Protocol of the Session on November 10, 2005

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf enthält des Weiteren die Erhöhung - hier ist es genannt worden - der Zahl der Personalratsmitglieder und eine verbesserte Neuregelung für Freistellung. Dies ist aus Sicht der Linkspartei.PDS schon deshalb notwendig, weil durch die erste Novelle des Thüringer Personalvertretungsgesetzes im Jahre 2002 keine tatsächliche Minimierung des Aufgabenkatalogs stattgefunden hat, sondern lediglich die rechtliche Wirkung der Beteilung, nicht aber diese selbst geändert wurde. Aber auch die oben geschilderte gestiegene Verantwortung der Personalvertretung erfordert die Schaffung von Strukturen, die dieser Verantwortung auch gerecht werden. Der Kosteneinwand, sollte er erhoben werden, kann hier hingegen nicht dargestellt werden, weil durch den gesetzlich verankerten Grundsatz der gleichberechtigten Zusammenarbeit das Miteinander gestärkt und Konflikte frühzeitig, ich hatte es erwähnt, vermieden werden können. Förmliche Rechtsverfahren müssen dann nicht mehr, wie jetzt so oft, zur Anwendung kommen.

Meine Damen und Herren, dies ist auch ein Beitrag zur Deregulierung im Bereich der Mitbestimmung und spart Kosten in nicht ganz unerheblichem Maße.

Drei weitere Schwerpunkte seien hier an dieser Stelle noch benannt. Mit dem Gesetzentwurf verfolgt die Linkspartei.PDS das Ziel, das Wahlrecht für Personalvertretungen auf das 16. Lebensjahr herabzusetzen. Dadurch erhalten auch minderjährige Beschäftigte eine direkte Einflussmöglichkeit auf die Zusammensetzung der Personalräte.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen diesbezüglich nichts Neues. Es ist unser politischer Ansatz, unser politischer Wille, junge Menschen stärker an demokratischen Entscheidungen mit zu beteiligen. Unsere Auffassungen und unsere Diskussionen zum Kommunalwahlrecht sind Ihnen ja alle noch hinlänglich bekannt. Wir haben diesbezüglich hier in diesem Hause mehrfach die Debatten dazu geführt. Andererseits sehen wir hier umso mehr die Notwendigkeit, dass die Belange der Beschäftigten, die der Personalrat vertritt, auch die eigenen Belange der jugendlichen minderjährigen Beschäftigten sind. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Grenzen wurde in der vorliegenden Gesetzesnovelle eine weitestgehende Ausgestaltung der Mitbestimmungstatbestände vorgenommen, die ich an dieser Stelle heute - und das sage ich auch, da habe ich die Hoffnung an die Ausschussberatungen - nicht weiter ausführen werde.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aber noch eins sagen, meine Damen und Herren: Mitbestimmung bedeutet, dass Entscheidungen der Behördenleitung kontrolliert werden. Diese Kontrolle zwingt die Behördenleitung, ihre Entscheidungen sachlich zu be

gründen und Einigung eben mit den Personalvertretungen zu suchen. Das nennen wir demokratische Mitbestimmung eines demokratisch legitimierten Gremiums und das ist im Sinne einer Verbesserung der Funktionsfähigkeit letztendlich auch der öffentlichen Verwaltung.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass mit dem Gesetz, meine Damen und Herren, die längst überfällige Statustrennung zwischen Arbeitern und Angestellten entsprechend dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst aufgehoben wird. Die Landesbediensteten des Freistaats werden im Entwurf - und das sage ich auch - fiktiv dem Tarifvertrag zugeordnet. Wir geben diesbezüglich auch hier die Hoffnung nicht auf, dass die Landesregierung sich schnellstens zu einem Abschluss zum Tarifvertrag durchringt.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS beantragt die Überweisung des Entwurfs an den Innenausschuss bzw. den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Kölbel, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete, werte Gäste, in Drucksache 4/1299 hat zum heutigen Tag die Fraktion der Linkspartei.PDS ein Änderungsgesetz zum Thüringer Personalvertretungsgesetz eingebracht. Mir selbst liegt dieser Gesetzentwurf erst seit wenigen Tagen vor. Auf den ersten Blick erscheint es mir so, dass gegenüber dem in 2002 beschlossenen novellierten Gesetz zur Thüringer Personalvertretung gesammelt worden ist - und das wurde auch hier in den Redebeiträgen zum Ausdruck gebracht -, wo gibt es Kritik, wo gibt es Sorgen in der praktischen Durchführung bei den Personalräten, und all dies in diese Gesetzesnovelle hineingeschrieben worden ist. Einige Punkte - Herr Hauboldt und Herr Gentzel, Sie haben davon schon gesprochen - sind eigentlich bereits bei der letzten Novelle schon geäußert worden, hier soll etwas unternommen werden. Gestützt auf die Klage der PDSFraktion vom 9. September 2002 vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof gegen das im Juni 2002 vom Thüringer Landtag verabschiedete novellierte Thüringer Gesetz ist nun diese Novelle so, wie sie vorliegt, sicher entstanden. Weiter beruft man sich auf den Thüringer Verfassungsgerichtshof - und das ist hier in den Redebeiträgen geschehen -, der von einem gewissen Spielraum, der ja da ist vom Gesetz

geber, zur Ausgestaltung der Mitbestimmung spricht. Nun kritisiert die Linkspartei.PDS an der bestehenden Gesetzlichkeit zu wenig Mitbestimmung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Thüringen, auch für die entsprechend weniger gewählten Personalräte, und will dies geändert wissen.

Ich entnehme und vermute der Initiative der Fraktion der Linkspartei.PDS zu diesem Gesetzentwurf hier und jetzt, dass sie der Meinung ist, dass die vielen geplanten Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreformmaßnahmen, z.B. die Schließung der 81 Landesbehörden durch die Landesregierung, wie angekündigt, eigentlich nur klappen kann - so kommt es zum Ausdruck -, wenn die Personalvertretungen umfassend dabei mitgestalten können und nicht nur, wie hier in den Redebeiträgen gesagt worden ist, informiert werden. Abgeleitet aus dem Tarifgeschehen will die PDS auch gesetzlich die Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten zu Arbeitnehmern aufheben - eine Sache, die ja bei allen gewählten Personalvertretungen in der gesamten Bundesrepublik jetzt ansteht und angegangen wird. Ich will gar nicht auf Einzelheiten des neuen Gesetzentwurfs eingehen. Die Änderungen erscheinen mir aber sehr tief greifend, z.B. Änderungen bei der Gestaltung von Beteiligungstatbeständen oder Änderungen bei Mitbestimmungsverfahren. Manches geht eigentlich wieder in Richtung unseres allerersten Gesetzentwurfs, den wir im Land Thüringen hatten.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, Die Links- partei.PDS: Sie haben es doch nicht ver- bessert, Sie haben es verschlechtert.)

Sie hatten bereits in Ihrem Redebeitrag Ihre Ausführungen dazu gebracht. Es ist aus der Erfahrung heraus so, dass man das Personalvertretungsgesetz aus mehreren Gründen nicht alle Jahre ändert. Das hat einmal formale Gründe, betrifft aber auch die Fragen der Wahlzyklen und Ähnliches. Zum derzeitigen Zeitpunkt sehe ich keine erneute Beratungsnotwendigkeit, ist doch bei der letzten Novellierung dieses Gesetzes das gesamte Für und Wider auch in den Anhörungen, wenn ich mich recht entsinne, breit zwischen den Fraktionen, aber auch denen, die es unmittelbar in den Personalvertretungen gibt, ausgetauscht worden. Es sollte zunächst auch abgewartet werden, welche Vorschläge denn die Landesregierung zu dieser Gesetzlichkeit demnächst in dieses hohe Haus einbringen wird und was dann in den Fraktionsausschüssen noch für Beratungsvorschläge anstehen. Für eine quasi Neufassung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes grundsätzlicher Art, wie dies in diesem Vorschlag in Drucksache 4/1299 vorliegt, sehe ich zurzeit nicht den richtigen Zeitpunkt. Wir können sicher, wenn die Landesregierung ihre Novelle zu den Veränderungen hier eingebracht hat, erneut über diese Dinge beraten und

dann auch in den Ausschüssen sehen, was dem in dieser Richtung bereits entgegenkommt. Ich denke dabei z.B. an die Zusammenfassung Arbeiter und Angestellte und welche Dinge dann noch weiter vorliegen. Zum derzeitigen Zeitpunkt sehe ich jedenfalls keine erneute Beratung dieser grundsätzlichen Art. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Abgeordneter Hauboldt, eine Nachfrage. Abgeordneter Kölbel, gestatten Sie eine Nachfrage?

Herr Kollege, eine Nachfrage: Sie haben jetzt bemerkt, das ist der ungünstigste Zeitpunkt. Würden Sie mir denn sagen können, wann aus Ihrer Sicht der günstigste Zeitpunkt wäre, sich mit diesem Gesetz zu beschäftigen?

Wie Sie vielleicht wissen, ist es so - und sicher werden auch von der Landesregierung noch Ausführungen dazu kommen -, wenn eine Befassung im Kabinett mit der Gesamtproblematik oder dem Gesetz ansteht, da kommen wir erneut wieder zum Thema, so müssen wir sehen, was steckt bereits darin und was haben sie dann noch weiter für Forderungen und sind die mehrheitsfähig - ganz einfach.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Gasser, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zu dem von der Fraktion der Linkspartei.PDS vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes nehme ich für die Landesregierung wie folgt Stellung:

Bevor ich auf einzelne Punkte des Gesetzentwurfs eingehe, möchte ich vorab einige grundlegende Feststellungen treffen, die für eine Bewertung des Gesetzentwurfs der Linkspartei.PDS von fundamentaler Bedeutung sind.

Zum einen, Herr Blechschmidt, die Landesregierung blockiert hier keineswegs, sie richtet sich nur danach, was sinnvoll und vernünftig ist, und dazu werde ich gleich noch Ausführungen machen.

Zu Herrn Gentzel: Sie sagten, lieber Herr Gentzel, Thüringen hat ein schlechtes Personalvertretungsgesetz,

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das Beste, was es gibt.)

aber juristisch ist die Landesregierung im Rahmen geblieben, nicht nur juristisch, sondern auch verfassungsrechtlich. Die Landesregierung hat im Jahre 2001 ein modernes und vor allem effizienten Verwaltungsstrukturen entsprechendes Personalvertretungsrecht geschaffen. Dabei galt es auf der einen Seite, dem Sinn und Zweck der Personalvertretung Rechnung zu tragen, das heißt, die spezifischen im Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle zu schützen, auf der anderen Seite war die Entscheidungsbefugnis des Dienstherrn zu wahren. Das bedeutet, exekutive Tätigkeit, Regierungstätigkeit und letztlich muss eine Entscheidung in diesem Bereich getroffen werden und kein korporatives Handeln in diesen wirklich elementaren Dingen. Diese im Spannungsverhältnis stehenden Belange hat der Gesetzgeber durch die umfassende Reform des Personalvertretungsgesetzes aus dem Jahr 2001 austariert. Das ist also noch gar nicht lange her. Dabei wurde die Letztentscheidung dem Verwaltungsträger zugewiesen, der die Verantwortung für die Erfüllung der jeweils zugewiesenen staatlichen Aufgaben trägt. Strukturen, Gremien und Verfahren wurden so geregelt, dass ausgewogene, jedoch möglichst zügige Entscheidungen möglich sind. Mit einer Zementierung eines Obrigkeitsstaates, wie der Landesregierung zum Teil vorgeworfen wird, hat das nicht im Geringsten etwas zu tun. Das Thüringer Personalvertretungsgesetz hat sich seitdem auch bestens bewährt. Vermeintliche Verschlechterungen des Arbeitsklimas in der Thüringer Landesverwaltung lassen sich - wenn überhaupt - jedenfalls nicht auf die Änderungen des Gesetzes zurückführen. Vielmehr sollten wir uns vor Augen führen, dass die veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen natürlich auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst einiges abverlangen, so z.B. mehr Flexibilität durch personelle Veränderungen in den Behörden, Verlängerung der Arbeitszeiten, weniger Beförderungsstellen. Ich kann mir vorstellen, dass die Akzeptanz für diese Veränderungen nicht bei allen Beschäftigten im gleichen Maße vorhanden ist. Der öffentliche Dienst nimmt hier aber keine Sonderstellung ein, sondern so geht es Menschen in dieser Bundesrepublik, und zwar etwa 5 Mio. Men

schen, die arbeitslos sind.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der Thüringer Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 20. April 2004, also auch vor noch nicht langer Zeit, auf den Normenkontrollantrag der Linkspartei.PDS hin die weitestgehende Vereinbarkeit der Novellierung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes mit Artikel 37 Abs. 3 der Thüringer Verfassung festgestellt und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Mitbestimmungsregelungen einen weiten Gestaltungsraum eingeräumt hat. Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung auch keine Notwendigkeit, das Gesetz zu ändern, insbesondere dann nicht, wenn die Vorschläge wie in dem Gesetzentwurf der Linkspartei.PDS eine Rückkehr zu den alten aufwändigen und kostenintensiven Verfahren bedeuten. Insoweit steht der Gesetzentwurf im Widerspruch zu den stetig erhobenen Forderungen der Linkspartei.PDS nach einer Verschlankung der Verwaltungsstrukturen. Ich erinnere hier nur an die vielfachen Redebeiträge Ihres vormaligen Fraktionsvorsitzenden Bodo Ramelow.

Zu den Kernpunkten des Gesetzentwurfs ist Folgendes anzumerken: Die Landesregierung sieht kein Regelungsbedürfnis, die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung wieder einzuführen, denn die Interessenvertretung der Beschäftigten erfolgt schon nach der derzeitigen gesetzlichen Konzeption im Wege der partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Damit hat der Gesetzgeber von der ihm eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, Art und Umfang der Beteiligung des Personalrats zu regeln. Die Landesregierung lehnt es auch ab, eine Beteiligung der Personalvertretung in Form der Allzuständigkeit für alle Angelegenheiten und Maßnahmen der Dienststelle vorzusehen. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat den abschließenden Katalog der Beteiligungsfälle, den das Personalvertretungsgesetz derzeit vorsieht, rechtlich nicht beanstandet. Die eindeutige Regelung führt zur Rechtsklarheit, da für jeden erkennbar ist, in welchen Fällen die Beteiligung der Personalvertretung erfolgen soll. Die Vorschrift stellt einen Ausgleich der Interessen zwischen den Beschäftigten und der Dienststelle dar. Die Anzahl der Beteiligungsfälle wird einerseits auf ein verfassungsrechtlich vertretbares Maß beschränkt, um eine effiziente Verwaltungstätigkeit sicherstellen zu können; andererseits finden die wichtigsten Belange der Beschäftigten in ausreichendem Umfang Berücksichtigung. Im systematischen Widerspruch zur vorgeschlagenen Allzuständigkeit der Personalvertretung hält der Entwurf der Linkspartei.PDS an dem abschließenden Katalog von Beteiligungsfällen fest und fordert eine Neuordnung. Dabei geht es im Wesentlichen um eine Vergrößerung des Einflusses der Personalvertretungen. Das soll unter anderem durch

die Abschaffung der Beteiligungsform der Mitwirkung erreicht werden, deren Tatbestände künftig der Mitbestimmung unterliegen sollen.

Eine solche Neuordnung der Beteiligungstatbestände würde das Personalvertretungsrecht weitgehend wieder auf den Stand bringen, den es vor der Novellierung des Gesetzes aus dem Jahr 2001 hatte. Eine insoweit rückwärtsgewandte Gesetzgebung bedeutet, dass die Beteiligungsverfahren - sowohl von der Anzahl als auch von der Dauer her - dem raschen Wandel in der Verwaltung in keiner Weise standhalten können.

Die Landesregierung sieht keine Notwendigkeit, den bisher geregelten Katalog der Gründe, aus dem die Personalvertretung eine Zustimmung zu Maßnahmen der Dienststelle versagen darf, aufzugeben. Vielmehr würde eine solche Stärkung des Einflusses der Personalvertretung allein auf Kosten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gehen, die mit der Regelung der Versagungsgründe begründet worden sind. Die Beibehaltung der Versagungsgründe wirkt Missbrauch entgegen und erhöht die Versachlichung der Diskussion im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit.

Nicht zuletzt geht die im Entwurf vorgeschlagene Erweiterung der Beteiligungsrechte mit einer nicht akzeptablen Ausweitung des Kreises der zu beteiligenden Gremien einher. Die bisher nur für innerdienstliche soziale Angelegenheiten vorgesehene Anhörung des Gemeinsamen Ausschusses der Hauptpersonalräte soll im Sinne einer Beteiligung auf alle beteiligungspflichtigen Angelegenheiten in den Geschäftsbereich mehrerer Ministerien betreffend ausgedehnt werden. Dies würde dazu führen, dass diese erst mit der Novelle des Thüringer Gesetzes im Jahr 2001 abgeschafften, hemmenden Verwaltungsverfahrensstrukturen zugunsten aufwendiger Gremienbeteiligungen wieder eingeführt würden.

Die Landesregierung lehnt auch den Vorschlag ab, die Anzahl der Mitglieder in den Personalvertretungen in bestimmten Fällen zu erhöhen. Dem folgt eine Erhöhung der Anzahl der freigestellten Mitglieder von dienstlichen Aufgaben. Auch die personelle Ausgestaltung der Gremien wurde mit der Novelle im Jahr 2001 neu geregelt. Die personalvertretungsrechtlichen Gremien waren im Wesentlichen zu groß und damit schwerfällig und kostenintensiv. Der Reduzierung der Größe und Anzahl der Freistellungen von Personalratsmitgliedern liegt eine Abwägung des Gesetzgebers zugrunde, welche der notwendigen Sicherung der Arbeitsfähigkeit dieser Gremien, dem verringernden Arbeitsaufkommen durch die Reduzierung der Beteiligungsfälle und dem Kostendruck der öffentlichen Haushalte insgesamt Rechnung trägt.

Letztlich kann aus der Sicht der Landesregierung die vorgeschlagene Einführung von umfassenden Schriftform-, Begründungs- und Aktenvorlagezwängen keine Berücksichtigung finden, denn das würde im Ergebnis eine Rückkehr zu kostenaufwendigen und langwierigen Beteiligungsverfahren bedeuten, die moderne Dienstleistungsstrukturen der öffentlichen Verwaltung hemmen. Mit den legitimen Zielen effizienter Verwaltungstätigkeit, die der Gesetzgeber mit der derzeitigen Fassung des Personalvertretungsgesetzes verfolgt, ist das nicht zu vereinbaren. Das betrifft auch den Vorschlag, weitere Anhörungsrechte für die Beschäftigten einzuführen. Die Belange der Beschäftigten sind bei individueller Betroffenheit, beispielsweise bei personellen Maßnahmen der Versetzung, Abordnung etc., bereits ausreichend geschützt. Eines weiter gehenden verallgemeinerten Interessenschutzes bedarf es nicht. Zudem bestehen Bedenken, der Personalvertretung das Recht einzuräumen, ohne Zustimmung der Beschäftigen Informationen über vertrauliche Personalgespräche mit Vorgesetzten einzuholen.

Der Gesetzentwurf der Linkspartei.PDS greift auch die Verwaltungsreform auf. Dabei wird die fehlende Beteiligung der Personalvertretungen bei der Umorganisation der Verwaltungsstrukturen im Freistaat Thüringen kritisiert. Auch dies geht fehl. Ein Regelungsbedürfnis besteht in diesem Bereich nicht, weil bei Entscheidungen der Landesregierung eine Beteiligung nicht geboten ist. Das wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung mit der Unantastbarkeit des Kernbereichs exekutiver Organisationsgewalt begründet; soweit gleichwohl eine informelle Einbeziehung der Personalvertretung erfolgt, zeigt dies die besondere Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten im frühen Stadium der Vorbereitung von solchen Entscheidungen.

(Glocke der Präsidentin)

Im Übrigen erfolgt die Beteiligung der zuständigen Personalvertretungen bei der Umsetzung der Beschlüsse der Landesregierung. Die bisherigen Ausführungen bedeuten aber nicht, dass im Bereich des Personalvertretungsrechts derzeit überhaupt kein Handlungsbedarf bestünde. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom Oktober 2005 wird u.a. die bisherige Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgegeben. Das hat Auswirkungen auf das Personalvertretungsgesetz, weshalb die Landesregierung beabsichtigt, eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen. Hierbei handelt es sich um die Zusammenfassung der Beschäftigtengruppen von Angestellten und Arbeitern zu der neuen gemeinsamen Beschäftigtengruppe der Arbeitnehmer.

Die Umsetzung der Vorgaben des Tarifvertrags erfordert eine schnelle Reaktion des Gesetzgebers, andernfalls sind die Vorbereitungen der Wahlen zu den Personalvertretungen im Januar 2006 gefährdet. Um dies zu vermeiden, hat die Landesregierung bereits einen Gesetzentwurf vorbereitet, der die mit dem In-Kraft-Treten des neuen Tarifvertrags verbundenen Änderungen im Thüringer Personalvertretungsgesetz berücksichtigt. Auch vor diesem Hintergrund lehnt die Landesregierung den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist eine Überweisung an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt worden. Wir stimmen zuerst ab über die Überweisung des Antrags an den Innenausschuss. Wer für die Überweisung des Antrags an den Innenausschuss ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung an den Innenausschuss, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Danke. Stimmenthaltungen? Keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Überweisung mit Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist auch diese Überweisung abgelehnt und ich schließe die Beratung für heute zu diesem Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/1309 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort zur Begründung? Bitte, Frau Abgeordnete Berninger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, verehrte Gäste, gestern gedachten Menschen in ganz Thüringen und der Bun

desrepublik der Opfer des Nationalsozialismus. Der 9. November 1938, die Reichspogromnacht, markiert wie kein anderes Datum das Aufkommen des staatspolitischen Terrors gegen Bürger jüdischen Glaubens im deutschen Faschismus. Jährlich am 9. November erinnern wir uns an eine mit nichts vergleichbare Epoche deutscher Geschichte, an industriellen Massenmord, an unsägliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit, an Krieg und Zerstörung in den von Hitler-Deutschland überfallenen Ländern. Alle diese Verbrechen waren Staatsdoktrin im Nationalsozialismus. Sie erwuchsen einer Menschen verachtenden Ideologie. Wir bekunden mit dem Gedenken nicht nur unsere Abscheu vor den Gräueltaten, wir bekunden auch unsere Abscheu vor deren zugrunde liegender Überzeugung von der prinzipiellen Ungleichheit der Menschen und der Notwendigkeit der Vernichtung vermeintlich Minderwertiger.

Am 9. November bekennen sich Menschen in diesem Land zu ihrer Verantwortung aus der deutschen Geschichte und bekräftigen ihre Bereitschaft und ihre Verantwortung, diese Verbrechen singulär bleiben zu lassen. Parallel dazu und vollkommen unbeeindruckt von diesem breiten Konsens in der Gesellschaft, begehen Neonazis auf ihre Art den 9. November. Unter dem Motto, ich zitiere: „Ehre den 16 Toten vom 9. November 1923“ wollten Faschisten gestern in München aufmarschieren. Der zuständige Oberstaatsanwalt in der bayerischen Landeshauptstadt wurde im Vorfeld von der Polizei um eine Stellungnahme gebeten, ob der Aufmarsch Straftatbestände erfülle. Er kam zu dem Ergebnis, dass mit der Glorifizierung des Marsches auf die Feldherrenhalle keine Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbunden sei. Nach Lesart vieler Menschen war der Aufmarschversuch in München dagegen die unverholene Wiederaufnahme einer im Nationalsozialismus zentralen Kulthandlung.