Protocol of the Session on February 25, 2005

Die Vorlage der vom Ministerpräsidenten für November 2004 angekündigten Behördenkonzeption fehlt bis heute. Die Verunsicherung ist groß. Was Sie, Herr Althaus, und Ihre Minister mit Ihrem Wirrwarr von Plänen und widersprüchlichen Aussagen zu Standorten und Zeitablauf über Monate an Beunruhigung bei den mehr als 60.000 Beschäftigten in den Landesbehörden angerichtet haben und weiter anrichten, ist verantwortungslos. Dazu kommt die Verunsicherung bei zahlreichen kommunalen Verantwortungsträgern im Land. Um deren Ängste und Sorgen abzubauen, sollten Sie hier und heute endlich eine Konzeption für den Umbau der Landesbehörden auf den Tisch legen. Sie, Herr Ministerpräsident, hatten dies am 19. Oktober 2004 in einer Pressekonferenz bereits für Mitte Dezember versprochen. Dann nämlich sollte das Thüringer Kabinett erstmals über ein Behördenstrukturkonzept beraten, weil bis dahin die Facharbeiten in den Ressorts und die Koordinierung zwischen den Ministerien abgeschlossen sei. Zwei weitere Monate sind seitdem vergangen. Sie hätten sich und den Steuerzahlern Ihren touristischen Ausflug nach Bayern in dieser Woche besser ersparen sollen, um am Kabinettstisch endlich ein Konzept aufs Papier zu bringen, weil jede Woche zählt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb wollen wir endlich konkrete Angaben über die von der Landesregierung geplanten Schließungen und Neuordnungen der Landesbehörden. Wir fordern eine Vorlage der Umsetzungskonzepte einschließlich der zugrunde liegenden Aufgabenkritik und der Einsparpotenziale für alle Einzelmaßnahmen. Sie selbst, Herr Althaus, haben in Ihrer Regierungserkläung vom 9. September 2004 betont, dass ein Verwaltungsumbau für die Konsolidierung der Landesfinanzen wichtig ist. Auch Ihre Finanzministerin weiß das, sagte es jedenfalls bei der Einbringung des Landeshaushalts 2005. Die Erkenntnis allein reicht aber nicht. Ziehen Sie endlich Schlüsse und setzen Sie diese in die Tat um. Den Kopf voller Pläne zu haben, ist zu wenig. Ihnen fehlt der Plan, das Konzept.

Das Verhalten dieser Landesregierung in den letzten Monaten hat den Eindruck erweckt, als wurden die Minister von der Regierungserklärung des Mi

nisterpräsidenten in ihrer Planlosigkeit aufgeschreckt, um im Nachhinein nach Konzepten und Begründungen für die vollmundigen Ankündigungen zu suchen. Sie haben das Pferd von hinten aufgezäumt, anders ist für mich die Reihe der Zeitverschiebungen nicht zu deuten, schließe ich einmal aus, dass die Vorstellung des Behördenstrukturkonzepts aus parteitaktischen Erwägungen erst nach der Verabschiedung des Landeshaushalts erfolgen sollte, um die CDU-Abgeordneten bei Laune zu halten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Druck in den Regionen, die Verunsicherung in den Kommunen ist groß. Minister Trautvetter gab ihm offenbar so sehr nach, dass er sich vor wenigen Tagen - in der Tageszeitung "Freies Wort" kann man es nachlesen - damit brüstete, besonders aktiv für seinen Wahlkreis zu arbeiten, wenn es beispielsweise um die Ämter in Schmalkalden gehe. In seinem Verantwortungsbereich Katasterverwaltung, so der Minister, habe die Landesregierung sehr wohl eine politische Entscheidung zugunsten des Bereichs Schmalkalden getroffen. Wer die Katasterverwaltung kenne, wisse, dass unter betriebswirtschaftlichen Kriterien, zum Beispiel die Verfügbarkeit von landeseigenen Immobilien, ganz andere Standortentscheidungen hätten getroffen werden müssen. Herr Trautvetter wird weiter zitiert - mit Ihrer Genehmigung: "Ich nehme damit für mich in Anspruch, dass ich mir meiner Verantwortung für Schmalkalden sehr wohl bewusst bin und dies auch umsetze." So viel zum Thema "rationale Grundlagen" für Ihre Überlegungen.

Die Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens ist nur ein Baustein und doch ein Paradebeispiel für Ihren gesamten bisherigen Umgang mit der Verwaltungsreform. Bereits die Auswahl der Standorte für die künftigen Katasterämter zeigte nicht nur die fachliche Inkompetenz des zuständigen Ministers, sondern ist auch aus landesplanerischer Sicht unvertretbar. Dort, wo die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen die größten Chancen hat, gibt es künftig keine Katasterämter mehr. Investitionen aber hängen auch davon ab, dass eine Katasterverwaltung schnell und reibungslos arbeitet. Funktionierende Standorte werden aufgegeben, vorhandene, größtenteils sanierte Liegenschaften stehen künftig leer. Anderenorts müssen neue Liegenschaften angemietet und renoviert werden. Am künftigen Standort Schmalkalden - in diese Richtung ging ja auch die Erklärung von Herrn Trautvetter - gibt es nicht einmal eine brauchbare Immobilie. Es wurde unter lokal- und parteipolitischen Gesichtspunkten gehandelt. Die Folgen sind längere Wege und Bearbeitungszeiten für die Antragsteller und potenziellen Investoren mit verheerenden Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung im Land.

Ein weiterer Schadensfall, der bereits zu verzeichnen ist: die angekündigten Neustrukturierungen der Justizstandorte. Der Imageschaden durch die Schließungspläne eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen ist bereits eingetreten, mit Negativschlagzeilen für dieses bundesweit einmalige Vorhaben. Die Verunsicherung bei den Juristen Thüringens, bei ihren Familien und den Einwohnern in den betroffenen Regionen ist groß. Ob und wie viele Kosten das Land damit sparen will und kann, ist dagegen bis heute unklar. Konzeptionslosigkeit ist auch hier die Ursache. Welche Desaster fehlende Konzepte anrichten, haben viele Thüringer Regionen bereits schmerzlich erfahren müssen. Ich erinnere an das dichte Netz von Spaßbädern in diesem Land, das die ersten Kommunen bereits in die Schuldenflut getrieben hat. Das Land hätte mit einem Tourismuskonzept und einer Bäderkonzeption gegensteuern können und müssen. Die Landesregierung aber steuert nicht, sie rudert.

Ein weiteres Negativbeispiel dafür, ist die fehlende Schulnetzplanung für Berufsschulen. Thüringenweit gab es eine Vielzahl kostenintensiver Neubauten und Sanierungen angesichts der drastisch sinkenden Schülerzahlen weit über den künftigen Bedarf hinaus. Auch diesen Ausbauprozess hätte das Land steuern müssen. Das für Thüringen fehlende Flughafenkonzept ist ebenso zum Schaden für das Land. Dadurch wurden einerseits Projekte großzügig mit reichlich Fördermitteln ausgebaut, für die der Bedarf sehr gering ist. Andernorts fehlt das Geld für die notwendigsten Investitionen. All das waren und sind schwere Fehler, genau wie der, dass der Ministerpräsident in seine Pläne zur Umstrukturierung der Landesverwaltung die Gewerkschaften nicht einbezogen hat, obwohl diese durchaus eigene Überlegungen und konstruktive Sparvorschläge einzubringen haben, zum Beispiel kürzere Arbeitszeit bei Lohneinbußen zur Beschäftigungssicherung. Die Haltung der Gewerkschaften zeugt von großem Verantwortungsbewusstsein und sie schafft Spielraum für eine Verwaltungsreform.

Herr Ministerpräsident schlagen Sie das Angebot zur Zusammenarbeit nicht aus. Beziehen Sie die Betroffenen mit ein, stoßen Sie sie nicht weiter vor den Kopf, wie Sie es bereits bei der Aufstellung des Landeshaushalts mit den Wirtschafts- und Sozialverbänden, den kommunalen Spitzenverbänden und Bildungsträgern getan haben. Reformen lassen sich nur gemeinsam mit den Betroffenen umsetzen.

Im Namen der SPD-Fraktion hat Christoph Matschie in seiner Reaktion auf Ihre Regierungserklärung, Herr Althaus, der Landesregierung bereits die Bereitschaft zur Mitarbeit angekündigt an einer Verwaltungsreform, an einer neuen Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen, in Kombination mit

einer Gebietsreform. Beenden Sie Ihre Blockade, schalten Sie um auf Konstruktivität und nehmen Sie unser Angebot an. Ich war nicht überrascht, dass die Landesregierung einen Sofortbericht nicht angekündigt hat. Aber dass Frau Diezel bittet, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen, hat die Konsequenz, dass die Landesregierung in sechs Monaten nicht antworten braucht. Ich hoffe nicht, dass das ein Hinweis darauf ist, dass der angekündigte 1. März auch wieder hinfällig ist für die Verkündung des Behördenstrukturkonzepts. Ich bitte Sie um Annahme, damit wenigstens in sechs Monaten klar ist, wohin die Reise in Thüringen geht. Vielen Dank.

(Beifall PDS, SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann Frau Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur ganz wenige Anmerkungen. Wenn Sie genau zugehört hätten, Herr Abgeordneter Haubold, ich habe sehr deutlich gesagt, was die Grundlagen der Verwaltungsreform sind: Bürgernähe, Wirtschaftsnähe, Effizienz, Einräumigkeit, Einheitlichkeit, Aufgaben, Synergieeffekte und dann erst Kostenbetrachtung. Sicherlich assoziiert man mit dem Finanzministerium zuerst das Fiskalische. Aber das Finanzministerium hat aufgrund seiner großen Ressortverwaltung unheimliche Erfahrungen, sehr viele Erfahrungen, gerade in seinem Personal mit Umstrukturierungen. Deswegen ist sicherlich das Finanzministerium mit ausgewählt worden beim Steuerungskreis. Ich möchte noch darauf hinweisen, der Steuerungskreis, Sie haben gesagt, der Steuerungskreis leitet alles und der Steuerungskreis würde so eine Art Entmachtung der Ressorts sein. Dem möchte ich auch widersprechen, habe ich in der Rede klargestellt. Die Ressorts erarbeiten die Konzepte, die vom Steuerungskreis koordiniert werden und die dann im Kabinett gemeinsam beraten werden. Das ist der Weg. Hier muss ich sagen, vielleicht haben Sie das in der Rede nicht so aufnehmen können.

Auch diese mehr Zweistufigkeit ist die beste Verwaltung. Auch das, will ich Ihnen sagen, ist unterschiedlich zu betrachten und differenziert bei Verwaltungen. Bei Verwaltungen, wie zum Beispiel bei einer Finanzverwaltung, wo Massengeschäfte sind, wo 700.000 Steueranträge bearbeitet werden, ist die Zweistufigkeit gerade eben nicht angesagt, sondern bei Widersprüchen und fachlicher Anleitung die Oberfinanzdirektion und dann die Finanzdirektion des Landes. Das ist eine Erfahrung, die sich bundesweit durchgesetzt hat. Schleswig-Holstein hat schlechte

Erfahrungen gemacht mit seiner Zweistufigkeit. Da ist nämlich die Steuerabteilung im Finanzministerium hundert Mann groß. Das wollen wir nicht. Man muss es differenziert betrachten in den Verwaltungen. Genau das tun wir, differenzierte gründliche Betrachtung.

Zur SPD nur, was den Termin betrifft: Der Termin wird eingehalten wie angekündigt am 1. März wird das Konzept vorgestellt.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist keine Ausschussüberweisung beantragt. Daher stimmen wir über den Antrag der SPD ab. Wer ist für diesen Antrag? Wer ist gegen diesen Antrag? Wer enthält sich der Stimme? Es gibt keine Stimmenthaltung. Eine Mehrheit, die den Antrag abgelehnt hat. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13

Übernahme der Ergebnisse des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst für die Arbeiter und Angestellten des Freistaats Thüringen sowie Abschluss eines Sozialtarifvertrags Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/592

Wünscht die Fraktion eine Begründung? Es wird keine Begründung gewünscht. Damit eröffne ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Es spricht der Abgeordnete Hauboldt der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, aller guten Dinge sind drei. Deshalb auch meine Bemerkungen zu dieser Problematik. Ich denke, es gilt die Zeichen der Zeit zu erkennen. Die Beschäftigten der Landesverwaltung brauchen Perspektiven. Es müssen sichere Grundlagen über tarifvertragliche Regelungen geschaffen werden. Tariflose Zustände sind im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit nicht hinnehmbar. Wir sind uns darüber einig, dass die geltenden tarifvertraglichen Regelungen überarbeitet werden müssen. Dementsprechend saßen alle drei öffentlichen Arbeitgeber - Bund, Länder und Gemeinden - am Verhandlungstisch bis zum Frühjahr 2004, als die Tarifgemeinschaft deutscher Länder die Tarifregelung zum Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie die Regelung

zur Arbeitszeit im Tarifgebiet West gekündigt hat. Ver.di verhandelt in Folge nur noch mit dem Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände. Ergebnis der zweijährigen Verhandlungen ist die Einigung auf ein neues Tarifrecht im öffentlichen Dienst. Damit ist die erste umfassende Modernisierung des öffentlichen Tarifrechts seit mehr als 40 Jahren abgeschlossen. Das Ziel eines neuen einheitlichen und modernen Tarifrechts im öffentlichen Dienst ist erreicht. Der neue Tarifvertrag im öffentlichen Dienst bringt mehr Übersichtlichkeit, Klarheit und Einheitlichkeit in die Tariflandschaft des öffentlichen Dienstes. Auch hebt das neue Tarifrecht die längst überholte Unterscheidung nach Arbeitnehmerinnen und Angestellten auf. Das Tarifrecht im öffentlichen Dienst ist zukunftfest gemacht, allerdings nicht für rund 900.000 Landesbedienstete, 70.000 davon in Thüringen. Auch die Thüringer Landesregierung hat sich gegen die direkte Übernahme des Tarifvertrags ausgesprochen. Das Handeln der Landesregierung ist eine Absage an ein modernes Tarifrecht und aus unserer Sicht nicht tragbar.

Meine Damen und Herren, auch die Landesbediensteten brauchen ein neues und zukunftsorientiertes Tarifrecht. Den Stellenwert der Beschäftigungssicherung hat die Landesregierung scheinbar noch nicht erkannt. Das Verhalten der Länder ist Haushaltssanierung auf dem Rücken der Beschäftigten. Der entscheidende Konfliktpunkt ist, wie wir wissen, die Arbeitszeit. Die Länder wollen den Abschluss nicht übernehmen, weil sie längere Arbeitszeiten und eine niedrigere Bezahlung durchsetzen wollen. Arbeitszeitverlängerung vernichtet aber Arbeitsplätze. Wir als PDS-Fraktion lehnen daher eine Verlängerung der Arbeitszeit ab. Es funktioniert so nicht. Die Lohnsenkung wird nicht dazu führen, dass die Wirtschaft blüht und ich stelle hier die Frage an die Landesregierung: Wann wachen Sie letztendlich auf? Eine Wochenarbeitszeitverlängerung auf 42 Wochenstunden kommt de facto einer Lohnkürzung von 10 Prozent gleich. Mehrere Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst werden dadurch gefährdet und - ich sage es auch bewusst - betriebsbedingte Kündigungen werden nicht ausbleiben.

Meine Damen und Herren, die Ankündigung des Ministerpräsidenten, die Arbeitszeit für kinderlose Beamte und Beamte, deren Kinder über 12 Jahre alt sind, auf 42 Wochenstunden anzuheben, ist weder als familienfreundlich noch als sinnvolle Maßnahme zu bewerten. Zum einen stellt sich die Frage, was die Kinder und Familien tatsächlich davon haben, und zum anderen haben wir damit zwar weniger Stellen, wodurch aber die Produktivität vor Ort nicht gefördert wird. Ziel muss es sein, Perspektiven zu bieten, um vor Ort letztendlich auch zu motivieren. Wir jedenfalls wollen nicht auf einem veralteten, ineffektiven Tarifgefüge sitzen bleiben. Daher fordern wir die Lan

desregierung in Zusammenarbeit mit der Tarifgemeinschaft der Länder auf, den Tarifvertrag zu übernehmen und sich einer einheitlichen Modernisierung des öffentlichen Dienstes nicht länger zu verschließen. Es darf bei der Frage der Übernahme nicht bei einem strikten Nein bleiben. Kompromisse und Einigung - das sage ich auch an dieser Stelle sind möglich. Die Länder müssen mit den Gewerkschaften verhandeln.

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein paar Worte zum nicht weniger bedeutsamen, aber mit Sicherheit brisanten Thema Sozialtarifvertrag. Der Abschluss eines Sozialtarifvertrags als Instrument zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen wird von uns befürwortet, weil auf dessen Grundlage der Verwaltungsumbau nachhaltig und sozialpolitisch verantwortungsvoll stattfinden kann. Die momentane Personal- und Reformpolitik der Landesregierung führt in die Sackgasse. Sie ist konzeptionslos und nicht in die Zukunft gedacht. Die Einzelmaßnahmen in Form von Schließung und Zusammenlegung von Ämtern und Behörden werden, denke ich, nicht die erhoffte Wirkung erzielen. Die künftige Handlungsfähigkeit der Thüringer Verwaltung wird mit dieser Augen-zu-und-durch-Politik gefährdet. Lassen Sie mich das noch mal kurz erläutern. Das Instrument der Landesregierung, um Einsparungen zu erzielen, heißt ja Wiederbesetzungssperre. Allein das Alter der Bediensteten soll entscheiden, welche Stellen wegfallen und welche Aufgaben auch künftig erhalten bleiben. Damit riskiert die Landesregierung, dass in zunehmendem Maße Fachpersonal fehlt. Auch verkennen Sie, dass die Verwaltung im Freistaat Thüringen schon heute an Überalterung leidet und die Aufgabenerfüllung gefährdet ist. Die Verwaltung wird durch den Altersabgang letztendlich geschwächt. Sinnvolle Perspektiven werden auf diese Weise nicht geschaffen.

Meine Damen und Herren, so funktioniert ein nachhaltiger Verwaltungsumbau nicht. Sie werden keine Entwicklungsperspektiven für den Freistaat schaffen, die aber, denke ich, dringend notwendig sind. Es werden keine Handlungsspielräume geschaffen, um dort Lücken schließen zu können, wo die Leistungsfähigkeit in Frage gestellt ist. Das muss aber primäres Ziel sein, Handlungsspielräume schaffen, um Lücken zu schließen und eine kundenorientierte Verwaltung zu schaffen. Es ist wichtig, dass der öffentliche Dienst von denen akzeptiert wird, die ihn auch bezahlen und als Kunden des öffentlichen Leistungsangebots davon profitieren, also den Bürgerinnen und Bürgern. Wir brauchen ein in sich stimmiges planvolles Gesamtkonzept. Der längst überfällige Verwaltungsumbau muss endlich - das sage ich noch mal an dieser Stelle - öffentlich diskutiert und eine planvoll gesteuerte Verwaltungs- und Gebietsreform auf den Weg gebracht werden. Es müssen Perspektiven

geschaffen werden, die durch Kooperation mit den Gewerkschaften und den Beschäftigten vor Ort durchgesetzt werden. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Taubert von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag, den wir heute auf Initiative meiner Fraktion zu beraten haben, wird notwendig, weil er auf zwei weitere eklatante Versäumnisse der Landesregierung hinweist: das Fehlen eines Tarifvertrags für die Angestellten des Freistaats Thüringen und das Fehlen eines Sozialtarifvertrags, mit dem eine Beschäftigungsgarantie für die Arbeitsplätze in der Landesverwaltung bei weniger Arbeitszeit und Gehalt erreicht würde. Diese zwei Versäumnisse reihen sich ein in den großen Haufen unerledigter Vorgänge, die Sie, sehr geehrter Herr Althaus, und Ihr Kabinett seit Jahr und Tag verschlafen haben. Finden Sie noch Schlaf bei den vielen Unterlassungen?

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Der hat zu viel Arbeit.)

Ich erinnere an das seit Jahr und Tag fehlende Personalkonzept der Landesregierung, die gerade debattierte, mehrmals verschobene Entscheidung für die zukünftigen Standorte von Justizbehörden in Thüringen oder die noch nicht einmal von Ihnen angedachte Gebiets- oder Verwaltungsreform. Alles haben Sie auf die lange Bank geschoben. Ergebnis: Fehlanzeige.

Zum Abschluss des Tarifvertrags für Beschäftigte im Landesdienst: Am 9. September 2004 hat Herr Althaus hier an diesem Rednerpult gestanden und vollmundig verkündet: "Aber wir sparen nicht nur um des Sparens Willen. Wir sollten diese Situation als Chance begreifen, veraltete Strukturen aufzubrechen und unser Land zu modernisieren." Jetzt ist es an Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, auch Wort zu halten. Modern, sage ich, wäre es, wenn Sie den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen auch für die Landesbediensteten übernähmen.

(Beifall bei der SPD)

Denn in diesem Tarifabschluss sind wirklich moderne Regelungen enthalten, die ich Ihnen beispielhaft nennen will. Erstes Beispiel: Die Bezahlung der Mitarbeiter steigt zukünftig nicht mehr automatisch mit dem Dienstalter, sondern orientiert sich stärker an ihrer Leistung - etwas, das wir seit vielen Jahren in allen Verwaltungsstrukturen vermisst haben. Zu Recht schreibt daher die Zeitung "Hannoversche Presse" von einem Meilenstein, der dazu führen könnte, die Verwaltung bürgerfreundlicher zu machen.

Zweites Beispiel - die Flexibilisierung der Arbeitszeit: Zukünftig ist es möglich, dass aufgrund betrieblicher Vereinbarung bis zu 45 Stunden pro Woche bzw. zwischen 6.00 Uhr und 20.00 Uhr zuschlagsfrei Überstunden angeordnet werden könnten. Diese Neuerung hat der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, Herr Möllring aus Niedersachsen, wohl nicht mitgeteilt bekommen, denn er klagt darüber, dass Arbeitszeitverlängerungen nicht ausreichend gelöst wurden. Wie lange aber seine Landesbediensteten in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit am Arbeitsplatz belassen werden sollen, das traut Herr Möllring sich nicht zu sagen. Und Sie, Herr Althaus und Frau Ministerin Diezel, Sie tönen in das gleiche Horn des Herrn Möllring und lehnen eine Übernahme des Tarifvertrages ab, ohne zu bemerken, dass Sie damit Thüringer Interessen leichtfertig aufs Spiel setzen. Denn gerade im Sinne Thüringens müsste es jetzt sein, wenn durch den gefundenen Tarifkompromiss für junge Menschen die Attraktivität des öffentlichen Dienstes erhöht wird und sie hier in Thüringen einen Arbeitsplatz bekommen und nicht in den Westen abwandern. Der Tarifabschluss, meine Damen und Herren, macht den öffentlichen Dienst für junge Menschen viel attraktiver als bisher, weil er ihnen ein schnelleres berufliches Fortkommen auch beim Gehalt erleichtert. Ich weiß, Sie kommen an dieser Stelle nun mit dem Kostenargument. Aber muss es Sie nicht mehr als nachdenklich stimmen, wenn Ihr geschätzter Herr Parteifreund Gnauck vom Thüringer Gemeinde- und Städtebund erklärt, dass der Tarifabschluss für die Kommunen gerade noch erträglich ist? Angesichts der Tatsache, dass die Landesregierung mit Hilfe der CDU-Fraktion den Thüringer Kommunen gerade mal eben 160 Mio. gekürzt hat, sollte Ihnen gemeinsam diese Aussage von Herrn Gnauck doch die Schamesröte auf die Stirn treiben.

(Unruhe bei der CDU)

Die von Ihnen gebeutelten Thüringer Kommunen stimmen einem Tarifkompromiss zu, über den Sie herumjammern und ihn schlechtreden.

(Beifall Abg. Pilger, SPD)

Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag fordert Sie deshalb auf, dafür zu sorgen, dass der ausgehandelte Tarifabschluss im öffentlichen Dienst für die Angestellten des Bundes und der Kommunen in seinen wesentlichen Zügen auch für die Angestellten des Landes zur Anwendung kommt.

(Beifall bei der SPD)

Auch ich möchte zum Abschluss eines Sozialtarifvertrags kommen.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Die anderen Länder haben ihn auch noch nicht übernommen.)

Herr Althaus, Sie dürfen doch auch mal voranschreiten. Wir reden doch von Thüringen. Wenn Sie sagen, die anderen Länder haben das noch nicht getan, dann muss ich das zur Kenntnis nehmen. Aber wir können doch hier Vorreiterrolle spielen, wollen wir doch in anderen Bereichen auch gern tun, warum denn dann nicht hier beim Personal. Sie haben doch gemerkt, ich will ja auf den Sozialtarifvertrag noch eingehen. Wir haben bei den Gewerkschaften gerade in dieser Zeit einmalig vorhanden die Bereitschaft, auf das Land zuzugehen und auch Kosten mit zu sparen. Wann hatten wir das denn in den letzten 15 Jahren?

(Beifall Abg. Pilger, SPD)

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Der Tarifvertrag ist eine feste Orientierung.)