Protocol of the Session on June 3, 2005

Aber zurück zur Eigeninteressenquote: Auch 12 Prozent Eigeninteressenquote sind für unsere Kommunen zu hoch. Die Auslegung des Artikel 93 Abs. 1 Satz 2 der Thüringer Verfassung sieht einen angemessenen Ausgleich für übertragene Aufgaben und verursachte Kosten vor - „angemessen“ heißt meines Erachtens: reale Kostendeckung. Welche Kosten für eine bestimmte Aufgabe anfallen, zumal sie der Freistaat an Landkreise, kreisfreie Städte oder Kommunen abgibt, müsste man im Finanzministerium doch am Besten selbst wissen, denn man hat die Aufgabe ja selbst vorher wahrgenommen. Bisher hat man dies jedoch mit dem Hinweis auf imaginäre Synergien, die offensichtlich nur in den Gemeinden entstehen, stets verdrängt. Auch der vorliegende Verordnungsentwurf bietet da nichts Neues an. Dabei sollte man doch davon ausgehen, dass bei der permanenten Finanzmisere des Freistaats die mehrfachen und teuren Betrachtungen externer Berater zu notwendigen Verwaltungsstrukturen fruchten müssten. Damit dürfte bei keiner Aufgabe im Rahmen der Kommunalisierung ein Spareffekt mehr möglich sein. Auch das Verfassungsgericht Weimar hat beim Erörterungstermin des Normenkontrollantrags der SPD-Fraktion zum Thüringer Finanzausgleichsgesetz darüber gesprochen, dass gerade im Bereich der Auftragskostenpauschale gut ermittelbar ist, welche Kosten eine übertragene oder zu übertragende Aufgabe verursacht. Insofern ist nicht einzusehen, dass Kommunen Aufgaben übernehmen und dafür noch trickreich finanziell geknebelt werden. Was hilft eine einjährige bessere Ausstattung der Landkreise im Rahmen der Auftragskostenpauschale, wenn dieselben Landkreise vorher wie die Gänse gerupft wurden und die kreisangehörigen Kommunen mit geringerer Erstattung keine Kreisumlage mehr zahlen können. In der neuen Fassung der Verordnung für das Jahr 2005 ist bedauerlicherweise ebenfalls keine richtungsweisende Formulierung für die zukünftige Übertragung von Aufgaben des Freistaats auf Landkreisebene, auf kreisfreie Städte und Kommunen enthalten. Das wäre gerade jetzt vor der Umsetzung der angekündigten Behördenstrukturreform der Landesregierung ganz besonders wichtig. Wieder muss nun in außergewöhnlich unschönen Verhandlungen über jede zu kommunalisierende Aufgabe gestritten werden, wird sowohl in den Ministerien als auch von kommunaler Seite eine Unmenge an Arbeitszeit und Kraft vergeudet, die uns bei den wirklichen Herausforderungen fehlen. Traurig, dass die Landesregierung nicht bereit ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Tatsache sagen, dass bisher keine Anzeichen zu erkennen sind, dass die Landesregierung die Auftragskostenpauschale aus dem Dilemma der kommunizierenden Röhren des Kommunalen Finanzausgleichs herausholen möchte. Bis nicht sichergestellt ist, dass die Erhöhung der Ausgaben bei der Auftragskostenpauschale ohne Auswirkung beispielsweise bei den Schlüsselzuweisungen ist, ist ein Ausgleich der tatsächlichen, sprich angemessenen Kosten nicht erreichbar. Sie wissen, wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode betont, dass wir im Grunde genommen die Systematik für richtig halten, dass sämtliche den Kommunen zustehende Finanzen in einem KFA zu regeln sind. Da unterscheiden wir uns jetzt von der Aussage von Ihnen, Herr Kuschel, wo Sie sagen, es sollte herausgenommen werden. Denn auch die Regelung außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs gab bisher noch nie die Gewähr dafür, dass die den Kommunen zustehenden finanziellen Mittel auch dauerhaft bei der Kommune ankamen. Schlussendlich ist es für das Parlament aber auch nicht hinnehmbar, auch das ist erwähnt worden, dass die wichtigen Entscheidungen über die Zuweisungen finanzieller Mittel an Kommunen über die Auftragskostenpauschale immer noch nicht als eigengesetzliche Regelungen gefasst werden, sondern im Wege der Verordnung bestimmt wird. Auch wenn Herr Mohring im Dezember 2003 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass man nun eine Zustimmungsverordnung hat, das ist unserer Meinung nach nichts Halbes und nichts Ganzes. Entweder das Parlament ist Entscheider über die wichtigen Themen, dann sollte eine Mitwirkung möglich sein oder es wird von der Landesregierung nur als notwendiges Übel betrachtet, dann soll die Regierung auch die ganze Arbeit machen. Wir fordern wiederholt, dies im Hinblick auf die nächsten Diskussionen zum nächsten Haushaltsjahr umgehend zu ändern. Auch an dieser Stelle sei der Normenkontrollantrag nochmals erwähnt, er ist ja schon ausführlich jetzt besprochen worden, der die Thüringer Verfassung für diese Thematik klären helfen soll. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Fiedler.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Staatssekretär hat ausdrücklich vorgetragen die infrage stehende Verordnung in der Drucksache 4/868. Da es nur um einen beschränkten Zeitraum von einem Jahr geht und die Spitzenverbände hier weitestgehend zugestimmt haben, beantragen

wir Zustimmung zu dem Antrag.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist die Überweisung an den Innenausschuss, nehme ich an, beantragt worden, vorhin wurde nur Ausschussüberweisung gesagt. Wir stimmen über diese Überweisung ab. Ich möchte Ihnen noch folgenden Hinweis geben: Die Überweisung an den Innenausschuss ist beantragt worden, damit eine Detailberatung der Verordnung und eine Anhörung der Spitzenverbände möglich wird. Damit wird dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 12. Oktober 2004 entsprochen, das die Anhörungsrechte der Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände zur Regelung ihrer rechtlich geschützten Interessen betreffend gestärkt wird.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer gegen die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Enthaltungen? Keine Enthaltungen. Damit ist die Überweisung abgelehnt. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 18.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Zu- stimmung, Frau Präsidentin)

Die Ausschussüberweisung ist abgelehnt, wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Landesregierung in Drucksache 4/868. Wer für diese Drucksache ist, den bitte ich um das Handzeichen. Wer gegen die Drucksache ist, bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Es ist keine Stimmenthaltung, damit ist diesem Antrag der Landesregierung zugestimmt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Berichte der Landesregierung zum Stand der Verwaltungs- modernisierung im Freistaat Thüringen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/874 -

Wünscht die Fraktion der PDS das Wort zur Begründung? Nein, es wird nicht gewünscht. Bitte, Frau Ministerin Dietzel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, uns liegt der Antrag der PDS zur Berichtspflicht der Landesregierung zur Verwaltungsmodernisierung vor. Schon in der letzten Plenarsitzung habe ich einen umfangreichen Sofort

bericht zur Verwaltungsreform vorgetragen. Erinnern wir uns, meine Damen und Herren, der Ministerpräsident Dieter Althaus hat in seiner Regierungserklärung am 9. September des vergangenen Jahres jedem Abgeordneten und jedem Bürger unseres Freistaats klar und deutlich gesagt, was wir tun wollen. Er erklärte, welche konkreten Maßnahmen zur Behördenstraffung vorgesehen sind und er wies auf Mittel zur Schaffung transparenter Strukturen hin. Wie Sie wissen, handelt es sich um insgesamt 80 Behördenschließungen und -zusammenfassungen. Außerdem ist es unser Ziel, bis zum Ende der Legislatur insgesamt 7.400 Stellen einzusparen und dies ohne betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Von Anfang an war uns klar, wir wollen Strukturen verändern, aber wir wollen keine Menschen entlassen. Nun waren Sie, meine Damen und Herren, auch alle darüber unterrichtet, dass die Ausführung dieser angekündigten Maßnahmen im Finanzministerium koordiniert und zusammengeführt werden sollten. Wir haben das Behördenstrukturkonzept noch am Tag seiner Fertigstellung für jedermann lesbar in das Internet eingestellt. Darüber hinaus haben wir mit den Personalräten und Gewerkschaften umfangreiche Gespräche geführt. Es gab natürlich Demonstrationen und Bedenken besorgter Mitarbeiter. Diese Sorgen nehmen wir ernst. Andererseits gibt es in der Bevölkerung und in der Wirtschaft einen breiten Konsens für Bürokratieabbau, Deregulierung und schlankere staatliche Strukturen. Meine Kollegen Minister und ich stimmen uns derzeit mit den Personalvertretungen und mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie vielen Betroffenen ab über die Strukturmaßnahmen und ihre Umsetzung Stück für Stück. Dies erfolgt in den einzelnen Ressorts durch Einzelgesetze, wie zum Beispiel gestern auch das 5. Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes, durch Verordnung oder verbunden mit dem Haushalt in einem Haushaltsbegleitgesetz. Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, wir informieren umfassend.

Zum Thema Gültigkeitsverzeichnis, das Sie ansprechen in Ihrem Antrag: In Ihrem Antrag fordern Sie die Aufnahme einer Begründung der Veränderung im Gültigkeitsverzeichnis der Verwaltungsvorschriften. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der PDS, zum Stichpunkt 1. Januar eines jeden Jahres wird ein Sonderdruck des Thüringer Staatsanzeigers zum Gültigkeitsverzeichnis herausgegeben, der dann in der Februar-Ausgabe veröffentlicht wird. Die Datei der Verwaltungsvorschriften ist über die Internetseite des Innenministeriums abrufbar. Eine eventuelle Änderung der Vorschrift ergibt sich aus diesem Zusammenhang. Eine detaillierte Begründung in jedem Fall widerspräche dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung.

Zum Zeitpunkt des Berichts: Würden diese Berichte halbjährlich erfolgen müssen, so wären wir damit bei einem erheblichen Mehraufwand. Eine halbjährliche Berichterstattung ist nicht effektiv. Termine, die einem langfristigen, auf Jahre angelegten Prozess kurzfristige Ergebnisse abverlangen, führen nicht zu einer höheren Transparenz. Im Übrigen sind unsere Vorhaben für jedermann zugänglich, entweder in Landtagsdrucksachen, wie bei der Aufzählung der Vorhaben der Landesregierung vom 9. September 2004, oder in meinem Sofortbericht vom 22. April oder auf den Internetseiten des Finanzministeriums, des Innenministeriums und der einzelnen Ressorts. Wir haben in der 3. Legislaturperiode vieles gelernt, auch im Bereich der Verwaltungsmodernisierung und des Berichtswesens. Wir haben Erfahrungen gesammelt. Eine dieser Erfahrungen ist, dass es nicht mehr Effektivität und Effizienz bedeutet, wenn man mehr Berichte macht, sondern nur, dass es die Mitarbeiter von entscheidenden Veränderungen abhält. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, lehnen wir Ihren Antrag zu einer halbjährlichen Berichterstattung ab. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Hauboldt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verwaltungsmodernisierung in Thüringen ist ja ein wahrlich oft behandeltes Thema hier in diesem Hause. Ich bin mir auch fast sicher, so manche können dieses Thema schon gar nicht mehr hören. Frau Diezel, Sie haben es jetzt schon zum Ausdruck gebracht, dass Sie nicht gewillt sind, hier halbjährlich Bericht zu erstatten. Das ist eine andere Ausdrucksweise. Aber darauf komme ich noch mal zurück.

Ich muss und werde Sie zur Problemlage Verwaltungsreform weiter quälen, weil ganz einfach die politische Weichenstellung zur künftigen Verwaltungsstruktur, ich denke, da sind wir uns einig, einen entscheidenden Faktor für die Weiterentwicklung unseres Freistaats darstellt.

Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion fordert mit dem vorliegenden Antrag die halbjährliche Berichterstattung der Landesregierung zum jeweiligen aktuellen Stand - ich betone das „Zum jeweiligen aktuellen Stand“ - der Verwaltungsmodernisierung. Wir sind davon überzeugt, dass sowohl der Landtag als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Verwaltungen ein originäres Recht auf diese Information haben. Sie werden doch täglich damit konfrontiert, was wirtschaftlicher Strukturwandel und

gesellschaftlicher Pluralismus mit neuen Gegebenheiten für den Staat bedeuten. In der heutigen Informationsgesellschaft werden vor allen Dingen Schnelligkeit, Flexibilität und Kundenfreundlichkeit von den Verwaltungen als Leistungs- und Modernisierungsmaßstab verlangt. Das heißt, die Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung sollten kundenfreundliche, bürgernahe, effiziente, kostengünstige und leistungsfähige Verwaltungen zur Zielstellung haben.

Meine Damen und Herren, der Ursprung, der in unserem Antrag geforderten Berichterstattung - man höre und staune - liegt in der 3. Legislaturperiode. Damals hatte die CDU-Fraktion ein solches Begehren an die Landesregierung gerichtet. Die Union hatte personalisiert in Form - leider ist er jetzt nicht hier - durch ihren damaligen Minister Köckert folgende Lösungswege aufgezeigt. Sie wollten Verwaltung in noch stärkerem Maße so organisieren, wie die Bürger und die Unternehmen diese brauchen. Sie wollten die berüchtigte Ämterrallye, so haben Sie es damals formuliert, abschaffen und Bürger- und Servicecenter einrichten. Die Stadt Erfurt wurde damals durch Sie als Paradebeispiel benannt.

Leider sind Sie bis heute nur in großspurig angekündigten Ansätzen steckengeblieben. Sie hatten sich selber auf die Fahnen geschrieben, den Staat vom überflüssigen Ballast zu befreien und das Übermaß an Regelungstatbeständen zu beseitigen. Sie hatten sich selbst die Pflicht auferlegt den Abbau von Überregulierungen durch Rechtsbereinigung, einen Abbau von Statistik, von Verwaltungsverfahren und überflüssigen Standards sowie eine Modernisierung der Rechtsanwendung zu betreiben. Zum Personal waren Ihre Argumente, dass wie jede Familie, wie auch jedes Unternehmen, auch der Staat seine Betriebskosten auf den Prüfstand stellen müsse. Ihre Zauberformel hieß damals - eigenartiges Wort - Personalabbaupfad bis zum Jahr 2004/2005 mit der Zielstellung, 8.904 Stellen abzubauen.

Sie, verehrte Damen und Herren aus der Mitte dieses Hauses, haben damals beteuert, dass Verwaltungsmodernisierung keine einmalige Sache sein kann, sondern dauerhaftes Engagement verlangt. Sie hielten es für unverzichtbar, halbjährlich über den Fortgang des Reformprozesses zu unterrichten. Die Mehrheit des damaligen Landtags hatte diesem Antrag erwartungsgemäß zugestimmt. Leider ist der Antrag der Diskontinuität zum Opfer gefallen. Die damalige Intention der CDU ist klar gewesen - das unterstelle ich ganz einfach mal - mit den Berichten sollte lediglich, ich denke einmal, ein Lobgesang auf die CDU-Landesregierung angestimmt werden. Ich kann Ihnen hier an dieser Stelle versichern, dass das nicht unsere Absicht ist. Wir haben eine andere Absicht in dieser Richtung. Wir wollen die Landesregie

rung fordern. Wir wollen die Landesregierung regelmäßig auffordern, Farbe zu bekennen. Wir wollen überprüfen, inwieweit die Landesregierung tatsächlich ihr Behördenstrukturchaosprogramm umzusetzen versucht. Wir werden die Widersprüche der Landesregierung zwischen den doch vollmundigen Ankündigungen verbal wie auch in Hochglanzbroschüren und den Resultaten der Reformunfähigkeit der Thüringer CDU aufzeigen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, wären die Befürchtungen der PDS-Fraktion zur Konzeptions- und Handlungsunfähigkeit der Landesregierung unbegründet, so hätte die CDU-Fraktion - so denke ich - unmittelbar nach der Landtagswahl mit einem eigenen Antrag die Fortführung der Berichterstattung einfordern müssen. Aber, Sie haben es vernehmen können, nichts dergleichen ist geschehen. Stattdessen werden hinter verschlossenen Türen Programme ausgearbeitet, welche bis heute - ich denke doch - ein Ausdruck von politischer Ohnmacht und Hilflosigkeit sind. Sie haben bisher nur Verunsicherungen und Zukunftsängste bei Mitarbeitern, Angestellten und Beamten erzeugt. Ein Beispiel, Frau Diezel, haben Sie genannt. Sie haben auf die Demonstration hier vorm Haus aufmerksam gemacht.

Mit uns, meine Damen und Herren, kommen Sie nicht daran vorbei, regelmäßig Ihre Probleme und auch Ihr Versagen öffentlich bekunden zu müssen. Immerhin zeigt sich, dass sich die unterschiedlichen CDU-Landesregierungen seit dem ersten halbjährlichen Bericht - ich glaube im April 2001 - nicht bewegt haben. Doch gerade in Bezug auf die Modernisierung des Freistaats, es ist mehrfach benannt worden, ist jeder Tag ohne Reform ein verlorener Tag.

Wenn Sie mir, meine Damen und Herren aus der CDU, entgegenhalten wollen, dass sich diese Landesregierung doch bewegt hätte, da kann ich Ihnen nur antworten, umso schlimmer, was auch immer von Ihnen bisher angepackt wurde, ist schief gegangen. Wir aber sind optimistisch, wir hoffen für unser Land, dass diese Landesregierung entwicklungsfähig ist. Deshalb wollen wir uns regelmäßig halbjährlich davon überzeugen lassen, deshalb fordern wir die halbjährliche Berichterstattung. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Pilger.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema Verwaltungsmodernisierung begleitet den Thüringer Landtag nun schon seit mehreren Jahren. Neue Dynamik hat die Debatte um das Thema mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Althaus im September 2004 bekommen. Heute morgen ist ja schon der TLZ-Gastbeitrag von Herrn Minister Schliemann am 11. Juni zur Sprache gekommen. Seine Bezugnahme auf die französische Revolution hat aber wahrscheinlich einen tiefer liegenden Hintergrund als das Antidiskriminierungsgesetz. Die französische Revolution hat eine politische Epoche beendet, die auch durch den Sonnenkönig Ludwig XIV. geprägt war, und im September 2004 verkündete der Ministerpräsident ähnlich dem Sonnenkönig seine Eingebung zur Verwaltungsmodernisierung.

(Beifall bei der PDS, SPD)

In diesem Kontext ist die Äußerung des Justizministers aus Sorge um seinen Ministerpräsidenten eher zu verstehen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Schwie- rig.)

Meine Damen und Herren, mit der Regierungserklärung wurde konkret, was die CDU unter Verwaltungsreform versteht: Entscheidungen über Strukturen ohne Mitsprachemöglichkeit der Betroffenen und ohne ausreichende Einbeziehung und Information des Parlaments. Noch heute versuchen einzelne Ministerien Begründungen für diese am grünen Tisch beschlossenen Maßnahmen zu finden oder - sollte ich besser sagen - zu erfinden. Verwaltungsreform geschieht in Thüringen nach dem Versuch-IrrtumsPrinzip. Das haben Sie, Frau Finanzministerin, jedenfalls sinngemäß in der Debatte zum SPD-Antrag „Grundlagen und Auswirkungen der Behördenstrukturreform der Landesregierung“ am 22. April dieses Jahres hier in diesem hohen Haus gesagt. In Thüringen wird erst festgelegt, welche Behörden abgeschafft werden sollen und dann werden im Rahmen der Aufgabenkritik krampfhaft Begründungen gesucht, warum die Behörde nicht mehr gebraucht wird. Klappt es nicht mit der Begründung, dann war das Ganze ein Irrtum und wird, wie Gott sei Dank beim Landgericht Mühlhausen, schnell wieder rückgängig gemacht.

(Beifall bei der PDS)

Das hat mit seriöser Regierungspolitik nichts mehr zu tun. Das ist Aktionismus pur auf dem Rücken der Beschäftigten. Mit mehreren Anträgen und in mehreren Plenardebatten hat die SPD-Landtags

fraktion zu erreichen versucht, dass die Grundlagen der Reform offen gelegt werden. Wir haben darum gebeten, dem Parlament die angeblich angestellten Vergleiche mit anderen Bundesländern, die angeblich angestellte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und das angeblich vorhandene Personalentwicklungskonzept vorzulegen - leider ohne Erfolg, da die CDU-Landtagsmehrheit im blinden Gehorsam zur Landesregierung ihren Kontrollauftrag sträflichst vernachlässigt und mit ihrer Mehrheit andere Fraktionen daran hindert, ihrem Kontrollauftrag sachgerecht nachzukommen. Außer dem auch an die Presse verteilten Text zum Behördenstrukturkonzept liegt den Abgeordneten des Thüringer Landtags keine Unterlage vor. Bisher haben wir nichts in die Hand bekommen, was die in den einzelnen Bereichen geplanten Veränderungen umfassend darstellt und ausreichend begründet. Da braucht sich der Herr Ministerpräsident auch nicht zu wundern, dass mittlerweile von einer Behördenstrukturreform nach Parteibuch die Rede ist. Bayerische Verhältnisse in Thüringen hat einst Ministerpräsident Dr. Vogel proklamiert. Ist das der Weg zur Umsetzung bayerischer Verhältnisse, dass es bald keinen Behördenleiter ohne schwarzes Parteibuch mehr in Thüringen gibt, meine Damen und Herren von der CDU? Diese Landesregierung weigert sich, die Grundlagen, die genauen Begründungen und die finanziellen Auswirkungen für jede einzelne Strukturveränderung öffentlich zu machen. Das nährt doch den Verdacht, dass Sie die notwendigen Veränderungen bei den Thüringer Behördenstrukturen auch dazu nutzen, um unliebsame Beamte ruhig zu stellen und abzuschieben. Erfahrungen haben Sie ja aus der Zeit nach dem Ende der großen Koalition. Betroffen waren damals eine Reihe von Mitarbeitern, die Sie für SPD-nah hielten. Bisher hat die Thüringer Landesregierung nichts Substanzielles vorgelegt und sich alle Informationen zu den angedachten Strukturmaßnahmen regelrecht aus der Nase ziehen lassen. Wir finden es nur konsequent, zur Wahrung der Interessen des Parlaments und der Öffentlichkeit wenigstens die regelmäßige Information über den Stand der Verwaltungsmodernisierung einzufordern. Solche Berichte waren in der zurückliegenden Legislaturperiode nach einem Beschluss des Parlaments regelmäßig vorzulegen. Nach dem bisher unbefriedigenden Umgang der Landesregierung und der CDU-Fraktion mit unseren Vorstößen wünschen wir dem PDS-Antrag heute mehr Erfolg. Es wäre gut, wenn sich heute eine Mehrheit dafür findet, eine regelmäßige Berichterstattung von der Landesregierung auch für diese Legislaturperiode einzufordern. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Mohring.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Pilger, ich weiß ja, dass Sie es schwer haben in dieser Zeit in Ihrer Fraktion, für das, was Sie derzeit politisch durchleiden müssen in Berlin, aber deswegen befreit Sie das nicht davon,

(Unruhe bei der SPD)

die Arbeit hier in Thüringen so zu erledigen und auch zur Kenntnis zu nehmen, was wir hier vor allen Dingen in den Parlamentsdebatten besprechen. Vor allen Dingen will ich es Ihnen deshalb sagen, weil Sie es in Ihrer eigenen Begründung auch genannt haben, dass nicht zuletzt mit der Regierungserklärung im September von Dieter Althaus und ganz zuletzt auf der letzten Plenarsitzung Finanzministerin Birgit Diezel zu diesen Punkten, die angesprochen wurden im PDS-Antrag hier, über den wir debattieren, ausführlich dem Parlament Rede und Antwort gestanden wurde für das, was wir in Thüringen in der Verwaltungsmodernisierung auf den Weg bringen wollen.

Ich will es Ihnen auch gern noch mal sagen, weil es ja unsere Fraktion war, die im September des Jahres 2000 den halbjährlichen Bericht gefordert hat, weil wir natürlich in Kenntnis der Haushaltslage des Freistaats Thüringen in der letzten Legislaturperiode zu dem Ergebnis gekommen sind, dass wir im Bereich der Verwaltungsmodernisierung, Bürokratieabbau und auch Personalentwicklung Handlungswege auf den Weg zeigen müssen und auch die Landesregierung bitten müssen, diese umzusetzen. Weil wir wollten, dass das in einem engen Zeitrahmen passiert, haben wir uns dazu entschlossen, diesen Bericht halbjährlich abzufordern. Diese Berichte sind geliefert worden und im Ergebnis dieser Berichte - das ist doch dann auch die Konsequenz, die sich aus politischem Handeln im Parlament ergeben muss - ist das, was Dieter Althaus mit seiner Regierungserklärung im September auf den Weg gebracht hat. Das finden Sie auch alles wieder in dem Antrag, deswegen will ich es auch noch mal kurz aufzählen. Sie fordern zum einen die Begründung und Darstellung der Veränderungen der Behördenstruktur. Die ist auf den Weg gebracht, 81 Behörden in diesem Freistaat werden geschlossen. 7.400 Landesbedienstetenstellen werden abgebaut und nicht wieder besetzt. Altersteilzeitmodelle werden auf den Weg gebracht. Sie fordern die Begründung und Veränderung im Aufgabenkatalog des Landes und der Kommunen. Wir haben gestern mit der Einsetzung der Enquetekommission Gebietsreform, die von der

SPD beantragt wurde, genau in den Aufgabenkatalog der Enquetekommission diese Beschreibung mit aufgenommen. Es ist Sache des Parlaments selbst, diesen Aufgabenkatalog zwischen Land und Kommunen zu analysieren, wissenschaftlich begleiten zu lassen und danach die entsprechenden Schlussfolgerungen auch hier im Haus durch Beschlussfassung zu ziehen. Wir haben zu den personellen Auswirkungen der Verwaltungsmodernisierung Erfahrungen bei der Einbeziehung der Personalvertretung und finanzielle Auswirkungen der Verwaltungsmodernisierung ausführlich von Birgit Diezel als Finanzministerin in ihrem Bericht auch die Ergebnisse gehört, wo wir stehen werden, wenn die Behördenstrukturreform, die auf den Weg gebracht ist, umgesetzt wird und welche finanzielle Entlastung am Ende dieses langen Wegs für Thüringen an neuen Haushaltsvolumen zur Verfügung steht.

Weil das alles so schwierig ist und weil wir wissen, dass wir das auch am Ende allein durchtragen müssen, ist es vor allen Dingen jetzt ganz entscheidend, dass die Dinge, die genannt wurden in den Regierungserklärungen, auch umgesetzt werden, dass sie auch tatsächlich vollzogen werden und dass wir nicht am Ende dieser Legislaturperiode auf halbem Wege stehen geblieben sind, weil wir uns dann unsere eigenen Handlungsspielräume wegnehmen würden. Deshalb wollen wir als CDU-Fraktion unsere Aufgabenschwerpunkte darin sehen, jetzt mitzuhelfen, dass die Behördenstrukturreform auf den Weg gebracht wird und auch die notwendigen Konsequenzen in den nächsten Doppelhaushalten gemeinsam festzurren und dann schauen, was sich aus diesen Erfahrungen ergibt. Deshalb werden wir zu diesem Zeitpunkt heute den Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Es liegt mir auch kein Antrag zur Ausschussüberweisung vor, also kommen wir direkt zur Abstimmung. Bitte, Herr Abgeordneter.