Protocol of the Session on June 2, 2005

4. In welcher Weise wird Thüringen zukünftige Vorschläge zu Gesetzesänderungen für eine Ausweitung der Analysemöglichkeiten unterstützen?

Bemerkung: Die Fragen werden aufrechterhalten trotz der im Innenausschuss stattgefundenen Debatte.

Danke. Es antwortet Minister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten!

Zu Frage 1: Die Landesregierung sieht ein dringendes Bedürfnis, den Aufbau und die Pflege der DNAAnalyse-Datei auf eine breitere Grundlage zu stellen, um damit die Effizienz der Tataufklärung weiter zu verbessern. Dieses Bedürfnis begründet sich in erster Linie in einer Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor Straftaten, insbesondere vor gefährlichen Sexualstraftätern.

Zu Frage 2: Nein.

Zu Frage 3: Die Auffassung der Datenschutzbeauftragten wird nicht geteilt. Für den genetischen Fingerabdruck wird nur der nicht kodierte Teil der DNA untersucht. Aussagekräftige Informationen über körperliche, geistige oder charakterlich-individuelle Eigenschaften eines Menschen können nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft daraus nicht gewonnen werden. Der nicht kodierte Teil der DNA lässt lediglich die Bestimmung des Geschlechts zu und ermöglicht einen äußerst vagen Hinweis auf eine ethnische Zugehörigkeit des Spurenlegers. Das trifft aber nur auf die groben Unterscheidungen der drei ethnischen Gruppen zu: Schwarzafrikaner, Asiaten und Kaukasier. Die Hinweise sind so vage, dass sie in der forensischen Praxis keine Rolle spielen.

Zu Frage 4: Hessen, Bayern, Thüringen, Hamburg und das Saarland haben eine Gesetzesinitiative zur Erweiterung des Einsatzes der DNA-Analyse auf den Weg gebracht. Dieser Gesetzesantrag ist zwar vom Bundesrat am 18. März 2005 abgelehnt worden, auf den Regelungsgehalt der Gesetzesinitiative wird jedoch grundsätzlich Wert gelegt und daran festgehalten. Die Landesregierung wird sich gegebenenfalls aber Kompromisslösungen nicht verschließen. Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse der Bundesjustizministerin vom 12. Mai 2005 ist jedoch keine derartige Kompromisslösung, da diese deutlich hinter den von der Landesregierung vorgeschlagenen Regelungen zurückbleibt.

Gestatten Sie mir am Ende noch einen kleinen Hinweis, dass die eben geschilderte Problematik bereits Gegenstand sowohl der Sitzung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten am 17. Februar als auch der Sitzung des Innenausschusses am 13. Mai 2005 war.

Danke. Deswegen war die Frage trotzdem gestattet. Es gibt noch Nachfragen des Abgeordneten Blechschmidt.

Herr Minister, nachgefragt: Wie wirkt sich der so genannte Schengen-3-Vertrag zwischen den sieben europäischen Ländern auf die Rechtslage und die Anwendungspraxis von DNA-Analysen möglicherweise aus?

Zweitens: Falls im Hinblick auf den Umgang mit DNAAnalysen weitere Harmonisierungsschritte auf der EU-Ebene geplant sind, die zu einer Ausweitung der Analyse führen würden, wie sind dann die im Grundrecht garantierten Rechte zur informationellen Selbstbestimmung gewährleistet?

Gestatten Sie, dass ich auf diese beiden Fragen nachträglich antworte, ich kann sie aus dem hohlen Bauch heraus nicht anständig beantworten.

Danke, das heißt, sie werden schriftlich nachgereicht. Entschuldigung, Herr Minister Schliemann, noch eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Gentzel.

Herr Justizminister, was kostet denn ein DNA-Test in Thüringen?

Wenn ich richtig informiert bin 113 € oder 63 €. Ich weiß es nicht ganz genau. Aber auch das kann ich gern nachreichen.

Auch das wird nachgereicht. Danke schön.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Schriftlich.)

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Danke. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage, eine der Abgeordneten Hennig, PDS-Fraktion, in Drucksache 4/899.

Rosa Listen und Code 901

In einem Artikel auf der Internetseite von Indymedia vom 19. Mai 2005 heißt es unter der Überschrift „NRW: Polizeicode ‚901’ für Homosexuelle“ von Martin Lentzen, dass zehn Jahre nach der Abschaffung des § 175 des Strafgesetzbuchs (Schwulenpara

graph) die Polizeibehörden in Bayern, Thüringen und Nordrhein-Westfalen offenbar immer noch Daten über den Aufenthaltsort von Homosexuellen sammeln. Der Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter spielte bei der Aufklärung dieser Praxis eine entscheidende Rolle. Weiter heißt es: „In dem von den Polizeibehörden der drei Bundesländer genutzten, von der bayerischen Polizei entwickelten und vertriebenen Computerprogramm namens ‚IGV-P’ können in einer Suchmaske unter der Schlüsselnummer 901 Angaben zum ‚Aufenthalt von Homosexuellen’ an bestimmten Orten eingegeben werden.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist es in Thüringen Praxis, den Aufenthaltsort von mutmaßlich Homosexuellen in so genannten Rosa Listen zu ermitteln und zu sammeln?

2. Wie viele mutmaßlich homosexuelle Personen und wie viele Datensätze werden seit wann auf welcher Rechtsgrundlage (eventuell mit oben genanntem Co- de und Programm) gespeichert?

3. Welches Interesse besteht an der Speicherung von Örtlichkeiten, an denen mutmaßliche Homosexuelle angetroffen werden?

4. Wie positioniert sich die Landesregierung zu der oben genannten Meldung?

Danke. Es antwortet Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hennig beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

(Heiterkeit auf der Regierungsbank)

Lassen Sie mich zuerst kurz einen Überblick über das in Rede stehende Vorgangsverwaltungsprogramm „Integrationsverfahren Polizei“, abgekürzt IGV-P, der Thüringer Polizei geben. IGV-P ist vereinfacht dargestellt eine elektronische Aktenregistratur. Zu jedem polizeilich relevanten Vorgang werden dort Grunddaten, wie Angaben zur Tat, zum Tatort sowie zu Personen, eingegeben. Optional können weitergehende Angaben zu den Tatumständen oder zur Beschreibung des Tatorts eingegeben werden. Im hier in Rede stehenden Eintragungsfeld „Tatörtlichkeit“ kann mittels Auswahl eines Schlüssels aus einem Katalog, der insgesamt 388 Eingabemöglichkeiten umfasst, eine genauere Klassifizierung des Tatorts erfolgen. Sinn und Zweck der Eintragung ist die Er

leichterung künftiger Ermittlungen, um zum Beispiel durch Sichtung vergleichbarer Taten Ermittlungsansätze zu gewinnen oder auch um Seriendelikte erkennen zu können. Bei einem aktuellen Bestand von ca. 2,5 Mio. Vorgängen findet sich aktuell kein Vorgang, bei dem der Schlüssel 901 „Aufenthalt von Homosexuellen“ vergeben wurde.

Im Übrigen beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Nein.

Zu Frage 2: Eine Speicherung von Angaben zu sexuellen Orientierungen von Personen findet nicht statt.

Zu Frage 3: Hier verweise ich auf die Antwort zu Frage 1.

Zu Frage 4: Die Landesregierung sieht einen sensiblen Bereich berührt und wird sich im Rahmen der Kooperation zu Fragen der Informationstechnologie mit Bayern und Nordrhein-Westfalen für eine Überprüfung der Tatortkataloge im genannten Vorgangsverwaltungsprogramm einsetzen.

Danke. Gibt es Nachfragen? Frau Abgeordnete Hennig.

Ich würde noch gern einmal zu Ihrer Beschreibung des Polizeiprogramms zurückkehren. Das hieße jetzt, wenn es einen Vorgang 901 gäbe, dass keine Unterscheidung in der strafrechtlichen Relevanz der Aufenthaltsorte getroffen werden könnte?

Es ist schwierig, auf die Frage zu antworten. Wenn ich Sie so interpretiere, wie ich Sie verstanden habe, sage ich, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Ahndung einer Straftat und der Örtlichkeit gibt, an der diese Straftat begangen worden ist.

Danke schön. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kämen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage, die des Abgeordneten Huster, PDSFraktion, in Drucksache 4/901. Die Frage wird gestellt durch Herrn Abgeordneten Gerstenberger. Bitte schön.

Stand und Entwicklung der Einsparungen des Landes beim Wohngeld

Der Thüringer Ministerpräsident hat zugesagt, die Einsparungen beim Wohngeld in voller Höhe an die Kommunen weiterzugeben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie entwickelten sich die Ausgaben im Einzelplan 19 Kapitel 19 03 Titel 681 31 in den Kalenderjahren 2001 bis 2004?

2. Wie hoch waren die Ausgaben im Einzelplan 19 Kapitel 19 03 Titel 681 31 mit Stand vom 31. Mai im Kalenderjahr 2004?

3. Wie hoch waren die Ausgaben im Einzelplan 10 Kapitel 10 03 Titel 681 31 mit Stand vom 31. Mai im Kalenderjahr 2005?

4. Wird die Weitergabe der Ersparnisse des Landes beim Wohngeld im Kalenderjahr 2005 noch im Kalenderjahr 2005 vollständig bei den Kommunen kassenwirksam - und wenn nicht vollständig - in welcher voraussichtlichen Höhe?

Danke schön. Es antwortet Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Frage des Abgeordneten Huster beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Ausgaben im genannten Titel entwickeln sich im Ist wie folgt: 2001 - 125.450.919 €; 2002 - 125.458.036 €; 2003 - 135.199.646 €; 2004 - 142.348.794 €.