Protocol of the Session on June 2, 2005

(Beifall bei der PDS)

Es gibt hier den Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz, bezüglich dessen ich mich schon seit geraumer Zeit bemühe klar zu machen, dass es hier eine weitere Ebene gibt, nämlich die kommunale Ebene, und dass diese kommunale Ebene alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung wahrnimmt. Leider bin ich hier noch nicht so weit vorangeschritten, aber ich hoffe, dass mir dies auch in Zukunft weiterhin möglich sein wird. Ich bewerte nicht, wenn jetzt hier innerhalb dieses Verantwortungsbereiches der kommunalen Selbstverwaltung Änderungen erfolgen. Möglicherweise beruht dies auf besseren Erkenntnissen. Ich möchte das aber nicht bewerten, Herr Kuschel, das ist nicht meine Aufgabe.

Danke. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Ramelow, PDS-Fraktion, in Drucksache 4/893, vorgetragen durch Abgeordneten Buse.

So ist es, Frau Präsidentin.

Verzögerungen im Revisionsverfahren der Strafsache Pilz

Nach mir vorliegenden Informationen - so fragt Herr Ramelow - verzögert sich die Durchführung des Revisionsverfahrens beim Bundesgerichtshof in der Strafsache des Unternehmers Pilz seit gut einem Jahr, ohne dass hierfür Gründe erkennbar sind. Soweit ihm bekannt ist, sollen die Akten bislang nicht beim zuständigen Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingegangen sein. Die für das Verfahren vor dem Landgericht Mühlhausen zuständige dortige Staatsanwaltschaft hat aber - soweit ihm bekannt ist - nach Abschluss des Prozesses in Mühlhausen die Akten wie vorgesehen auf dem Dienstweg schon seit längerer Zeit an die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft in Jena weitergeleitet.

Das Revisionsverfahren hat - wie allgemein bekannt - bezogen auf Thüringen nicht nur strafrechtliche, sondern auch wirtschafts- und finanzpolitische Relevanz, da Zusammenhänge bestehen zwischen dem Strafverfahren und Forderungsbescheiden europäischer Stellen an den Freistaat Thüringen auf Rückzahlung von Subventionen in Höhe von mehreren 100 Mio. €.

Daher fragt er die Landesregierung:

1. Inwiefern ist die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft mit verantwortlich für die (zeitliche) Verzögerung des Revisionsverfahrens in der Strafsache Pilz, z.B. durch eine eventuell nicht erfolgte Weiterversendung der Akten?

2. Welche Informationen hat die Generalstaatsanwaltschaft dem Justizministerium im Rahmen ihrer Berichtspflicht in Strafsachen über die Strafsache Pilz, insbesondere die derzeit laufende Revision, gegeben?

3. In welcher Weise haben die Generalstaatsanwaltschaft oder das Justizministerium versucht, auf den bisherigen Verlauf des Revisionsverfahrens Pilz einzuwirken, so z.B. im Hinblick auf eine vertretbare Beschleunigung?

4. Welche Auswirkungen können (bisherige) Verzögerungen im Rahmen der Revision in Sachen Pilz nach Ansicht der Landesregierung auf andere mit dem „Gesamtkomplex Pilz“ in Zusammenhang stehende Fragen haben?

Danke. Es antwortet Minister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramelow wie folgt:

Frage 1 - Inwiefern ist die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft mit verantwortlich für die zeitliche Verzögerung des Revisionsverfahrens in der Strafsache Pilz, z.B. durch eine eventuell nicht erfolgte Weiterversendung der Akten?

Antwort: Bevor ich auf den Stand des Revisionsverfahrens in der Strafsache gegen Reiner E. Pilz und andere wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs eingehe, möchte ich voranstellen, dass entgegen dem in der Mündlichen Anfrage vermittelten Eindruck überhaupt keine Verzögerung des Revisionsverfahrens seitens der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft vorliegt.

Am 19.04.2004 ist das Urteil des Landgerichts Mühlhausen ergangen, wogegen sowohl der Angeklagte Pilz als auch die Staatsanwaltschaft Mühlhausen Revision eingelegt haben. Am 12.08.2004 ist die schriftliche Urteilsbegründung der Staatsanwaltschaft zugestellt worden. Binnen der gesetzlichen Monatsfrist hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen darauf ihre Revision begründet. Nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren hatte die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hinsichtlich der Revisionsbegründung des Angeklagten Pilz außerdem eine Gegenerklärung gegenüber dem Landgericht Mühlhausen abzugeben. Das ist am 29.09.2004 geschehen. Im Oktober 2004 ergänzte der Verteidiger des Angeklagten Pilz seine Revisionsbegründungsschrift. Im November 2004 nahm wiederum die Staatsanwaltschaft Mühlhausen zu dieser Ergänzung gegenüber dem Landgericht Mühlhausen Stellung. Das Landgericht Mühlhausen hat dann der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft die Prozessakten am 23. Dezember 2004, am Tag vor Heiligabend, zugeleitet. Nach den bereits genannten Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren hatte wiederum die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft nunmehr anhand der Akten ihre Prüfung vorzunehmen. Die Akten bestehen aus 42 Bänden Strafakten, 18 Protokollbänden, ein 146 Seiten umfassendes Urteil und einer 83seitigen Revisionsschrift. Dieses musste durchgearbeitet werden, um zu prüfen, ob alle Förmlichkeiten beachtet wurden und ob die Revision der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden soll. Diese Prüfung war am 29. April 2005 abgeschlossen. Da sich die Revision der Staatsanwaltschaft auch gegen den freigesprochenen Mitangeklagten richtete, wurde das Ergebnis der Prüfung auch dessen Verteidiger mitgeteilt. Dieser Verteidiger nahm hierzu am 20. Mai 2005 Stellung, also vor knapp zwei Wochen. In die

ser Kalenderwoche werden die Akten an den Generalbundesanwalt weitergeleitet. Der eben geschilderte Prüfzeitraum, insbesondere bei der Generalstaatsanwaltschaft, ist angesichts der Komplexität des Verfahrens und der beschriebenen Aktenmenge wahrlich nicht überzogen.

Zweite Frage - Welche Informationen hat die Generalstaatsanwaltschaft dem Justizministerium im Rahmen ihrer Berichtspflicht in Strafsachen über die Strafsache Pilz, insbesondere die derzeit laufende Revision, gegeben?

Meine Antwort für die Landesregierung: Am 27. September 2004 hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft dem Thüringer Justizministerium über die Zustellung des Urteils und die Abfassung der Revisionsbegründung durch die Staatsanwaltschaft Mühlhausen berichtet. Am 10. Februar 2005 hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ferner berichtet, dass die Akten eingegangen seien und geprüft werde, ob der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten werde. Am 25. Mai 2005 schließlich hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft dem Thüringer Justizministerium das Ergebnis ihrer Prüfung mitgeteilt.

Frage 3 - In welcher Weise haben die Generalstaatsanwaltschaft und das Justizministerium versucht, auf den bisherigen Verlauf des Revionsverfahrens Pilz einzuwirken, so z.B. im Hinblick auf eine vertretbare Beschleunigung?

Antwort: Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat nach Aktenvorlage selbstverständlich unter Beachtung des Beschleunigungsgebots entsprechend ihrer in Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren nominierten Verpflichtungen geprüft, ob die Revision der Staatsanwaltschaft angebracht ist. Angesichts des geschilderten außergewöhnlich komplexen und umfangreichen Prozessstoffes ist die Prüfung in einem angemessenen Zeitraum erfolgt. Das Thüringer Justizministerium übt keinen Einfluss auf laufende Straf- oder Revisionsverfahren aus.

Frage 4 - Welche Auswirkungen können (bisherige) Verzögerungen im Rahmen der Revision in Sachen Pilz nach Ansicht der Landesregierung auf andere mit dem „Gesamtkomplex Pilz“ im Zusammenhang stehende Fragen haben?

Antwort: Wenn es und weil es keine Verzögerungen gibt, erübrigt sich die Beantwortung. Danke schön.

Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kummer, PDS-Fraktion, in

Drucksache 4/894.

Castortransporte von Sachsen nach Nordrhein-Westfalen

Zum Anfang möchte ich hier gleich noch voranstellen, da ja schon der erste Transport gelaufen ist, bezieht sich die Anfrage natürlich nur auf die noch zu erwartenden Transporte, die uns in den nächsten Tagen ja ereilen werden.

Die Sächsische Staatsregierung geht nach eigenen Angaben davon aus, dass noch innerhalb des ersten Halbjahres 2005 Castortransporte von Rossendorf (Sachsen) ins Zwischenlager Ahaus (Nordrhein- Westfalen) erfolgen sollen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Transporte über das Autobahnnetz geführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welcher aktuelle Planungs- und Vorbereitungsstand ist der Landesregierung bekannt?

2. In welcher Weise wird der Freistaat Thüringen in die Logistik einbezogen?

3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Notwendigkeit dieser Transporte?

4. Welche alternativen Lösungen zum geplanten Transport der abgebrannten Brennstäbe aus dem ehemaligen Forschungsreaktor in Rossendorf schlägt die Landesregierung vor?

Vielleicht noch eine Nachbemerkung dazu: Es ist ja doch ziemlich lästig, wenn mehrere Tage in Thüringen die Autobahn auf die Art und Weise gesperrt wird, wie das am vorigen Montag passierte.

Es antwortet Minister Dr. Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Frage 1: Das Bundesamt für Strahlenschutz hat mit der Beförderungsgenehmigung Nummer SE 1.6/6556 vom 30. März 2004 den Transport vom Forschungswerk Rossendorf in das Transportbehälterlager Ahaus genehmigt. Die Genehmigung war zunächst bis zum 31. Dezember 2004 befristet, wurde aber mit

Schreiben des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 15. November 2004 bis einschließlich 31. Dezember 2005 verlängert. Die von der Transportdurchführung betroffenen Länder haben Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit des Transports abgestimmt. Ziel des begleitenden Polizeieinsatzes im Freistaat Thüringen, wie er bereits am 30. Mai 2005 stattgefunden hat, ist es, die Gefährdung von Leib und Leben von Unbeteiligten zu verhindern, den reibungslosen Transport auf dem Territorium des Freistaats Thüringen zu sichern, das Grundrecht der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und Sicherheitsstörungen nicht zuzulassen bzw. konsequent zu unterbinden.

Frage 2: Der Freistaat Thüringen ist nicht in die Logistik des Castortransports einbezogen. Für die Durchführung des Transports wurde der Firma Nuclear-Cargo + Service GmbH durch das Bundesamt für Strahlenschutz die Beförderungsgenehmigung erteilt. Die Firma NCS garantiert gegenüber dem Bundesamt für Strahlenschutz die Einhaltung aller einschlägigen gesetzlichen Regelungen und der Bestimmungen, die sich aus der Beförderungsgenehmigung ergeben.

Frage 3: Der Betreiber des Forschungswerks Rossendorf, Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik Rossendorf e.V., will mit dem Transport seiner bestehenden Verpflichtung gemäß § 9 a Atomgesetz zur Zwischenlagerung nachkommen. Eine Lagerung am Standort ist derzeit nicht möglich und auch in Zukunft nicht geplant. Bei Forschungsreaktoren besteht für die Betreiber auch keine gesetzliche Verpflichtung zur Errichtung eines Standortzwischenlagers. Diese Verpflichtung gilt nur für Anlagen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität.

Frage 4: Im Rahmen von Koordinierungsbesprechungen der beteiligten Bundesländer, an denen auch Vertreter des Freistaats Thüringen teilnahmen, wurden auch alternative Transportmöglichkeiten, unter anderem auch ein Schienentransport, diskutiert und vorgeschlagen. Nach Prüfung durch das Bundesamt für Strahlenschutz wurde jedoch die gegenwärtig gültige Transportgenehmigung erteilt, an die auch der Freistaat Thüringen gebunden ist. Deshalb wurden und werden die Anstrengungen darauf gerichtet, den Transport unter den gegenwärtig festgelegten Bedingungen sicher durch den Freistaat Thüringen zu geleiten.

Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt, PDS-Fraktion, in Drucksache 4/895.

Haltung der Landesregierung zur Ausweitung von DNA-Analysen

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion zur Ausweitung von DNA-Analysen und deren rechtliche Gleichstellung mit dem herkömmlichen Fingerabdruck hat es in den vergangenen Wochen unterschiedliche bis hin widersprüchliche Aussagen und Positionen von Vertretern der Landesregierung gegeben.

So befürwortete der Thüringer Justizminister Schliemann eine Ausweitung von DNA-Analysen und deren rechtliche Gleichstellung mit dem herkömmlichen Fingerabdruck. Demgegenüber wurde der Thüringer Innenminister Gasser in einer dpa-Meldung vom 28. April 2005 wie folgt wiedergegeben: „Nach Ansicht von Gasser sind DNA-Tests nicht als Standardmittel einzusetzen. Eine Gleichstellung mit dem herkömmlichen Fingerabdruck dürfe es nicht geben.“

Mit Rückblick auf die seitens der Landesregierung unterstützte Bundesratsinitiative und deren mehrheitliche Ablehnung im Bundesrat frage ich die Landesregierung:

1. Welche Position vertritt die Landesregierung zur Frage der Ausweitung der DNA-Analyse?

2. Vertreten die beiden sich zu dieser Thematik geäußerten Fachminister zum Punkt der DNA-Analyse sowie deren rechtlichen Angleichung zum herkömmlichen Fingerabdruck unterschiedliche Positionen, und wenn ja, aus welchen Gründen?

3. Welche Rolle spielt dabei die eindeutige Ablehnung einer Ausweitung dieser Analysen durch eine Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder?

4. In welcher Weise wird Thüringen zukünftige Vorschläge zu Gesetzesänderungen für eine Ausweitung der Analysemöglichkeiten unterstützen?