalb halte ich den Punkt 7 für zielführend.