Protocol of the Session on December 15, 2006

Nun zu unseren Kritikpunkten im Konkreten am Gesetz bzw. zu den Vorschlägen, wo wir sagen, dort muss das Gesetz im Grunde verändert werden.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU)

Sie sind ein geduldiger Mensch.

Bei den Ziel- und Leistungsvereinbarungen in § 12 - Herr Seela hatte es dargestellt, da gab es in der Anhörung mehrfach den Wunsch - ist im Gesetzentwurf verankert, dass, wenn es zu keinem Einvernehmen bei den Ziel- und Leistungsvereinbarungen kommt, wenn kein Konsens hergestellt wird, dass das Ministerium entscheidet. Wir möchten, dass eine Schieds- oder Schlichtungskommission etabliert wird, paritätisch besetzt, die im Streitfall entscheiden kann. Das ist bisher abgelehnt worden. Sie können das heute in einer namentlichen Abstimmung noch verändern.

Zu § 15, zur wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen - ich mache das jetzt im Komplex -, hatten wir den Wunsch formuliert und auch artikuliert, dass bei Unternehmensgründungen und -ausgründungen tarifrechtliche Regelungen übernommen und Mitbestimmungsrechte verankert werden. Das hat bisher auch keine Mehrheit gefunden - erstaunlicherweise auch vonseiten der SPD nicht, die diesen Möglichkeiten der Mitbestimmung und der tariflich rechtlichen Übernahme nicht zugestimmt hat, das bedauern wir sehr.

§ 27 - zum Konstrukt Hochschulleitung: Die Mehrzahl der Anzuhörenden hat eine Wahlfreiheit zwischen Präsidial- und Rektoratsverfassung gefordert. Dieser Wahlfreiheit ist nicht stattgegeben worden. Es bleibt bei einer Präsidialverfassung und es gibt eigentlich keine natürliche Erklärung dafür, warum man die Präsidialverfassung präjudiziert. Der Nachweis, warum die Rektoratsverfassung schlechter sein sollte, ist bisher nicht erbracht.

Der Hochschulrat ist in § 32 neu eingeführt worden. Das ist ein weiterer von uns dann namentlich abzustimmender Vorschlag. Der Hochschulrat wird völlig neu etabliert. Das Konzil wird es nicht mehr geben. Wir würden zwar akzeptieren, dass der Hochschulrat etabliert wird, aber als beratendes Gremium an den Hochschulen und nicht mit den Kompetenzen, die ihm zugeschrieben werden.

In § 33 sind die Stellung und nachfolgend die Funktionen des Senats beschrieben. Unser Wunsch ist es, dass der Senat das höchste Organ der mitgliedschaftlich verfassten Hochschule bleibt und dort auch die wesentlichen Entscheidungen gefällt werden und dass der Senat auch den Präsidenten wählt.

Zur Verwaltungsgebühr hatte ich schon einiges gesagt.

Zusammenfassend kann ich noch einmal sagen: Der Entwurf gewährleistet nach unserer Ansicht keine wirkliche Autonomie und Flexibilität der Hochschulen, ganz im Gegenteil, er schränkt sie ein. Das Ministerium behält sich noch immer viele Mitspracherechte vor, so vor allen Dingen bei der Besetzung der Gremien, die über die Hochschulen bestimmen. Wir konstatieren einen Demokratieabbau, weil es eine Machtfülle beim Präsidium und durch die Zwischenschaltstelle Hochschulrat gibt, die vorrangig mit externen Personen besetzt sind. Die geplanten Gebührenerhebungen lehnen wir grundsätzlich ab. Dazu wird meine Kollegin Hennig anschließend noch etwas sagen. Ich hatte auch schon etwas gesagt zu der mitgliedschaftlichen Verfasstheit der Hochschulen. Diese möchten wir erhalten, weil wir denken, dass das ein sehr großes demokratisches Potenzial ist, das man den Hochschulen auch nicht nehmen sollte. Man kann nicht ausgerechnet an den Einrichtungen, die Innovationen hervorbringen sollen, die die Gesellschaft auch voranbringen sollen, die die Wirtschaft voranbringen sollen - genau an dieser Stelle halten wir das für grundfalsch -, demokratische Elemente abbauen und administrative Elemente aufbauen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das wird die Gesellschaft langfristig nicht voranbringen. In diesem Zusammenhang ist besonders bemerkenswert, dass im Gesetzentwurf die Landeshochschulkonferenz keine Positionierung mehr findet. Wir haben den Änderungsantrag eingebracht, die Landeshochschulkonferenz wieder in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Das ist nicht angenommen worden. Wir bedauern das außerordentlich, weil es die Mitbestimmung aller Hochschulmitglieder auf der Landesebene ermöglichte. Diese Forderung wurde von allen Hochschulen und von den beiden Oppositionsparteien aufgemacht, die Landeshochschulkonferenz zu etablieren. Leider hat das keine Mehrheit gefunden. Für uns ist das ein erneutes Indiz dafür, dass die CDU nicht gewillt ist, Bürgerinnen und Bürgern demokratische Rechte zuzugestehen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zu den Ziel- und Leistungsvereinbarungen hatte ich schon einiges gesagt. Ich möchte an dieser Stelle aber noch auf einen Punkt eingehen. Bisher haben die Hochschulen einen Anteil von ca. 4,24 Prozent am Landeshaushalt. Es wird immer wieder gesagt, wie gut unsere Hochschulen aufgestellt sind, wie großartig wir in der Forschung sind. Dann sehe ich mir den Bundesforschungsbericht an und sehe, was dort gerade vor zwei oder drei Tagen festgestellt worden ist, dass in Thüringen die Mittel für Forschung

und Technologie in Größenordnungen abgebaut worden sind, durchschnittlich um 10 bis 15 Prozent im Jahr gekürzt. Seit 2002 sind über 70 Mio. € in diesem Bereich gekürzt worden, das trifft natürlich auch die Forschung an den Hochschulen. Dort liegt Thüringen, glaube ich, auf dem drittletzten Platz. Selbst das hier immer als Negativbeispiel angeführte MecklenburgVorpommern gibt 110,72 € pro Kopf aus, Thüringen nur 96,79 €. Dort gibt es einen deutlichen Nachholbedarf. Wir befürchten, dass bei der Erarbeitung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen - letztlich sind das Verträge zwischen Ministerium und Hochschulen - eine sehr subtile Steuerung der Finanzierung der Hochschulen ausgeübt werden kann, wo man auch die Ausrichtung der Hochschulen in Lehre und Forschung bestimmen kann. Wir denken, dass das kein guter Gedanke ist und es auch nicht der Entwicklung von Hochschulautonomie dient.

Jetzt einiges zu unseren Vorstellungen zu einer modernen Hochschule - es wird kurz, Sie können sich dann dazu äußern. Wir werden unsere Änderungsanträge hier noch einmal vorlegen. Wir hoffen, dass Sie sich noch besinnen und unseren Änderungsanträgen, vor allen Dingen den namentlich abzustimmenden, zustimmen können, die die Hochschulen doch auch flexibel gestalten können, aber sie demokratischer ausgestalten und ihnen auch mehr Autonomie geben. Ich möchte die Rektorin der FH Jena - mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin - zitieren, sie sagte folgenden mahnenden Satz: „Ich möchte noch einen Hinweis geben, ich bin selbst Betriebswirtin, ich kenne mich im Management gut aus. Aber eine Hochschule ist kein Unternehmen, das möchte ich noch einmal ganz, ganz deutlich sagen. Wir haben ein völlig anderes Selbstverständnis und auch einen anderen Auftrag.“ Darüber hat die Landesregierung offensichtlich in der Diskussion nicht die Absicht gehabt nachzudenken und demzufolge werden die Hochschulen ausbaden müssen, was mit diesem Gesetzentwurf ausgedacht ist.

Meine Damen und Herren, Wissenschaftseinrichtungen haben nach unserer Auffassung eine herausragende Stellung im Gefüge eines Landes. Wir wollen ein Hochschulgesetz, welches den Hochschulen erlaubt, selbst über ihre Verfasstheit und innere Struktur zu entscheiden, ein Rahmengesetz, welches den Status der Hochschulen, ihre grundsätzlichen Aufgaben, die demokratische Beteiligung aller Hochschulangehörigen und die Sicherung der Finanzen beinhaltet. Dieses Hochschulgesetz erfüllt diese Anforderungen nicht. Wir hatten schon die Denkfabrik, wir wollen nicht auch noch die Hochschulfabrik. Das ist für uns kein Zukunftsmodell. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordneter Eckardt, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn Kollege Fiedler zurzeit noch nicht im Saal ist, möchte ich noch einmal einen Gedanken aufgreifen, den er gestern hier geäußert hat, als er bedauerte, dass es nicht die Möglichkeit gibt, dass ein paar Feuerwehrleute im Saal sind. Genauso bedauere ich es heute, dass es keine Möglichkeit gegeben hat, obwohl die Ränge immer noch nicht so übermäßig gefüllt sind, ein paar Studierendenvertretern heute hier Einlass zu gewähren,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

zumal sie sich für das gestrige Plenum angemeldet hatten und aufgrund von dringlichen Verschiebungen das Hochschulgesetz nun auf Freitagfrüh verlegt worden ist - hierüber noch mal mein Bedauern.

Aber um es gleich zu Beginn auf den Punkt zu bringen, die SPD-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf der Landesregierung in seiner jetzigen Form ab.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Natürlich will ich Ihnen im Folgenden anhand der wichtigsten Bestimmungen der Novellierung auch erklären, warum wir diese ablehnende Haltung einnehmen. Dabei ist an erster Stelle die Frage zu nennen, wer künftig an den Hochschulen die zentralen Strukturentscheidungen treffen soll. Hier nimmt der Gesetzentwurf zwar gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf eine deutliche Kompetenzreduzierung beim geplanten Hochschulrat vor, im Großen und Ganzen haben dessen Beschlüsse nun nur noch beratenden oder empfehlenden Charakter. So besitzt der Hochschulrat nicht länger wirkliche Entscheidungsbefugnisse bei der Bestätigung und Fortschreibung der vom Präsidium aufgestellten Struktur- und Entwicklungspläne der Hochschule sowie bei der Bestätigung der Grundsätze der Ausstattung und Mittelverteilung. Die Beschlussfassung in diesen Punkten nimmt fortan allein das Präsidium vor. Es hat dabei die Voten des Hochschulrats sowie die entsprechenden Stellungnahmen des Senats lediglich zu berücksichtigen und zu würdigen. Genau dieser im Gesetzentwurf vorgenommene Kompetenzzuwachs der Hochschulexekutive ist in unseren Augen jedoch nichts weiter als eine Verschlimmbesserung der ursprünglichen Entwurfsfassung. Damit wird nämlich das durch die geplante Einführung des Präsidialsystems ohnehin in Schieflage geratene System der hochschulinternen „checks an balances“ zwischen Hochschulleitung und Senat vollends zum Kip

pen gebracht. Der Senat hat nun bei den zentralen Strukturentscheidungen der Hochschule - das ist der Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die Beschlussfassung und Fortschreibung der Struktur- und Entwicklungspläne sowie die Beschlussfassung über die Grundsätze der Ausstattung und der Mittelverteilung - nahezu keine Mitwirkungskompetenzen mehr. Dieser Punkt ist seitens der Thüringer Hochschulen in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich kritisiert worden. Es wurde dabei argumentiert, dass eine solche Kombination aus machtvoller Hochschulleitung und einem nur schwachen Senat die Möglichkeit zu einem weitgehend unkontrollierbar agierenden Präsidium, ja zu einer regelrechten Präsidialdiktatur eröffnet.

Auch wenn man diesem Argument nicht bis zum Ende folgen mag, muss man sich doch fragen, ob die asymmetrisch gestalteten Entscheidungsstrukturen tatsächlich noch unserem Bild einer demokratisch verfassten, allen Hochschulmitgliedern grundlegend Partizipationsmöglichkeiten einräumenden Hochschule entsprechen. Wir haben da jedenfalls große Zweifel. Deshalb treten wir mit unseren Änderungsanträgen dafür ein, dem Senat als demokratisch legitimierter Vertretungskörperschaft der Hochschulmitgliedsgruppen echte Mitwirkungskompetenzen bei den zentralen Strukturentscheidungen der Hochschule einzuräumen. Der Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Ministerium, die Beschlussfassung und Fortschreibung der Struktur- und Entwicklungspläne sowie die Beschlussfassung über die Grundsätze der Ausstattung und der Mittelverteilung sollen vom Präsidium nur im Einvernehmen mit dem Senat vorgenommen werden können. Darüber hinaus sind Wahl und Abwahl des Präsidenten sowie des Kanzlers selbstverständlich und in erster Linie Angelegenheiten der Hochschulmitglieder, nicht eines extern besetzten Hochschulrats. Daher müssen auch an dieser Stelle die Gewichte zugunsten des Senats verschoben werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Schö- nen Tag!)

Ich grüße Sie recht herzlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem anderen zentralen Kritikpunkt kommen: die Einführung des sogenannten Verwaltungskostenbeitrags von 50 € pro Semester. Die CDU tritt zwar inzwischen dafür ein, dass dieser Beitrag erst ein halbes Jahr später, ab dem Wintersemester 2007/2008, erhoben wird, das ändert aber nichts am Grundsätzlichen. Bis heute ist es dem Kultusministerium nicht gelungen, eine echte sachliche Notwendigkeit für eine solche Zusatzgebühr aufzuzeigen. Wo, wann und weshalb plötzlich ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand an den Hochschulen

entstanden sein soll, bleibt nach wie vor das Geheimnis des Kultusministers. Aber wir machen uns doch hier nichts vor, Herr Minister Goebel, Ihnen geht es doch gar nicht um die Abdeckung realer oder imaginärer Verwaltungskosten. Das ist doch alles nur ein Alibi, mit dem Sie schon jetzt den Boden bereiten für die beabsichtigte Einführung allgemeiner Studiengebühren ab 2009,

(Beifall bei der SPD)

wie dies auch von Mitgliedern Ihrer Fraktion hinter nicht allzu sehr vorgehaltener Hand des Öfteren im Vorfeld zur Beratung des Hochschulgesetzes geäußert wurde. Anders ist es doch gar nicht zu erklären, dass Sie im Gesetzentwurf neben dem Verwaltungskostenbeitrag auch noch andere, bisher unbekannte Gebührentatbestände präsentieren, wie die sogenannten Prüfungs- und Bewerbungsgebühren oder die Gebühren und Auslagen für sonstige öffentliche Leistungen. Mit dieser Fülle kleinteiliger Einzelansätze wollen Sie die Akzeptanz für die große allgemeine Studiengebühr erzwingen - um nichts anderes geht es Ihnen.

Aber, Herr Minister Goebel, es ist uns ganz egal, wie Sie Ihre verkappte Studiengebühr nennen - wir lehnen sie auf jeden Fall ab.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Neben der bekannten sozialen Problematik hat die Einführung allgemeiner Studiengebühren unseres Erachtens nämlich noch einen weiteren entscheidenden Negativaspekt, den ich an dieser Stelle erwähnen will. Thüringen hat vor Kurzem dem Hochschulpakt 2020 des Bundes zugestimmt. Dieses Vertragswerk sieht vor, dass wir die Zahl der Studienplätze an den Hochschulen in den kommenden Jahren trotz der demographischen Entwicklung halten. Für die Hochschulen ist das zunächst einmal eine gute Nachricht, denn so lassen sich die Betreuungsrelationen mittelfristig erheblich verbessern. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird sich aber auch die Notwendigkeit ergeben, die bestehenden Studienplätze mit Bewerbern zu füllen. Es ist nun einmal absehbar, dass uns dies wegen des massiven Rückgangs der Geburtenzahlen mit Thüringer Studierenden allein nicht gelingen wird. Wir werden dann dringend weit mehr Studierende als jetzt von außerhalb des Freistaats brauchen. Der bewusste Verzicht auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren kann dabei zu einem wichtigen Steuerungsinstrument und einem Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Bundesländern werden. Wir sollten diese Option daher nicht leichtfertig aus der Hand geben. Ich kann somit nur an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion appellieren, hier endlich ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen und

Realpolitik im Interesse Thüringens zu betreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme nun zu einem letzten zentralen Kritikpunkt, der geplanten Gesetzesbestimmung zu Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Um es gleich vorweg zu sagen, wir schätzen derartige Vertragsinstrumente als Mittel einer individualisierten, den jeweiligen Rahmenbedingungen und Entwicklungsvorhaben der einzelnen Einrichtungen verpflichtenden Hochschulfinanzierung durchaus. Was wir aber kritisch sehen, ist der im Gesetzentwurf fixierte Zeit- und Einigungsdruck bei Verhandlungen über diese Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Wir halten das für genauso unangemessen wie die dort ebenfalls formulierte Ermächtigung des Ministeriums, notfalls die Entwicklungsziele und zu erbringenden Leistungen für die betreffende Hochschule einseitig festzulegen. Wie vieles andere widerspricht die letztgenannte Regelung deutlich der vom Kultusministerium behaupteten Zielsetzung der Novelle, nämlich den Hochschulen mehr Autonomie einzuräumen. Wenn die Autonomie der Hochschulen ernst genommen werden soll, dann müssen sie auch in die Lage versetzt werden, mit dem Ministerium über Ziel- und Leistungsvereinbarungen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Das geht nur, wenn keine der beiden Seiten im Konfliktfall die Spielregeln nach eigenem Gutdünken diktieren kann. Daher treten wir für die Etablierung eines Schiedsverfahrens bei einer Nichteinigung über Ziel- und Leistungsvereinbarungen ein. Neutrale Schiedsstelle soll dabei eine noch zu schaffende wissenschaftliche Kommission sein, der als dauerhaft eingerichtetes Expertengremium zudem die Kompetenz zukommt, das Land in den wesentlichen Fragen der Wissenschafts- und Forschungspolitik zu beraten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich könnte jetzt noch eine ganze Menge weiterer Schwachpunkte des Gesetzentwurfs benennen. Die Novelle ist leider voll davon, weshalb die Hochschulen in der Anhörung des Wissenschaftsausschusses auch darauf gedrängt haben, das Gesetzgebungsverfahren so lange auszusetzen, bis die Fraktionen gemeinsam einen nicht zuletzt handwerklich besseren Entwurf erarbeitet haben. Ein solches Verfahren wäre sicherlich sinnvoll gewesen, ist aber nun einmal in dem vom Ministerium abgesteckten und von der CDU willig mitgetragenen engen Zeitraum dieser Novellierung nicht vorgesehen. Daher beschränke ich mich in meiner Rede auf exemplarische Punkte, Äußerungen und Änderungsanträge, versuche lediglich, den größten Murks zu beheben; mehr ist gegenwärtig leider nicht leistbar.

Dennoch möchte ich kurz zumindest einen Detailpunkt noch erwähnen. Im Entwurf ist die Ausgestaltung der Struktur und Gliederung der Hochschule auf der zentralen Ebene unter den Auftragsangele

genheiten zu finden. Das bedeutet, dass alle Entscheidungen der Hochschule darüber, wie sie ihre Leistungsebene ganz konkret und im Rahmen der Gesetze ausgestalten wollte, nicht allein der Rechtsaufsicht, sondern auch der Fachaufsicht des Ministeriums unterworfen sind. Das Kultusministerium ist dementsprechend an dieser Stelle sogar weisungsberechtigt. Eine solche Möglichkeit kleinstteiliger Detailisierung halten wir nicht allein hochschulpolitisch für äußerst bedenklich - Stichwort Hochschulautonomie -, sondern auch juristisch für mehr als fragwürdig. Nun hat uns das Kultusministerium während der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses in dieser Frage mit dem Argument zu beruhigen versucht, das alles sei rechtlich längst geprüft worden und stelle natürlich überhaupt kein Problem dar.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Angesichts der überaus hohen juristischen Kompetenz des Ministeriums - ich erinnere hier nur einmal an die Gerichtsschlappe in Sachen Lernmittelpauschale und Teilzeitverbeamtung von Lehrern - muss ich ehrlich gestehen, dass ich seit dieser vollmundigen Aussage ziemlich unruhige Nächte habe. Natürlich könnte man jetzt das übliche Verfahren des Kultusministeriums anwenden, es also wieder einmal darauf ankommen lassen, ob sich die eigene Rechtsinterpretation vor Gericht nicht doch noch irgendwie als tragfähig erweist, wir plädieren aber dafür, an dieser Stelle von Anfang an Rechtsklarheit zu schaffen und die Ausgestaltung der Struktur und Gliederung der Hochschulen auf der zentralen Ebene aus der Liste der Auftragsangelegenheiten zu streichen. Einen entsprechenden Änderungsantrag haben wir dem Hause vorgelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all die von mir genannten Änderungsanträge und noch einige mehr hat die SPD-Fraktion bereits in der vergangenen Woche in den Wissenschaftsausschuss eingebracht - leider vergeblich. Die Vertreter der CDUMehrheit waren dort nicht bereit, die zentralen Schwachstellen generell zu korrigieren und unseren Anträgen zuzustimmen. Ich erkenne durchaus an, dass es im Ausschuss mit Unterstützung der CDU wenigstens zu einer Entschärfung der Erprobungsklausel und zu einer unbefristeten Übertragung des Berufungsrechts an den Hochschulen gekommen ist. Was die CDU darüber hinaus aber an kleinteiligem Änderungsbedarf formuliert hatte, ging an den wirklich bedeutsamen Erfordernissen der Novellierung vorbei und bewegte sich nur allzu oft im Rahmen einer Verbesserung von Rechtschreibfehlern, die im Regierungsentwurf entdeckt worden waren. Angesichts der massiven Kritik, die in den letzten Monaten und nicht zuletzt in der Anhörung des Wissenschaftsausschusses an der Novellierung geäußert worden ist, halten wir eine derartige Selbstbeschei

dung der CDU-Fraktion zu einer Art Redaktionskomitee des Kultusministeriums für ziemlich dürftig.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben daher die wichtigsten unserer Änderungsanträge zur heutigen zweiten Lesung des Gesetzentwurfs noch einmal eingereicht. Ich möchte sie Ihnen stichwortartig wie folgt benennen: Deutlich erweiterte Senatskompetenzen bei den zentralen Strukturentscheidungen der Hochschule, Wahl und Abwahl des Präsidenten sowie des Kanzlers durch den Senat, Festschreibung einer Mindestquote von 20 Prozent Studierendenvertretern im Senat, Mitwirkung des Personalrats am Senat mit beratender Stimme, Streichung des Verwaltungskostenbeitrags, der Prüfungs- und Bewerbungsgebühren sowie der Gebühren und Auslagen für sonstige öffentliche Leistungen, Einrichtung einer Schiedskommission bei Nichteinigung über Ziel- und Leistungsvereinbarungen, Fortexistenz der Thüringer Hochschulkonferenz und Klarstellung, dass die Struktur und Gliederung der Hochschule auf der zentralen Ebene nicht zu den Auftragsangelegenheiten zählt.

Ich bitte insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion nachdrücklich um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen. Lassen Sie sich nicht zur Rechtschreibfehlerkontrolle des Kultusministeriums degradieren!

(Beifall bei der SPD)

Nutzen Sie die Gelegenheit, sich zu den berechtigten Anliegen der Thüringer Hochschulen und ihrer Studierenden zu benennen, und schützen Sie Ihren Minister davor, ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen, als der Minister, dem die meisten Gesetze vom Gericht um die Ohren fliegen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)