Wir halten Ihren Antrag eigentlich nur für einen populistischen Schachzug. Sie möchten den Garageneigentümern, deren Sorgen und Nöte wir durchaus verstehen, beweisen, dass Sie die einzige Partei sind, die sich ihrer Probleme annimmt. Nur, ich muss
Ja, Herr Kuschel, wenn ich Sie da so klatschen sehe, da frage ich mich, ob Sie nicht vielleicht dann gleich einen Antrag auf eine Bundesratsinitiative zur Streichung des Artikels 14 zum Grundgesetz hätten stellen sollen.
Also, manchen Leuten in Ihrer Fraktion unterstelle ich das durchaus, das so was gewollt ist, nicht allen. Aber Ihrem Antrag können wir hier nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die rechtliche Anpassung der Nutzungsverhältnisse von Grundstücken gehörte von Anfang an zu den schwierigen Kapiteln des Einigungsvertrags. Grundstückseigentümer und Grundstücksnutzer kämpfen daher seit Jahren für ihre Interessen. Dabei begleitet ein Spannungsbogen aus Emotionen und Verunsicherungen diesen Angleichungsprozess. Wir alle wissen ob der vielen Petitionen, Schreiben oder Veranstaltungen vor Ort, die die bestehenden Regelungen seit Jahren begleiten und daher den Rechtsfrieden anscheinend nur schwer einkehren lassen. Die emotionale Betroffenheit der Nutzer ist sicher verständlich. Wer seit Jahren ein Grundstück nutzt, es mit einem eigenen Bauwerk unter den damaligen Bedingungen der DDR bebaut hat, es hegt und pflegt, auch wenn es ihm nach dem Papier und auf dem Papier nicht gehört, der entwickelt eben ein sehr persönliches Verhältnis zu dem Grundstück und kämpft für sein Vertrauen in den Fortbestand dieser Verhältnisse. Aber wer vor dem Grundstück steht und von der Nutzung langfristig ausgeschlossen ist, obwohl es sein Eigentum ist, von dem er vielleicht sogar vertrieben wurde, und er es bis heute selbst nicht nutzen kann, vielleicht für den Rest seines Lebens nicht, versteht die Welt nicht mehr. Das sind Schicksale, das sind Enttäuschungen, für die eine SED-Diktatur verantwortlich ist und nicht das Schuldrechtsanpassungsgesetz.
Deshalb, meine Damen und Herren von der PDS, muss ich Frau Abgeordneten Doht Recht geben. Es ist mehr als offensichtlich, dass es Ihnen mit dem vorliegenden Antrag, dessen Inhalt ja wirklich keineswegs neu ist und eigentlich nur ein neuer Aufguss, für den Sie ja nicht einmal die Unterstützung eines Bundeslandes erhalten würden, in dem die PDS mitregiert. Deshalb ist es eben offensichtlich, dass es um nichts anderes als um eine Instrumentalisierung der Nutzer zu politischer Profilierung geht. Der Gesetzgeber hat bei der Erfüllung des ihm in Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes erteilten Auftrags sowohl der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstellung der Eigentümer als auch dem aus Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes folgenden Gebot einer sozial gerechten Eigentumsordnung Rechnung zu tragen.
Er musste deshalb die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozial gebundenen Privateigentums nicht im Einklang. Deshalb sieht die CDU-Fraktion aus verfassungsrechtlichen Gründen keinen Raum und keine Chance für die von der PDS-Fraktion angestrebte Novellierung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz in seiner vorliegenden Fassung ist es eben gerade im Hinblick auf die unterschiedlichen Interessen von betroffenen Grundstückseigentümern und Nutzern sozial verträglich und ausgewogen gelungen, die Bodennutzungsverhältnisse der ehemaligen DDR in die dem Bürgerlichen Gesetzbuch entsprechenden Rechtsformen zu überführen. Diese Auffassung wird im Übrigen von allen neuen Bundesländern vertreten. Hinsichtlich der Ausführung zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts teile ich nicht die Auffassung und die Interpretation von Herrn Blechschmidt. Überprüft wurde eben gerade durch das Bundesverfassungsgericht auch die Verfassungsmäßigkeit der in § 12 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes geregelten Entschädigung für das Bauwerk im Falle der Beendigung des Rechtsverhältnisses und dieses wurde für verfassungsmäßig im Wesentlichen befunden. Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht, und das ist auch zu Recht schon dargestellt worden, festgestellt, dass im Hinblick auf einzelne Bestimmungen bestimmte Verbesserungen zugunsten der Grundstückseigentümer erforderlich sind. Diese hat der Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz von 2002 vorgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem erwähnten und hier zur Rede stehenden Beschluss klar auch die Grenzen für den Gesetzgeber bezüglich der immer wieder geforderten einseitigen Ausdehnung der Rechte der Nutzer der Grundstücke
aufgezeigt. So wird eben in dem Beschluss ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit den abgestuften Kündigungsregelungen die schutzwürdigen Interessen von Eigentümern und Nutzern grundsätzlich in ein ausgewogenes Verhältnis gestellt hat. Ich betone es noch einmal, einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung, wie mit dem vorliegenden PDSAntrag verfolgt, sind mit dem Artikel 14 des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren. Aus den vorgenannten Gründen wird die CDU-Fraktion dem Antrag nicht zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich will mich kurz fassen. Die von der PDS-Fraktion angestrebte Novellierung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Landesregierung hat stets die Auffassung vertreten, dass mit diesem Gesetz eine sozial verträgliche Regelung und im Hinblick auf die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer und Nutzer ein Kompromiss gelungen ist, die Bodennutzungsverhältnisse der ehemaligen DDR in die dem Bürgerlichen Gesetzbuch entsprechenden Rechtsvorschriften zu überführen und diese Auffassung deckt sich mit derjenigen der jetzigen und der vorherigen Bundesregierung und der Regierung aller anderen neuen Länder. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu eine maßgebliche Entscheidung getroffen und sie ist maßgeblich im Gegensatz zu Ihren Worten, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Es hat nämlich festgestellt mit seinem Beschluss vom 14. Juli 1999 zu mehreren Verfassungsbeschwerden, die unter anderem auch gegen die in § 12 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes enthaltenen Entschädigungsregeln gerichtet waren, dass die Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes im Wesentlichen verfassungsgemäß sind und das hat es ausdrücklich zu Artikel 12 bzw. zu § 12 auch so festgestellt, wortwörtlich. Es hat sogar festgestellt, dass diese Verbesserungen, die zum Teil enthalten sind in diesem Gesetz, zugunsten der Grundstückseigentümer notwendig sind und hat Veränderungen gefordert, die dann später mit einem entsprechenden Gesetz auch vorgenommen worden sind. Es hat vor allen Dingen darauf abgestellt, dass es keine einseitigen Benachteiligungen oder Bevorteilungen der einen oder anderen Seite geben darf, was letztlich sogar dazu geführt hat, dass es zugunsten der Grundstückseigentümer Veränderungen gefor
dert hat. Die jetzige Gesetzeslage stellt einen sachgerechten Kompromiss dar und wenn der Grundstückseigentümer während der so genannten siebenjährigen Investitionsschutzfrist kündigt, muss er den Zeitwert ersetzen, aber auch wenn er danach kündigen würde, muss der Garagenbesitzer nicht zwangsläufig leer ausgehen, denn in diesem Fall muss der Grundstückseigentümer die mit der Bebauung verbundene Verkehrswerterhöhung ersetzen, sofern eine solche unter Berücksichtigung der künftigen Nutzung des Grundstücks noch besteht. Letztlich bleibt festzustellen, das Begehren der PDS-Fraktion steht nicht im Einklang mit der Verfassung.
Mir liegt kein Antrag auf Überweisung an einen Ausschuss vor, deshalb kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 4/704. Wer ist für den Antrag der PDS? Wer ist gegen den Antrag der PDS? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist dieser Antrag der PDS abgelehnt.
Feststellung der Beendigung der Tätigkeit des Wahlprüfungsausschusses Antrag der Fraktionen der CDU, PDS und SPD - Drucksache 4/724
Wünscht eine der Fraktionen das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Mir liegen keine Wortmeldungen zur Aussprache vor, damit kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, PDS und SPD in Drucksache 4/724. Wer ist für diesen Antrag? Wer ist gegen diesen Antrag? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.
Einsetzung einer Enquetekommission "Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen" Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/716
Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Sie wünscht keine Begründung. Damit kommen wir unmittelbar zur Aussprache und ich erteile dem Abgeordneten Matschie das Wort.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will mit einem Satz von Albert Schweitzer beginnen, der, wie Sie wissen, ja ein sehr klares Gespür für die wichtigen Dinge des Lebens hatte. Von ihm stammt der schöne Satz: "Mich interessiert vor allem die Zukunft, denn den Rest meiner Tage werde ich dort verbringen." Wir wollen uns heute mit solchen Zukunftsfragen beschäftigen, denn wir alle wissen, Zukunft ereilt uns schnell. Wenn wir nicht aufpassen, ist Zukunft auch sehr schnell die Zeit, in der wir bereuen, dass wir das, was wir heute tun können, nicht getan haben.
Zukunft passiert nicht einfach so, sie kann gestaltet werden und wir haben die politische Verantwortung, sie zu gestalten. Dazu müssen wir unsere künftigen Möglichkeiten analysieren. Wir müssen unsere Ziele beschreiben und wir müssen auch überlegen, welche Wege zu diesen Zielen führen. Es gibt ein etwas aus der Mode gekommenes Wort für eine solche groß angelegte Untersuchung. Der französische Begriff für eine umfassende Erhebung der aktuellen Lage und der Suche nach Handlungsoptionen lautet "Enquete". Die SPD-Fraktion beantragt eine Enquetekommission des Thüringer Landtags zur Zukunft der Verwaltungs- und Gebietsstrukturen in Thüringen. Wir sind davon überzeugt, dass es dringend notwendig ist, gemeinsam nach neuen Lösungen für unser Land zu suchen. Drei Bereiche müssen wir dabei in den Blick nehmen. Wir müssen uns verständigen über die Ausgangslage und die Rahmenbedingungen. Wir müssen die Möglichkeiten ausloten, die wir in den nächsten Jahren haben, und wir müssen uns anschauen, welche Hindernisse uns erwarten, und nach Wegen suchen natürlich, diese Hindernisse auch zu überwinden.
Eines ist in den letzten Wochen in all den Debatten hier im Landtag immer wieder deutlich geworden: Der Freistaat steht finanziell mit dem Rücken an der Wand. Der Schuldenberg der Landesregierung ist auf mittlerweile mehr als 14 Mrd. wachsen. Dazu kommen dann auch noch die versteckten Schulden aus den so genannten alternativen Finanzierungsmodellen, noch einmal rund 800 Mio. Besserung zeichnet sich nicht ab. Auch in diesem Jahr wird die Landesregierung mindestens eine weitere Milliarde Schulden machen und auch im kommenden Jahr geht es nach Planung der Finanzminister in ähnlicher Größenordnung weiter. Für 2006
sind 800 Mio. 0 - vorgesehen. Thüringen hat im laufenden Haushaltsjahr die höchste Kreditfinanzierungsquote aller neuen Bundesländer. Sie beträgt hier 11 Prozent. Ich nehme mal zum Vergleich unseren östlichen Nachbarn Sachsen. Dort ist die Kreditfinanzierungsquote 2005 nur 2 Prozent. 11 Prozent hier, 2 Prozent dort das zeigt, wie schwierig die Situation hier in Thüringen ist, und jeder von uns weiß, die Schulden von heute kommen uns morgen teuer zu stehen. Schon in diesem Jahr müssen wir mehr als 700 Mio. " : "% - den abzuzahlen.
Die Antwort ist also klar: Damit unser Land eine gestaltbare Zukunft hat, müssen wir jetzt handeln. Das heißt auch, Verwaltungskosten spürbar reduzieren.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, beim Planen der zukünftigen Entwicklung müssen wir eine zweite Tatsache bedenken. Der finanzielle Spielraum, mit dem wir den weiteren Aufbau unseres Landes gestalten können, wird nicht weiter, sondern aller Voraussicht nach enger. Die Sonderhilfen des Bundes, die so genannten Bundessonderergänzungszuweisungen im Solidarpakt II, aber auch die Mittel der EU werden in den kommenden Jahren zurückgehen. Eine bessere Konjunktur allein wird diese Lücken nicht schließen können. Zwischen 2009 und 2019 sinken die Mittel aus dem Solidarpakt Jahr für Jahr. In diesem Jahr stehen Thüringen noch 1,5 Mrd. >"% *$855= es schon 140 Mio. 85@= werden uns noch 300 Mio. >"% die Zuweisungen aus der EU werden mit der Neugestaltung der Strukturfonds ab 2007 mit Sicherheit weniger werden. Wir kämpfen zwar als Thüringer SPD dafür, dass wir das durch nationale Mittel ausgleichen, ich würde mich auch freuen, wenn wir hier auch bei der CDU Unterstützung finden, denn ich glaube nicht, dass es sehr realistisch ist, dass wir das Problem dadurch lösen, dass Deutschland noch mehr Mittel in die EU gibt und dann einen kleinen Teil davon als Strukturfonds hierher zurückkommt.
Auf dieses Absinken der Sonderbeihilfen des Bundes und der Strukturmittel der EU ist Thüringen bisher nicht ausreichend vorbereitet und damit geraten wir hier in eine gefährliche Schere. Die Schulden des Landes wachsen, die Sonderhilfen sinken. Wir dürfen diese beiden Entwicklungslinien nicht noch weiter auseinanderklaffen lassen.
wir stemmen müssen. Auf der anderen Seite ziehen der demographische Wandel und die Abwanderung die Entwicklung des Landes nach unten. Jeden Tag sinkt die Einwohnerzahl im Durchschnitt um 49 Thüringerinnen und Thüringer, 21 fehlen, weil mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden, weitere 28 wandern ab und suchen ihre Zukunft jenseits der Landesgrenzen. Damit verschwindet jede Woche ein Dorf der Größenordnung von 340 Einwohnern und im Jahr verlieren wir die komplette Einwohnerschaft einer mittelgroßen Stadt. Im letzten Jahr 2004 waren das 17.800 Menschen. Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Heiligenstadt.
Den rasanten Prozess der sinkenden Geburtenzahlen und der Abwanderung werden wir vielleicht etwas eindämmen können, zum Beispiel durch eine moderne Familienpolitik, durch bessere Jobangebote, aber aufhalten können wir diese Entwicklung nicht. Schon heute steht fest: Die Elterngeneration in 10 bis 20 Jahren ist nur halb so groß wie ihre eigene Elterngeneration. Das bedeutet einerseits, dass immer weniger Menschen die vorhandene Infrastruktur bezahlen müssen, es bedeutet aber auch, dass Thüringen weniger Mittel aus dem Länderfinanzausgleich erhält. Gleichzeitig sinken mit den Einwohnerzahlen auch die eigenen Steuereinnahmen des Landes. An den Zahlen aus den letzten Jahren kann man das bereits gut nachvollziehen. Wenn Thüringen heute noch die gleiche Einwohnerzahl hätte wie vor 10 Jahren, wären in diesem Jahr 300 Mio. mehr im Haushalt. Im kommenden Jahr wird allein durch den Rückgang der Bevölkerung eine Größenordnung von 40 Mio. & Diese Rechnung lässt sich Jahr für Jahr fortsetzen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn man die Ausgangslage noch einmal zusammenfasst, kann man Folgendes festhalten:
Erstens: Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und trotz der massiven Kürzungen bei den Kommunen setzt die Landesregierung gegenwärtig den Kurs massiver Verschuldung fort - 1 Mrd. - in diesem Jahr, wahrscheinlich 800 Mio. nächsten Jahr.
Zweitens: Durch sinkende Sonderhilfen des Bundes und der EU engt sich unser Finanzspielraum zusätzlich ein.
Drittens: Tag für Tag sinkt die Einwohnerzahl und mit ihr sinken die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und die Steuereinnahmen.
Und viertens: Perspektivisch müssen immer weniger Einwohner die vorhandene Infrastruktur und Verwaltung bezahlen.
Das sind Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Mir ist klar, diese Herausforderungen brauchen Antworten auf vielen Gebieten. Über eine Antwort wollen wir heute diskutieren.
Unsere Verwaltung ist - so wie sie ist, das muss man feststellen - zu teuer. Das zeigt uns jeder Länderüberblick. Im Vergleich aller neuen Länder hat Thüringen seit Jahren eine der höchsten Personalausgabenquoten und mit die niedrigste Investitionsquote, nachzulesen im aktuellen Fortschrittsbericht der Landesregierung zum Aufbau Ost. Die hohen Kosten unserer Landesverwaltung gehen deutlich zulasten der Investitionen, der Bildung, aber auch des sozialen Ausgleichs in Thüringen. An der schlechten Stellung Thüringens im Ländervergleich ändert leider auch der als Kraftanstrengung angekündigte Landeshaushalt 2005 wenig. Die Investitionsquote verharrt bei niedrigen 19 Prozent, unser Nachbarland Sachsen bringt im Vergleich dazu eine Investitionsquote von 27 Prozent auf. Die Thüringer Personalausgaben liegen dagegen sehr hoch bei mehr als 26 Prozent. Hier nehme ich mal einen anderen Vergleich, um nicht immer die Sachsen zu strapazieren. Brandenburg hat eine Personalausgabenquote von 21 Prozent. Unsere Verwaltung ist aber nicht nur im Vergleich sehr teuer, sie ist auch sehr kompliziert. Wir haben zu vieles aus dem Westen übernommen, was uns jetzt die Beweglichkeit nimmt. Wir haben in einem überschaubaren Land eine schwer überschaubare Verwaltung. Bis zu vier Ebenen sind da zugange. Wenn die Landesregierung mit ihrem Behördenkonzept die neue Parole ausgibt, dass jetzt die Daten laufen sollen, finde ich das in Ordnung, aber das allein wird nicht reichen. Wir müssen auch die Wege kürzer machen und wir müssen so viel wie möglich ortsnah entscheiden. Dann kommen die bearbeiteten Daten auch schneller wieder zurück und werden nicht auf undurchschaubaren Wegen hin und her geschickt. Deshalb brauchen wir nach meiner Überzeugung eine umfassende Analyse der Aufgaben, der Verwaltungsabläufe von Land und von Kommunen. Dann können wir über kostengünstige Aufgabenzuordnung und schnelle Verwaltungswege entscheiden.
Damit möglichst viele Aufgaben ortsnah und ohne komplizierte Instanzenwege erledigt werden können, brauchen wir größere Gemeinde- und Kreisstrukturen. Aber wir brauchen größere und kostengünstigere Einheiten natürlich auch deshalb, weil sonst immer weniger Bürger die gleiche Infrastruktur bezahlen müssen, was für den Einzelnen eine steigende Belastung bedeutet. Verwaltungs- und Gebietsreformen lassen sich deshalb gar nicht sinnvoll voneinander trennen. Wenn wir klug sind, stimmen wir also beide Prozesse aufeinander ab, das ist das Ziel der Enquetekommission, die wir heute beantragen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, natürlich muss man auch die Frage stellen: Gibt es dazu eine vernünftige Alternative? Können wir auch ohne umfassende Verwaltungs- und Gebietsreform über die Runden kommen? Auch die Frage muss berechtigt hier gestellt werden: Ist die vorgeschlagene Enquetekommission der richtige Weg oder gibt es bessere Wege, um zum Ziel zu kommen?
Zum ersten Punkt: Der Ministerpräsident hat im letzten halben Jahr eine Behördenstrukturreform vorbereitet, er reagiert damit nach eigenen Angaben auf die Finanzentwicklung und auf die sinkenden Bevölkerungszahlen. Abgesehen davon, dass in diesem Konzept aus meiner Sicht wenig Reform und noch weniger Struktur erkennbar ist, will ich etwas zum Einsparpotenzial dieser Maßnahmen sagen. Als das Konzept am 2. März vorgestellt wurde, fand sich darin der Satz: "Wenn alle Maßnahmen 2020 umgesetzt sind, werden wir über 324 Mio. gespart haben." Dieser Satz ist schon fast ein Offenbarungseid. Nehmen wir diese Vorgabe als Grundlage, ergibt sich pro Jahr eine Einsparung von 0,2 Prozent des Landeshaushalts. Da frage ich mich: Meint die Landesregierung ernsthaft, dass dies ausreichen kann? Im Jahr 2020, dem anvisierten Abschlussjahr aller Maßnahmen, werden nach heutigen Berechnungen des Statistischen Landesamts 240.000 Menschen weniger in Thüringen leben, das sind rund 10 Prozent der heutigen Bevölkerung. Experten gehen davon aus, dass wir dadurch rund eine halbe Mrd. & selbst wenn man das noch so wohlwollend betrachtet: Was die Landesregierung hier als Behördenstrukturkonzept vorgelegt hat, reicht nicht aus. Und man muss dazu sagen: Es wurde obendrein teuer erkauft. Denn ohne wirklich Spielraum für die zukünftige Gestaltung und Entwicklung des Landes zu gewinnen, hat die Landesregierung mit diesem Vorgehen fast alle Akteure, die sie für die Reformen braucht, gegen sich aufgebracht. Das ist ein hoher Preis für wenig Effekt.
Vielleicht hätte es sich doch gelohnt, etwas gründlicher vorzugehen und auch die Betroffenen in die Suche nach Lösungen einzubinden. Nehmen wir mal das Beispiel Justizstandort Mühlhausen. Als es die Landesregierung nach langen und harten Protesten endlich zugelassen hat, dass auch die Betroffenen mit ihren Ideen zu Wort kommen, fand sich schnell eine kostengünstige Alternative zur Schließung des Landgerichts. Ich bin sicher, wenn wir die Betroffenen in die Überlegungen einer grundsätzlichen Strukturreform einbinden, werden viele gute Ideen zu Tage gefördert, wie wir in Thüringen Ver