Protocol of the Session on February 25, 2005

Aber ich komme noch mal zum Sozialtarifvertrag zurück. Sie kennen alle den Spruch: "An ihren Taten und nicht an ihren Worten werden wir sie erkennen." Wir wollen den Ministerpräsidenten an seinen Worten messen. Am gleichen 9. September 2004 haben Sie von dieser Stelle aus erklärt, Herr Althaus: "Abgesehen von den rund 400 Stellen, die bis 2009 in den obersten Landesbehörden eingespart werden, fallen im nachgeordneten Bereich bis zum Ende dieser Legislaturperiode rund 7.000 Stellen weg." Ich frage Sie: Wie wollen Sie das anstellen? Das von Ihnen oft und gern gebrauchte Zauberwort "natürliche Fluktuation" hat sich in der Vergangenheit vielleicht für Ihren ehemaligen Finanz-, dann Innen- und nun Bauminister bewährt, aber beim Landesdienst funktioniert das nicht so. Deshalb appelliere ich an Sie, nehmen Sie das Angebot von ver.di-Chef Thomas Voss an, handeln Sie einen für alle Seiten moderaten Sozialtarifvertrag für die Landesbediensteten aus, damit Sie durch Absenkung von Arbeitszeit und Lohnniveau Raum schaffen können für eine umfassende Verwaltungsreform. Die Gewerkschaften wurden oft für ihre strikte Haltung gegen die Absenkung des Lohnniveaus kritisiert. Nun macht

die Gewerkschaft der Landesregierung ein Angebot zum Abschluss eines Sozialtarifvertrags, der Arbeitsplätze in der Thüringer Verwaltung sichern hilft und dafür Abstriche beim Lohnniveau und bei der Arbeitszeit hinnehmen will. Dieses Angebot darf nicht ausgeschlagen werden, weil ansonsten das Wohl der Landesbediensteten, aber auch die Interessen der Thüringer Bürgerinnen und Bürger an einer effizienten und leistungsstarken Behördenstruktur verraten wird. Handeln Sie rechtzeitig, damit Sie nicht wieder zum letzten Mittel betriebsbedingter Kündigungen greifen müssen. Das ist schon einmal unter einer CDU-Regierung schief gegangen. Ich erinnere nur an die unsäglichen Lehrerkündigungen vor Jahren, die die Arbeitsgerichte in den meisten Fällen für unwirksam erklärt haben.

Herr Althaus, der Volksmund sagt "Aus Schaden wird man klug." Ich hoffe, das gilt auch für Sie. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Wehner zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Taubert, es wird Sie nicht überraschen, dass ich Ihrem Antrag wenig Positives abgewinnen kann.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Nein!)

Wir haben uns gestern schon mal darüber kurz verständigt. Ach, Herr Höhn, Sie überrascht es sicherlich auch nicht.

Aber ich will zunächst vielleicht mal ein paar versöhnliche Worte sagen. Natürlich ist nicht alles, was in diesem Tarifkompromiss für Bund und Kommunen beschlossen wurde, nicht auch für das Land tragbar und nicht jeder dieser Punkte ist von vornherein abzulehnen. Aber wenn es unterschiedliche Bedingungen gibt in Bund und Kommunen, dann hat das allerdings auch unterschiedliche Folgen. Deswegen überrascht es mich persönlich wenig, wenn Herr Gnauck sagt, dass der Tarifabschluss für die Kommunen noch erträglich ist. Ich kann Ihnen sagen, an einer Schule in Thüringen gibt es mehr Beschäftigte beispielsweise in der Vergütungsgruppe II a als in der ganzen Stadtverwaltung Suhl. Diese unterschiedliche Struktur hat natürlich unterschiedliche finanzielle Auswirkungen. Deswegen ist es für mich auch verständlich, dass man von Seiten der Länder diesen Regelungen ganz anders gegen

übersteht.

(Beifall bei der CDU)

Einen wesentlichen Punkt möchte ich an dieser Stelle auch mal ganz deutlich sagen: Ich finde es unverantwortlich, in welcher Art und Weise Sie hier von Thüringen ein Vorangehen fordern, einen Tarifkompromiss anzugehen, den doch die Mehrheit der Länder insgesamt ablehnt, sowohl SPD- als auch CDU-regierte Länder.

(Beifall bei der CDU)

Um Ihnen da auch mal ein paar Beispiele zu nennen: Die Finanzminister, SPD-Ressortchefs aus Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, konnten dem Tarifkompromiss positive Seiten abgewinnen. Jetzt zitiere ich mit Erlaubnis: Sie betonten gleichwohl, "dass eine unveränderte Übertragung des Abschlusses nicht sinnvoll sei." Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen. Stellen Sie doch einfach als SPD-Fraktion diesen Antrag mal in Rheinland-Pfalz und in Mecklenburg-Vorpommern, mal sehen, wie die dortige Landesregierung auf Ihre Initiativen reagiert.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir kön- nen ja nicht überall sein, Herr Kollege!)

Ja, wenn Sie so weitermachen, sind Sie vielleicht bald nirgends mehr vertreten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Als Nächstes will ich Ihnen auch noch eine Stellungnahme des DIW, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, zu diesem Thema mal kurz vortragen. Mit Erlaubnis zitiere ich auch hier aus der "Berliner Zeitung": "Die Länder sollten bei ihren Verhandlungen die Substanz und den Geist des Tarifvertrages übernehmen." So steht es darin. "Wünschenswert wäre es aber, wenn sie noch Korrekturen zu ihren Gunsten erreichen könnten. Insbesondere die Regelung zur Arbeitszeit halte er für einen faulen Kompromiss." - sagte der Vertreter des DIW. Das heißt, es gibt verschiedene Stellungnahmen, die der Ansicht der Landesregierung beipflichten, dass der Tarifvertrag zwar positive Elemente enthält, so in dieser Form aber nicht zu übernehmen ist.

Ich sage an dieser Stelle auch, ein ganz, ganz wichtiges Ziel für Thüringen muss es sein, dass die Tarifgemeinschaft der Länder erhalten bleibt. Stellen wir nämlich das in Frage - Berlin ist ja schon ausgestiegen und Hessen, glaube ich, auch, ein zweites Bundesland ist jedenfalls auch schon aus dieser

Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen -, dann ist das ein erheblicher Standortnachteil für uns.

(Beifall bei der CDU)

Denn es gibt auch Stellen im Landesdienst, wo wir händeringend nach geeigneten Bewerbern suchen. Was wird denn beim Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft der Länder passieren? Natürlich werden die wohlhabenden Länder bei dem Gehalt nachlegen können und nach oben nachlegen können und wir werden es noch schwieriger haben, geeignetes Personal zu finden. Ich darf aber auch als Vertreter des Haushaltsarbeitskreises unserer Fraktion hier an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Der Personalabbau so, wie er im Personalentwicklungskonzept der Landesregierung beschlossen ist, muss kommen. Das heißt nicht, dass wir zu Kündigungen gezwungen sind, das heißt aber ganz deutlich, dass wir tarifliche Regelungen auch diskutieren müssen und brauchen, die zum Beispiel eine Verringerung der Arbeitszeit bei Verringerung der Vergütung ermöglichen, die solche Fragen wie das Sabbatjahr beinhalten, die auch Sonderurlaub zur freien Verfügung, für Weiterbildung, für Austauschprogramme beispielsweise beinhalten, die eine generelle Flexibilisierung der Arbeitszeit beispielsweise ermöglichen. All diese Punkte sollten doch diskutiert werden. Es ist ja sicherlich auch bekannt, dass am 3. März die Tarifgemeinschaft der Länder das nächste Mal zu diesem Thema tagt. Warten wir doch die Gespräche ab. Ich bin sicher, dass es weiteren Klärungsbedarf gibt und dass man sich aufeinanderzubewegen wird. Namens der CDU-Fraktion kann ich jedenfalls nur bitten, dass die Fraktion den Antrag ablehnt. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Seitens der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Für die Landesregierung Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, eine Übernahme des Tarifabschlusses öffentlicher Dienst im Verhältnis 1 : 1 kam für die Landesregierung Thüringen nicht in Betracht, denn einen solchen Abschluss kann sich Thüringen ebenso wenig wie alle anderen Länder leisten. Es fehlt unter anderem die von den Ländern geforderte Öffnungsklausel zur Regionalisierung der Zuwendung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ebenso die Regionalisierung und die Öffnungsklausel für die Arbeitszeit. Die Leistungsbezahlung von 1 Prozent 2007 ist leider nur mit 0,4 bzw. 0,5 Prozent

gegenfinanziert. Im für die Länder besonders wichtigen Hochschulbereich bedarf es wissenschaftsspezifischer Regelungen im Rahmen des Gesamtwerkes. Im Übrigen haben die Vorsitzenden von ver.di und DBB-Tarifunion schriftlich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder angeboten, umgehend Tarifverhandlungen aufzunehmen. Die Verhandlungen sollen am 3. März 2005 in einem ersten Gespräch auf Spitzenebene beginnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung beabsichtigt, den erforderlichen Personalabbau sozialverträglich über freiwillige Maßnahmen zu gestalten. Wir wollen Stellen abbauen in erster Linie und nicht Menschen entlassen. Thüringen will als Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder gemeinsam weiter mit den Gewerkschaften einen Reformabschluss herbeibringen. Dieser sollte aber auch unsere Interessenlage mit berücksichtigen. Die Landesregierung schließt die Möglichkeit eines Sozialtarifvertrags nicht aus, diesen aber nur als letzte Möglichkeit und diesen insbesondere differenziert in Bereichen mit Personalüberhang. Eine Rasenmähermethode über alle Bereiche sehen wir nicht. Wir setzen in erster Linie auf freiwillige Beteiligung. Auch in meinen Gesprächen mit beiden Gewerkschaften wurde dieses von beiden Gewerkschaften begrüßt und auch draußen gestern bei den Demonstranten. Denn, auch das muss man sagen, ein Sozialvertrag, so wie er im Raume stand - er wurde dann wieder zurückgenommen von Herrn Voss - in der Größenordnung von 20 Prozent Lohnverzicht bedeutet oder einmal eine Gehalts- oder Besoldungsgruppe im unteren Bereich angesehen bei einem Hausmeister, wie wir ihn zurzeit haben, einen Verzicht von 350         von 390    @ kenschwester von 444  Ich glaube - und bei meinen vielen Gesprächen, die ich auch in Behörden habe - das wollen die Bediensteten nicht. Sie wollen Sicherheit, vor allen Dingen in ihrem Einkommen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Es kommt darauf an, wie es gemacht wurde.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir werden innerhalb der Tarifgemeinschaft deutscher Länder erfolgreiche Verhandlungen führen. Das Land Thüringen wird sich dafür einsetzen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit dürfte die Rednerliste erschöpft sein. Ich schließe die Aussprache. Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt und wird auch nicht beantragt. Demzufolge kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 4/592. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte. Danke schön. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag nicht angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13. Damit schließe ich auch die heutige Plenarsitzung ab. Ich möchte darauf hinweisen, dass die nächste planmäßige Plenarsitzung am 17. März 2005 stattfindet. Der 18. März ist ein Reservetermin. Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg und ein erholsames Wochenende.

E n d e d e r S i t z u n g: 17.16 Uhr