Protocol of the Session on December 21, 2005

andere als Schlosser, verdeutlichen. Der Maler, der bei seiner Firma angestellt ist, zwei Kinder hat und eine Frau, die einen Teil zum Familieneinkommen beiträgt, der hat einen Auftrag bekommen von seinem Chef, weil er bei einem Kunden eine Malerleistung erbringen will, wo der Kunde dafür 1.000 € von dem Malerchef in Rechnung gestellt bekommt. Von den 1.000 €, die der Maler als Leistung erbracht hat, nachdem er die Wohnung gemalert hat, verbleiben am Ende von allen Leistungen, die an den Staat, an die Sozialversicherungskassen, an die Krankenkassen und all diejenigen, die die Hand aufhalten, gehen, bleiben für den Maler, der angestellt ist, 362 € übrig. Der Rest, 683 €, fließen als Mehrwertsteuer, als Arbeitgeberanteile, als Arbeitnehmeranteile sowie persönliche Einkommensteuer an den Staat. Jetzt stellt man sich einmal Folgendes vor, dass der andere Handwerker, der Schlosser mit seiner Familie, genau so eine Leistung in Anspruch nehmen will, nämlich sich für 1.000 € seine Wohnung malern zu lassen. Er muss aber, um sich die 1.000 € aus seinem verdienten Einkommen tatsächlich leisten zu können, selbst als Schlosserangestellter in seiner Firma, in seiner Handwerksfirma, wiederum zunächst eine Leistung von 2.762 € erbringen und auch verkaufen, damit bei ihm am Ende 1.000 € übrig bleiben, um den Maler zu bezahlen, bei dem dann am Ende 362 € in der Lohntüte verbleiben. Das heißt, am Ende dieser langen Kette, dass 2.400 € von der erbrachten Handwerksleistung oder - umgerechnet - 87 Prozent beim Staat verbleiben. Das ist absurd. Diese Abgabenlast behindert die legale Tätigkeit in solch massivem Maße, dass es fast an ein Wunder grenzt, dass die Arbeitsteilung in Deutschland überhaupt noch so funktioniert und nicht alles in Schwarzarbeit endet.

Diese vier Punkte, meine Damen und Herren, zusammengenommen, die darf man bei einer seriösen und unabhängig vom Parteibuch bearbeitenden Haushaltspolitik nicht außer Acht lassen, weil sie kennzeichnend sind für die Ausgangssituation, die wir hier in Thüringen, die wir auch in allen anderen Bundesländern hier in Deutschland vorfinden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Konsolidierung muss mittelfristig angelegt sein. Das ist keine Sache, die man in wenigen Jahren schaffen kann, und auch keine Sache, die man an wenigen Stellschrauben regeln kann, wie uns die Opposition auch vorhin wieder in den Eingangsstatements zur Generalaussprache weismachen will. Es reicht auch nicht allein zu sagen, wir wollen wieder Vermögensteuer. Es reicht auch nicht allein zu sagen, wir wollen eine Gebietsreform. Was wir brauchen, und das ist eine Einsicht, an der es vielen hier, die zum Haushalt gesprochen haben, fehlt, aber auch, die noch zum Haushalt sprechen werden, nämlich die Einsicht, ein Weiterso im

Allgemeinen kann es nicht mehr geben und zweitens auch noch eins viel mehr, ein Weiterso bei mir darf es auch nicht mehr geben. Klaus-Peter Schöppner von Emnid hat von der deutschen Krankheit gesprochen und er hat gesagt, es gäbe ein verqueres Verhältnis zwischen Erkenntnis des Notwendigen und der Bereitschaft zum Wandel. Nach seiner Meinung muss sich der Staat auf seine grundlegenden Sicherungsaufgaben zurückziehen. Abstrakt - und das steckt dahinter, was Schöppner auch sagt - ist jedem die rasant wachsende Staatsverschuldung bekannt. Die wird auch allgemein kritisiert. Trotzdem wird sich die Finanzlage aber in ganz wenigen Jahren nochmals dramatisch weiter verschärfen; in Thüringen betroffen nicht zuletzt auch durch fortsetzenden Solidarpakt, aber auch natürlich nach der Einigung in Brüssel durch absinkende weiterführende EU-Mittel sowie durch die demografische Entwicklung.

Ich habe manchmal den Eindruck, dass dies von der Öffentlichkeit, aber auch von vielen Politikern bisher in dem Maße, wie man es eigentlich für notwendig halten würde, nicht zur Kenntnis genommen wird. In Thüringen haben wir uns viel zu sehr auf die überproportionale Zuweisung aus Solidarpaktmitteln und EU-Geldern eingerichtet und uns in vielen Bereichen Standards und Versorgungsansprüche geschaffen, die wir mit Blick auf unsere eigene Einnahmesituation - 44 Prozent Steuerdeckungsquote - eigentlich nicht leisten können. Ein bezeichnendes Beispiel dafür hat im Oktober der Deutsche Bühnenverein geliefert. Thüringen leistet sich die teuersten Theater. Wir zahlen bundesweit die höchsten Zuschüsse pro Karte. Allein das Theater in Erfurt ist mit 178 € Spitze bei diesen Zuschüssen. Bayern, das jährlich 2 Mrd. € in den Länderfinanzausgleich zahlt, gibt lediglich 84 € pro Theaterkarte aus. Auch bei der Ausstattung mit Theatern sind wir mit 30 Theaterplätzen pro 1.000 Einwohner Spitzenreiter in Deutschland. Natürlich kann man das alles tun, aber wenn wir schon bei so einer Haushaltsdebatte sind, dann ist es doch zumindest mal notwendig, auch zu fragen: Ist das denn gerecht? Ist es vor allen Dingen gerecht, dass wir in Thüringen - natürlich darf man die nicht allein stehen lassen, ich beuge gleich für die Lobbyisten vor, die alle heute noch reden werden -, den Kultur- und Kunstgenuss eines Kulturbürgers für eine Theatervorstellung in Erfurt quasi mit der Hälfte eines Monatseinkommens eines Hartz-IV-Empfängers gleichsetzen? Ich glaube, es ist nicht gerecht. Wir haben uns da in der Vergangenheit zu viel aufgeladen, aus dem wir jetzt auch schwer herauskommen. Aber für die Debatte ist es notwendig und auch für Zukunftsaufgaben, die wir definieren müssen, dass wir uns dieser kritischen Frage stellen. Ob wir es an jeder Stelle umändern können, ist eine zweite Frage. Aber allein die Debatte nicht mehr zuzulassen, wäre falsch für dieses junge Land.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, viele Einnahmepositionen des Landes sind im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sowie der EU-Förderung an die Einwohnerzahl gekoppelt. Solidarpaktmittel, Mittel der politischen Führung und ein überproportional großer Teil der Fördermittel aus den Gemeinschaftsaufgaben stehen nur den jungen Ländern zu. Deshalb ist es auch noch mal wichtig, weil wir auch nach Einwohnerzahl diese Zuschüsse erhalten, daran zu erinnern, hätten wir noch die Bevölkerungszahlen von 1998, würden uns allein bei diesem gleich bleibenden Schlüssel 300 Mio. € an Mehreinnahmen zur Verfügung stehen, als uns aufgrund des Bevölkerungsrückgangs jetzt zur Verfügung steht. Während in Thüringen die Steuerkraft je Einwohner im Verhältnis zur durchschnittlichen Steuerkraft in Deutschland lediglich bei 36,7 Prozent liegt, liegen unsere Ausgaben in Thüringen bei 121 Prozent gegenüber den alten Flächenländern in Westdeutschland. Zwischen 500 und 1.000 € pro Einwohner geben wir mehr aus als vergleichbare alte Bundesländer. Dieses Verhältnis wird sich ab dem Jahr 2008 dramatisch durch das Absenken des Solidarpakts II und die Reduzierung der EU-Fördermittel um 29 Prozent und auch wegen der demografischen Entwicklung verändern.

Auf diese auslaufende Sonderförderung für Thüringen müssen wir reagieren, weil uns bis zum Jahr 2020 2 Mrd. € weniger zur Verfügung stehen aus diesen Töpfen. Da gesetzliche Leistungen wie Vergütung und Besoldung, Pensionslasten, aber auch Zinslasten durch Schulden steigen, werden die Gestaltungsspielräume immer kleiner und gehen gegen null. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft stellte im August dieses Jahres Folgendes fest: Von den neuen Bundesländern haben die Thüringer zwischen 2000 und 2004 die höchsten Finanzhilfen vergeben; sie lagen pro Einwohner bei 5.721 €. Einen ähnlich hohen Wert erreichte nur Sachsen-Anhalt mit 5.710 €. In den alten Bundesländern lagen diese Werte zwischen 2.460 € in Schleswig-Holstein und 3.500 € in Baden-Württemberg. Die Palette der erfassten Subventionen reicht hier in diesem Land von Zuschüssen für Sport, Theater, Kirchen und Kindergärten über die Mittelstandsförderung bis hin zu Hilfen für Verkehr, Bergbau, Landwirtschaft und Schiffbau.

Eine weitere Meldung vom gleichen Tag im August dieses Jahres lässt das Dilemma von einer anderen Seite her an der Subventionspolitik auch noch deutlich erkennen, nämlich: Thüringen hat in den vergangenen drei Jahren rund 112 Mio. € an Fördergeld des Bundes ungenutzt zurückgeben müssen. Allein 2004 waren danach 30 Mio. € aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, die eigentlich für Thüringen bestimmt waren, an

ein anderes Bundesland verfallen. Aber was ist das Fazit daraus? Was ist die Schlussfolgerung für die, die hier in Thüringen Verantwortung tragen? Obwohl Thüringen die höchsten Subventionen und Sachsen die niedrigsten Subventionen zahlt, muss Thüringen 112 Mio. € GA-Mittel für Investitionen zurückgeben. Das heißt, wir leisten uns zwar viele und hohe Subventionen, aber hauptsächlich für konsumtive Ausgaben, für Sport, für Theater, für Kultur, für Kirchen und für Kindergärten. Für Wirtschaftsförderung, dort, wo am Ende auch Arbeitsplätze entstehen, dauerhaft, und wo Familien anschließend ernährt werden können, dort können wir die Komplementärfinanzierung nicht immer in vollem Umfang in der Vergangenheit bereitstellen. Wir sind deshalb in einer verhängnisvollen Spirale: Konsumtive Subventionen treiben die Verschuldung nach oben, ohne neue Steuerquellen zu regenerieren, und Wirtschaftssubventionen, die Arbeitsplätze und Steuereinnahmen schaffen, fallen dagegen gering aus. Deshalb bleibt es eine Aufgabe auch für dieses Haus mit dem Doppelhaushalt jetzt, aber auch mit dem nächsten Doppelhaushalt 2008 und 2009, sich der neuen Einnahmesituation erneut verschärft bewusst zu werden und die Weichenstellung weiter richtig in Richtung Konsolidierung des Landeshaushalts zu legen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Entwurf des aktuellen Doppelhaushalts ist einerseits ein Spiegelbild der dramatischen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Situation in Deutschland, aber auch andererseits ein Ausdruck der Tatsache, dass wir viele Jahre über unsere Verhältnisse gelebt haben. 11-mal hintereinander musste inzwischen die Steuerschätzung des Bundes nach unten korrigiert werden. Würde man die ständig korrigierten Steuereinnahmen einmal addieren - wir haben den Satz schon einmal gesagt und jetzt kann man sehen, wie sich das im Laufe der Jahre entwickelt hat -, summieren sich mittlerweile die Steuerausfälle gegenüber den Planungen aus den Steuerschätzungen auf 3,5 Mrd. €. Thüringen kann sich dem deutschlandweit hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Wirtschaftswachstum und den anhaltenden hohen Arbeitslosenzahlen und damit verbundenen Finanzproblemen nicht entziehen. Dafür sind wir nicht allein so aufgestellt in diesem Land und wir können es auch gar nicht, weil wir in der föderalen Ordnung tief eingebettet sind. Für die vorgelegten Etatentwürfe bedeutet allein das Ergebnis der letzten Steuerschätzung Mindereinnahmen von 331 Mio. € im nächsten Jahr und weiteren 418 Mio. € in 2007 gegenüber der Finanzplanung. Man kann auch andere Zahlen heranziehen; gegenüber der Finanzplanung, die aber wiederum begründet andere Ausgaben festzusetzen, andere Budgets festzusetzen, auch Pakte abzuschließen, ist der Vergleich mit der Finanzplanung aber der entscheidende, weil er auch die Ausgaben auf der anderen Seite definiert. Deshalb will ich auch einen kleinen

Blick dahin wagen, was Herr Pidde, aber auch im Vorfeld zu dieser Haushaltsberatung die SPD mit ihren Steuerschätzungen gesagt hat und auch noch mal in ihren Anträgen für den heute vorgelegten Haushalt hier untersetzt hat.

Am 13. September dieses Jahres hat Herr Pidde gesagt, 52 Mio. € Steuerrückgang prognostiziert er für 2006 und redet im Jahr 2007 von 140 Mio. € Steuermehreinnahmen. Sein Fraktionsvorsitzender, eine Stufe höher auf der Verantwortungsleiter, hat zwei Wochen später, am 27. September, gesagt, er denkt nach seiner Rechnung 2006 an Mindereinnahmen von 38 Mio. €, und weil ihm die Steuerschätzung im Plus von Herrn Pidde nicht genug war, hat er dann gesagt, 128 Mio. € 2007 Mehreinnahmen. Jetzt liegen uns die neuesten Steuerschätzungen in Form von Anträgen der SPD vor und da heißt es auf einmal, nicht etwa Mindereinnahmen in 2006, wie im September noch von beiden gesagt, sondern jetzt plötzlich 2006 12 Mio. € Mehreinnahmen und dann auch noch 2007 - und jetzt kommt es -, jetzt sind es plötzlich 180 Mio. € Mehreinnahmen. Schön wäre es, aber eins zeigt sich, Sie haben ja, Herr Pidde, vorhin so schön davon gesprochen, Sie haben von der PDS gelernt; beim Steuerschätzen haben Sie nicht von der PDS gelernt, Sie haben es noch schlimmer gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts dieses Wirrwarrs an Steuerschätzungen der letzten zwei Monate durch die kleinste Oppositionsfraktion hier im Haus, dann darf man sich ja einmal fortentwickeln, was es heißen würde, wenn man diesen Steuerschätzungen folgen würde. Dann kann wahrscheinlich Birgit Diezel in ihren Finanzplanungen künftig von einem Haushaltsüberschuss ausgehen. Wir wollen das nicht, denn wir wollen seriös Finanzpolitik betreiben und auch seriöse Planungsgrundlagen für unsere Aufgaben stellen, aber wir müssen auch aufklären, dass hinter diesen vielen Zahlenspielen, die die Opposition oft betreibt, auch nur ein großer Budenzauber manchmal vorherrscht.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich betone an dieser Stelle, die Bezugsgröße für Etatplanungen sind gültige und vom Gesetzgeber gebilligte Finanzplanungen wie die am 25. Februar verabschiedete Mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2008. Gegenüber dieser Planung sind halt auch die Steuerausfälle, wie ich sie bezeichnet habe, zu verzeichnen. Dieser Vergleichsmaßstab ist auch in allen Ländern, egal von wem geführt, so üblich. Selbst nach der November-Steuerschätzung können wir nicht mit Mehreinnahmen rechnen, lediglich die Ausfälle in 2006 reduzieren sich um 12 Mio. € auf 319 Mio. €, aber es bleiben Ausfälle. Es bleiben Mindereinnah

men gegenüber den geplanten Erwartungen, was wir für Geld bekommen. Deshalb ist es zwar schön in der Tendenz, dass wir 12 Mio. € weniger Einnahmeverluste haben als geplant, aber allein dass uns noch weitere 319 Mio. € fehlen gegenüber unserer ursprünglichen Planung, das ist der Maßstab, den wir berücksichtigen müssen. Und den müssen wir auch den Menschen sagen nach den Anhörungen und nach den Gesprächen, die wir geführt haben, weil nur dann die Leute auch erkennen, welche schwierige Ausgangslage wir im Haushalt in diesem Land zu verzeichnen haben, und darüber hinwegzutäuschen wäre falsch.

Herr Abgeordneter Mohring, der Abgeordnete Dr. Pidde möchte Ihnen eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Am Ende.

Bitte am Ende.

Und wenn es wirklich, meine Damen und Herren, das will ich für unsere Fraktion ausdrücklich sagen, weil wir auch einen Antrag zum Haushaltsgesetz dazu vorgelegt haben, zu Steuermehreinnahmen kommen sollte, dann sollen die konsequent zur Reduzierung der Neuverschuldung eingesetzt werden. Das sagt unser Antrag zum Haushaltsgesetz.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin meiner Fraktion ausdrücklich dankbar, dass sie diesem Vorschlag gefolgt ist, weil der auf Dauer festschreibt, die Konsolidierung voranzutreiben, wenn wir eine bessere Entwicklung, auch begleitet aus Berlin, zu verzeichnen haben. Dies ist der ehrlichere Weg, als nach dem Motto zu handeln „Wünsch dir was und gebe es einfach aus“.

Aber ich will auch noch mal selbst ein Wort verlieren zu den Schulden und zu den Zinsbelastungen: Am deutlichsten wird der Begriff „über die Verhältnisse leben“ einer Zinsbelastung, die sich aus den Schulden der Vergangenheit ergibt. 720 bzw. 740 Mio. € an Zinszahlungen sind das Ergebnis einer Politik, das für die Thüringer in vielen Bereichen ein Niveau sichert, das weit über dem anderer Länder liegt. Das sind rein rechnerisch 1,94 Mio. € an Zinsen pro Tag, ohne dass auch nur ein Cent vom Schuldenberg abgetragen wird. Wir haben seit 1991 einen Schulden

berg angehäuft, der inzwischen auf 15 Mrd. € angewachsen ist. Die Gesamtverschuldung des Landes ist damit deutlich höher als die jährlichen Ausgaben von derzeit 9,37 Mrd. € und die Verschuldung pro Einwohner liegt nach mehr als einem Jahrzehnt bereits höher als in einigen alten Bundesländern nach mehr als 50 Jahren. Natürlich mussten wir auch höhere Aufholprozesse leisten und natürlich, wenn man unsere Städte und Gemeinden anschaut, hat sich das auch gelohnt, aber der Preis, der dafür gezahlt wurde, muss zur Kenntnis genommen werden. Die Zinsen, die Thüringer für die aufgenommenen Kredite zahlen müssen, werden zunehmend zum Problem. Ich wage mir gar nicht auszumalen, wenn das zurzeit historisch niedrige Zinsniveau auf das der 90er-Jahre steigen sollte: 1 Prozent Zinserhöhung würden unseren Spielraum um weitere 150 Mio. € pro Jahr allein einschränken.

Ich will deshalb, weil ich es so dramatisch finde, auch persönlich ein paar Worte dazu sagen, ohne dass ich ausdrücklich im Namen meiner Fraktion spreche, aber ich will es aus dem Grund sagen, weil ich mit Kritik auch in die Politik gekommen bin, als ich mich im Herbst 1989 engagiert habe. Ich habe meinen Freunden und auch denen, warum ich 1999 für dieses Parlament kandidiert habe, versprochen, wenn schwierige Situationen sind, auch deutlich zu sagen, wenn Kritik tatsächlich angebracht ist. Und ich will sie vor allen Dingen tun, weil ich zu den Jüngeren in diesem Parlament gehöre, die ein Mandat innehaben, und ich deshalb meine, dass man auch weit über das Ende dieser Wahlperiode hinaus blicken sollte. Die Belastung aus der Verschuldung, auch wenn diese mit Blick auf frühere Entscheidungen nachvollziehbar und auch im größten Teil gerechtfertigt zu sein scheinen, sind sie für die Zukunft unerträglich. Es liegt an den Politikern dieser Wahlperiode, über ihre Aufgaben für die Zukunft und für die Ausgaben in diesem Land ernsthaft nachzudenken und dies sowohl innerhalb dieses Parlaments - alle Fraktionen betreffend -, aber auch für die Politiker diese Landes außerhalb dieses Parlaments zu tun.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Dann dürfen Sie aber dem Haushalt, so wie er vorgelegt ist, nicht zustimmen.)

Die vorgelegten Anträge aller Fraktionen zum Haushalt zeigen - aller Fraktionen, Herr Matschie -, die Verschuldung wird im Wesentlichen hingenommen. Auch werden jedes Jahr von neuem - und das sage ich vor allen Dingen mit Blick auf die Oppositionsfraktionen - die Eckwerte, die mit einem Haushalt von einer Regierung hier ins Parlament gestellt werden, in diesem Rahmen wird im Wesentlichen verhandelt und es wird hin und her geschoben, ohne tatsächlich ernsthaft die Ausgabenstruktur so neu zu ordnen, dass man ernsthaft unterschiedliche Politikansätze

sehen könnte. Ich finde, dass dieses Hinnehmen der Verschuldung auch bei den Anträgen in der Opposition nicht zu akzeptieren ist. Ich finde, die Sparunwilligkeit an sich ist erschreckend. Ich bin enttäuscht, wie dieses Parlament, dem ich auch angehöre, sehenden Auges sich seiner eigenen Gestaltungsrechte selbst entledigt und eigener Handlungsspielräume beraubt. Die Botschaft der Nachkriegsjahre, vor allen Dingen die der Politik und der Menschen, die am Aufbau des alten Landes wieder geholfen haben, die Botschaft damals war: Unseren Kindern soll es mal besser gehen. Ich wünsche mir, dass wir auch - vor allem die, die Verantwortung in diesem Land tragen - an diese Botschaft anknüpfen und auch zeigen, wir müssen durch ein schwieriges Tal hindurchgehen. Aber wir müssen diesen Weg beschreiben und diesen Weg auch beschreiten, damit die Kinder und die Kindeskinder, auch die, heute noch gar nicht geboren sind, Zukunft haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich will ein Zitat bringen von einem Sänger, der wahrlich nicht der Union nahe steht. Aber ich will es sagen, weil er das zu einer Zeit gesagt hat, als das in diesem Kontext auch anders zu sehen ist, nämlich als Rio Reiser im Jahr 1988 in der Werner-SeelenbinderHalle in Berlin gesungen hat. Er hat ein Lied gesungen, was im damaligen DDR-Fernsehen dann nicht übertragen wurde, das hieß „Der Traum ist aus“. Eine Zeile aus diesem Song heißt: „Es ist unsere Zukunft und es ist unser Land.“ Ich finde, ein Stück abgewandelt von dem Song sollte es weiter heißen: Der Traum ist nicht aus, keine Schulden mehr zu machen,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Mensch, Rio Reiser wird sich im Grab rumdrehen, wenn er das hört.)

und wir sollten darum kämpfen, dass dieser Traum auch Wirklichkeit wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dennoch, wir haben dieser Entwicklung nicht tatenlos zugeschaut, sondern wir haben in den letzten Jahren Maßnahmen ergriffen, die dieser Entwicklung entgegensteuern. Mit den Nachtragshaushalten für 2002, für 2003 und für 2004 haben wir bereits insgesamt 1,2 Mrd. € an Einsparungen gegenüber den ursprünglichen Ansätzen erbracht, um Steuerausfälle und steigende Mehrausgaben bei gesetzlichen Leistungen aufzufangen. Deshalb bleibt festzustellen, das, was wir eingeleitet haben, insbesondere bei personalwirtschaftlichen Maßnahmen, beginnt zu greifen. Die Personalausgaben konnten trotz Tarifsteigerungen von 13 Prozent seit 1998 nahezu konstant gehalten werden. Dies entspricht einer Personalkosteneinsparung von

400 Mio. €. Der Personalabbau wurde in den letzten Jahren forciert. Waren 1998 noch über 65.000 Beamte im Landesdienst tätig, werden es 2006 nur noch 53.700 Beschäftigte sein. Mit Blick auf die künftig zu erwartenden Mehrbelastungen aufgrund von Tarifsteigerungen und der Ost-West-Anpassung wird die Notwendigkeit des beschlossenen Abbaus von weiteren 7.400 Planstellen deutlich. Ich bin dankbar, dass dieser Weg so beschritten wurde. Allein die Ost-West-Anpassung nämlich verursacht Personalmehrkosten von 200 Mio. € jährlich. Mit dem beschlossenen Personalabbau können dann in der Endstufe ab 2009 ca. 300 Mio. € eingespart werden. Mit den uns vorliegenden Haushaltsentwürfen ist ein entscheidender Schritt bei der Umsetzung des Personalabbaupfades verwirklicht worden. Weit über 6.500 Stellen und Planstellen sind bereits jetzt auf die Ressorts verteilt worden und in jedem Einzelplan wie auch im Gesamtplan sind die entsprechenden Übersichten der abzubauenden Stellen und deren Untersetzung aufgeführt. Es bleibt auch im Personalbereich festzustellen: Wir leisten uns in manchen Bereichen eine bessere Ausstattung als andere Länder. Aber auch jeder Vergleich in der Statistik trügt, wenn man nicht hinter die Zahlen schaut. Ich will das vor allem zum Beispiel mit Blick auf Sachsen-Anhalt zeigen, weil wir sehr wohl die Personalausgabenbelastungen der beiden Landeshaushalte miteinander vergleichen können, aber beim Vergleich der Landeshaushalte übersehen wird, dass weit über 11.000 Stellen in Sachsen-Anhalt nicht in der Landesverwaltung etatisiert, sondern bei Landesgesellschaften ausgebracht sind. Dann hinkt plötzlich jeder Vergleich, wenn ich einfach platt Prozentzahlen von Personalausgaben nebeneinander lege, und deshalb gehört es auch zu einer sachlichen Haushaltsdebatte immer dazu, zu schauen, wer hat die Statistik aufgestellt und sind die gleichen Parameter auch zur Vergleichbarkeit tatsächlich gegeben.

Das Haushaltsbegleitgesetz, was mit diesem Haushalt hier vorgelegt wird, ändert 15 Rechtsvorschriften. Das Familienfördergesetz ist zwar nicht Bestandteil des Haushaltsbegleitgesetzes, dennoch, weil die Opposition mit vielen Änderungsanträgen darauf reagiert, will ich dazu für unsere Fraktion noch einmal Stellung nehmen. Mit großem Pomp hat die SPD ein Umschichtungsvolumen von 363 Mio. € angekündigt. Die Linkspartei.PDS zog mit 190 Mio. € nach. Gewaltige Zahlen, angesichts von gerade einmal 160 Mio. € gesetzlich nicht gebundener Mittel. Allein 92 Mio. € bei der SPD und 53,5 Mio. € bei der Linkspartei.PDS beträgt das Umschichtungsvolumen im Kindertagesstättenbereich. Warum die eine Fraktion 92 Mio. € mehr veranschlagen will und die andere Fraktion 53 Mio. € mehr und beide meinen, damit ein Gesetz wieder abzuwickeln, was wir erst vor 14 Tagen beschlossen haben, erschließt sich auch bei deutlicher Daraufschau der heute vorgelegten Änderungsan

träge nicht.

(Beifall bei der CDU)

Am 8. Dezember 2005 haben wir hier in diesem Haus das Familienfördergesetz verabschiedet. Die Ansätze im Haushalt entsprechen diesem Gesetz. Ihre Umschichtungsanträge von der Opposition zu diesem Thema haben keine gesetzliche Grundlage mehr. Zumindest die Linkspartei.PDS, das will ich ihr zugute halten, hat wohl auf unseren Hinweis in der Diskussion im Haushalts- und Finanzausschuss zumindest reagiert mit einem heute vorliegenden Antrag zum Haushaltsbegleitgesetz, das Familienfördergesetz von vor 14 Tagen wieder abzuschaffen. Das ist natürlich ein Irrwitz der Geschichte, zu glauben, dass wir ein Gesetz, vor 14 Tagen beschlossen, heute wieder rückgängig machen. Aber es bleibt festzuhalten, dass die SPD-Fraktion Umschichtungsvolumen von 92 Mio. € beschreibt, aber dazu die gesetzliche Grundlage nicht ändert. Es bleibt die finanzpolitische Schwäche Ihrer kleinen Fraktion, in diesen Fällen nicht ausgebessert zu haben.

Meine Damen und Herren, auf die einzelnen Punkte des Haushaltsbegleitgesetzes werden meine Kollegen in der Plenardebatte heute und morgen auch noch eingehen. Ich möchte nur herausstellen, dass mit der Anpassung von Leistungs- und Verwaltungsstandards die Konsolidierung des Haushalts unterstützt wird. Wir rechnen damit, dass mit dem Haushaltsbegleitgesetz ein Volumen von insgesamt 200 Mio. € eingespart oder umverteilt werden kann. Beispielhaft zu nennen ist in diesem Zusammenhang die Novelle des Gesetzes für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern, das Erwachsenenbildungsgesetz oder aber auch das Gesetz zur Änderung von Gerichtsstandorten als Ausfluss der Verwaltungsreform. Die Einschnitte bedeuten aber nur eine Anpassung an gewandelte Rahmenbedingungen. Die Lebensbedingungen in Thüringen werden sich dadurch nicht grundlegend verändern.

Ich will etwas sagen zur kommunalen Finanzausstattung. Angeblich, so wird es ja gesagt, ist die Herausnahme von 32,5 Mio. € infolge des Familienfördergesetzes verfassungswidrig. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat einen klaren Handlungsauftrag an den Landtag gegeben, nämlich die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Finanzzuweisungen an die Kommunen bis zum nächsten Doppelhaushalt 2008/2009 neu zu regeln. Diesen Auftrag nehmen wir und die Landesregierung ernst. Dazu sind umfangreiche Datenermittlungen nötig, um den notwendigen Kostenfaktor zu ermitteln. Thüringen ist damit das erste Bundesland in Deutschland, das diese Kosten des eigenen Wirkungskreises bestimmen und festlegen muss. Wie die Höhe der Kosten für die Aufgabe in eigenen Wirkungskreisen und da

rüber hinaus die freie Finanzspitze zu bestimmen ist, stellt Kommune und Land vor eine schwierige Aufgabe. Deshalb unterstützen wir als CDU-Fraktion den Anspruch der Landesregierung, in einem gemeinsamen Gutachten mit Regierung und Kommunen diese Parameter festzustellen und damit auch zu definieren, welche Kosten im eigenen Wirkungskreis tatsächlich auf kommunaler Seite anfallen. Ausdrücklich möchte ich jedoch die festgestellte Verfassungsmäßigkeit zur Ermittlung der Auftragskostenpauschale hervorheben. Allen Vorwürfen von Kommunen und Opposition zum Trotz sei die Ermittlung des Kostenausgleichs für den aufgabenübertragenen Wirkungskreis mit der Verfassung vereinbar, das kann man aus dem Urteil herauslesen. Was aber entscheidend ist, über die Höhe der Finanzausstattung der Kommunen hat der Verfassungsgerichtshof sich ausdrücklich nicht geäußert. Es bleibt deshalb dem Landtag in seiner Budgetverwaltung überlassen, da abschließend eine Entscheidung zu treffen. Aus diesen Gründen hat die Landesregierung auch die dritte Stufe der Änderung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen bis zur Feststellung der Kosten für den eigenen Wirkungskreis zurückgestellt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sehr vernünftig.)

Aber diese notwendige dritte Stufe wird nach Abschluss der Feststellung der Kosten kommen müssen. Mittelkürzungen sind immer schmerzlich, doch muss man die Verhältnismäßigkeit der Argumente bei seiner Kritik wahren und auch die Kirche im Dorf lassen. Und wer sich erinnert, als wir im Sommer angefangen haben, über Haushalt hier in diesem Land zu sprechen, da hieß es noch, 500 Mio. € seien Kürzungen im Landeshaushalt nachzuvollziehen. Ich will sagen, dieses unredliche Sommertheater, das darf so nicht mehr stattfinden, wenn man sachlich miteinander zum Haushalt redet.

(Beifall bei der CDU)

Abgesehen vom Stil der Auseinandersetzung, das will ich sagen, mit Horrorzahlen hier zu jonglieren und die Leute in diesem Land zu verunsichern, ist nicht der richtige und vor allen Dingen nicht der verantwortliche Weg von Politikern.

Meine Damen und Herren, dass das Land die Kommunen an den Steuermindereinnahmen beteiligt, ruft natürlich keine Zustimmung hervor, ist jedoch den gesetzlich definierten Verbundquoten geschuldet. Wenn Steuereinnahmen und -zuweisungen aus dem Solidarpakt sinken, reduziert sich natürlich auch die Finanzausgleichsmasse. Bei diesen beiden Faktoren sind das 27 Mio. € im Jahr 2006 gegenüber 2005 und weitere 34 Mio. € Absinken der Finanzausgleichsmasse im Jahr 2007 gegenüber 2005 allein aufgrund

der Verbundquoten, die wir gesetzlich definiert haben. Wir haben einmal nachgerechnet, wenn in Thüringen die gleichen Verbundquoten für Steuern und Bundesergänzungszuweisungen wie in anderen jungen Ländern gelten würden, würde es für die Kommunen sehr viel schlechter in Thüringen bestellt sein. Statt 1,6 Mrd. €, die die Kommunen in Thüringen aus oben genannten Quellen bekommen, wären das nach den Quoten in Sachsen-Anhalt nur 1,4 Mrd. € oder nach den Quoten in Brandenburg 1,5 Mrd. €. Sie sehen, auch da muss jedes Land für sich allein die Stellschrauben setzen. Wir denken, dass wir mit den Finanzbeziehungen, wie wir sie in Thüringen geordnet haben, richtig liegen, und deshalb werden wir sie fortsetzen, auch aus dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofs heraus, und werden im Jahr 2008 gemeinsam mit den Kommunen die Finanzbeziehungen so ordnen, dass sie für die Zukunft auch tragfähig sind.