9. Durch die mehrheitlich beschlossene Änderung in § 91 Abs. 3 wird beim Universitätsklinikum Jena die Zuständigkeit des Verwaltungsrats auf die Genehmigung der Grundsatzung reduziert und das operative Geschäft grundsätzlich in die Zuständigkeit des Klinikumvorstands und des Fachbereichsrats gelegt. Damit wird eine Vermischung von operativen und kontrollierenden Funktionen weitgehend vermieden, aber vor allem der Vorstand gestärkt.
10. Einstimmig übernahm der Ausschuss einen Änderungsantrag in § 94 Abs. 1 Satz 4, nämlich das Ersetzen der Worte „Große Baumaßnahmen“ durch das Wort „Investitionen“, wodurch verhindert werden soll, dass das Klinikum von einer Förderung der kleinen Bauvorhaben oder der Anschaffung von medizinischen Großgeräten oder Forschungsanlagen insbesondere aus Mitteln der Hochschulbau- und Forschungsförderung ausgeschlossen wird.
11. Ebenfalls einstimmig angenommen wurde ein Änderungsantrag in § 97 Abs. 9, der zur Sicherung der Entscheidungsfähigkeit des Klinikumvorstands ein Schlichtungsverfahren in der Grundsatzung verbindlich vorsieht.
12. Eine Mehrheit des Ausschusses votierte unter § 98 Abs. 3 für eine Stellvertreterregelung zugunsten der Beschäftigtenvertretung des Verwaltungsrats des Klinikums.
13. Durch die mehrheitlich beschlossenen Änderungen in den Überleitungsbestimmungen der §§ 115 bis 117 erhalten die Hochschulen die Wahl zwischen den zwei festen Terminen - 1. Januar 2008 oder 1. Juli 2008 - zur Umsetzung der neuen Hochschulstruktur und Auflösung der alten sowie Implementierung der neuen Hochschulorgane und -gremien. Darüber hinaus wird in § 115 Abs. 2 neu bestimmt, dass die aufgrund der Änderung im Hochschulgesetz erforderliche neue Grundordnung der Hochschulen nicht vom Konzil, das es nach dem Leitbild der neuen Hochschulstruktur nicht mehr gibt, sondern vom Senat erlassen wird.
14. Einstimmig beschlossen wurde die Streichung von Satz 1 erster Halbsatz sowie Satz 3 in § 120 Abs.1, wodurch das Berufungsrecht nicht - wie ursprünglich vorgesehen - für vier Jahre, sondern für die Dauer der Geltung des Gesetzes der Hochschulen übertragen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, darüber hinaus fanden zahlreiche Änderungsvorschläge keine Mehrheit. Abgelehnt wurden u.a. folgende Anträge aus den Vorlagen 4/1209 und 4/1220:
1. die Streichung von Artikel 1 § 2 Abs. 4 Nr. 2 aufgrund des Einwandes, dass die Ausgestaltung der Struktur und Gliederung der Hochschulen auf zentraler Ebene im Gesetzentwurf zu den Auftragsangelegenheiten gezählt werde;
2. eine Neufassung bzw. partielle Streichung von § 4 - Erprobungsklausel - wegen verfassungsrechtlicher Bedenken dahin gehend, dass mit dieser Klausel die Strukturen der Hochschulen komplett geändert werden könnten;
3. eine verbindliche Festlegung in § 6 für die Gleichstellungsbeauftragte als stimmberechtigtes Mitglied im Senat sowie die Ausweitung des Gleichstellungsauftrags auf einen Antidiskriminierungsauftrag;
4. die Einrichtung einer Schiedskommission in Verbindung mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen in § 12, die im Fall einer Nichteinigung zwischen Ministerium und Hochschulen den Versuch einer Schlichtung unternehmen soll;
5. für § 13 eine Regelung zur Übertragung der sich im Eigentum des Landes befindlichen Grundstücke und Bauten an die Hochschulen auf deren Antrag hin;
6. die Einfügung eines zusätzlichen Absatzes 4 in § 15, der eine Übernahme des gültigen Tarif- und Mitbestimmungsrechts auch für die von den Hochschulen gegründeten Unternehmen vorsieht;
8. eine Veränderung der Balance zwischen den zentralen Gremien Hochschulleitung, Hochschulrat und Senat zugunsten des Senats im zweiten Teil des Artikel 1 - Aufbau und Organisation der Hochschulen -. Dazu fand keine Mehrheit im Ausschuss insbesondere eine Neufassung bzw. Änderung der §§ 27, 28, 29, 31, 32 und 33, wo u.a. eine Neuausrichtung des Hochschulrats als beratendes Gremium sowie ein Festschreiben des Senats als höchstes und aus allen Gruppen der Hochschule zusammengesetztes Organ vorgesehen war.
9. Abgelehnt wurden ebenfalls die Beibehaltung der Landeshochschulkonferenz und deren Verankerung in § 39.
10. Aus urheberrechtlichen Gründen fand auch der Antrag auf eine freie und ungehinderte Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen im Internet im Sinne von Open Access keine Zustimmung im Ausschuss.
Weitere wesentliche Änderungsanträge fanden im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien ebenfalls keine Mehrheit. Sie beinhalteten Änderungswünsche u.a. zu folgenden Punkten: die Einführung von Lektoren als neue Personalkategorie, die gesetzliche Verankerung einer sogenannten Besitzstandsklausel für die Beschäftigten des Universitätsklinikums, die in Tochterunternehmen überführt werden, sowie die Aufnahme des pflegerischen Vorstands in den Klinikumsvorstand.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfehle im Namen des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien die Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung in Drucksache 4/2295 unter Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne die Aussprache und erteilte das Wort der Abgeordneten Dr. Kaschuba, Die Linkspartei.PDS.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kollege Seela hat sehr umfangreich die Befassung im Ausschuss im Zusammenhang mit dem Thüringer Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften dargestellt. Ich möchte noch einmal unsere Positionen dazu darstellen. Insbesondere zu dem Teil, zu dem Kollege Seela darauf aufmerksam gemacht hat, welche Dinge im Ausschuss keine Mehrheit fanden, kann ich sagen, dass das im Wesentlichen Vorschläge unserer Fraktion waren und darauf bezieht sich auch unsere grundsätzliche Kritik am Hochschulgesetz. Herr Seela, ich würde das gerne jetzt noch einmal erläutern können.
Wir hatten es in der ersten Lesung bereits gesagt, dass wir starke Kritiken am Hochschulgesetz haben. Diese Kritiken sind gestützt worden durch die Anzuhörenden, die diese im Wesentlichen geteilt haben. Ich muss sagen, es ist schon bemerkenswert, wenn von 25 mündlich Angehörten 23 grundsätzliche Bedenken gegen das Hochschulgesetz einwenden und diese grundsätzlichen Bedenken sich in den Änderungen zum Hochschulgesetz nicht wiederfinden. Das macht natürlich deutlich, dass der Wunsch nach Stärkung von Demokratie und Stärkung von Autonomie an den Hochschulen in diesem Gesetz wenig Berücksichtigung gefunden hat bis zu diesem gegenwärtigen Zeitpunkt.
Wir gehen auch davon aus, dass die Landesregierung einen anderen Bildungsbegriff zugrunde legt, als wir ihn zugrunde legen. In einer Veranstaltung der GEW sagte Staatssekretär Prof. Dr. Bauer-Wabnegg, dass es eine Tendenz zum Paradigmenwechsel von der Gruppenuniversität zu den Hochschulen als Unternehmen im Wettbewerb gibt. Diese Auffassung teilen wir nicht. Das halten wir auch für eine falsche Ausrichtung in der Bildungspolitik. Sie haben das als Beispiel formuliert, dass das eine Tendenz ist. Wir sehen aber in diesem Gesetzentwurf den Weg dahin, Tür und Tor zu den Hochschulen als Unternehmen im Wettbewerb zu öffnen. Wir gehen davon aus, dass Ihr Anspruch an Hochschulpolitik - das ergibt sich auch ausdrücklich aus dem Konstrukt, das Sie gewählt haben: Präsidium, Hochschulrat, Senat - eine starke Ausrichtung in Richtung Ökonomisierung und Ausrichtung als Wirtschaftsunternehmen der Hochschulen hat und dass die Substanz des Gesetzes Ökonomisierung und Demokratieabbau heißt.
Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung - eine der seltenen Dinge, die hier in diesem Haus noch geschehen, Regierungserklärungen zu halten - darauf verwiesen, dass im Thüringen-Monitor ein wachsender Vertrauensverlust in die Demokratie zu konstatieren ist. Wenn ich mir den Umgang mit dem Hochschulgesetz ansehe, dann muss ich sagen, wenn man wenig Hinweise und Kritiken der Anzuhörenden berücksichtigt, dann muss man sich natürlich darüber nicht wundern, sondern man kann sagen, es ist ein deutlicher Unterschied festzustellen zwischen der Deklarierung von Freiheit und Demokratie und dem Abbau von Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten, wie wir sie im Hochschulgesetz finden, insbesondere bei den Ausgründungen aus Unternehmen und dem Etablieren von administrativen Strukturen. Da beziehe ich mich besonders auf das Konstrukt Präsidium - Hochschulrat. So kann man auch sehr erfolgreich in der Praxis die Glaubwürdigkeit von Politik unterhöhlen.
Die Mitwirkungsrechte des Landtags waren in der Diskussion gewahrt, allerdings in einem Zeitraum - darauf hat auch Kollege Seela schon hingewiesen - von gut zwei Monaten. Es ist also ein sehr umfangreiches Gesetzeswerk, das Autonomie deklariert. Aber schon allein der Umfang des Gesetzes und der Regelungsbedarf zeigen, wenn man eine so hohe Regelungsdichte hat, dass die Autonomie doch schon von vornherein sehr eingeschränkt ist. Wenn man ein Gesetz, das so komplex ist und so verändernd in die Hochschullandschaft eingreift, in einer so kurzen Zeit durchpeitscht, dann ist hier die Frage erlaubt: Hatten Sie keine Zeit, das Gesetz gründlich zu erarbeiten und im Ausschuss und im Landtag zur gründlichen Diskussion vorzulegen, oder wollten Sie das nicht? Wollten Sie das einfach in dieser Form schnell und zügig durchdrücken?
Wir haben einen anderen Bildungsbegriff als den, den wir bei Ihnen aufgrund dieser Gesetzesvorlage sehen. Unser Bildungsbegriff ist nicht zuerst die ausschließliche Ausrichtung von Bildung auf die Verwertbarkeit des Menschen am Markt. Für uns soll Bildung immer noch kulturelle, soziale, ökonomische und politische Lebenschancen erschließen, und zwar für alle. Bildung hat für uns die Aufgabe, Wissen zu vermitteln und die Urteilskraft von Menschen zu stärken und die Menschen zur Selbstständigkeit zu befähigen.
Es ist davon auszugehen, dass die Förderung von Urteilskraft und Selbstständigkeit bedeutsamer werden wird, deshalb gehört zur Profilierung unserer Hochschulen im Zeitalter - wie man immer so schön sagt - einer global vernetzten Welt mit hochkomplexen Strukturen die Aufgabe, Bildung durch Wissenschaft neu zu begreifen und hier geeignete Voraus
setzungen anzubieten. Die bietet das neue Hochschulgesetz nach unserer Ansicht nicht. Im Kern geht es immer noch um die Möglichkeiten des Menschen, sich in der Bildung zu entfalten und dabei nicht hinter seinen Möglichkeiten zu bleiben. Bildung führt uns von daher in das Zentrum menschlicher Möglichkeiten und - um einmal auf eine alte Tradition zurückzugreifen - Wilhelm von Humboldt hat formuliert: Bildung ist etwas, das den ganzen Menschen in allen seinen Kräften und allen seinen Äußerungen umfasst und das zugleich Voraussetzung, ja sogar die einzige Möglichkeit für die Fortschritte des Menschengeschlechts sei. Nun ist hier natürlich auch die Frage zu stellen - die ist im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz vielleicht nicht hier zu diskutieren, aber vielleicht in anderen Zusammenhängen -, was die Mehrheitsfraktion unter Fortschritt versteht. Was wir unter Fortschritt verstehen, das kann man sehr unterschiedlich interpretieren. Auf der einen Seite hier im Landtag kann man es auf das Wachstum an Geld oder die Produktion von Geld orientieren, auf der anderen Seite kann man es auch als Fortschritt im sozialen und kulturellen Bereich verstehen.
Zum Gesetzentwurf der Landesregierung ist auch von der CDU-Fraktion ein deutlicher Änderungsbedarf angezeigt worden. Herr Seela hat an einigen Stellen darauf hingewiesen, wo der Ausschuss in Gänze zugestimmt hat. Das betraf die unselige Etablierung eines umfangreichen Berichtswesens, wo es jetzt nur noch einen Jahresbericht geben wird. Leider hat sich die Auffassung bei der CDU-Fraktion nicht durchgesetzt, die Verwaltungsgebühr zu streichen, sondern sie ist so im Gesetz verankert geblieben, wie sie vorgeschlagen war - 50 € pro Semester, 25 € an die Hochschule, 25 € an das Ministerium. Dagegen wenden wir uns nach wie vor ganz entschieden.
Ich hatte schon darauf verwiesen, wie die Positionierung der Anzuhörenden war. Wir hatten gleichzeitig massive Studentenproteste zu diesem Gesetz. Ich möchte, um das zu verdeutlichen, einige Einschätzungen aus der Anhörung noch einmal ins Gedächtnis rufen. Von der GEW wurde der Gesetzentwurf als mitbestimmungsfeindlich, undemokratisch und unsozial charakterisiert. An anderer Stelle war von Wesenszügen eines Ermächtigungsgesetzes die Rede. Eine Anzuhörende der KTS sagte: „Was erreicht wird, ist Unverständnis, Frustration und Kapitulation.“ Der Rektor einer bekannten Universität meinte wortwörtlich: „Eine Einzelanalyse des Gesetzentwurfs macht erschreckend deutlich, dass der Entwurf keineswegs durch das Prinzip ‚mehr Autonomie und flexible Entscheidungsstrukturen’ geprägt ist.“ Anschließend be
klagte der den drohenden Verlust an Demokratie. Das hat offensichtlich bei den Vertretern der Landesregierung keine Wirkung erzielt, ganz im Gegenteil. Wir können es uns also nur mit der Arroganz der Macht erklären, dass man dieses Gesetz durchpeitscht.
Doch! Ich möchte dazu sagen, wir haben damit viele Erfahrungen; wir wissen, wo das endet, wenn man den Menschen erklärt, was richtig ist, und nicht mit ihnen darüber diskutiert, was richtig ist,
und dann die Ergebnisse der Diskussion auch aufnimmt. Herr Wehner, Sie haben schon einen schönen Morgen da hinten.
(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Die, die früher Studenten unterdrückt haben, sitzen heute hier und beklagen den Ver- lust an Demokratie!)
Halten Sie mal einen Moment inne und denken Sie über das nach, was Sie sagen, sonst können wir darüber gern am Rande des Plenums eine ausführlichere Diskussion führen.
Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass der Minister ein wenig unglückselig agiert. Wenn er sich der Theater- und Orchesterlandschaft zuwendet, ruft er Massenproteste hervor. Bei den Lernmittelverordnungen verliert er Prozesse. Jetzt haben wir das neue Hochschulgesetz, das wird ebenfalls begleitet von Massenprotesten. Wir können eigentlich nur hoffen, dass diese Ära unglücklichen Agierens bald zu Ende geht. Das wäre unser Wunsch.
Nun zu unseren Kritikpunkten im Konkreten am Gesetz bzw. zu den Vorschlägen, wo wir sagen, dort muss das Gesetz im Grunde verändert werden.