Protocol of the Session on July 14, 2006

Im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung von Tourismus und Gewerbe ist eine entsprechende infrastrukturelle Anbindung unumgänglich. Ich möchte betonen, dass die Politik der Landesregierung auf eine nachhaltige Entwicklung aller Regionen, auch des Thüringer Waldes, abzielt, und dies erfolgt so schonend wie möglich. Jedes größere Projekt muss vor seiner Realisierung in verschiedenen Planungsstufen auf seine Umweltverträglichkeit hin geprüft werden. Das heißt, es wird kein bedeutendes Projekt im Thüringer Wald realisiert werden und es ist auch keins realisiert worden, ohne dass nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz des Bundes oder Thüringens die Auswirkungen des Vorhabens auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern unter Einbeziehung von Behörden und der Öffentlichkeit ermittelt werden.

Lassen Sie uns in einigen Monaten hier einen ausführlichen Bericht abgeben, dann können wir über die Probleme mit großen Infrastrukturvorhaben im Detail beraten und auch sicherlich die entsprechenden Entscheidungen treffen.

Ich will nur auf ein Beispiel doch noch einmal zurückgreifen. Wir haben eine riesengroße Schneise durch ganz Thüringen. Da denkt heute niemand mehr dran, wieder den ursprünglichen Baumbewuchs herzustellen. Da fordert der gesamte Thüringer Landtag einschließlich der Opposition: Erhaltet mir das grüne Band. Was ist denn das grüne Band? Es ist ein durch die Grenze hunderte Kilometer abgeholzter Waldstreifen, der zum großen Teil in unmittelbarer Nähe des Rennsteigs verläuft. Niemand denkt heute daran, zu sagen, diese Naturzerstörung aus DDRZeiten muss wieder aufgeforstet werden, damit wir den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Mancher Niederwuchs ist auch ökologisch sehr erfolgreich zu bewerten.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Doch. Abgeordnete Enders, Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich doch noch ein paar Dinge sagen, und zwar insbesondere auch noch einmal zu dieser 380-kVLeitung, die ja durch den Thüringer Wald gezogen werden soll.

Herr Minister, dass irgendwann mal irgendwer dazu sagt, dass das ökologisch wertvoll ist, ich glaube,

da liegen Sie aber völlig falsch. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Mit dieser Trasse - und das betone ich an dieser Stelle auch noch mal ganz deutlich - wird es eine massive Beeinträchtigung des Natur- und Landschaftsbildes geben, wird es in vielen Orten nicht mehr möglich sein, Tourismus überhaupt noch realisieren zu können. Das ist Fakt, das ist einfach Fakt. Wir müssen auch bedenken, dass viele Orte hier in Thüringen fast ausschließlich vom Tourismus leben. Dass die natürlich jetzt auch ganz einfach ihren Protest kundtun und erwarten, dass das Land Thüringen sie hierbei unterstützt, das ist doch nur verständlich.

Ich möchte auch noch Weiteres sagen. Da verstehe ich auch unseren Minister für Landwirtschaft und Forsten nicht, Herrn Dr. Sklenar. Wenn man sich mit den Forstämtern unterhält, sind die der Meinung, dass das in vielen Fällen durch diese 380-kV-Leitung zu einer massiven Beeinträchtigung der Wald- und Forstbewirtschaftung führen wird. Wollen wir denn das einfach so hinnehmen? Wenn ich mir heute anschaue oder zurückblicke, gerade was im Zusammenhang Planfeststellungsverfahren mit dem ICE steht, da muss ich feststellen, dass man dort genau betrachtet hat, wie man vorgeht. Man hat ganz einfach Überlegungen angestellt, wie man Tunnelanlagen und verschiedene andere Möglichkeiten schafft, um den Thüringer Wald zu erhalten. Und hier an dieser Stelle, da lassen wir locker einfach so eine 380kV-Freileitung zu. Ich muss an dieser Stelle auch noch mal sagen, es ist zu prüfen, ob man die Möglichkeiten der Erdverkabelung nicht zur Anwendung bringt. Die 21 Seiten, die in diesem Raumordnungsverfahren stehen, Herr Minister Trautvetter, die sollten mal ganz genau überprüft werden und man sollte diese Punkte auch im einzelnen durchgehen, weil die Darstellung der Kostengegenüberstellung von einer Freileitung zu einer Erdverkabelung, diese Kostenanalyse, überhaupt nicht stimmt und nicht mehr den neuesten technischen Standards entspricht.

(Unruhe bei der CDU)

Deshalb ist es ganz einfach noch mal im Detail zu prüfen. Es ist auch weiterhin hinsichtlich des EURechts zu prüfen. Es gibt also Empfehlungen der EU, da sind fünf Kriterien formuliert. Diese fünf Kriterien sind genau zu betrachten und es ist zu schauen, ob es sich nicht ganz einfach notwendig macht, in besonders wertvollen und sensiblen Bereichen des Thüringer Waldes hier diese Erdverkabelung zur Anwendung zu bringen; denn drei Kriterien dieser EU-Empfehlung, die treffen hier zu. Das muss man prüfen und das kann man sich hier als Land nicht ganz so einfach machen und sagen, wir haben ein Raumordnungsverfahren. Wir leiten jetzt hier bestimmte Planungsverfahren ein, das geht alles seinen Gang und wir positionieren uns nicht dazu.

Ich möchte auch noch mal erinnern an Niedersachsen. Dort hat man sich im Landtag ganz genau mit dieser Problematik beschäftigt. Dort hat man sich mit Erdverkabelung und anderen Dingen auseinandergesetzt und ich muss sagen, das erwarte ich von diesem Thüringer Landtag auch. Das erwarte ich ganz einfach!

Lassen Sie mich noch eins sagen: Ich bin hier in Thüringen geboren, ich lebe hier, ich lebe gern hier und ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Wir auch.)

Wenn Sie das auch so sehen, dann tun Sie endlich etwas. Dann versuchen Sie im Hinblick auf diese 380-kV-Leitung etwas dafür zu tun, dass Tourismus, dass das Landschaftsbild des Thüringer Waldes erhalten bleibt, durch verschiedene Möglichkeiten und Verfahren. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat noch mal Minister Trautvetter.

Frau Enders, manchmal fühle ich mich wirklich wie in einer Bildungsveranstaltung hier.

(Zwischenruf Abg. Enders, Die Links- partei.PDS: Gehen Sie doch mal in eine Bildungsveranstaltung!)

Nehmen Sie doch mal zur Kenntnis, wir lassen keine Trasse zu als Landesregierung, sondern ein Unternehmen hat einen Antrag gestellt auf ein Raumordnungsverfahren für eine 380-kV-Trasse. Das kann jedes Unternehmen stellen. Die zuständigen Behörden haben im Rahmen des Verfahrens alle Argumente abzuwägen, was für eine solche Trasse spricht und was gegen eine solche Trasse spricht. Im Rahmen des Verfahrens sind Sie als betroffene Gemeinde eingebunden. Im Rahmen des Verfahrens sind die Umweltbehörden eingebunden, die Naturschutzbehörden, die Wasserbehörden, die Forstbehörden eingebunden. Jeder, der im Rahmen des Verfahrens eingebunden ist, wird seine Argumente geltend machen und alles, was Sie angesprochen haben, kommt in die Bewertung des entsprechenden Verfahrens. Die entsprechende Behörde ist nicht weisungsgebunden von der Landesregierung. Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf die Entscheidung dieser Behörden. Wir können nur unsere Argumente dort einbringen und die werden wir auch einbringen. Danach

gibt es einen Beschluss. Ob die Trasse genehmigungsfähig wird oder nicht genehmigungsfähig wird, das kann doch zum heutigen Zeitpunkt noch überhaupt keiner sagen. Darum warten Sie doch bitte das Verfahren ab und bringen Sie als betroffene Bürgermeisterin der Gemeinde Großbreitenbach Ihre Anliegen im Rahmen des Verfahrens mit ein, damit die berechtigten Anliegen der Gemeinde im Rahmen des Verfahrens ordentlich abgewogen werden können und dort in die Entscheidungen mit einfließen können.

(Beifall bei der CDU)

Ist das jetzt eine angemeldete Zwischenfrage, Frau Abgeordnete Enders? Herr Minister, lassen Sie die zu? Bitte, Abgeordnete Enders.

Also, Herr Minister, Sie müssen mich nicht aufklären über Antragskonferenzen, Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren, ich glaube, das habe ich hier an dieser Stelle nicht nötig. Aber meine Frage, die ich jetzt an Sie richten oder stellen möchte: Herr Minister, Sie sind gleichzeitig auch Vorsitzender des Regionalverbundes Thüringer Wald. Ich habe dort überhaupt noch keine Position gehört, wie ist denn Ihre Position zu dieser 380-kV-Leitung? Ich habe noch keine Meinung von Ihnen gehört.

(Unruhe bei der CDU)

Auch der Regionalverbund Thüringer Wald wird seine Position im Rahmen des Verfahrens hier äußern. Aber bitte, ich stehe hier als Minister für Bau und Verkehr und nicht als Präsident des Regionalverbunds.

(Beifall bei der CDU)

Der Präsident des Regionalverbunds ist in diesem Amt hier nicht redeberechtigt.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung, Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Abgeordnete Enders hat die Liebe zu Thüringen für sich reklamiert und die anderen Mitglieder die

ses Landtags damit eigentlich fast ausgeschlossen.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Das kann man so nicht stehen lassen. Wir sind hier - ich unterstelle jetzt mal - alle in diesem Parlament, weil uns diese Liebe zu diesem Land prägt, und können eine solche Einzelsicht und Betonung von Einzelaspekten nicht unwidersprochen stehen lassen.

Alle haben die Beziehung zum Thüringer Wald. Es ist vielleicht auch bekannt, dass ich persönlich dort aufgewachsen bin. Wir diskutieren schon seit Jahren über die Folgen verfehlter Energiepolitik und erwarten das eigentlich auch von Ihnen, nicht bloß den einen Aspekt herauszuziehen, es kommt eine 380-kV-Leitung, die uns persönlich selber auch nicht schmeckt, mir persönlich zumindest, ohne daran zu denken - das muss ich Ihnen jetzt unterstellen -, dass im Norden eine Vielzahl von Windrädern aufgestellt wird, ohne dass Abnehmer für diesen Strom da sind. Dann kommt es zur Folge in Verbindung mit der Abschaltung der Kernkraftwerke im Süden, dass die Energie, die im Norden überflüssigerweise erzeugt wird, mühsam nach Süden transportiert werden muss.

Jetzt noch ein kurzer

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Erdleitung!)

technischer Aspekt zu der Erdtrasse. Die Erdtrasse verlangt dauerhaft, dass sie nicht überbaut wird, dass hier in einer gewissen Breite auch gerodet werden muss und die Auswirkungen zur 380-kV-Leitung maximal gemindert sind, aber längst nicht weg sind. Die technische Sicherheit einer solch langen Erdtrasse ist bis jetzt weltweit nicht erprobt bei diesen Spannungsbereichen. Die Überlast der Erdkabel ist in weitem Maße nicht gesichert und die Kosten sind immer um ein Vielfaches höher. Nun mögen Sie sich ja vielleicht fragen, woher ich das weiß. Nun habe ich halt in meinem Ehrenamt auch noch mit einem Energieversorgungsunternehmen zu tun, dessen Aufsichtsratsvorsitzender ich bin, und daher habe ich genau diese Aspekte schon im Vorfeld geprüft. Soweit biete ich Ihnen an, auch noch mal in einem Extragespräch Ihnen diese technischen Aspekte näherzubringen. Bauen Sie hier nicht irgendwelche Bären auf, die dann nicht zu halten sind. Lassen Sie uns gemeinsam darum werben, dass wir auch publizistisch erreichen, dass die Trasse da nicht langgeht. Aber die Prüfung der Behörden muss trotzdem formal erfolgen und darf nicht durch Emotionen belastet werden. Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht mehr vor. Damit schließe ich die Aussprache. Es ist beantragt worden, den Antrag an die Ausschüsse Bau und Verkehr und Naturschutz und Umwelt zu überweisen. Dann lasse ich jetzt darüber abstimmen. Wer dafür ist, dass der Antrag der Linkspartei.PDS-Fraktion, Drucksache 4/2093...

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU)

Entschuldigung. Herr Wetzel, keine Kommentierung, wir haben alles im Blick, ich insbesondere und Sie auch im Besonderen. Abgeordneter Schröter.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, außer den angemeldeten Überweisungen an den Ausschuss für Bau und Verkehr, der federführend sein soll, und an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt, wünschen wir auch noch eine Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

Danke schön. Dann lassen wir jetzt in dieser Reihenfolge abstimmen. Wer für die Überweisung des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2093 an den Ausschuss für Bau und Verkehr ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei 1 Enthaltung so beschlossen.

Wer dafür ist, diesen Antrag an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei 1 Stimmenthaltung so beschlossen.

Wer dafür ist, diesen Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 3 Stimmenthaltungen. Damit ebenfalls so beschlossen.

Und wer dafür ist, dass die Federführung beim Ausschuss für Bau und Verkehr liegt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Damit ebenfalls so beschlossen und ich kann diesen Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17

Bericht der Landesregierung in Bezug auf Nummer I.6. der „Initiative für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt“ zu dem Verfas- sungsschutzbericht für das Jahr 2005 und zu der Statistik über politisch motivierte Krimi- nalität in Thüringen für das Jahr 2005 dazu: Beschluss des Landtags - Drucksache 4/1853 -, Nummer I.6.

Ich erteile Minister Dr. Gasser das Wort für den Bericht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unter Bezugnahme auf Ziffer I.6 des Landtagsbeschlusses „Initiative für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt“ vom 31. März 2006 möchte ich Sie über die wesentlichen Inhalte des Thüringer Verfassungsschutzberichts sowie der Thüringer Statistik über die politisch motivierte Kriminalität 2005 informieren. Lassen Sie mich mit dem Verfassungsschutzbericht beginnen und im Folgenden die konkreten Entwicklungen in den einzelnen Facetten der verschiedenen Extremismusbereiche darlegen.

Auf Seiten der rechtsextremistischen Parteien mussten die Deutsche Volksunion und die Republikaner erneut personelle Verluste hinnehmen. Ihre Mitgliederzahl ist von jeweils 90 auf 80 für die DVU und auf 70 für die Republikaner zurückgegangen. Noch größer sind die Verluste dieser beiden Parteien im gesamten Bundesgebiet. Die Mitgliederzahl der DVU ist von 11.000 auf 9.000, die der Republikaner von 7.500 auf 6.500 gesunken. Der Landesverband der Deutschen Partei (DP) verfügt weiterhin über lediglich 20 Mitglieder und fristet unter den rechtsextremistischen Parteien Thüringens ein politisches Schattendasein. Auf Bundesebene stagniert die Mitgliederzahl bei 500.