Protocol of the Session on January 30, 2009

Ich habe schon oft das Beispiel mit dem Polizeibeamten, der da drinsitzt und Reisekostenabrechnungen macht, was auch vorkommt. Wenn der zu 100 Prozent am Tag mit 50 Reisekostenrechnungen beschäftigt ist und in der Polizeidirektion B habe ich auch einen sitzen, der zu 50 Prozent mit Reisekostenrechnungen beschäftigt ist, dann gewinne ich da keinen Beamten, wenn ich die zwei Direktionen zusammenlege, dann sind es am Schluss immer noch 100 Reisekostenrechnungen, die bearbeitet werden müssen. Und dieser minimale Synergieeffekt, den ich dadurch gewinne, dass ich vielleicht ein kleines bisschen beweglicher wäre, wenn der eine im Urlaub ist oder krank ist, der macht am Schluss den Bock nicht fett. Deshalb muss man da erst mal genau hinschauen, bevor man irgendwelche Konzepte entwickelt und in das Konzept hineinschreibt, wir brauchen am Schluss vier Polizeidirektionen oder wegen mir auch nur eine oder auch zehn. Ich weigere mich, an vorhandenen Strukturen unbedingt etwas zu ändern. Das gilt im Übrigen für die Inspektionen erst recht, an vorhandenen Strukturen etwas zu ändern, ohne dass mir einer klar darlegt, wo dann tatsächlich erhebliche, es müssen erhebliche Synergieeffekte sein, so lange die nicht da sind, wird sich da auch nichts tun.

(Beifall CDU)

Was die Einstellungen angeht, um darauf noch mal zurückzukommen: Ich habe eben gerade gesagt, die 160 sind ja nicht auf meinem Mist gewachsen, das war schon da, und es ist schön, dass es da ist und ich freue mich darüber, dass wir voriges Jahr und dieses Jahr die 160 einstellen können. Ich bin, wenn ich die Zahlen habe, für jede Hilfe aus dem ganzen Haus dankbar, wenn sich am Schluss herausstellt, dass ich 200 brauche oder dass ich 230 brauche. Der Stellenabbaupfad, das sage ich auch mit aller Deutlichkeit, der natürlich bis ins Jahr 2020 gerechnet ist, der kann natürlich kein Dogma sein, wenn sich nämlich herausstellt, dass sich die Aufgaben verändern oder dass bestimmte Aufgaben, von denen man gerechnet hat, dass die wegfallen können, eben doch nicht wegfallen. In anderen Bereichen kann man ja vielleicht darüber diskutieren, da fällt diese Aufgabe und jene Aufgabe weg und auf einige kann ich vielleicht auch verzichten und dann kann ich Personal einsparen. Bei der Polizei kann mir kaum jemand

eine Aufgabe nennen, die wegfällt, wo ich sagen kann, auf die verzichte ich, ich sehe kaum eine. Gut, da kann man über die Schwerlasttransportbegleitungen reden. Im Übrigen hat die Innenministerkonferenz während der letzten Konferenz einen Beschluss gefasst und die Straßenverkehrsminister aufgefordert, dass man eben nicht mehr jeden kleineren Schwertransport auch noch begleiten muss. Ich habe im Landesverwaltungsamt die Anweisung gegeben, auch dort - die genehmigen ja zum Teil dann intern - andere Maßstäbe anzulegen, was die Begleitung angeht, weil ich auch, als ich in Nordhausen war, natürlich gesagt bekommen habe, wir müssen die Schwerlasttransporte begleiten bis an den neuen Tunnel in Richtung Niedersachsen, und wenn wir da ankommen, dann steht auf der anderen Seite ein privates Begleitfahrzeug, aber keine Polizei. Deshalb habe ich sofort gesagt, was in Niedersachsen möglich ist, muss ja bei uns schließlich auch gehen. Also, schraubt die Anforderungen runter und dann kann man etwas einsparen und ein klein wenig Personal gewinnen auf diese Art und Weise.

Vielleicht noch ein Wort zu den, wie ich gesehen habe, von Ihnen erhobenen Forderungen, 50 Prozent gehobener Dienst: Ich sehe das etwas anders. Natürlich gibt es Bundesländer, die den mittleren Dienst sogar abgeschafft haben, die nur gehobenen Dienst haben. Aber schauen Sie mal, was in den Bundesländern passiert. Die haben schon Überlegungen und manche sind schon über die Überlegungen hinaus, auf irgendeine Art und Weise jetzt unterhalb des gehobenen Dienstes wieder etwas zu schaffen, weil Sie merken, dass das so nicht funktioniert mit dem gehobenen Dienst. Ich möchte nicht jetzt viele Neueinstellungen direkt in den gehobenen Dienst, auch wenn es über die Ausbildung geht. Mir ist es viel lieber, dass ich erfahrenen Polizeibeamten aus dem mittleren Dienst in größerem Umfang den Aufstieg ermögliche, das möchte ich haben. Wenn Sie in die Praxis gehen, gehen Sie mal zu den Inspektionsleitern und fragen, was die haben möchten. Die wollen nicht mehr Beamte im gehobenen Dienst, die wollen mehr Beamte im mittleren Dienst. Das liegt auch daran, da habe ich aber auch schon mit vielen Beamten im gehobenen Dienst geredet, dass nicht jeder meinen darf, wenn er von der Polizeischule kommt und sein Examen für den gehobenen Dienst gemacht hat, dass er schon dann gleich eine Führungsposition einnehmen muss, sondern der muss sich auch mal ins Auto setzen und mitfahren, und zwar auch in der Regel ins Auto setzen und mitfahren. Das ist aber nicht so einfach zu vermitteln.

Jetzt möchte ich noch gern etwas zum Thema „Polizeiaufgabengesetz“ sagen, weil Sie, Herr Hahnemann, vorhin gesagt haben, unser Polizeiaufgabengesetz sei grundrechtsfeindlich. Das ist jetzt drei,

vier Monate her, in Meiningen war ich gefragt worden, ob ich einen Vortrag halte. Hinterher bin ich gleich angegiftet worden, ich hätte das Polizeiaufgabengesetz madig gemacht, was so nicht stimmt. Zur Grundrechtsfeindlichkeit: Ein Polizeiaufgabengesetz, das sehr dünn wäre mit wenigen sehr verständlichen Paragraphen für unsere Polizeibeamten - vorhin ist darüber geredet worden, ob das verständlich ist oder nicht -, würde in der heutigen Zeit die Anforderungen an unsere Grundrechtswahrung in der Tat nicht erfüllen. Die Verfasser des Polizeiaufgabengesetzes von Thüringen haben sich so viel Mühe gegeben und, ich glaube, die Mühe war auch erfolgreich, die Grundrechtseingriffe, die zu befürchten sind, im Einzelnen zu regeln und tatsächlich auch sehr einschränkend zu regeln. Das sehen Sie gerade daran, dass es Paragraphen gibt - das habe ich natürlich in der Vorlesung auch angesprochen -, wenn es z.B. um die Unverletzlichkeit der Wohnung geht, die sind praktisch eine Seite lang, weil sie das alles berücksichtigen müssen, was die Rechtsprechung zugegebenermaßen an Einschränkungen in den letzten Jahren postuliert hat. Das ist aber in meinen Augen gerade im Thüringer Polizeiaufgabengesetz gut gelöst mit dem Nachteil - natürlich ist das ein gewisser Nachteil -, dass es natürlich, wenn ich einen Paragraphen habe, der eine Seite lang ist, wirklich schwierig wird für den einzelnen Polizeibeamten zu entscheiden, wie er sich jetzt verhält im konkreten Fall. Das ist die Schwierigkeit, das müssen die aber halt dort lernen.

Ich bin davon überzeugt, dass das gerade zeigt, dass sich das Polizeiaufgabengesetz bemüht hat, die Grundrechtseinschränkungen, die notwendig sind, zum Teil so darzustellen, dass jeder, der das liest als Bürger, sagen kann, hier habe ich ein Recht und hier darf die Polizei nicht und das darf sie auch nicht tun. Zumal in vielen Bereichen - ich will nicht sagen in allen, weil ich das jetzt im Moment nicht überblicke - überall dort, wo eine Einschränkung da ist, möglicherweise irgenwo bei Gefahr im Verzug nicht, aber sonst überall, der Richtervorbehalt wirklich strikt auch durchgehalten ist. Das heißt, es gibt dort keine Eingriffe, in der Regel jedenfalls, wo nicht ein Richter auch vorher entscheidet, ja, dieser Eingriff ist zulässig oder er ist nicht zulässig. Also ich halte unser Polizeiaufgabengesetz - auch wenn wir vor einigen Wochen im Hinblick auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch mal ein Schreiben an die Polizeidienststellen herausgegeben haben, dass bestimmte Telekommunikationsüberwachungsdaten für bestimmte Straftaten nicht abgefordert werden dürfen - insgesamt für sehr auf die Grundrechte des Bürgers bedacht und nicht in dem Sinne noch mal verbesserungsfähig. Das ist das, was notwendig ist, was erforderlich ist für den Grundrechtsschutz und das ist, glaube ich, aber auch angemessen für den Grundrechtsschutz. Der ist in un

serem Polizeiaufgabengesetz gewährleistet. Vielleicht, weil ich vorhin damit angefangen habe, dass ich eigentlich großen Wert darauf lege, dass in Arbeitskreisen die Probleme besprochen werden und dass alle Betroffenen beteiligt sind. Ich habe heute Morgen auf dem Schreibtisch von der GdP „Die deutsche Polizei“ die neue Ausgabe gehabt, und daraus wollte ich gerade zwei Sätze zitieren, da hat der Landesvorsitzende der GdP Thüringen etwas zu den Forderungen der Gewerkschaft geschrieben. Er hat gesagt: „Forderungen der Gewerkschaft der Polizei waren in den vergangenen Jahren immer und sind heute noch aktuell. Wo Polizeiinspektionen sind, müssen auch Polizeiinspektionen bleiben.“ Da gehe ich voll mit. „Über die Sinnhaftigkeit der Reduzierung von Polizeidirektionen sollte man mit den Gewerkschaften und den Personalräten diskutieren und mögliche Varianten besprechen.“ Auch da gehe ich voll mit. „Um dem Personalrückgang zu begegnen, müssen die Einstellungszahlen den Abgängen angepasst werden.“ Da gehe ich insoweit mit, als sich herausstellt, dass es dann tatsächlich vom Bedarf her so ist, habe ich vorhin ausdrücklich gesagt, dann muss man über den vorgegebenen Pfad, der im Moment da ist, auch reden. „Die Ausbildung der neu Eingestellten muss modern und effektiv gestaltet werden.“ Auch da gehe ich mit. Wobei das, was vorhin in Rede stand, eine zum Teil jedenfalls getrennte Ausbildung, schon vorbereitet wird in Meiningen, dass nämlich die Kriminalisten und das ist mir in den Kriminalpolizeiinspektionen auch gleich gesagt worden, dass da die Fachleute auch immer älter werden und allmählich ausscheiden und es wenig sinnvoll ist, dann aus dem Polizeivollzug einen Beamten, der seit 10, 15 Jahren nichts mehr mit kriminalpolizeilicher Tätigkeit zu tun gehabt hat, diesen dann in die Kriminalpolizei zu versetzen, da gehe ich auch mit. „Die Polizei ist materiell und technisch so auszurüsten, dass sie auf einen hohen Standardwert kommt (Digitalfunk).“ Da gehe ich auch mit. „Die Arbeits- und Lebensbedingungen sind zu verbessern.“ Das habe ich ausgeführt. „Führungsfunktionen sind stabil zu besetzen“. Das will ich auch haben. „Die Möglichkeiten des prüfungsfreien bzw. prüfungserleichternden Aufstiegs sind zu nutzen.“ Das habe ich schon gesagt, dass ich das auch möchte. Damit möchte ich meine Erwiderung schließen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Redeanmeldung. Herr Abgeordneter Gentzel für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in bin ganz froh, dass meine Ausführungen den Innenminister noch einmal ein Stückchen animiert haben, auf das eine oder andere jetzt auch wirklich mal in der Sache einzugehen. Sie haben ja viele große Strategen in Ihrem Haus, denken Sie vielleicht mal darüber nach, dass Ihnen das besser tut, wenn Sie sich mit den Themen beschäftigen, als wenn Sie so Pseudoergebnisse hier immer vortragen. Zumindest habe ich das so wahrgenommen, dass in Ihrer Antwort, in Ihrer jetzigen Erwiderung wesentlich mehr Substanz enthalten war, was die Linie in Ihrer Politik betrifft, als das, was Sie uns am Anfang angeboten haben. Wenn meine Antwort auf Ihre Regierungserklärung Sie dazu animiert hat, kann das ja alles nicht ganz so schlecht gewesen sein. Natürlich müssen Sie, wenn Sie so einen Satz in Stein meißeln, damit rechnen, dass man dazu noch zwei Sätze sagen muss. Sie haben gesagt, Sie halten nicht viel von Konzepten. Das ist ja in der Sache schlicht und einfach, um es vorsichtig zu formulieren, nur die halbe Wahrheit. Vom Stellenabbaukonzept halten Sie sehr viel. Das ist im Gegensatz zu dem, was Sie uns an Zukunft bei der Polizei bieten, hier mal ein bisschen drehen und hier mal ein bisschen machen, dieses Stellenabbaukonzept, dem Sie zustimmen, ist sehr konkret. Dieses Stellenabbaukonzept, das ist schon über zwei Jahre her, da stellt sich doch nicht nur hier der Landtag, jeder Polizist stellt sich doch die Frage, was bedeutet das für mich, was bedeutet das für meine Polizeiinspektion. Da kann doch nicht die Antwort sein, ich fahr mal über Land und rede da mit und wenn sich im Detail mal etwas ändern lässt, deshalb, weil das der vollkommen falsche Ansatz ist, ist unter den Fachleuten bei der Polizei und in allen anderen Bundesländern die Vorlage eines Personalentwicklungskonzepts vollkommen unstrittig. Dieses Buhei, das hier veranstaltet wird in Thüringen, hat doch in Wahrheit einen Hintergrund. Man hat es einfach verpennt, es in dieser Legislaturperiode anzugehen. Jetzt weiß man, das bekommt man nicht hin. Jetzt verkauft man das als eine politische Linie. Das ist doch Unfug, das ist doch wirklich Unfug. Wir haben über Demotivierung bei der Polizei gesprochen. Jetzt verlassen Sie doch mal das Haus und jetzt gehen Sie mal in eine Polizeiinspektion, in die Polizeiinspektion X - Stellenplan so und so. Seit Jahren gehen die Leute, und der Nachwuchs kommt nicht entsprechend hinterher. Den Schuh müssen Sie sich nicht anziehen, das ist nicht Ihre Sache, das ist eine Sache der Thüringer CDU. So geht das halt hier ab. Die Stellen werden knapper. Der Wochenenddienst und die zusätzlichen Dienste werden immer mehr. Dann kommt von oben das Stellenabbaukonzept. Wir bauen bei den Polizeidirektionen zu dieser Situation noch mal 761 Stellen ab. Natürlich sagt sich da

jeder, wie geht es denn hier vor Ort weiter. Dann kommt der immer wíeder beruhigende Satz: Aber wir gehen nicht an die PIs. Das alles zusammen geht nicht, das wissen wir beide. Das alles zusammen geht nicht.

Und jetzt bewegen wir uns auf Ihrem strategischen Problem, das Sie haben. Der Innenminister Gasser, und auch da ist die CDU-Fraktion, die Landesregierung maßgeblich daran schuld, ist zu spät gegangen. Und weil es nur noch ein Jahr bis zur Landtagswahl ist, haben Sie einfach nicht die Kraft, reinen Tisch zu machen. Und dann wird weiter gemodelt und da wird hingefahren und zehn Stellchen und da noch hin und da noch fünf Stellchen.

(Unruhe CDU)

Und wenn man dann sagt, eine klare Linie wollen wir haben - Sie sollen doch nicht zu allem Unfug ein Konzept machen, aber ein Personalentwicklungskonzept, das muss doch drin sein. Wenn Sie dann mit Ihrer Arbeitskreismanie kommen, müssen Sie doch verstehen, dass nicht nur die Opposition in diesem Haus sagt, viereinhalb Jahre besprechen wir mit dem Thüringer Innenministerium die verschiedenen Probleme. Alles, was wir nach viereinhalb Jahren angeboten bekommen, ist ein Arbeitskreis. Ist dann derjenige - der dann hier vorgeht, sich hinstellt und sagt: Hätte das Problem in den viereinhalb Jahren nicht gelöst werden können? - ein so großer Phantast. Nein, Herr Innenminister, alles, was Sie tun, sind Ankündigungen. Alles, nach viereinhalb Jahren - nichts anderes als Ankündigungen: Demnächst werden wir dazu etwas machen, demnächst. Das lasse ich Ihnen nicht durchgehen. Das kann ich Ihnen nicht durchgehen lassen. Das mag ja innerhalb der CDU die Leute noch einigermaßen zufriedenstellen, aber den Polizisten unten in der Polizeiinspektion, bei der KPI, den kann das doch nicht zufriedenstellen.

Sie führen hier immer wieder eine Debatte, die vollkommen an der Realität vorbeigeht. Das machen Sie gern, wenn es um Polizeistärke geht. Es wird dann mal so imaginär in den Raum gestellt, wir müssen doch mal aufpassen, welche Aufgaben wegfallen. Unter dem Strich, und das wissen wir doch beide, wird die Belastung für die Thüringer Polizei immer größer. Wenn dann eine kleine Ausgabe wegfällt, Sie sagen es doch selber, wenn wir über das Polizeiaufgabengesetz sprechen, höhere Belastung Terrorismusbekämpfung, höhere Belastung Organisierte Kriminalität, also unsere Polizei, egal, wie sich irgendeine Aufgabe im Detail verändert, hat zukünftig mehr zu leisten als heute. Da kann man auch die Straßenkilometer für die Verkehrspolizei erwähnen. Es wird immer mehr Arbeit. Das einzige Konzept, was Sie dagegensetzen, ist Stellenabbau

- das passt nicht. Das kann man Ihnen zu Beginn einer Legislaturperiode nach einer klaren Situationsbeschreibung durchgehen lassen und kann sagen, wir setzen uns zusammen hin, aber nicht nach viereinhalb Jahren!

(Beifall SPD)

Dann kommt es zu solchen Äußerungen - ich will da nur an einer Stelle darauf eingehen -, die Wolfgang Fiedler hier an einer Stelle von sich gegeben hat.

(Unruhe CDU)

Er versteht nicht, warum die Polizei in einer entsprechenden Lage auf Fußballplätzen von Mannschaften bis hinunter in die 3. und die 4. Klasse gehen muss. Die Antwort ist ganz einfach: Das ist ihr Job, Herr Fiedler, lesen Sie mal das Polizeiaufgabengesetz.

Es steht uns hier nicht frei - wir können uns darüber aufregen, da muss man mal fragen, was ist im Bereich Prävention auch passiert -, aber es steht uns nicht frei, wenn diese zusätzlichen Aufgaben auf die Polizei zukommen, sie zu werten, ob wir sie hier wichtig oder unwichtig finden. Wir haben ein Polizeiaufgabengesetz und die Polizei hat dort hinzugehen, aber es sind die Leute nicht da. Das ist unser Problem an dieser Stelle.

(Beifall SPD)

Abschließend, weil das von vielen Rednern angesprochen worden ist, die Frage innere Sicherheit, neue Strukturen, Konzepte, Einbindung von Gewerkschaften. Herr Fiedler, Sie haben uns nach unseren Gewerkschaften gefragt. Ich bekenne frei, wir haben keine Gewerkschaften, wir reden aber mit Gewerkschaften. Ich sage das ganz offen und frei, auch das muss man tun können hier in diesem Hause: Ich habe mit den unterschiedlichsten Gewerkschaften unterschiedliche und teilweise abenteuerliche Erfahrungen gemacht. Kurze Rückblende 2006: Anhörung des Innenausschusses zu OPTOPOL. Der Vertreter der DPolG erklärt im Namen der DPolG, dass nichts wichtiger ist, als jetzt unbedingt OPTOPOL umzusetzen. Er fängt an, die Leute zu beschimpfen in dieser Anhörung, die nach inhaltlichen Ansätzen fragen. Also, nichts ist wichtiger, als jetzt OPTOPOL umzusetzen. Wir sollten jetzt mal mit dem Quatschen aufhören.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Lehmann, CDU: Ja.)

14 Tage nachdem OPTOPOL gestorben ist, erklärt der gleiche Gewerkschaftsvertreter, dass er schon immer dafür gekämpft hat, dass diese Polizeireform nicht umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, ich bleibe und muss einfach bei meiner Wertung bleiben: Fünf verlorene Jahre, was die innere Sicherheit hier in Thüringen betrifft.

(Beifall SPD)

Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr und schließe die Aussprache zur Regierungserklärung.

Es ist ein Entschließungsantrag verteilt worden, ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 4/4848. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich bitte um die Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Stimmenthaltungen - gibt es keine. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.

Vereinbart wurde, dass wir jetzt den Tagesordnungspunkt 14 aufrufen, was ich hiermit tue:

Lagebild zur Organisierten Kri- minalität (OK) Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4457 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/4716 -

Herr Abgeordneter Kölbel aus dem Innenausschuss hat das Wort zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete und Gäste, in Drucksache 4/4457 hat die SPD-Fraktion dieses Hohen Hauses einen Antrag eingebracht, der die Landesregierung auffordert, alle drei Jahre ein gemeinsames Lagebild von Justiz und Polizei zur Organisierten Kriminalität in Thüringen zu erstellen und dies in einer pressefreien Kurzfassung zu veröffentlichen. Durch Beschluss des Landtags vom 14. November 2008 wurde dieser Antrag an den Innenausschuss überwiesen. In seiner Sitzung am 5. Dezember 2008 hat dieser den Antrag beraten. Dabei kam in der Sitzung zum Ausdruck, dass bei den Abgeordneten ein erhebliches Informationsbedürfnis zu OK-Fällen besteht. Wie aber diese Information bei nur wenigen Fällen in Thüringen jährlich aussehen könnte, ohne Geheimhaltungsgründe zu

verletzen, da gingen die Meinungen von Ausschussmitgliedern und der Landesregierung teils weit auseinander. Zugesagt wurde aber die Weitergabe von Informationen, eventuell auch in vertraulichen Sitzungen, bei anstehenden entsprechenden Fällen. Mehrheitlich wurde der Antrag der SPD-Fraktion in Drucksache 4/4457 abgelehnt.

Damit eröffne ich die Aussprache und als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Hahnemann, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist zur Organisierten Kriminalität im Rahmen des vorangegangenen Tagesordnungspunkts schon einiges gesagt worden. Herr Kölbel hat ja im Grunde genommen eben beschrieben, welchen Weg der Antrag der SPD-Fraktion genommen hat, welches Schicksal er zu erleiden scheint.

Ich glaube, bei den Ausschussberatungen - und das haben wir nicht so im Vorbeigehen gemacht - war die Haltung der Landesregierung ähnlich wie in vielen Fällen auch. Sie ist aber nach meiner Auffassung grundsätzlich falsch. Die Argumentation der Landesregierung war eigentlich zweigeteilt. Das Erste war: Wir brauchen diesen Bericht im Grunde genommen gar nicht. Das zweite Argument, das gegen den Antrag vorgebracht wurde, war: Wir dürfen einen Bericht im Grunde genommen gar nicht geben, weil wir ansonsten polizeiliche Tätigkeiten oder Sicherheitsbemühungen gefährden würden. Das Ergebnis der Ausschussberatung war, dass wir also jetzt damit zu rechnen haben, dass in der jährlichen Kriminalitätsstatistik etwas intensiver auf den Themenkreis Organisierte Kriminalität eingegangen wird. Diese Haltung verkennt nach meiner Auffassung dreierlei Werte, die der SPD-Antrag hatte.

Erstens: Ein solcher Bericht - egal ob nun alle drei Jahre, oder alle fünf Jahre, oder jedes Jahr, darüber ist ja im Grunde genommen überhaupt nicht geredet worden - wäre sehr wichtig für die Sicherheitsbehörden selbst. Er hätte nämlich eine Funktion in der Richtung, dass er den Sicherheitsbehörden selbst vergegenwärtigen würde, wie die Lage im Lande ist. Das würde uns alle, sowohl Sie als Behörde oder sogar deren Leiter, die Abgeordneten des Landtags und auch die Bevölkerung davor beschützen, dass wir irgendwann in der Zeitung Verlautbarungen von leitenden Polizeibeamten zu lesen bekommen oder auch im Fernsehen zu hören und zu sehen bekommen, die da sagen, Mafia - kein Problem in Thüringen und wenige Wochen später in einem 45-minütigen Bericht mit Namen, Adresse, Anschrift und

Summen von investigativen Journalisten geliefert bekommen, was in Thüringen wirklich los ist.

Der zweite Aspekt - und da unterstütze ich auch Herrn Gentzel immer sehr: Ein solcher Bericht würde die Aufgabe erfüllen, die Abgeordneten darüber zu informieren, was im Lande los ist, so dass man dann als Abgeordneter auch die Möglichkeit hätte, zumindest dabei mitzureden, ob das, was getan wird, das Nötige ist oder nicht, gegebenenfalls mehr zu machen wäre oder anderes.

Das Dritte spielt bedauerlicherweise in solchen Beratungen in den seltensten Fällen oder gar keine Rolle. Ein solcher regelmäßiger Bericht über die Lage, was Organisierte Kriminalität angeht, ist auch wichtig für die Bürgerinnen und Bürger. Darauf habe ich vorhin ganz kurz versucht hinzuweisen - egal wie erfolgreich oder nicht erfolgreich Sie in Weimar bei den Bandidos gewesen sind -, die Verunsicherung bei der Bevölkerung ist geblieben. Das hat etwas damit zu tun, dass die Bevölkerung nicht hinreichend, nicht hinreichend zeitig und nicht auf die richtige Weise über das Phänomen informiert worden ist, mit dem sie es zu tun haben.

Alle diese drei Aspekte, glaube ich, wären es Wert gewesen, dass man den Antrag der SPD-Fraktion gründlicher berät, dass man ihn gegebenenfalls dort, wo die Forderungen zu tief oder zu weit gegangen wären, bearbeitet. Das ist aber im Innenausschuss gar nicht geschehen. Das lag an der Grundhaltung - wir brauchen das nicht und wir dürfen das nicht. Diese Grundhaltung ist falsch!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Gentzel, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen, sehr geehrter Herr Hahnemann, ich kann Ihnen nur zustimmen, aber ich habe eine gute Nachricht. Egal wie der Landtag heute entscheidet, das Lagebild zur Organisierten Kriminalität wird es regelmäßig in Thüringen geben. Das heißt dann eben nicht Lagebild zur Organisierten Kriminalität, sondern Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion. Ich verstehe deshalb nicht, Herr Innenminister, warum Sie sich an dieser Stelle vollkommen sinnlos verkämpfen.

Zweitens, auch das habe ich Ihnen schon im Innenausschuss gesagt, ich dürfte Ihnen das als Oppositionspolitiker ja gar nicht sagen, ich verstehe nicht,

warum Sie diese Möglichkeit - und davon gehe ich im Grundsatz nun einmal aus -, die Arbeit der Thüringer Polizei von selbst und offensiv in einem ordentlichen Licht darzustellen einfach so durch die Finger gehen lassen. Also ich will es noch einmal sagen, das Lagebild zur Organisierten Kriminalität wird in jedem Fall regelmäßig kommen. Wir haben ja auch - Herr Fiedler, hat es angesprochen - eine klare Rechtsprechung zu den Fragerechten der Abgeordneten, das wird uns an dieser Stelle auch ein Stückchen helfen, dass die Antworten auch so sind, wie wir das wollen.

Dabei wird es uns insbesondere um die Frage einer Lagedarstellung gehen. Für uns ist ein großer Schwerpunkt die Frage Vermögensabschöpfung, Organisierte Kriminalität triffst du da insbesondere am Nerv, wenn du an das Vermögen herangehst, und ich will auch sagen, Herr Hahnemann hat das in seiner Rede angesprochen, ich glaube, wir sollten auch in der Öffentlichkeitswirkung ein Bild so ein Stückchen verschieben. Bei Organisierter Kriminalität wird immer sehr viel von Mafia und asiatischen Gruppierungen gesprochen, Organisierte Kriminalität ist im Wesentlichen deutsch. Wer sich das Bundeslagebild - das dürfen wir ja nun wieder haben - zur Organisierten Kriminalität anschaut, kommt zu diesem Ergebnis, also auch im Bewusstsein der Bevölkerung mal klarzustellen, es geht nicht ausschließlich um Mafia und es geht nicht nur um asiatische Gruppierungen, Organisierte Kriminalität ist im Wesentlichen deutsch. Auch das halte ich für ganz wichtig.