Protocol of the Session on May 4, 2006

Zwischenzeitlich, meine Damen und Herren, hat sich die öffentliche Diskussion um die hohen Energiepreise wieder etwas versachlicht. Das eigentliche Problem, dass diese Preise eine ernst zu nehmende Belastung für private Haushalte und gewerbliche Wirtschaft darstellen, ist aber, wie wir alle wissen, nach wie vor gegeben, weshalb wir unsere Aktivitäten auch fortsetzen müssen und fortsetzen werden.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit greifen wir deshalb gern auf, weil wir sie als Bestätigung und Unterstützung unserer Arbeit verstehen. Die Landesregierung wird gegen überzogene Gas- und Strompreise vorgehen, wie sie dies in der Vergangenheit auch schon immer wieder getan hat. Dabei müssen wir allerdings berücksichtigen, dass der Stromerzeugermarkt bundesweit inzwischen von nur vier Unternehmen beherrscht wird, die, wie man so schön sagt, ein Oligopol bilden. Damit sehen sich die weiterverteilenden Versorgungsunternehmen in Thüringen mit Preiserhöhungen konfrontiert, die aus Kundenperspektive zu kritisieren sind und in einem funktionierenden Markt auch nicht durchsetzbar wären. Wollte aber die Preisaufsicht diese Erhöhungen im Stromeinkauf nicht berücksichtigen, würde dies ausschließlich zulasten weitgehend kommunal geprägter Unternehmen gehen und den Konzentrationsprozess der Stromkonzerne eher noch befördern.

Die Landeskartellbehörde hat die Gaspreise zum Stichtag 01.01.2006 erneut abgefragt und prüft nach Auswertung der Abfrage, die sich im Übrigen äußerst schwierig gestaltet, zurzeit die Einleitung neuer Kartellverfahren. Dabei werden wir, meine Damen und Herren, möglicherweise rechtliches Neuland betreten müssen, weil wir die dem Kartellrecht eigentlich systemfremde Kostenprüfung zum Verfahrensgegenstand machen müssen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Unternehmen neben ihren Standardtarifen einen umfangreichen Katalog verschiedenster Rabattangebote anbieten, die belastbare Preisvergleiche für Kartellverfahren dann nahezu unmöglich machen. Dieses Problem wurde bereits im Wirtschaftsausschuss angesprochen und dort auch ausführlich diskutiert. Allerdings, meine Damen und Herren, ist gerade auf dem Gasmarkt in den letzten Monaten einiges in Bewegung gekommen. So ist es dem Bundeskartellamt in einem ersten Schritt gelungen, mit den großen Gasversorgern, darunter auch E.ON Thüringen, die Möglichkeit des Anbieterwechsels zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um das so genannte Bereitstellungsmodell. Damit soll für den

Endverbraucher erstmals überhaupt eine Wahl des Gasanbieters möglich sein, indem unabhängige Händler die Versorgung der Endkunden übernehmen können, dabei das Gas aber zunächst weiterhin vom örtlichen Gasnetzbetreiber einkaufen müssen. Angesichts der Mängel dieses Bereitstellungsmodells setzen wir vor allem auf einen fairen Netzzugang für alle Marktteilnehmer. Ein solcher Netzzugang ist inzwischen ebenfalls näher gerückt. Ende Januar dieses Jahres haben sich Bundesnetzagentur und Energiewirtschaft auf neue Regelungen zur Nutzung der deutschen Gasnetze verständigt, die zum 1. Oktober 2006 auch in Kraft treten sollen. Das so genannte Kooperationsmodell sieht vor, dass ein Händler bzw. Transportkunde zur Abwicklung eines Transports auch über mehrere Netze hinweg künftig jeweils nur einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließt. Daneben, meine Damen und Herren, sind die Verfahren zur Genehmigung der Gasnetzentgelte bei der Regulierungsbehörde auch angelaufen.

Ziel ist es, einen gleichberechtigten Zugang zu den Gasnetzen für alle Marktteilnehmer zu ermöglichen. Dies wiederum ist die allererste Voraussetzung, um eine tatsächliche Öffnung des Markts auch zu erreichen.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS: Das muss E.ON aber machen.)

Aus unserer Sicht ist damit der erste und auch der entscheidende Schritt hin zu einer Liberalisierung des deutschen Gasmarkts getan. Ein weiterer wichtiger Punkt ist daneben auch die Initiative des Bundeskartellamts, die Dauer von Lieferverträgen mit den jeweiligen Vorlieferanten zeitlich zu beschränken. Damit wird für einen Regionalversorger der Wechsel zu einem günstigeren Vorlieferanten deutlich vereinfacht.

Wenn die Regulierung des Netzzugangs den Markt öffnet, dann sorgen solche wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen dafür, dass der geöffnete Markt auch wirklich dauerhaft funktioniert. Es ist die Vielzahl dieser Schritte, die für eine echte Bewegung auf dem Strom- und Gasmarkt und damit auch für stabile Preise sorgen werden. Dabei kommt es darauf an, dass Bundes- und Landesbehörden beim Vollzug energierechtlicher Vorschriften möglichst eng zusammenarbeiten und dass die Länder dem in der Versorgungsbranche ablaufenden Konzentrationsprozess Rechnung tragen, indem sie, wie in Thüringen zum 27.12.2005 geschehen, Kompetenzen an den Bund abtreten.

Die Bundesnetzagentur bearbeitet inzwischen die Anträge aller Thüringer Netzbetreiber auf Genehmi

gung der Strom- und Gasnetzentgelte. Die Zusammenarbeit zwischen Landesregulierungsbehörde und Bundesnetzagentur funktioniert. Viele Regulierungsbehörden, darunter auch die Bundesnetzagentur, und die Behörden der großen Flächenländer haben die eigentlich anstehende Genehmigung der Netzentgelte im Strombereich zunächst ganz überwiegend nicht ausgesprochen, sondern die Unternehmen zur Vorlage weiterer Unterlagen aufgefordert. Dies betrifft auch, wie wir wissen, die thüringischen Netzbetreiber. Diese sorgfältige Prüfung sind wir auch den Verbrauchern schuldig, auch wenn sie von der Versorgungswirtschaft kritisch betrachtet wird. Insofern sehe ich mich in der Entscheidung, die Aufgabe im operativen Vollzug an die Bundesnetzagentur abzugeben, auch bestätigt. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung zu den Nummern 2 und 3 des Antrags. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung analog wird über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, die Ihnen in Drucksache 4/1829 vorliegt, abgestimmt, da diese eine Neufassung der Nummern 2 und 3 empfiehlt. Ich lasse abstimmen: Wer ist für diese Neufassung der Beschlussempfehlung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das ist eine übergroße Mehrheit. Wer ist gegen diese Neufassung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung, damit ist sie einstimmig angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Aufenthaltsrecht für langjährig geduldete Flüchtlinge Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/932 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/1861 - dazu: Alternativantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1930 -

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Hauboldt aus dem Innenausschuss. Bitte, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags am 30. Juni 2005 ist der Antrag in der Drucksache 4/932 der Fraktion der PDS

mit dem Titel „Aufenthaltsrecht für langjährig geduldete Flüchtlinge“ an den Innenausschuss überwiesen worden.

Der Innenausschuss hat den Antrag am 7. Juli 2005 in öffentlicher Sitzung beraten. Der Ausschuss beschloss einstimmig, die Landesregierung zu bitten, in einer der nächsten Sitzungen über die bisherige Tätigkeit der Härtefallkommission zu berichten. Dieser Bitte ist die Landesregierung nachgekommen. In seiner 23. Sitzung am 23. September 2005 erläuterte Innenminister Gasser die bisherige Praxis der Ausländerbehörden im Umgang mit § 25 Abs. 4 und 5 des Aufenthaltsgesetzes und gab den gewünschten Bericht zur Tätigkeit der Härtefallkommission.

Der Ausschuss beschloss gemäß § 79 Abs. 1 Geschäftsordnung eine schriftliche Anhörung und beriet in seiner nächsten Sitzung am 14. Oktober 2005 den Kreis der Anzuhörenden. Dabei wurden mit Mehrheit des Ausschusses folgende Vorschläge für Anzuhörende der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD abgelehnt: Thüringer Flüchtlingsrat, Ausländerbeirat Eisenach, Pro Asyl e.V., Neue Richtervereinigung und Dr. Christian Schwarz-Schilling. Im Rahmen der schriftlichen Anhörung äußerten sich die beiden christlichen Kirchen, der Gemeinde- und Städtebund, die Anwaltsvereinigung, der Ausländerbeauftragte des Freistaats Thüringen und der Thüringer Landkreistag.

Die Kirchen wie auch der Anwaltsverein sprachen sich für eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge auf Bundesebene aus. Die Vertreter der Kommunen und des Landes lehnten in ihren Stellungnahmen hingegen eine derartige Regelung ab. Die schriftliche Anhörung bewertete der Innenausschuss in seiner Sitzung am 7. April 2006; mit den Stimmen der Mehrheit wurde der Antrag der PDS abgelehnt. Ich danke Ihnen.

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung des Alternativantrags? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile der Abgeordneten Pelke, SPD-Fraktion, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, in Deutschland leben über 200.000 Menschen unter so genannter Duldung, viele von ihnen seit Jahren ohne einen gesicherten Aufenthaltsstatus. In konkreten Zahlen sieht das ungefähr folgendermaßen aus: Rund 48.000 Menschen leben hier länger als fünf Jahre, 24.000 länger als acht Jahre und rund

5.500 über elf Jahre als geduldete Flüchtlinge. Diese Menschen, meine Damen und Herren, sind in ihren Rechten stark eingeschränkt, ihre gesamte Lebenssituation erscheint mir aus meiner Sicht unhaltbar.

Zur Gruppe dieser Menschen gehören auch etwa 50.000 Kinder und Jugendliche. Viele davon, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind in Deutschland aufgewachsen, sie sind hier heimisch oder heimisch geworden. Sie haben meist weder einen sprachlichen noch einen kulturellen Bezug zum Heimatland ihrer Eltern und sie sind damit de facto zu Inländern geworden. Zu ihrem Alltag aber gehört die Angst vor dem Ende der Duldung, vor der Abschiebung, ja vor einer ungesicherten Zukunft. Mt dem im Jahr 2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetz sollte genau diesem Zustand abgeholfen werden. Die Flüchtlinge sollten von einer Duldung in ein legales Aufenthaltsrecht überführt werden. Das allerdings ist bisher nicht in ausreichendem Maße gelungen. Die Auslegungs- und Verwaltungspraxis ist nach wie vor restriktiv. Personen, deren Abschiebung nicht möglich ist, erhalten weiterhin jeweils nur befristete Duldungen und die entsprechenden Entscheidungen fallen unabhängig davon, ob sie wirtschaftlich und sozial integriert sind. Da das Aufenthaltsrecht der Kinder von dem der Eltern abgeleitet ist, bietet es auch nur eingeschränkte Möglichkeiten, den hier aufgewachsenen oder hier geborenen Kindern ein Bleiberecht zu gewähren.

Es bedarf also dringend einer Lösung, die den Betroffenen eine sichere Perspektive und ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Forderungen danach werden seit Jahren auch von einem breiten Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, Juristenvereinigungen und natürlich den Flüchtlingsorganisationen gestellt. Auch wir - die SPD-Fraktion - meinen, dass aus humanitären Gründen mit einer Lösung nun nicht mehr länger gewartet werden darf.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Auch das Vertrösten auf eine mögliche Lösung nach der vorgesehenen Überprüfung des Zuwanderungsgesetzes erscheint mir angesichts der offensichtlichen Problematik als eine unnötige Zeitverzögerung. Nach meiner Auffassung widerspricht es den elementaren Grundsätzen der Humanität, Menschen, die nicht abgeschoben werden können, langjährig nur zu dulden, statt ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das von der Fraktion der Linkspartei.PDS verfolgte Anliegen unterstützen wir deshalb uneingeschränkt in diesem einen Punkt. Der von Ihnen aufgezeigte

Lösungsweg erscheint jedoch problematisch. Während der Beratung im Innenausschuss wurde aus unserer Sicht deutlich, dass es für einen zusätzlichen Thüringer Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift keinen Bedarf gibt bzw. dass ihm sogar verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Für eine Bundesratsinitiative besteht insofern kein Anlass, als die Zuständigkeit der Innenministerkonferenz klar geregelt ist und sich die Innenminister schon vor geraumer Zeit dieses Problems angenommen haben. Mehrere Bundesländer haben Initiativen zur Beendigung der so genannten Kettenduldungen gestartet. Die Innenministerkonferenz hat sich daraufhin mehrfach mit einer Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge befasst.

Während der letzten Konferenz am 9. Dezember wurde dazu eine länderoffene Arbeitsgruppe auf Ministerebene eingerichtet. Auch nach § 23 Aufenthaltsgesetz liegt die Zuständigkeit für eine Bleiberechtsregelung bei den Innenministern der Länder. Sie können im Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium anordnen, dass bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird und so eine Härtefallregelung für die Gruppe der längjährig geduldeten Flüchtlinge faktisch herbeiführen. Wir - die SPD-Fraktion - meinen, es ist höchste Zeit, dass die Innenminister ihre Kompetenzen nutzen und für eine unbürokratische Regelung im Sinne der Betroffenen sorgen.

Wir haben deshalb eine entsprechende Alternative zum Antrag der Linkspartei.PDS formuliert und wir fordern darin die Landesregierung auf, während der Innenministerkonferenz, die ja nun gerade tagt, auf eine Aufenthaltsgewährung für bestimmte Gruppen langjährig geduldeter Flüchtlinge hinzuwirken. Mit dem dazu im Antrag beschriebenen Anwendungsbereich orientieren wir uns an den Vorschlägen des Deutschen Anwaltsvereins für eine solche Regelung. Es geht - im Einzelnen ist es im Antrag aufgelistet - darum, dass eine Aufenthaltserlaubnis insbesondere für diejenigen erreicht werden soll, die vor dem 01.01.2001 in den Geltungsbereich eingereist sind, die mit mindestens einem minderjährigen Kind zusammenleben und all die Dinge, die in unserem Antrag aufgelistet wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der SPD-Fraktion oder uns geht es bei diesem Antrag vor allem um eine humanitäre Lösung für die in Deutschland aufgewachsenen oder in jungen Jahren hierher geflüchteten Kinder, Jugendlichen und ihre Familien. Ich denke, darum geht es uns auch allen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Neben den humanitären Gründen, die ein Bleiberecht für Menschen, die seit Langem hier leben und

integriert sind, notwendig erscheinen lassen, gibt es aber weitere Gründe. So trägt die bestehende Situation - wir haben uns dazu des Öfteren geäußert -, dazu bei, dass sich die Betroffenen vermehrt an die dankenswerterweise eingerichtete Härtefallkommission der Länder wenden. Die Rolle der Härtefallkommission aber ist aus unserer Sicht nicht eine Art Auffangbecken und war auch so nie gedacht, sondern sie ist speziell für besonders gelagerte Härtefälle vorgesehen. Die Härtefallkommissionen der Länder sind auf eine Antragsflut, die ja dann möglicherweise auch noch weiter auf sie zukommt, gar nicht vorbereitet und auch in den ihnen gegebenen Möglichkeiten damit überfordert. Denn Zielsetzung war immer gewesen, die Härtefallkommission soll und kann eben nur in Einzelfällen helfen.

Auch die Kolleginnen und Kollegen, die mit im Petitionsausschuss arbeiten, wissen, dass uns sehr häufig dieses Thema beschäftigt. Regelmäßig liegen Petitionen von Betroffenen vor, die sehr wahrscheinlich bei einer entsprechenden Bleiberechtsregelung überflüssig würden und wir uns damit nicht beschäftigen müssten. Das heißt, sowohl für den Petitionsausschuss könnte die Arbeit damit auch erleichtert werden in solchen ganz sensiblen und problematischen Fällen, wenn die Innenminister auf ihrer Konferenz den im Antrag genannten Personengruppen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gewähren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich denke, meine Damen und Herren, dass sich ein Land, das sich Humanität und Menschlichkeit, diesen beiden Dingen, sehr wohl verpflichtet fühlt, auch der Gruppe der langjährig geduldeten Flüchtlinge eine lebenswerte Zukunft ermöglichen muss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Dazu braucht es einen dauerhaften Aufenthalt, einen rechtmäßigen Aufenthalt, der diesen Personengruppen gewährt werden muss, insbesondere auch wegen der Kinder und Jugendlichen. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. Herzlichen Dank.

Das Wort hat die Abgeordnete Sedlacik, Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Besucher der heutigen Landtagssitzung, ich möchte besonders für die anwesende Öffentlichkeit noch einmal die zwei Punkte, die unsere Fraktion bean

tragt hat, wiederholen. In unserem Antrag steht: „Die Landesregierung wird aufgefordert, in Anwendung des Zuwanderungsgesetzes einen Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift über die Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen zu verfügen.“ Und im zweiten Punkt steht: „Die Landesregierung wird aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und zur Schaffung eines Bleiberechtes für langjährig geduldete Flüchtlinge in die Wege zu leiten.“, so der Text unseres Antrags.

Dieser Antrag wurde vor elf Monaten in den parlamentarischen Gang gebracht. Ziel des Antrags ist ganz eindeutig: Wir wollen, dass Flüchtlingen mit langjährigen Kettenduldungen endlich eine Chance auf ein normales Leben hier bei uns in Thüringen gegeben wird. Heute, am Tag der Innenministerkonferenz, die dieses Thema explizit heute berät, nämlich das Zuwanderungsgesetz, werden wir, werde ich eine Beerdigung dieses Antrags in diesem Plenum erleben müssen, eine Beerdigung durch Repräsentanten dieses Landtags, die auch den Buchstaben C in ihrem Namen der Partei haben. Ich appelliere erneut an Sie, liebe Abgeordnete der CDU-Fraktion, wenn Sie einen Funken christlicher Nächstenliebe in sich haben, versuchen Sie bitte, sich in die Situation dieser Familien hineinzudenken.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Was soll denn das? Das ist unglaublich.)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich kann es Ihnen hier und jetzt leider nicht ersparen, bevor Sie die Hand heben zur Beerdigung unseres Antrags, über ein Einzelschicksal zu berichten. Ich berichte von einer neunköpfigen Familie, der Familie Ablay aus dem Landkreis Greiz, die sich seit 11 Jahren in Deutschland aufhält. Sie ist eine türkische staatsangehörige Familie mit kurdischer Volkszugehörigkeit. Neun Menschen, neun Menschenschicksale, die ich heute hier öffentlich machen möchte. Die Familie reiste in Deutschland illegal ein in der Hoffnung, hier Asyl gewährt zu bekommen. Zu dieser Zeit war der älteste Sohn der Familie vier Jahre. Die Zwillinge Hubra und Abdulhalim waren drei, als sie nach Deutschland kamen. Busra, das dritte Mädchen, war Baby. Drei Kinder sind in diesen 11 Jahren in Deutschland geboren worden. Es ist das Mädchen Tuba, heute zehnJahre, Abdulrahim, vier Jahre, und Berivan, drei Jahre. Frau Ayhan Ablay feiert heute, von feiern kann man kaum reden, sie begeht heute ihren 43. Geburtstag. Voller Hoffnung wandte sich auch diese Familie an die Härtefallkommission. Die Härtefallkommission, die sich aus breiten gesellschaftlichen Kräften zusammensetzt, hat das Problem erkannt und hat ein Härtefallersuchen an das Innenministerium gerichtet. Erleichterung in der Familie, die erste Stufe ist geschafft. Mitten im

Sommerurlaub, bei Sommer und Sonne an der Ostsee, erreichte mich die Nachricht, der Innenminister hat diesem Härtefallersuchen nicht zugestimmt. Er ist ihm nicht beigetreten. Meine Stimmung war auch dahin und ich war froh, dass die Familie noch ein Petitionsverfahren laufen hatte hier im Thüringer Landtag. Hier hatte ich erneut Hoffnung, dass wir uns doch im Sinne der Familie einigen könnten.

Mit großer Zustimmung des Petitionsausschusses, was ich auch dankbar aufgenommen habe, haben wir erneut ein Ersuchen an die Landesregierung gerichtet, der Familie doch ein Bleiberecht zu geben. Es kam ein erneuter Rückschlag. Auch die zweite Stufe hatte die Familie geschafft. Wir haben uns einstimmig positioniert. Auch hier wieder die Nachricht aus dem Innenministerium: Man folgt diesem Ersuchen nicht. Die Familie sollte im März abgeschoben werden. Als das im Landkreis Greiz bekannt wurde, wurde spontan eine Unterstützungssolidarität spürbar, ein öffentliches Interesse regte sich und wir übergaben dem Innenminister am Rande des letzten Plenums 632 Unterschriften, die bekräftigen, Herr Innenminister, liebe Landesregierung, gebt doch wenigstens diesen Kindern hier eine Chance. Gebt den nunmehr zwei großen Jungs, die in der 8. Klasse in die Realschule gehen, die Möglichkeit, ihren Realschulabschluss zu machen. Gebt der Tochter Busra die Chance, ihre Krankheit, ihre Kleinwüchsigkeit jetzt sofort behandeln zu lassen. Gebt dem Vater endlich eine Chance, arbeiten gehen zu dürfen, um auch beweisen zu können oder auch darlegen zu können: Ich kann für meine Familie sorgen; ich bin nicht auf Sozialhilfe angewiesen. Es läuft ein erneutes Petitionsverfahren und wir und auch die Familie geben die Hoffnung nicht auf. Ihr wisst, die Hoffnung ist das Letzte, was stirbt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)