Protocol of the Session on June 2, 2005

wonach das Land 2,6 Mio. € Winterdienstkosten den Kommunen erstattete, wobei - wenn man hier auch ganz ehrlich ist, und das muss man sein - es eigentlich nur 1,3 Mio. € waren, weil der Restbetrag aus der Finanzausgleichsmasse entnommen wurde. Aber immerhin, es gab eine Vereinbarung zwischen den Kommunen und dem Land. Die kommunale Seite war damit auch einverstanden, war damit auch zufrieden. Doch dann meinte die CDU-Landesregierung, den Kommunen in Thüringen geht es viel zu gut und deshalb muss man in Größenordnungen Landeszuweisungen an die Kommunen streichen. Es macht rund 10 Prozent der bisherigen Finanzzuweisungen innerhalb des Finanzausgleichs aus, die den Kommunen genommen worden sind. Die Folgen sind bekannt. Ich brauche sie an dieser Stelle nicht noch einmal zu benennen. Eine Vielzahl der Gemeinden hat zwischenzeitlich beschlossen, beim Verfassungsgerichtshof zu klagen, und spätestens dann wird sich zeigen, ob die Kürzungen, die das Land hier vorgenommen hat, gerechtfertigt waren. Ich bin überzeugt, die Klagen sind berechtigt und werden auch Erfolg haben.

(Beifall bei der PDS)

Bestandteil der Streichungen waren auch die Winterdienstkosten für die Ortsdurchfahrten. Zu Recht stellt sich jetzt wieder die von mir bereits genannte Konnexitätsfrage. Die SPD hat diese Frage aufgegriffen und die Änderung des Thüringer Straßengesetzes beantragt. Wir als PDS-Fraktion unterstützen die Gesetzesinitiative hinsichtlich der Zielrichtung, auch wenn wir die gesetzgeberische Umsetzung in einer anderen Form anstreben. Einen entsprechenden Antrag, das wurde vorhin auch schon benannt, haben wir auch in den Ausschuss eingebracht. Wir meinen, dass die Gemeinden durchaus für den gesamten Winterdienst in der jeweiligen Ortschaft zuständig sein sollten, unabhängig von der Straßenbaulastträgerschaft. Das schafft klare Zuständigkeitsregelungen und führt bei der Organisation und Durchführung des Winterdienstes zu Optimierungen. Der SPD-Vorschlag lässt aus unserer Sicht diese Optimierungsfragen außer Acht. Für die Durchführung des Winterdienstes haben die Kommunen von den jeweiligen Straßenbaulastträgern einen Kostenerstattungsanspruch. In Bayern gibt es eine solche Regelung. Insofern ist unser Vorschlag keinesfalls etwas völlig Neues und es hat auch nichts mit unserer politischen Programmatik zu tun, was hier ja oft auch schon anklang, sondern es ist einfach nur pragmatisch. Bei unserer Regelung besteht nicht die Gefahr, dass die Gemeinden überzogene Winterdienstaufwendungen verursachen, die dann die anderen Straßenbaulastträger zu erstatten hätten. Es gelten auch hier die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit und einmal abgesehen von wenigen Ausnahmen, arbeiten un

sere Gemeinden, das möchte ich hier auch einmal ganz deutlich sagen, wirtschaftlich und sparsam. Ich habe hier mehr Vertrauen in die Kommunen als in das Land. Zudem könnten die Kostenerstattungen nach Erfahrungswerten auch pauschaliert werden. Der Vorschlag der SPD könnte in der Praxis dann dazu führen, dass innerhalb einer Ortschaft verschiedene Auftragnehmer den Winterdienst auf den jeweiligen Straßenabschnitten durchführen und sich dann die Räum- und Streufahrzeuge auf dem Marktplatz begegnen. Das muss nicht sein und das würde auch bei den Bürgern in den einzelnen Gemeinden auf großes Unverständnis stoßen. Dieser Vorschlag wurde im Ausschuss leider abgelehnt. Zur Abstimmung steht heute nur der SPD-Antrag. Wir werden diesen SPD-Antrag nicht ablehnen, aber ich möchte auch sagen, wir werden ihm nicht zustimmen, weil der SPD-Vorschlag natürlich auch auf unserer Seite kritisch gesehen wird, und das haben wir hier auch deutlich gemacht. Andererseits - das möchte ich hier auch erwähnen - ist der SPD-Vorschlag für die Kommunen hilfreicher als das verfassungsrechtlich bedenkliche Verhalten der Landesregierung.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Na, na, na!)

Ja, ja, ja, Herr Sklenar. Es wird darauf verwiesen, dass die jetzige Thüringer Regelung auch in ähnlicher Art und Weise in anderen Bundesländern gilt, außer in Bayern. Hier kann ich nur sagen,

(Heiterkeit bei der SPD)

im Falschen kann man nicht nach der Wahrheit suchen oder, anders gesagt, Gleichheit im Unrecht ist undiskutabel. Zudem sind wir hier im Thüringer Landtag und wir als PDS wollen natürlich auch eine Thüringer Lösung. Auch der Hinweis von Herrn Trautvetter, die Kommunen würden doch vom Schnee profitieren und könnten Winterperioden touristisch vermarkten, ist hier, Herr Trautvetter, wenig hilfreich. Dieses Argument ist - im Gegenteil - von Hilflosigkeit geprägt.

(Beifall bei der PDS)

Vorliegend, Herr Trautvetter, geht es nicht um die Frage, ob Schnee nun Segen oder Fluch für die Region ist. Nein, es geht aus unserer Sicht um die Frage, und da kann und da muss ich mich hier wiederholen, dass die Landesregierung endlich ihre Blockadehaltung aufgibt. Wer Straßeneigentümer ist, muss auch für den Winterdienst sorgen, und wenn er damit die Kommunen beauftragt, dann haben die

se einen Kostenerstattungsanspruch.

(Beifall bei der PDS)

Und dieser aus der Verfassung abgeleitete Grundsatz muss doch auch hier für die Landesregierung nachvollziehbar sein. Also, meine Damen und Herren,

(Unruhe bei der CDU)

handeln Sie endlich und warten Sie nicht, bis wieder an dieser Stelle ein Gericht entscheiden muss.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Schugens, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag auf die Gesetzesänderung der SPD hatte ein Ziel: Finanzierung des Winterdienstes in den Ortslagen, was die Bundes- und Landesstraßen betrifft. Nach unserem Verständnis ist dies ungerechtfertigt und auch, wenn meine Vorrednerin meint, dass das gerechtfertigt sei, möchte ich dem entgegenhalten, es ist immer eine kommunale Angelegenheit, und das bundesweit. Dazu sollten die §§ 9 und 49 geändert werden. Offen blieb, wie mit den Straßen anderer Baulastträger, wie der Kreise und des Bundes, umgegangen werden soll. Dies ist bis heute unklar.

Zur Erinnerung: Die Ortsdurchfahrten wie andere wichtige Straßen der Kommunen unterliegen dem Ordnungsrecht. Entsprechend ist der Winterdienst ebenso wie die Reinigungspflicht eine Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung, und das nicht erst seit heute, sondern seit vielen Jahrzehnten, wie generell innerörtliche Straßen der Reinigungspflicht - einst auch aus Gründen der Ordnung und Hygiene - der Kommune bzw. deren Bürgern und Eigentümern obliegen. Das ist in Deutschland Tradition. Schon immer ist es eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises gewesen und wohl auch ein Stück der Daseinsvorsorge, worauf Sie ja, Kollegin Enders, auch pochen, dass die Selbstverwaltung erhalten bleibt. Wollten wir nicht auch den Staat ein wenig zurückfahren, wollten Sie nicht auch entbürokratisieren? Wie gesagt, unklar ist, auf welcher Gesetzesgrundlage der Bund ein solches Ansinnen unterstützt. So wird es wohl eine Bundesinitiative der SPD-Fraktion bleiben - ist zu vermuten. Da der Winterdienst eine Besonderheit der Reinigungspflicht, aber auch Bestandteil derer ist, geht es hier mehr um die praktische

Handhabung und Abwicklung. Gerade diese kann nun wiederum vor Ort wesentlich besser organisiert werden. Auch darauf wurde in der letzten Sitzung schon hingewiesen.

Meine Damen und Herren, die Optimierung ist das Problem. Dort, wo die Weitsicht und Vernunft regiert, gibt es bereits heute kostengünstige und zweckmäßige Lösungen. Die Effektivität wird erhöht und die Effektivität zu erhöhen, ist eigentlich der Spruch der Zeit, um Mittel zu sparen. Besonders in Zeiten knapper Kassen geht es nicht um zusätzliche Mittel, die eh keiner hat - weder das Land noch der Bund -, sondern um Optimierung. Die Mittel sind nur einmal da, auch innerhalb des KFA, auch wenn wir aus diesem in letzter Zeit geschöpft haben. Wer die Dinge besser machen will, vereinfachen will, wer will, dass mehr Ordnung herrscht, der muss verändern, optimieren und kooperieren in der Zusammenarbeit auf der kommunalen Ebene.

Meine Damen und Herren, die Rechtslage ist eigentlich klar und eindeutig, wie auch die obersten Gerichte entschieden haben oder dies sehen. Wir sehen keinen Grund und auch keinen Sinn in einer Gesetzesänderung, also in der Initiative der SPD sowie keine Notwendigkeit, deshalb bleiben wir bei unserer Ablehnung. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Herr Höhn, bitte.

Frau Präsidentin, ich beantrage namentliche Abstimmung.

Wir treten in die namentliche Abstimmung ein.

Ich schließe die Wahlhandlung ab und bitte um Auszählung der Stimmen.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es wurden 82 Stimmen abgegeben, davon 16 Jastimmen, 46 Neinstimmen und 20 Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1). Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausfüh- rung des Pflege-Versicherungs- gesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/721 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/927 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/935 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat der Abgeordnete Worm aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 17. März 2005 ist der genannte Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und begleitend an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Innenausschuss überwiesen worden. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 9. Sitzung am 8. April 2005 und in seiner 11. Sitzung am 13. Mai 2005 beraten. In seiner 10. Sitzung am 3. Mai 2005 hat der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Angehört wurden hier der Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund, die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände, der Landesverband der Senioren, Träger der privat geführten Pflegeheime und andere. Den Mitgliedern des Sozialausschusses wurde dazu auch das Gutachten von Prof. Eichenhofer mit dem Titel „Möglichkeiten der öffentlichen Förderung der Investitionskosten für Pflegeeinrichtungen im Freistaat Thüringen ab 2005“ übergeben. Es lagen zwei Änderungsanträge vor; der Antrag der CDU-Fraktion wurde mehrheitlich angenommen, der Antrag der SPD-Fraktion wurde abgelehnt. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 16. Sitzung am 25. Mai 2005 und der Innenausschuss in seiner 15. Sitzung am 31. Mai 2005 beraten und gibt folgende mehrheitliche Beschlussempfehlung ab:

„Der Gesetzentwurf wird mit folgenden Änderungen angenommen: In Artikel 1 Nr. 7 wird § 5 wie folgt geändert:

1. Die Angabe ‚31. Dezember 2009’ wird durch die Angabe ‚30. Juni 2007’ ersetzt.

2. Folgender Satz 3 wird angefügt: ‚Die Mehraufwendungen sind im Rahmen der Revision nach § 6 Abs. 7 Thüringer Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (ThürAGSGB XII) zu berücksichtigen.’“

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Berichterstatter. Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung zu ihrem Entschließungsantrag? Dies wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Thierbach, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, manchmal könnte man sagen: Aller guten Dinge sind drei und dann wird alles gut. Bei diesem Ersten Gesetz zur Änderung des Pflege-Ausführungsgesetzes ist es leider nicht so. Es gab bereits zwei Versuche, einen Regelungsbedarf neu zu begründen, der auch dem heutigen Gesetzentwurf wieder zugrunde liegt, nämlich: Worin besteht dieser Regelungsbedarf? Mit Einführung des Pflege-Versicherungsgesetzes 1994 wurde ein Sonderinvestitionsprogramm für die neuen Länder durch den Bund aufgelegt, das so genannte Artikel-52-Gesetz. Artikel 52 beinhaltete, dass 80 Prozent der aufzubringenden Fördermittel gesamt durch den Bund, also durch die Pflegeversicherung, und an die 20 Prozent theoretisch geteilt durch Land und Kommune, praktisch in Thüringen durch Träger und Kommune, aufzubringen waren. Dieses Gesetz war befristet für 10 Jahre. Wir hatten also 10 Jahre Zeit, zu überlegen, wie die Finanzierung, die Notwendigkeit des Umgangs mit der Pflegeversicherung nach dem Auslaufen eines Sonderinvestitionsprogramms, erfolgen soll. Nun will ich nicht behaupten, dass niemand darüber nachgedacht hat, denn mit Artikel 52, also mit der 80-prozentigen Förderung von Pflegeheimen, war ein guter Schritt gewählt worden, der wie ein Junktim letztendlich zu diesem Artikel 52 gewirkt hat, dass die Pflegeheime, die nicht 80-prozentig gefördert werden können, eben frei finanzierte Investitionskosten hatten, durch die Länder die Übernahme von Zins- und Tilgungslasten ausgeglichen bekamen, was bei uns im Haushalt immer so landläufig Kapitaldienst hieß bzw. Pauschalförderung. Dieses Junktim hat natürlich, wenn man es so sieht, eine genauso befristete Lebenszeit wie ein Sonderinvestitionsprogramm. Wenn das Sonderinvestitionsprogramm ausläuft, ist für die zu Pflegenden in den Heimen tatsächlich und maximal eine Belastung an den Investitionen von 2,56 €, außer es sind neue Investitionen, kleinere hinzugekommen.

Jeder weiß, dass der Unterschied bei Investitionen des Neubaus bzw. späteren Reparaturen, Modernisierungen und Ergänzungsleistungen viel größer ist als das, was sich heute hier auftut. Es entsteht eine neue Ungleichbehandlung durch den Ausstieg des Landes aus der Finanzierung von Kapitaldienst und Pauschalförderung ab dem 01.07. Eine zusätzliche Ungleichbehandlung im Lande Thüringen, nämlich dass wir Heime haben werden, die preiswert sind, weil 80 Prozent gefördert, und Heime, die - in der Qualität bis heute genauso gut, weil auch finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand gegeben wurde - aber ab dem 01.07. dann die Umlagefähigkeit des Kapitaldienstes tatsächlich auf die Pflegeheimbewohner vornehmen müssen. Und da entstehen aus der Situation 2,56 € in 80 Prozent bzw. 100 Prozent geförderten und bis zu 15 € zusätzlich pro Tag für Heime, aus denen wir aus dem Kapitaldienst aussteigen.

Ich habe jetzt nicht behauptet, jeder Platz 15 € pro Tag, sondern ich habe gesagt „bis“. Es ist eine Bandbreite durch die Träger ausgerechnet worden von 9,25 € bis 15 €, das mal 30, da weiß jeder, der rechnen kann, und das können wir ja, was zusätzlich an Belastung auf einen Heimbewohner zukommt. Das betrifft 35 Heime in Thüringen; 35 Pflegeheime werden ein Phänomen haben, dass sie nämlich in ein und demselben Heim durch dieses Gesetz, weil die Landesregierung sagt, na gut, wir machen einen Bestandsschutz, was wichtig ist für diejenigen, die bis zum 01.07. in dem Heim wohnen. Der bezahlt weiterhin seine bisherige Investitionsumlage und im selben Heim werden bei Neuaufnahmen ab diesem Tag, möglicherweise auf einem Korridor, hoffentlich nicht in einem Zwei-Bett-Zimmer, unterschiedliche Preise für ein und dieselbe Leistung sein. Genau das ist die Ungleichbehandlung, die auch Pflegebedürftige meiner Meinung nach überhaupt nicht verdient haben. Das war der erste Grund, warum die PDSFraktion diesen Gesetzentwurf ablehnt.

Es gibt einen zweiten Grund, warum wir dieses Gesetz ablehnen: Dieser zweite Grund besteht darin, dass das Land sich durch diesen Gesetzentwurf aus der Landesplanung mogelt. Ich sage absichtlich „mogelt“, denn sie ist bereit...

(Zwischenruf aus dem Hause: Immer.)

Ja, Herr Reinholz, immer, bloß das Ergebnis ist nicht immer gut; manchmal ist Rausmogeln das Schlechteste, was man machen kann. Sie mogelt sich heraus aus der Landesplanung, und zwar für eine ausgewogene Pflegelandschaft. Ich möchte Ihnen einige Zahlen nennen zur Versorgungsquote im stationären Bereich je 1.000 Einwohner, Stand Dezember 2003 - und da nehme ich nicht die absolute Bettenzahl, sondern die prozentuale. Thüringen hat auf

1.000 Einwohner gegenwärtig eine Quote von 7,2 Prozent. Baden-Württemberg hat auch eine Quote von 7,2 Prozent; Berlin eine Quote von 8,3; Mecklenburg-Vorpommern von 8,7 Prozent. Nun könnte man sagen, im Durchschnitt ist der Bach 70 cm tief - was sollen diese geringen Differenzen? Jetzt sehen wir dieselben aber in Bezug auf unsere Kreise und dann sehen wir nämlich, wenn wir uns die Flächen ansehen - wir wissen, unsere Kreise haben ungefähr alle die durchschnittlich selben Einwohnerzahlen -, wir haben 228 stationäre Einrichtungen, davon zehn im Kreis Schmalkalden/Meiningen, 16 in Erfurt, sechs im Saale-Holzland-Kreis, vier in Sömmerda. Wie wirkt sich das auf vollstationäre Plätze je 1.000 Einwohner aus? In Schmalkalden 5,8, in Erfurt 9,7, im SaaleHolzland-Kreis 6,8, in Sömmerda 4,75. Und wie sieht der prozentuale Anteil 65-Jähriger aus? Schmalkalden/Meiningen 19,4 Prozent, Erfurt 17,5 Prozent, Saale-Holzland-Kreis 17,6 Prozent, Sömmerda 17,13 Prozent. Wer diese drei Paare von Zahlen zueinander stellt, der lebt, der sieht, der merkt, der muss eigentlich seine Verantwortung wahrnehmen, dass nämlich im Landkreis Sömmerda z.B. mit 17 Prozent der Bewohner im Alter von über 65 Jahren der geringste Anteil vollstationärer Plätze vorhanden ist, dass wir in Erfurt mit 16 Einrichtungen eine tatsächlich gute Dichte haben, und wir werden merken, dass wir Planungsnotwendigkeiten in Flächenkreisen finden. Diese Zahlen, die ich exemplarisch ausgewählt habe, können Sie alle selber nachlesen, die findet man in statistischen Jahrbüchern bzw. in den Pflegeberichten der Kassen. Es gibt also ungleiche Bedingungen für zu Pflegende im Land Thüringen, aber das Land sagt, wir sind nicht mehr in der Lage, nicht bereit, die Landesplanung vorzunehmen, sondern überlässt es den Kommunen in einer SollLeistung nach Maßgabe des Haushalts. Ich glaube, das ist keine Verantwortungswahrnahme. Wir haben in der Beurteilung des Landes Thüringen im Bundesbericht auf Seite 193 bisher lesen können - ich zitiere: „Die Förderung der Investitionsaufwendungen in Thüringen führt nach Angabe des zuständigen Landesministeriums dazu, dass die Belastungen von Pflegebedürftigen in der weit überwiegenden Anzahl stationärer Pflegeeinrichtungen in den Jahren 2001, 2002, 2003 bei höchstens 2,56 € pro Pflegetag lagen.“ Das wird wohl spätestens ab 01.07.2005 nicht mehr stimmen.

Nun wieder mein Vergleich zu den Flächen. Genau in der Fläche, da, wo die Einrichtungen auch fehlen, haben wir dann das Phänomen, dass wir dort noch zusätzliche verteuerte Plätze haben.

Ein weiterer Grund, warum wir den Gesetzentwurf ablehnen: Es wird eine kommunale Mehrbelastung geben durch diesen Gesetzentwurf. Daran ändert auch nichts die Revisionsklausel, wie sie im Ausschuss durch die CDU-Fraktion angenommen wur

de, die besagt - Herr Worm hat das eben auch schon vorgelesen -, dass die Überprüfung der finanziellen Belastung nicht erst am 31. Dezember 2009 vorgenommen werden soll, sondern bereits am 30. Juli 2007. Was verbirgt sich hinter dieser vorgezogenen Zahl? Etwas eher zu überprüfen, ist in Ordnung, aber der angehangene Satz „Die Mehraufwendungen sind im Rahmen der Revision nach § 6 Thüringer Ausführungsgesetz zum SGB XI zu berücksichtigen“, ist das Problem. Das ist genau die Revisionsklausel im Inhalt, die letztendlich bei der Eingliederung Behinderter - oder landläufig „Kommunalisierung der Sozialhilfe“ genannt - schon durch die kommunalen Spitzenverbände kritisiert wurde, weil dort nämlich eine degressive Erstattung der Kosten zugunsten des Landes festgeschrieben ist. Genau dieses Degressive und dieses Datum dieser Belastung sind auch in der Anhörung noch einmal bestätigt worden, dass es dem Städte- und Gemeindebund, dem Landkreistag natürlich lieber wäre, wir würden selbst diese Revisionsklausel noch zeitnaher holen und vor allem auch diese degressive Finanzierung durch das Land korrigieren. Nun muss man sich schon wundern, wenn dieser Inhalt, also die kommunale Belastung, durch den Gemeinde- und Städtebund und Landkreistag tatsächlich bestätigt wird, aber sie trotzdem nichts gegen dieses Gesetz haben. Es hat eine Weile gedauert, bis ich gefunden habe, wie man es sich selbst erklären kann. Noch hat Thüringen eine Pflegelandschaft, die kaum durch Sozialhilfe belastet ist. In den alten Ländern ist es durchschnittlich eine Größe von 25 Prozent derer, die in Pflegheimen liegen. Ich frage mich ganz einfach: Wollen wir tatsächlich so lange die Umlage der Investitionskosten auf Heimbewohner und das Risiko bzw. die Variante der Umlage dann auf die Sozialhilfe machen, bis Thüringen auch eine 25-prozentige Beteiligung der Sozialhilfe an den Kosten für die Pflege hat? Es wäre ein sehr paradoxes Ziel. Ich kann es nur vermuten, es wird niemand gegenwärtig Ja sagen. Aber es ist die gleiche falsche Methode, wenn es dieses sein sollte, wie der Satz: „Das können wir uns nicht leisten.“ Da fragen die alten Bundesländer, wieso wir deren Geld in Thüringen, wir sind ja ein Nehmerland, so ausgeben würden. Genau das wäre der falsche Satz. Wir hatten immer vorgeschlagen, auch in den alten Bundesländern zugunsten der zu Pflegenden eine tatsächliche bessere Finanzierung hinzubringen. Deshalb ist es wahrscheinlich sehr problematisch, dass wir nun in die Situation kommen und weiterhin auf die Sozialhilfe umgelegt wird und vor allem der Sinn der Pflegeversicherung damit ad absurdum geführt wird, denn die Pflegeversicherung ist eingeführt worden zur Verhinderung von Sozialhilfe und nicht zu einer möglichen Akzeptanz von 25 Prozent in Pflege.

(Beifall bei der PDS)

Das waren die einzigen, die dem Gesetz zugestimmt haben in einer Anhörung. Es sind die einzigen, die bis heute nicht gesagt haben, sie lehnen das Gesetz ab, sie wollen einen anderen Regelungsbedarf haben. Ich möchte sie wohl noch einmal konkreter benennen - Herr Worm hat einige aufgezählt -, die im Ausschuss waren. Hier sagen immer alle landläufig, es ist die Liga, die abgelehnt hat, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Wer verbirgt sich dahinter alles? DRK, Caritas, Diakonie, AWO ASB, sämtliche großen Verbände, die die Leistungsträger dann dieser Gesetze und der Pflege sind - die lehnen das Gesetz ab. Da muss man sich fragen, warum. Weil sie sagen, wir wollen die Ungleichbehandlung nicht in den Heimen und wir wollen vor allen Dingen nicht, dass wir als Träger diejenigen sind, die dann auch noch diesen immensen Verwaltungsaufwand, der nämlich genau mit diesem Verfahren wieder eingeführt wird, auch noch zu regeln haben. Jede Investition wird fünfmal überlegt aufgrund der Tatsache, dass der Eigentümer des Heimes, der Träger, der Betreiber des Heimes sich zehnmal mehr fragen wird, investiere ich oder investiere ich nicht, denn ich muss das auf meine Frau Müller, Herrn Schmidt umlegen im Sinne von: Ab dem Monat, wo sie dann auf diesem Bett sind oder dort in dem Zimmer wohnen, haben sie die Investition zu tragen. Das wird vehement abgelehnt. Interessant ist, dass es auch die privaten Anbieter ablehnen. Die privaten Anbieter lehnen das nicht ab aus dem Grund, sie könnten nicht genug verdienen, sondern sie haben genau an dieser Stelle dasselbe Problem. Und - für mich hochgradig interessant - wenn man die 35 Heime, die das betrifft, analysiert, dann sind es gar nicht die privaten Heime, die dort hauptsächlich jetzt diese Umlagerung vorzunehmen haben, sondern die lehnen das Gesetz ab aufgrund der Planungsstrukturen, dass sie nämlich sagen, es entsteht ein privater Investorenwildwuchs. Wir wissen alle, dass man über einen B-Plan oder über andere Dinge keinen Wildwuchs an Pflegeheimen im Sinne der Kapitalinvestitionen verhindern kann. Ich glaube, wir sollten noch mal darüber nachdenken.