Protocol of the Session on September 28, 2006

Die kommunale Praxis belegt etwas anderes. Unterhalten Sie sich mit den Menschen. Fragen Sie einmal, welcher Bürger tatsächlich in Haushaltsfragen seiner Gemeinde intensiv mitreden kann. Er erlebt eine Mauer des Schweigens und des Blockierens.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: So ein Schwachsinn.)

Ich bin im Stadtrat in Arnstadt, im Kreistag im IlmKreis. In Arnstadt wollen wir seit zwei Jahren den Prüfungsbericht des Landesrechnungshofs zu dem Skandal in Rudisleben veröffentlichen. Das dürfen wir nicht und der Bürger weiß es auch nicht. Der Bürger weiß nicht, warum unsere Wohnungsgesellschaft in Insolvenzgefahr ist. Wir müssen das Land gegenwärtig verklagen, das läuft, und wir dürfen nichts sagen. Das ist die Realität.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das hat nichts mit dem Haushaltsplan zu tun.)

Das resultiert aus der Gesetzeslage, weil dort kein Anspruch formuliert ist.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung an den Herrn Staatssekretär Baldus. Sie haben richtigerweise das Gesamtdeckungsgebot und die Einzelkreditgenehmigungen dargestellt und Sie haben richtig das Anliegen unseres Gesetzentwurfs reflektiert. Wir wollen weg von der Gesamtbetrachtung hin zur Einzelbetrachtung, weil jedes Unternehmen das auch so macht. Da verstehe ich Ihre Vorbehalte nicht, wenn jetzt Kommunen alternative Finanzierungsmodelle auf den Weg bringen, z.B. PPP-Modelle, dann wird das auch einzeln geprüft. Das heißt, was spricht denn dagegen, wenn ein Gesamtkreditrahmen zur Verfügung steht oder eben nicht zur Verfügung steht, aber die Kommune an einem einzelnen Projekt nachweisen kann, dass sie durch die Investition, unabhängig erst einmal wie es finanziert wird, die Betriebs- und Bewirtschaftungskosten senken kann und aus den Einsparungen den Kapitaldienst bedienen kann, was spricht denn dagegen, dass die Kommunalaufsicht dann nicht nur alternative Finanzierungsmodelle prüft, sondern auch den klassischen Kommunalkredit für eine rentierliche Investition? Der Aufwand für die Kommunalaufsicht erhöht sich dadurch keinesfalls. Wir eröffnen aber eine weitere Alternative und verhindern, dass sich Kommunen Hals über Kopf in die Finanzierungen, in die alternativen Finanzierungsmodelle stürzen mit unkalkulierbaren Risiken. Der Kommunalkredit ist für uns kalkulierbar. Da kann immer noch was passieren, weil wir wissen natürlich, dass manche Gemeinde, die heute noch gut dasteht, in zehn Jahren natürlich auch einmal in einer anderen Situation sein kann. Aber das ist ein grundsätzliches Problem, weil wir eben nur die Mittelfristige Finanzplanung treffen. Aber wir erhöhen die Risiken nicht, sondern wir eröffnen eine weitere Option. Darum geht es. Wir wollen den Kommunen einen höheren Ermessensspielraum zuweisen. Insofern trägt unser Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung und zur Stärkung der repräsentativen Demokratie bei. Wenn Sie das noch nicht ganz verstanden haben, haben wir im Ausschuss ja die Möglichkeit, das weiter vertiefend zu diskutieren. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die Landesregierung hat sich Herr Staatssekretär Baldus zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, zwei Anmerkungen zum Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Kuschel. Zum einen habe ich darauf hingewiesen, dass bereits heute eine Einzelfallprüfung stattfindet,

wenn eine Kommune begehrt, eine Kreditgenehmigung zu erhalten, wenn das Vorhaben insgesamt zu einer Einsparung im Verwaltungshaushalt führen kann, auch dann, wenn die kommunale Haushaltssituation grundsätzlich eine Kreditgenehmigung nicht mehr vorsieht. Ich habe gesagt, im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf unterstellt die Landesregierung, dass eine solche Genehmigung nur dann Sinn macht, wenn die Gemeinde überhaupt in der Lage ist, die Kredite zurückzuzahlen. Das ist das, was wir mit dem Begriff „dauernde Leistungsfähigkeit“ beschreiben.

Zum Zweiten haben Sie völlig Recht, dass es wichtig ist, bei der Genehmigung von PPP-Vorhaben alle erkennbaren Vorteile und Risiken zu bewerten und dann in den Genehmigungsprozess einzusteigen. Damit das in Zukunft noch besser möglich ist, als dieses in der Vergangenheit in dem einen oder anderen Fall gewesen sein mag, hat dankenswerterweise die Finanzministerkonferenz einen Leitfaden für die Prüfung von PPP-Modellen mit bundesweiter Verbreitung beschlossen, dem die Innenministerkonferenz ausdrücklich ihre Zustimmung erteilt hat. Wir bedanken uns bei der Finanzministerkonferenz dafür, dass sie sich dieser Aufgabe unterzogen hat. Wir sind zuversichtlich, dass damit auch den Kommunalaufsichtsbehörden, aber auch den antragstellenden Gemeinden ein Werkzeug in die Hand gegeben ist, das nicht nur den Genehmigungsprozess erleichtert, sondern auch Vergleichbarkeit dieser Modelle mit herkömmlichen Finanzierungsinstrumenten einfacher gestaltet.

Insgesamt haben Sie eine Beschreibung meiner Grundhaltung zu Ihrem Gesetzentwurf verwandt, Herr Abgeordneter Kuschel, die ich nicht mittragen möchte. Ich würde meine Grundhaltung zu den Gesetzentwürfen, die das Innenministerium zu bearbeiten hat, als freundlich, mindestens aber als sachlich beschreiben wollen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, nun kann ich die Aussprache schließen. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2279 an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke. Da frage ich jetzt nach den Stimmenthaltungen. Da es keine Stimmenthaltungen gibt, ist das eine Mehrheit von Gegenstimmen und die Überweisung an den Innenausschuss ist nicht erfolgt.

Nun stimmen wir ab über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das

Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Auch hier frage ich nach den Enthaltungen. Es gibt keine Enthaltungen. Diese Ausschussüberweisung ist ebenfalls abgelehnt.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 6 und wir treten in die Mittagspause ein.

(Beifall bei der CDU)

Wir setzen in der Tagesordnung der Landtagssitzung mit Tagesordnungspunkt 28

Fragestunde

fort. Ich eröffne die Fragestunde und rufe die erste Mündliche Anfrage, eine der Abgeordneten Tasch, CDU-Fraktion, in Drucksache 4/2186 auf.

Ausbaustand der Eisenbahnstrecke Erfurt-Kühnhausen-Bad Langensalza

Trotz der 2003 abgeschlossenen Sanierung der Bahnstrecke Erfurt-Bad Langensalza im Abschnitt Kühnhausen-Bad Langensalza berichten Bahnkunden über Langsamfahrstrecken und nur geringe Fahrzeitverkürzung gegenüber dem Zustand vor der Sanierung. Ein Attraktivitätsgewinn sei trotz des Einsatzes erheblicher Finanzmittel des Landes und der DB AG auf dieser Strecke kaum eingetreten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung die gegenwärtige Angebotssituation auf der genannten Eisenbahnstrecke ein?

2. Wie sind der Stand der angekündigten Modernisierung der Sicherheitstechnik und der Neubau eines elektronischen Stellwerkes, die zu einer deutlichen Fahrzeitverkürzung führen sollten?

3. Welche Maßnahmen will die Landesregierung kurzfristig ergreifen, um die Attraktivität der Eisenbahnstrecke Erfurt-Kühnhausen-Bad Langensalza zu erhöhen?

Es antwortet Minister Trautvetter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin und sehr geehrte Frau Abgeordnete Tasch, die Mündliche Anfrage beant

worte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Diese Strecke wird von der Erfurter Industriebahn GmbH im Zwei-Stunden-Takt mit der Linie Erfurt-Bad Langensalza-Leinefelde-Kassel bedient und zusätzlich werden in den Hauptverkehrszeiten Verdichterzüge zwischen Erfurt, Bad Langensalza und Mühlhausen angeboten, so dass stündliche Fahrmöglichkeiten zu den nachfragestarken Zeiten bestehen. Es kommen moderne und klimatisierte Fahrzeuge zum Einsatz, die zu den Hauptverkehrszeiten in Mehrfachtraktion fahren. Insgesamt wird ein ausreichendes und dem Bedarf entsprechendes Angebot vorgehalten.

Zu Frage 2: Nach Auskunft der DB Netz AG gibt es gegenwärtig keine Abweichungen von der festgelegten Streckengeschwindigkeit. Ausnahmen bilden eine Anzahl von Bahnübergängen, an denen wegen fehlender Sichtdreiecke oder fehlender technischer Ausrüstungen die Geschwindigkeiten reduziert werden mussten. Im Jahr 2003 wurde der Oberbau der Strecke Kühnhausen-Döllstädt-Bad Langensalza umfassend erneuert und für eine perspektivische Streckengeschwindigkeit von 80 km/h ausgelegt. Der Bahnübergang am Kilometer 12,284 zwischen Döllstädt und Dachwig wird derzeit von einer Haltelichtanlage in eine moderne Bahnübergangssicherungsanlage umgewandelt und wird im November 2006 in Betrieb genommen. Der Bahnübergang Illeben am Kilometer 4,7 befindet sich derzeit in der Planung. Sofern die Kreuzungsvereinbarung 2006 noch unterzeichnet wird und die Finanzierung der Maßnahme sichergestellt werden kann, ist eine Inbetriebnahme im zweiten Halbjahr 2007 geplant. In Elxleben werden im Rahmen eines Vorhabens zwei vorhandene Bahnübergänge angepasst und ein Bahnübergang komplett neu gebaut. Diese Maßnahme wird nach jetzigem Planungsstand im Sommer 2008 realisiert sein. Ende 2008 wird das elektronische Stellwerk Döllstädt in Betrieb gehen und erst mit dieser Investition in eine neue Leit- und Sicherungstechnik kann die Streckengeschwindigkeit von 50 km auf 80 km je Stunde erhöht werden. Innerhalb dieses Projekts werden darüber hinaus im Bahnhof Döllstädt zwei Bahnübergänge modernisiert.

Zu Frage 3: Für den Ausbau der Bahnstrecke ist das Eisenbahninfrastrukturunternehmen, hier die DB Netz AG, zuständig. Mit der zu 2. genannten Maßnahme wird die Attraktivität der Bahnstrecke erhöht. Ein Vorziehen der Maßnahmen durch die Landesregierung ist leider nicht möglich.

Danke. Gibt es Nachfragen? Abgeordnete Tasch, bitte.

Herr Minister, Sie haben gesagt, das elektronische Stellwerk wird 2008 in Betrieb gehen. Ich habe ja aus dem Jahr 2003 noch einen umfangreichen Schriftverkehr mit dem damaligen Wirtschaftsministerium, wo die Bahn zugesagt hat, 2007 soll das fertig sein, damit zum Fahrplanwechsel 2007/2008 auf der Strecke schon 80 km pro Stunde gefahren wird. Warum verzögert sich das jetzt um ein Jahr?

Dazu ist die Landesregierung leider nicht aussagefähig, aber ich gebe Ihre Frage an die DB AG weiter und werde die Antwort diesbezüglich zuleiten.

Danke. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur nächsten Mündlichen Anfrage, Abgeordneter Höhn, SPD-Fraktion, in Drucksache 4/2191.

Folgen des Verbots privater Sportwetten

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über private Sportwetten und dem Entzug der Lizenz der Fa. bwin (früher Betandwin) durch den Freistaat Sachsen stehen viele kleine Sportvereine vor einem Problem. Sie erhielten von der Fa. bwin im Rahmen einer größeren Sponsoring-Aktion Trikotsätze, hauptsächlich im Nachwuchsbereich, mit der Werbeaufschrift des privaten Sportwettenanbieters. Im Freistaat Bayern mussten Medienberichten zufolge Vereine des Breiten- und Freizeitsports mit der Verfolgung durch Polizei und Staatsanwaltschaft - zum Teil während ihrer Sportwettkämpfe - rechnen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Thüringer Landesregierung die Situation bei Sportwetten im Freistaat Thüringen?

2. Welche Konsequenzen beabsichtigt der Freistaat Thüringen aus den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an das Verbot privater Sportwettenanbieter zu ziehen?

3. Müssen Vereine im Freistaat Thüringen mit Verfolgung durch Polizei und Staatsanwaltschaft rechnen, wenn sie weiterhin die Trikots privater Sportwettenanbieter tragen?

4. In welcher Form kann der staatliche Sportwettenanbieter ODDSET den Vereinen in Thüringen materiellen oder finanziellen Ersatz für Einnahmeausfälle

durch das Verbot privater Sportwettenanbieter leisten?

Es antwortet Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: In Thüringen besteht für Sportwetten ein staatliches Veranstaltungsmonopol. Gemäß § 284 StGB in Verbindung mit § 1 Satz 1 Thüringer Staatslotterie- und Sportwettengesetz und § 12 Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland können die Ordnungsbehörden Glücksspiele unterbinden, wenn sie ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeübt werden.

Zu Frage 2: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 bestätigte die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines staatlichen Sportwettenmonopols, sofern bestimmte Vorgaben eingehalten werden. Die dazu notwendigen Änderungen des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland und der Landesgesetze werden durch die Landesregierung vorbereitet. Für die Übergangszeit wurde damit begonnen, das staatliche Sportwettenangebot konsequent an der Bekämpfung von Suchtgefahren, der Begrenzung der Wettleidenschaft und dem Jugendschutz auszurichten.

Zu Frage 3: § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch bestimmt - ich zitiere: „Wer für ein öffentliches Glücksspiel, das ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird, wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Polizei und Staatsanwaltschaft sind von Amts wegen verpflichtet, Straftaten zu verfolgen. Die Verfolgung der Veranstalter illegaler Sportwetten wird dabei Vorrang haben.“

Zu Frage 4: Es ist nicht Aufgabe des staatlichen Sportwettenanbieters ODDSET, vereinzelte Sportvereine finanziell oder materiell zu unterstützen, die aufgrund der illegalen Betätigung eines Sponsoring-Partners dessen Zuwendungen nicht nutzen dürfen. Dies würde eine bevorzugte Behandlung gegenüber den Vereinen darstellen, die mit Sorgfalt legale Unterstützungen suchen. Im Übrigen bieten die privaten Anbieter ohne Veranstaltungserlaubnis durch ihr Sponsoring keine nachhaltige Förderung des Breitensports. ODDSET hingegen führt 6 Prozent der Einsätze an den Landessportbund und 3,35 Prozent der Einsätze an die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege ab. Darüber hinaus werden alle Erträge aus dem gesamten staatlichen Glücksspielangebot an den