Protocol of the Session on February 25, 2005

Wir werden auf Dauer nicht umhin können, auch unseren Hochschulen und den Studierenden die Möglichkeit zu geben, um eindeutig die Lehrbedingungen zu verbessern. In der Verbesserung muss man auch die Chance erkennen und einfach mal schauen, wie ist es gelaufen in Österreich, wie ist es gelaufen in Australien, als das System eingeführt wurde.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: In Österreich sind es 15 Prozent weniger.)

Da hat es kurzfristig eine Verunsicherung der Studierenden gegeben, der jungen Leute, es gab eine kurze Delle, und mittlerweile sind die Studierendenzahlen mindestens gleich hoch oder höher. Wenn wir insgesamt wollen, dass mehr junge Leute an unsere Hochschulen kommen, so ist auch an dieser Stelle dies eine Möglichkeit. Ignorieren Sie

einfach nicht das, was in anderen Ländern erfolgreich gemacht wurde, und ermöglichen Sie unseren jungen Menschen Chancen, bessere Bedingungen vorzufinden.

Nun kommen wir zu dem Verfassungsgerichtsurteil. Man darf ja mal festhalten, die entsprechende Ministerin, der Herr Matschie ja so lange Zeit treu gedient hat, ist mit ihren so genannten Reformvorhaben jetzt mehrfach auf dem Bauch gelandet und musste vom Verfassungsgericht korrigiert werden. Unser nächster Tagesordnungspunkt wird ja gleich erneut darauf hinführen. Inwieweit Sie da beteiligt waren und die Feder geführt haben, werde ich nie rauskriegen, aber es darf festgehalten werden, dass Frau Bulmahn eine Fehlleistung nach der anderen abliefert.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Sie ha- ben doch selbst nichts getan, Herr Schwäblein.)

Das Verfassungsgerichtsurteil lässt also den Ländern die Freiheit, Gebühren einzuführen und mahnt sie zugleich, wenn sie es denn tun, für den sozialen Ausgleich zu sorgen. Lassen Sie uns darüber reden, wie jedes Talent, das sich zeigt, unabhängig von der Herkunft und der finanziellen Leistungskraft, auch studieren kann. Das ist eine Diskussion, die es sich lohnt zu führen und nicht eine Abwehrdiskussion, um Himmels Willen, bloß bei uns nicht und dann ist heile Welt angeblich, und die Wirklichkeit zeigt etwas ganz anderes. Die jungen Menschen werden mit den Füßen abstimmen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen wird dramatisch darunter leiden. Genau das ist mit uns nicht zu machen. Trotzdem werden wir Ihren Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst überweisen und der Systematik entsprechend, weil es ein Gesetz aus der Mitte des Hauses ist, natürlich auch an den Justizausschuss, um die ansonsten von der Regierung vorzunehmende rechtsförmliche Prüfung dort zu absolvieren. Ich sehe der Beratung im Ausschuss mit Freude entgegen, kann Ihnen aber kaum Hoffnung machen, dass wir ein solch leistungsfeindliches Gesetz tatsächlich beschließen werden. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Hennig.

Nachdem ich ja nun schon als die PDS-Abgeordnete geoutet worden bin, die letzte Woche auf der KfW-Tagung war, noch mal ein paar Worte dazu.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: Ein bisschen mehr Offenheit, Herr Schwäblein!)

Herr Schwäblein, ich gebe zu, es war eine sehr hochkarätig besetzte Veranstaltung. Aber vielleicht ist Ihnen dabei auch aufgefallen, dass natürlich Experten eingeladen worden sind, die genau die Einstellung und Meinung der KfW befürworten.

(Beifall bei der SPD)

Es gab nicht eine kritische Stimme auf Seiten des Podiums bzw. der Experten. Ich denke, ein solch unkritischer Umgang, wie Sie mit den Ergebnissen pflegen, führt automatisch zu einer Normalisierung der Einstellung, Bildung müsste privatisiert werden. Natürlich nehmen wir die Ergebnisse zur Kenntnis, aber wir interpretieren sie anders und gehen anders damit um, denn ich bin schon der Meinung, der Bildungskredit - gut, wer ihn möchte, soll ihn haben aber falls Ihnen aufgefallen ist, er ist nicht einkommensabhängig rückzahlbar, er öffnet Tür und Tor, um Studiengebühren finanzieren zu können und ich kann mich erinnern, der australische Experte - entschuldigen Sie bitte, wenn ich den Namen jetzt nicht mehr weiß - hat deutlich darauf hingewiesen, dass das Ansinnen der KfW nicht zu sozialverträglicher Finanzierung von Studium führt. Das habe ich schon mitgenommen. Wenn Sie das nicht mitgenommen haben, dann tut es mir Leid. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Bitte, Herr Abgeordneter Schwäblein. Das Wort erteile ich Ihnen noch mal.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die KfW ist die Förderbank des Bundes. Dass dort ein Streit zwischen der Wissenschaftsministerin und dem Wirtschaftsminister in dieser Frage existiert, dürfte doch niemandem entgangen sein. So hat sich die KfW im Auftrag des Wirtschaftsministers ins Zeug gelegt und ein Modell als Grundlage für weitere Diskussionen vorgestellt, wie man denn allen Studierenden unabhängig von ihrer Herkunft eine Hilfe geben kann, wie sie ihr Studium finanzieren. Erst mal kann man das nur als lobenswerte Aktion deklarieren. Zu dieser Tagung, Frau Hennig, da hätten Sie zuhören können oder sogar müssen, ist ja deutlich gemacht worden, dass der Aspekt der sozialverträglichen Ausgestaltung möglicher Studierendenbeiträge nach wie vor seitens der Bundesregierung nicht als ihre Sache angesehen wird. Also war auch gar nicht zu erwarten, dass die

KfW diesen Aspekt berücksichtigen wird, sondern sie sagt, ihr Länder, wenn ihr vorhabt, Studienfinanzierungsbeiträge einzuführen, stehen wir für euch als Partner bereit, aber der soziale Ausgleich wird dann eure Komponente sein, die möglicherweise in unser Modell einzubauen ist. Also überspannen Sie nicht den Bogen dessen, was dort möglich war. Es war ein erster richtiger Schritt, der nicht zwangsweise mit Studienfinanzierungsbeiträgen verbunden ist, sondern einfach die Studiermöglichkeit vieler sichern soll. Und machen wir uns nichts vor, es gibt auch Familien, bei denen junge Menschen, obwohl es vielleicht die Eltern möglich machen könnten, Probleme haben zu studieren, wo sich Eltern nicht in ausreichendem Maße an der Finanzierung des Studiums beteiligen. Manche klagen das dann ein, was dann nur unzureichend zur Ausstattung führt. Hier gäbe es dann einen Weg, tatsächlich - unabhängig von der anderen Frage - sich ein Studium leisten zu können, wohl wissend, dass derzeit zwei Drittel aller Studierenden nebenher arbeiten gehen, um sich das Studium überhaupt leisten zu können. Das ist richtig, das sollten wir schon mal festhalten. Dass sich damit gelegentlich oder sehr häufig die Studienzeit verlängert, ist ein Zweites. Dass dann bei einer solchen Kreditmöglichkeit ein zügiges Studium möglich ist und ein früherer Eintritt ins Berufsleben und sich dann diese Investition in die eigene Zukunft lohnt, das ist auf dieser Tagung herausgearbeitet worden. Das kann nicht durch die PDS so diffamiert werden, sondern es muss deutlich gemacht werden, es ist eine Investition in die eigene Zukunft. Das, was der Meister, was die Physiotherapeutin tausendfach, zehntausendfach jedes Jahr in diesem Lande selber lebt, dass sich die Investition in die eigene Ausbildung, in die eigene Zukunft lohnt, das darf auch bei Hochschulabsolventen nicht ignoriert werden.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: Haben Sie nicht zugehört? Wir haben diese Diskussion angeboten.)

Bitte, was haben Sie?

Wollen Sie eine Zwischenfrage stellen?

Das Diskussionsangebot, bei Ihnen ist das ein Tabu, um Himmels Willen, es darf nichts kosten, wobei das ein Unsinn ist. Es kostet uns alle sehr viel Geld und je zügiger die jungen Menschen studieren, umso besser für diese Gesellschaft. Ein Studium ist doch nicht die Verlängerung der Jugend, auch wenn es schön ist dieses Studentenleben, wir haben es ja größtenteils hier alle erlebt, aber es kostet die Gesellschaft

jede Menge Geld und es ist geboten, so zügig wie möglich zu studieren und das ist keine unbotmäßige Forderung. Wenn irgendwann mal tatsächlich auch eigene Beiträge dazu führen, dass man sich überlegt, wie lange man ein Studium in die Länge zieht, dann ist das für diese Gesellschaft nur gut. Unser erster Schritt, der jetzt schon gesetzt ist, die Langzeitstudiengebühren, haben sich auch in Thüringen bewährt. Nehmen Sie doch mal die Zahlen zur Kenntnis, die Zahl der Langzeitstudierenden hat sich auch in Thüringen schlagartig halbiert. Ja warum denn wohl? Das können Sie weiter ignorieren oder Sie nehmen es zur Kenntnis und lassen Sie uns eine offene Debatte im Sinne der Zukunft unserer jungen Menschen führen und nicht als Abwehr, um scheinbar heilige Prinzipien hochzuhalten, die von der Realität nicht gedeckt sind. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Minister Goebel.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS ebenso wie der Antrag der SPD-Fraktion zur Aktuellen Stunde heute Nachmittag sind Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Monat. Aber weder ist der Erste sinnvoll noch ist der Zweite aktuell in Thüringen.

Richtig ist, das Verfassungsgericht hat die Regelung im Sechsten Änderungsgesetz des Hochschulrahmengesetzes für verfassungswidrig und unwirksam erklärt, dass generell keine allgemeinen Studiengebühren erhoben werden dürfen. Damit ist wieder einmal klar geworden, der Bund wollte Angelegenheiten regeln, die ureigenste Sache der Länder sind. Und dass er das nicht darf, hat das Gericht unmissverständlich deutlich gemacht. Wir als Länder haben jetzt die Möglichkeit, die Finanzierung unserer Hochschulen in eigener Sache zu gestalten.

Meine Damen und Herren, wir alle, Sie und ich, stehen als Haushaltssouverän in der Pflicht, dies auch zu tun. Im Übrigen, der Bund gibt für den Betrieb der Hochschulen nichts dazu, folglich kann er uns auch nicht vorschreiben, wie wir die Finanzierung sicherstellen.

Eins ist klar, unsere Hochschulen brauchen eine angemessene Finanzausstattung, damit wir unsere jungen Leute entsprechend fördern können. Der Hochschulpakt bietet im Übrigen dafür eine verlässliche Grundlage. Das haben auch gestern in der Haushaltsdebatte die Sprecher aller Fraktionen be

stätigt. Wir haben in Thüringen, was die Ausstattung und was die Betreuungsrelation an den Hochschulen anbetrifft, viel erreicht. Bei der Betreuungsrelation Studierende pro Wissenschaftler im bundesdeutschen Vergleich sind wir überdurchschnittlich gut. So sieht es im letzten Wintersemester 2003/2004 so aus, dass wir in Thüringen auf einen Betreuungsfaktor von 14,39 Studierenden bei den Universitäten kommen, im Bundesdurchschnitt ist die Vergleichszahl 19,38. Bei den Fachhochschulen ist das Zahlenverhältnis 24,45 Thüringen zu 28,24 Bundesdurchschnitt.

Dieses hohe Niveau wollen wir durchaus halten. Realistischerweise können wir eine solide Finanzierung der Hochschulen auf mittlere Sicht nicht nur mit Steuermitteln sicherstellen. Aus anderen Staaten wissen wir, dass die Menschen dort mehr privates Geld für ihre Bildung ausgeben als hierzulande, also setzen auch wir auf mehr bürgerschaftliches Engagement und auf Eigenverantwortung. Ich meine, dazu gehört auch ein von der Allgemeinheit bezahltes Studium in angemessener Zeit abzuschließen. Das war auch der Grund, weshalb wir seit dem vergangenen Wintersemester Langzeitstudiengebühren erheben. Mit Erfolg, wie ich an diesem Pult schon einmal berichten durfte.

Für weiterbildende Studienangebote und für ein Zweitstudium werden schon jetzt Beiträge der Studierenden fällig. Das haben wir mit der Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes in der 3. Legislatur so festgelegt. Auch das hat bereits segensreiche Auswirkungen. Die Hochschulen haben umfangreiche und bedarfsorientierte Weiterbildungsangebote entwickelt und dabei erhebliche Einnahmepotenziale erschlossen, die Sie mit Ihrem Gesetzesantrag jetzt wieder abschaffen wollen.

Der Weiterbildung an der Hochschule wird künftig nicht nur aus demographischen Gründen eine immer größere Bedeutung zukommen. Sie ist zugleich ein entscheidendes Element des lebenslangen Lernens.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Ländern auch auferlegt, zur Wahrung von Bildungschancen verhältnismäßige Regelungen zu treffen. Wir haben das schon vor dem Urteil gewusst und wir werden uns daran halten. Wir berücksichtigen schon heute bei der Erhebung der Langzeitstudiengebühren besondere Lebensumstände oder Belastungen, wie zum Beispiel die Pflege und Erziehung von Kindern, die Mitwirkung in Hochschulgremien, Behinderungen oder schwere Erkrankungen. Das zeigt, man kann Studienbeiträge sehr wohl sozial gerecht ausgestalten.

Aber meine Damen und Herren von der PDS, wir haben auch eines klar festgelegt, wir werden zunächst auf die Erhebung allgemeiner Studienbeiträge verzichten. Die Aussagen der Landesregierung dafür dürften Ihnen bekannt sein. Bis 2009 soll es keine allgemeinen Studienbeiträge geben. Sie dagegen wollen heute auf alle Zeiten etwas in unserer Landesverfassung verankern, ohne dessen Auswirkungen auf mittlere oder längere Sicht überhaupt absehen zu können. Darin offenbart sich eine nur auf den Effekt zielende Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Im Interesse unserer Studierenden brauchen wir aber gerade das Gegenteil. Wir brauchen Flexibilität.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: So ein Quatsch!)

Wissen Sie denn heute schon, wie die nationale und internationale Hochschullandschaft in den nächsten Jahren aussehen wird? Eins ist klar, andere Länder der Bundesrepublik Deutschland werden Studiengebühren einführen, und zwar möglicherweise schon bald. Dafür gibt es auch gute Argumente. Studienbeiträge bringen mehr und nicht weniger Menschen an die Hochschulen. Das zeigen Untersuchungen des Zentrums für Hochschulentwicklung mit Hinweis auf internationale Erfahrungen. Studienbeiträge sind eine Bildungsinvestition mit hoher Rendite. Akademiker verdienen mehr und sind seltener arbeitslos, weshalb soll man für solche individuellen Vorteile nicht selbst investieren. Beispielsweise Meisterschüler tun das schon immer. Im Übrigen ist auch das ein Zeichen von Eigenverantwortung.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Matschie?

Selbstverständlich, Herr Matschie.

Herr Minister, da ich aus Ihren Worten entnehmen kann, dass Sie Studiengebühren befürworten, noch mal die konkrete Frage: Ab wann planen Sie denn die Studiengebühren in Thüringen einzuführen?

Herzlichen Dank für diese Frage, Herr Matschie, es gibt mir die Gelegenheit, mit der Antwort gleich auch auf die Aktuelle Stunde heute Nachmittag Bezug zu nehmen. Die Thüringer Landesregierung plant die

Einführung von Studiengebühren nicht. Konkrete Planungen liegen nicht vor. Deshalb hat Ihr Antrag in der Aktuellen Stunde auch keinerlei Aktualität.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Wenn das kein Widersinn in der Argumentation ist!)

Ich werde Ihnen das in der Folge noch ausführlich erläutern.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sie preisen uns Studiengebühren an, wollen sie aber nicht einführen.)

Studienbeiträge - ich fahre fort, Ihnen die Vorteile zu erläutern - bringen volkswirtschaftlichen Nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Sie verkürzen die Studienzeiten, folglich treten junge Akademiker früher in das Berufsleben und damit auch in die sozialen Versicherungssysteme ein. Studienbeiträge machen aus einer anonymen Leistung eine individuelle Dienstleistung. Die Beziehungen zwischen Studierenden und ihrer Hochschule werden auf eine neue Grundlage gestellt. Sie erhalten ein deutlich höheres Maß an Verbindlichkeit. Mit ihren Studienbeiträgen erwerben Studierende Ansprüche an die Hochschule. Sie werden gewissermaßen zu Kunden, Professoren zu Dienstleistern,