Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte vorhin schon - man hat ja hier oben eine neutrale Funktion - gesagt, dass ich sehr wohl
auch emotional beteiligt bin an dieser Situation, wie sie in Erfurt zustande kam. Aber, Herr Blechschmidt, ich muss das eindeutig sagen, die Gespräche, die zwischen Besetzern und der Verwaltung geführt worden sind, sind nicht beidseitig abgebrochen worden. Irgendwann muss man hier in dem Haus auch einfach mal zur Kenntnis nehmen, wenn man Leuten Angebote auf dem Silbertablett hinterher trägt, wenn man verlangt, dass sich auch Jugendliche in einem Verein zusammenfinden müssen, um bestimmten Regeln dieser Gesellschaft zu entsprechen und man dieses nicht will, dann ist das Angebot aus meiner Sicht einseitig abgelehnt und dann ist irgendwann, das sage ich so deutlich, auch Schluss mit lustig.
Wissen Sie, wenn man sich in Erfurt im Moment mit den Leuten unterhält, dann kommt sehr eindeutig rüber: Was muss denn hier noch passieren, dass es zu irgendeiner Regelung kommt? Da rede ich bei Gott nicht von Stammtischgesprächen und von irgendwelchem Rumgeblubbere über Menschen in anderer Kluft, in anderer Form, mit Wunsch nach anderer Wohnform. Aber wir haben alternative Zentren in Erfurt. Wir kümmern uns um Alternativgruppen. Herr Panse wird sich noch daran entsinnen, dass wir auch über die schwarze Szene diskutiert haben, dass wir immer versucht haben, in diesen Angelegenheiten, die auch für eine Landeshauptstadt einfach logisch und konsequent sind, entsprechend zu helfen. Aber dass dann selbst junge Leute sagen, müssen wir erst ein Fass aufmachen, müssen wir erst mit Ankettung drohen, damit sich auch mal wieder jemand um uns kümmert. Das kann doch nicht die Aufgabe von Politik sein.
Dann sage ich Ihnen ganz deutlich, was mir die Polizisten in Erfurt erzählt haben. Wenn man sich ordentlich angemeldet und mit den Polizisten ordentlich geredet hat, dann konnte man kommunizieren und man konnte auch ein Stück weiter, als das der normale Anwesende hat, gehen können. Aber natürlich kann ich nicht einfach sagen: „Hallo, hier bin ich, derjenige welcher, und ich möchte jetzt …“ und dann den Polizisten fragen: „Was machen Sie hier eigentlich?“. Dass der antwortet: Na, ich bin hier der Bäcker, ansonsten habe ich nichts zu tun.“ Ein bisschen Respekt vor Obrigkeit und vor einer solchen Situation muss auch gewährleistet sein.
Und bei allem Verständnis - was ich mir wünsche, ist, dass man gegenseitig akzeptiert, dass es Regeln gibt. Ich habe in meinem Leben schon an verdammt vielen Demonstrationen teilgenommen und
ich habe bei der Startbahn-West-Bewegung sehr viel mitdemonstriert. Das waren Situationen, wo es damals nicht einfach war, wo große Polizeieinsätze gewesen sind. Ach, Frau Scheringer-Wright, Sie haben vorhin bei dem Begriff, dass über Folter geredet wird, gesagt, vielleicht hat es hier jemand erlebt. Wissen Sie, worüber Sie reden? Dass wir hier in dieser Bundesrepublik darüber reden, es hätte hier jemand Folter erlebt?
Jeder politische Häftling müsste auf Sie zugehen und sagen, Entschuldigung, Sie sind ein bisschen daneben.
Ja, das muss man sagen, das sage ich insbesondere auch deshalb, wenn der eigene Vater in politischer Haft gesessen hat. Es reicht an diesem Punkt. Als diese Demonstrationen bei der Startbahn-West gewesen sind, da gab es vernünftige Demonstrationen, die waren parteiübergreifend, da gab es Bündnisse zwischen ganz links, wir hatten da auch noch die DKP, gerade in dem Ort, wo es um die Startbahn-West ging, wir haben alle zusammengehalten. Als das kippte und als Polizeibeamte ermordet wurden, ich sage das so deutlich, ist jeder, der sich in der Nähe des Flughafens aufgehalten hat, in Verkehrskontrollen gekommen und da standen dann Polizeibeamte, weil sie auf der Suche nach den Mördern waren, mit entsicherten Gewehren im Rahmen dieser Verkehrskontrolle. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich, das hat mich sehr erschreckt. Aber die Notwendigkeit und die Konsequenz habe ich sehr wohl verstanden. Das hat für mich was mit Regeln zu tun. Und ich bitte einfach jeden, das auch zu akzeptieren, dass wir in dieser Republik, wenn wir vernünftig miteinander umgehen wollen, Regeln akzeptieren müssen. Ich sage Ihnen noch mal eines deutlich: Bestimmte Chaossituationen in dieser Stadt oder darüber hinaus oder wie auch immer, wenn sie geprägt werden und wenn sie von Politikern unterstützt werden, ich will es mal ganz vorsichtig formulieren, tragen dazu bei, dass das rechte Spektrum, was hier keiner will, gestärkt wird, insbesondere wenn die dann von Recht und Ordnung reden. Und das will ich vermeiden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe ja schon den Innenausschuss geführt und als Vorsitzende, Herr Dr. Hahnemann, weise ich entschieden zurück, dass der Innenausschuss nicht auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit arbeitet.
Das ist eine infame Behauptung und zeigt, wo Sie stehen. Frau Berninger, wenn Sie hier sagen, DIE LINKE hat Anspruch auf den Rechtsstaat, das will ich Ihnen nicht mal absprechen, aber andere auch in dieser Gesellschaft. Hier hat jeder Anspruch, der im Rechtsstaat lebt, aber er muss sich auch dementsprechend verhalten und auch ein entsprechendes Verhalten mit Regeln, die akzeptiert werden müssen, an den Tag legen.
Sie können ja auch noch mal drankommen, wir haben ja noch viel Zeit - Sie haben ja in Ihrer wirklich diffusen Rede hier von Gedenkort gesprochen und vom Verdienst von Jugendlichen. Also, wo hier noch von einem Gedenken in einer dermaßen Vermüllung von einem Haus, von fremdem Eigentum gesprochen werden kann, das ist Schimpf und Schande. Sie haben Eigentum missachtet, das haben die Hausbesetzer getan, aber Sie haben das ja jetzt auch noch mal befürwortet. Wir haben nichts gegen alternative Lebenseinstellungen, von mir aus kann einer bunt, weiß, schwarz, kariert oder grün sein, das ist jedem seine eigene Sache, aber wenn er fremdes Eigentum missachtet, das geht nicht und dann muss der Rechtsstaat eingreifen.
Die Teilnahme der Abgeordneten Hennig, das hat die Kollegin Taubert schon geklärt, sonst hätte ich noch was dazu gesagt. Diese Wortklauberei, wann hat denn wer was gemacht und wann gab es denn Essen. Ja, liebe Leute, ist denn ein Polizeieinsatz ein Kaffeekränzchen? Es ist ein Einsatz, das ist ernst und wir können heute von Glück sagen, dass dort keinem etwas passiert ist.
Was Sie vorhin hier gesagt haben, Dr. Hahnemann, das war ein ganz kläglicher Versuch. Es ist eindeutig kriminelles Verhalten gewesen, es ist Gewalt gewesen und davon muss man sich distanzieren. Wir tun das ganz entschieden.
Wenn Sie mit Ihrer Rumeierei, die Sie hier betrieben haben, dann schauen Sie auf linke Plattformen, da gibt es unterschiedliche, wo zu Gewalt aufgerufen wird. Das ist eine Schweinerei - ob ich einen Ordnungsrüffel dafür bekomme oder nicht. Es ist eindeutig unmöglich. Es wird ja im Internet zu weiteren Gewaltaktionen aufgefordert. Ich sage nur, in Gotha, die Orangerie, die im Wiederaufbau ist, auch da hat es einen Anschlag gegeben, da war eindeutig das Zeichen der Hausbesetzerszene angebracht. Da wird Arbeit von vielen Menschen, die Geld sammeln, sich ehrenamtlich betätigen, mit Füßen getreten. Das gehört sich nicht in dieser Gesellschaft.
Im Übrigen, dass vorhin gesagt worden ist, es wäre von Ihrer Fraktion keine Kritik am Polizeieinsatz geübt worden, dann sollten Sie Ihre eigenen Presseerklärungen lesen: „Kritik am Polizeieinsatz zur Räumung des besetzten Hauses in Erfurt haben Abgeordnete der Landtagsfraktion DIE LINKE geübt.“ Ich sage es noch mal, wer verharmlost, wer Gedenken mit Füßen tritt, wer das Eigentum missachtet, wer Diebstahl beschönigt, wer Gewalt gegen andere Personen ausübt, wer Polizeikräfte angreift, ja, anpisst, der zeigt selbst, wie er zu den Menschen in der Gesellschaft und wie er zu unserem Staat steht. Ich habe im Innenausschuss eine persönliche Erklärung dazu abgegeben, weil der Innenausschuss immer recht turbulent ist. Aber der letzte Innenausschuss war eine Schande und diese Diskussionen, die hier von der linken Seite gekommen sind, waren auch eine Schande für dieses Parlament. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, einige Dinge möchte ich richtigstellen. Ich hätte mich gefreut, Frau Groß, wenn Sie die Presseerklärung weiter vorgelesen hätten. Dann wären Sie nämlich darauf gestoßen, dass diesem Satz, den Sie vorgelesen haben, genau die beiden Aspekte gefolgt wären, die ich vorhin erläutert habe. Unsere Kritik be
schränkte sich auf den Umstand, dass wir das nicht beobachten konnten, und zweitens die Feststellung, dass Polizistinnen und Polizisten ausbaden mussten, was Politik versäumt hat. Das gehört zur Lauterkeit auch dazu.
Etwas anderes möchte ich auch richtigstellen. Herr Panse, ich misstraue nicht dem Rechtsstaat, nein, ich misstraue nicht dem Rechtsstaat, aber dieser Landesregierung, der misstraue ich sehr wohl.
Ihr Ansinnen, ich hätte vielleicht deeskalierend wirken sollen, genau das war nicht meine Absicht, mich in das Geschehen dort einzumengen. Das ist nicht meine Aufgabe. Sobald ich anfange, auf den Polizeieinsatz in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen, sobald ich damit anfange, dann ist ein Grund gegeben, dass die Polizeieinsatzkräfte sagen: Entschuldigung, aber nun weg mit Ihnen!
Frau Groß, ich gebe ehrlich zu, ich weiß nicht, was Sie für einen Rechtsstaatsbegriff haben, aber vielleicht darf ich als einer, den Sie vielleicht des Verständnisses für den Rechtsstaat nicht für fähig halten, Ihnen trotzdem sagen: Den Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit hat jeder und nicht nur der, der sich ordentlich verhält.
Ich habe jetzt noch weitere Wortmeldungen. In der Reihenfolge habe ich zunächst den Abgeordneten Krauße von der CDU-Fraktion gesehen und dann Abgeordneten von der Krone, ebenfalls CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon schwer, sich hier hinzusetzen und wirklich zuzuhören. Besonders bei Ihnen, Herr Hahnemann, fällt einem das unheimlich schwer. Aber zunächst vielleicht eine Empfehlung an unseren Innenminister: Sollten wieder solche Ereignisse vorkommen und Polizeieinsätze notwendig sein, wäre es vielleicht ratsam, wenn Sie vor Einsatzbeginn den Störern einen Speiseplan mit den Essenszeiten vorlegen, damit sie wissen, worauf sie sich einrichten müssen. Nicht ganz ernst gemeint, aber so ungefähr kann man die Fragen hier interpretieren.
Herr Hahnemann, ich kenne Sie nun seit fast 15 Jahren, und ich habe von Anfang an ein bisschen den Eindruck gehabt, dass Sie einen ideologischen Tunnelblick haben. Der hat sich aber mittlerweile auf den Durchmesser eines Kapillarröhrchens verengt. Es ist wirklich schwer, Ihnen zuzuhören. Sie unterstellen uns, dass wir alternative Lebensformen, alternative Auffassungen, alternative Gedanken verdammen, dass wir alles, was nicht so aussieht wie wir, nicht so denkt wie wir, nicht so lebt wie wir, bekämpfen. Das ist in meinen Augen eine unheimliche Frechheit.
Ich habe nichts dagegen, überhaupt nicht - und wir erleben das ja im Land - jeder von uns kommt rum, da sage ich auch manchmal, na ja, gut, also so leben möchte ich jetzt nicht, aber wenn es den Leuten Spaß macht. Vor allen Dingen wenn sie damit keinen anderen stören und fremdes Eigentum nicht besetzen oder zerstören, dann ist das doch o.k., dann können doch die Leute leben, wie sie wollen. Sie können sich anziehen, wie sie wollen, sie können reden, was sie wollen, sie können Musik hören, wie sie wollen. Nun sagen Sie, ja dort die Besetzer, die haben ja was Gutes getan. Die haben Musik gemacht. Ich habe bloß noch darauf gewartet, dass Sie uns erklären, dass die Flaschen und Steine zu der alternativen Musik das alternative Schlagzeug waren. So in etwa muss man sich das offensichtlich vorstellen.
Aber es kann doch auch nicht sein, dass man ein Gelände, das einem nicht gehört, das man besetzt hat, das eben fremdes Eigentum ist, in einem solchen Zustand wie auf den Bildern versetzt. Da kann ich den Umweltminister mal fragen, würden wir einen solchen Zustand auf einer geordneten Deponie dulden? Nie im Leben, niemals. Aber die Krönung ist für mich, dass Sie unseren Polizisten - und da spreche ich von allen Polizisten, die am Einsatz beteiligt waren - das Recht absprechen, einen rechtswidrigen Zustand zu beenden und für Recht und Ordnung zu sorgen. Denn ich kann mir nicht vorstellen - ich war nicht vor Ort - aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute, die dort besetzt, randaliert, einbetoniert und sonst was getan haben, nicht mehrfach aufgefordert wurden, das Gelände zu verlassen.