Protocol of the Session on October 8, 2004

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Also!)

Das ist richtig. Nur dieses "also" ist die falsche Reaktion auf diesen Umstand. Der Wert Ihres Arguments, Herr Schwäblein, geht gegen null. Ich will Ihnen sagen warum. Erstens, der Gesetzentwurf, den wir vorgeschlagen haben, sieht keine Wahlpflicht vor.

(Beifall bei der PDS)

Dieses als Allererstes. Das heißt, Jugendliche bekommen die Möglichkeit, von einem Recht Gebrauch zu machen, und wenn sie darauf verzichten, bitte schön, das machen Erwachsene auch.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das mit der Wahlpflicht hat...)

Zweitens, und das finde ich eigentlich ist das Allerschlimmste an diesem Argument, es schlägt tot, ohne danach zu fragen, wo die Ursachen für diese Haltung von Jugendlichen liegen.

(Beifall bei der PDS)

Da sage ich Ihnen wieder, die Ursachen müssen wir bei uns selbst suchen. Auch in den Runden, wo man mir ganz klar gesagt hat, wir möchten das Wahlrecht haben, nicht nur dort, wo die jungen Leute gesagt haben, ich lege keinen besonderen Wert darauf, vor allem sind mir einige Gründe aufgefallen. Der erste Grund ist, sie haben keinen Appetit auf die Mechanismen der Bevormundung, die sie von den Erwachsenen vorexerziert bekommen.

(Beifall bei der PDS)

Sie haben keinen Appetit darauf, die schlechten Beispiele von Erwachsenen einzuüben, weder im praktischen Leben noch in der kleinen, also der kommunalen, oder in der größeren, der Landes- und schon gar nicht in der Bundespolitik. Da ist Politik gefragt, den jungen Leuten Angebote zu machen. Eines ist dabei ganz besonders wichtig, darauf muss

man achten, das nur einfach in ein Gesetz hineinzuschreiben, wird nimmer reichen. Solche Regelungen haben nur dann einen Sinn, wenn die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Menschen von einem Recht praktisch Gebrauch machen können und dies auch mit Erfolg geschieht. Nur wenn diese beiden Komponenten zusammenkommen, etwas tun können und dabei auch einen Erfolg erzielen, nur dann ergibt eine solche Regelung einen Sinn. Daran wird deutlich, wie viel zu der Regelung selbst noch hinzukommen muss, damit sich irgendwann einmal an dem Umstand etwas ändert, dass junge Leute uns sagen, wir wollen eure demokratischen Spielchen nicht.

Das scheint mir ganz besonders wichtig zu sein; das beginnt natürlich im Elternhaus, aber das endet auch nicht in der Schule. Schauen Sie sich die Schuldemokratie an, da wird Demokratie gespielt, da dürfen Schülerinnen und Schüler mitreden und angeblich mitbestimmen und auf der Klassenebene entscheidet dann der Lehrer, auf der Schulebene entscheidet der Direktor, das ist nicht praktizierte Demokratie, das sind vielfach Spielchen. Das ist die Erfahrung von jungen Leuten.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Fiedler, wenn Sie Jugendlichen oder jungen Menschen die Politik schmackhaft machen wollen, dann ist eines dazu ganz bestimmt nicht geeignet, ich zitiere Sie: "Wir bleiben dabei, wir ändern unsere Meinung nicht."

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Weil wir es so diskutiert haben.)

Das entlarvt genau das Herangehen von Erwachsenen an Politik und das ist auch einer der Gründe, weshalb wir die Beteiligung von jungen Menschen an Politik und in der Politik so dringend nötig haben. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Schwäblein für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, da ich vom Vorredner direkt angesprochen wurde, möchte ich einiges richtig stellen. Mir liegt sehr an der Mitwirkung Jugendlicher an unserem demokratischen System und ich weiß

(Beifall bei der CDU)

meine Fraktion da voll hinter mir. Worüber wir diskutieren ist die Form von Mitwirkung. Herr Hahnemann, wenn Sie mein Argument auf null reduziert haben oder zumindest versucht haben, muss ich Ihnen jetzt hier entgegnen, es gibt inhaltliche Gründe für das, was ich vorgetragen habe. Im Gespräch mit Jugendlichen, zumindest bei den Gesprächen, wo ich zugegen war, häufig auch die Abgeordnete Bechthum von der SPD zugegen war, die bei jeder Gelegenheit die Jugendlichen danach gefragt hat, weil wir auch wirklich über Monate und Jahre Streit darüber hatten, ob das möglicherweise ein richtiger Weg ist, hat sich immer wieder eines herausgestellt, dass nämlich an dem entscheidenden Punkt, würde man Rechte und Pflichten voneinander trennen, bei Jugendlichen so viel Erkenntnis da war, wie ich sie bei Herrn Hahnemann und bei der PDS noch nicht vorgefunden habe.

(Beifall bei der CDU)

Man verspürt das sehr wohl, dass man kaum das Recht für sich in Anspruch nehmen kann, ohne dann auch die damit verbundenen Pflichten schon sehr früh auf sich zu nehmen. Das ist das Entscheidende. Ich weiß es von der CDU, ich weiß es von der SPD, ich unterstelle es auch einmal bei der PDS. Wir haben unsere Parteien hier für Jugendliche geöffnet bezüglich der Mitwirkung. Sie können bei uns frühzeitig Mitglied werden,

(Zwischenruf Abg. Hennig, PDS: Die spielen bei Ihnen wahrscheinlich.)

sie können dort mittun. Wenn Sie sich die Stärke der Jungen Union in Thüringen anschauen, werden Sie spüren, dass es auch viele Jugendliche gibt, die diese Gelegenheit wahrnehmen. Sie über dortige Diskussionen, Mitwirkungen, parteiintern auf Demokratie und das Erwachsenwerden vorzubereiten, ist genau der richtige Weg. Sie mit 16 möglicherweise schon an gravierenden Entscheidungen zu beteiligen, ohne ihnen auch dann die Pflichten im gleichen Maße aufzubürden, das ist eben nicht unser Weg und Sie haben keine neuen Argumente vorgebracht. Insoweit will ich meinem Kollegen Fiedler Recht geben, da hier nichts Neues vorgetragen wurde zu dem, was wir schon in mehreren Legislaturperioden hier hatten, erübrigt sich unserer Meinung nach jetzt auch die Ausschussüberweisung. Es kam nichts Neues.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Na klar.)

Vor Jahren ist Ihre Kollegin Frau Dr. Fischer noch viel weiter gegangen und hat gesagt, warum denn nur bis 16, warum nicht runter bis 12, bis 8 bis 6. Sie hat offiziell hier vom Pult aus Kinderwahlrecht gefordert. Deshalb muss dann auch die Frage erlaubt sein, ja

wieso denn dann, wenn ich Ihrer Argumentation dann folge, nur absenken bis 16, warum nicht bis 14, Geschlechtsreife setzt teilweise noch viel früher ein. Auch dort wird Verantwortung verlangt und da müsste man das ja tatsächlich in diese Richtung diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Jetzt lenkst du aber vom Thema ab.)

Nein, in unserer Gesellschaft hat es sich als Erfolg erwiesen, die Volljährigkeit vor vielen Jahrzehnten von 21 Jahren auf 18 Jahre abzusenken. Diese Grenze ist im Wesentlichen nach wie vor akzeptiert. Wir sollten sie auch beim Wahlrecht dort belassen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gentzel noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Schwäblein und alle die, die in der CDUFraktion genauso ähnlich denken, ausdrücklich von meiner Seite, das war interessant zuzuhören, aber warum um Teufels Willen tun Sie dieses Thema dann nicht in den Ausschuss?

(Beifall bei der PDS, SPD)

Hier gibt es plötzlich Diskussionsbedarf und da gibt es das eine Argument, wir wollen uns dem doch gar nicht verschließen. Glauben Sie denn von vornherein, dass Sie so schwache Argumente haben, dass Sie nicht überzeugen können?

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich habe das ja hier schon gesagt. Ich weiß ja gar nicht, wie wir als SPD entscheiden werden nach dem Ausschuss in einigen Fragen, aber dass Sie sich mit uns nicht darüber unterhalten wollen, dass Sie mit dieser Arroganz von oben - und in den Ausschüssen kommt das sowieso nicht -, dass Sie so mit dem Thema umgehen. Das ist doch das Beschissene an der Art und Weise, wie Sie das anfangen, meine Damen und Herren.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich habe in der Politik gelernt, dass man respektieren muss, dass im demokratischen Spektrum Leu

te anderer Meinung sind. Aber warum wir nicht mehr darum ringen, um die bessere Meinung, warum von vornherein von Ihnen da ein Pfropf draufgesetzt wird, das werde ich mein Leben lang nie verstehen, meine Damen und Herren. Und deshalb noch einmal meine Aufforderung: Herr Schwäblein, wenn Sie und alle, die so denken wie Herr Schwäblein, sich wirklich ernst nehmen mit dem, was Sie hier gesagt haben, können Sie zwar die Vorschläge im Endeffekt ablehnen, aber nicht die Ausschussüberweisung. Ich danke Ihnen.

Herr Abgeordneter Gentzel, würden Sie das Wort, welches mit "Besch" beginnt, zurücknehmen?

Welches Wort war das?

(Heiterkeit im Hause)

Dann weise ich Sie darauf hin, dass bestimmte Sprachformen im Parlament nicht gebraucht werden sollten. Lesen Sie noch einmal nach.

Ich helfe Ihnen dann dabei.

(Unruhe und Heiterkeit bei der CDU)

Gibt es jetzt weitere Redemeldungen? Das ist nicht der Fall. Wir kommen nun zum Antrag zur Ausschussüberweisung dieses Gesetzentwurfs. Es ist beantragt worden die Überweisung an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Ich lasse als Erstes über die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Ich habe vorhin gezählt. Das haben Sie sicher gemerkt. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen damit erreicht worden, und zwar im Verhältnis 43:35; 43 Gegenstimmen gegen die Ausschussüberweisung. Damit ist sie abgelehnt.

Als Nächstes lasse ich abstimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer dieser zustimmt, den

bitte ich jetzt um das Handzeichen.