Protocol of the Session on September 20, 2007

Bitte, Frau Jung.

Herr Abgeordneter Heym, Sie haben gesagt, dass Sie Kenntnis davon haben, dass Lehrer dann rausgehen und mit den Schülern gemeinsam vor der Tür die Zigarette rauchen. Sind Sie der Auffassung, dass es richtig ist, dass Beamte - Lehrer sind ja zum großen Teil Beamte - bestehende Gesetze nicht einhalten? Es klang so.

(Unruhe CDU)

Ich habe Ihnen bloß ein Beispiel gesagt, wie es damit ist, wenn wir meinen, hier etwas Gutes getan zu haben in diesem Haus und eigentlich schon bei der Beschlussfassung hätten wissen müssen, dass es so nicht umsetzbar ist. Wir können hier in dieser Retorte Landtag, Plenarsaal, viel beschließen, wir können hier die Gutmenschen sein, die Realität draußen sieht anders aus. Gerade das Rauchverbot an Schulen und die praktische Umsetzung zeigen ja, wie erfolgreich wir damit gewesen sind.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Heym, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Panse?

Wenn sie nicht so schwer ist.

Bitte, Herr Panse.

Ich hoffe, dass Sie in der Lage sind, sie zu beantworten. Herr Abgeordneter Kollege Heym, würden Sie mir zustimmen, dass die Regelung, die der Bund gerade ab dem 1. September 2007 getroffen hat, dass nämlich noch nicht 18-Jährige nicht mehr in der Öffentlichkeit rauchen dürfen, genau das ist, was die Kollegin Jung gerade beschrieben hat? Lehrer können weder auf dem Schulgelände noch außerhalb des Schulgeländes zulassen, dass in ihrem Beisein 17-jährige Schüler rauchen. Das ist doch der Punkt, um den es eigentlich geht. Insofern ist es für mich schon die Frage, ob Sie wenigstens das dann für richtig halten, dass diese Regelung durch den Bund einheitlich insgesamt getroffen wurde

(Unruhe CDU)

und nicht durch unser Thüringer Schulgesetz bedingt ist?

Ja, Kollege Panse, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass offensichtlich unsere Lehrer, zum Teil auch Beamte, sich gemeinsam mit den rauchenden noch nicht 18-jährigen Schülern nicht an die Gesetze des Bundes und des Landes halten, weil die Lebenswirklichkeit ganz einfach eine andere ist.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung Minister Dr. Zeh, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle doch noch mal auf ein paar Argumente eingehen, die ich sowohl von außen höre als auch heute hier wieder gehört

habe.

Erstes Argument - die Zeit der Prohibition in den USA in den 20er-Jahren hätte ja doch dazu geführt, dass der Alkoholverbrauch enorm gestiegen ist und die Schwarzbrennereien Hochkonjunktur hatten. Ich halte diesen Vergleich für absurd, er trifft nicht zu, weil es hier nicht darum geht, das Rauchen generell zu verbieten, sondern dieses Gesetz sieht vor, dass der Nichtraucher, der Passivraucher geschützt wird. Es geht gar nicht darum, das Rauchen generell zu verbieten. Würde man das tun, dann wäre die Argumentation und der Vergleich mit der Prohibition sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber in diesem Zusammenhang müssen wir eindeutig sagen: Der Privatmann, der für sich entscheidet zu rauchen, der kann das weiter tun in seinen Räumen, aber er soll bitte schön diejenigen, die nicht rauchen wollen, davor in Ruhe lassen und schützen.

Das zweite Argument - wenn man konsequent wäre, dann müsste man doch auch gleich, um die Suchtgefahr beim Alkoholgebrauch zu minimieren, auch den Alkohol noch verbieten. Hier kann ich nur entgegenhalten, ich kenne Passivraucher, aber ich kenne keine Passivtrinker. Insofern ist es, wenn jemand raucht, ein anderer Tatbestand als wenn jemand trinkt.

(Beifall CDU)

Trinken kann man aus meiner Sicht nicht passiv. Wenn jemand eine „große Fahne“ hat, ist das immerhin noch nicht so, dass ich die Gesundheit des anderen gefährde,

(Heiterkeit im Hause)

außer, ich gehe an das Steuer eines Autos - dort ist es aber auch verboten.

Und das dritte Argument, Herr Kollege Heym, natürlich müssen wir die Sorgen der Gastwirte ernst nehmen, da gebe ich Ihnen recht, aber es ist eine Abwägung der Rechtsgüter. Hier geht es um die Frage, ob auf der einen Seite die Gewerbefreiheit das höhere Recht ist und auf der anderen Seite der Schutz und die Unversehrtheit des Lebens des Menschen. Bei dieser Abwägung der Güter, davon bin ich felsenfest überzeugt, wird das Verfassungsgericht sich eindeutig für den Schutz und die körperliche Unversehrtheit der Menschen entscheiden. Ich bin auch überzeugt davon, dass das richtig ist.

(Beifall DIE LINKE)

Bei der von Ihnen noch mit ins Gespräch gebrachten Diskussion um die Steuerausfälle muss man gleich die Gegenrechnung aufmachen, was für Kosten denn das Gesundheitswesen aufwenden muss, um gerade

die Folgen des Rauchens zu mindern. Ich will gar nicht daran denken, was Statistiken ergeben haben, die erst seit gestern, vorgestern in der Presse veröffentlicht wurden, z.B. eine Zahl, die ich so noch nicht nachprüfen konnte, aber es wird zumindest berichtet, in Irland gibt es 17 Prozent weniger Herzinfarkte. Das würde für Deutschland heißen, dass 50.000 Bürger weniger pro Jahr einen Herzinfarkt erlitten. Die Begründung ist wahrscheinlich die, dass bei jemandem, der kurz vor dem Herzinfarkt steht, durch Passivrauchen dann die Blutkonsistenz sich ändert, das geht sehr schnell, und dass damit sozusagen die Schwelle herabgesetzt wird und es wesentlich schneller zum Herzinfarkt kommt. Das ist die Vermutung. Ich kann hier noch nicht von einer wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis ausgehen. Aber allein diese Zahl - und da muss ich wirklich sagen, wenn es um das Leben von Menschen geht, und es ist eine Zahl von 50.000, die im Raum steht, vielleicht sind es auch nur 25.000 pro Jahr, die wir schlagartig weniger hätten - rechtfertigt alle anderen Argumente nicht, die gegen dieses Gesetz sprechen, das wir heute hier eingebracht haben. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Gibt es jetzt weitere Redewünsche? Das ist nicht der Fall. Damit kann ich die Aussprache schließen, und zwar zu dem Gesetzentwurf und zum Bericht der Landesregierung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Gegenstimmen gibt es nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit ist diese Ausschussüberweisung einstimmig beschlossen worden.

Die Fortsetzung zum Bericht der Landesregierung ist nicht beantragt worden, so dass dieser Punkt erledigt ist.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Gesetz zur Änderung des Thürin- ger Heilberufegesetzes und ande- rer Gesetze Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3322 - ERSTE BERATUNG

Ich nehme an, Sozialminister Dr. Zeh übernimmt die Begründung. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit diesem Tagesordnungspunkt wird Ihnen das Gesetz zur Änderung des Thüringer Heilberufegesetzes und anderer Gesetze zur ersten Beratung vorgelegt. Dieses Änderungsgesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Berufsqualifikation in nationales Recht. Unter dieser Prämisse sind alle Länder in der Pflicht, ihre eigenen Gesetze entsprechend zu novellieren. Es geht um die gleiche EU-Richtlinie, wie wir sie bereits in Tagesordnungspunkt 2 zur Grundlage hatten, das ist die Richtlinie 2005/36/EG. Dort ging es in Tagesordnungspunkt 2 um die sozialpädagogischen Berufe, hier geht es nunmehr um die Heilberufe. Betroffen davon sind drei Thüringer Landesgesetze:

1. das Heilberufegesetz,

2. das Gesetz über die Weiterbildung in den Fachberufen des Gesundheits- und Sozialwesens und

3. das Hebammengesetz.

Die Richtlinie gilt für alle EU-Bürger, die ihre Berufstätigkeit nicht in ihrem Heimatstaat ausüben, sondern in einem anderen Staat der EU. Mit der Umsetzung der Richtlinie werden die bisher geltenden Anerkennungsregelungen verbessert und die gegenseitige Anerkennung der Bildungsabschlüsse und die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union gewährleistet. Dies ist das Hauptanliegen des Änderungsgesetzes.

Darüber hinaus enthält der Entwurf aber noch weitere Änderungen, die ausschließlich das Heilberufegesetz betreffen, und die, die nach der letzten Änderung des Heilberufegesetzes im November 2004 gemachten Anregungen der Thüringer Heilberufekammer berücksichtigen. Besonders erwähnen möchte ich die Änderungen von § 5 Abs. 1 Nr. 7. Dabei geht es um die Vorschrift für die bestehenden Ausgaben elektronischer Heilberufeausweise an die Ärzte, Zahnärzte und Apotheker. Mit der Ergänzung in § 12 Abs. 2 wird dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände entsprochen, die dort geregelten Gebühren anzupassen.

Nun noch einen Verweis zu § 27 Abs. 5: Dort wird die bisherige starre Höchstdauer, in der die Weiterbildung halbtägig erfolgen kann, aufgegeben. Ich denke, insbesondere jungen Ärztinnen wird damit nach einer Babypause die Weiterbildung zur Fachärztin erleichtert. Mit Blick auf den Gleichstellungsausschuss will ich an dieser Stelle ausdrücklich da

rauf hinweisen, dass diese Passage dem Anliegen von Gender Mainstreaming entspricht und aus diesem Anliegen heraus auch entstanden ist. Gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten konnte somit ein Beitrag geleistet werden, um die Gleichstellung von Frauen mit Männern zu verbessern, also den Gender-Gedanken auch zu berücksichtigen.

Schließlich weise ich auf die Änderung in § 47 Abs. 1 Satz 1 hin, mit der es den Kammern künftig möglich wird, Verstöße gegen Berufspflichten ihrer Mitglieder auch dann zu ahnden, wenn diese während der Zugehörigkeit zu einer Kammer in einem anderen Bundesland begangen wurden. Damit kann sich z.B. ein Arzt der berufsrechtlichen Ahndung nicht mehr durch einen Standortwechsel entziehen. Ich will hier ausdrücklich sagen „berufsrechtliche Ahndung“ und nicht „strafrechtliche Ahndung“. Das ging natürlich bisher immer schon, aber die berufsrechtliche Ahndung durch die Kammern war bisher nur schwer möglich. Das geht jetzt auch über die Ländergrenzen hinweg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt ein Änderungsgesetz vor, das zum einen das Recht der Europäischen Union in Landesrecht umsetzt und zum anderen eine Anpassung an die Entwicklung im Gesundheitswesen vollzieht. Ich bitte Sie um eine sorgfältige und zügige Beratung in den Gremien. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Keine Fraktion hat Redeanmeldungen vorgelegt, wir werden also keine Aussprache in dieser ersten Lesung vornehmen. Ist das eine Redeanmeldung oder wollen Sie die Ausschussüberweisung beantragen? Sehr schön, Herr Abgeordneter Gumprecht.

Namens der Fraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Danke schön. Herr Abgeordneter Schröter, das war nur der Verweis darauf, dass es noch eine Wortmeldung gibt? Gut.

Dann können wir über diesen Antrag abstimmen. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist

nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Das Gesetz wird im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beraten.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 6