Protocol of the Session on January 27, 2005

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist Verhandlungsgeschick.)

doch unterstellt, wir mögen die Gebühren erhöhen, damit endlich die Gehälter der Spitzenfußballer weiter bezahlt werden und noch erhöht werden können,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ich bin kein Bayernfan.)

dann kommen auch mir, Herr Höhn, die Tränen, denn das ist des Guten tatsächlich zu viel.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da kommen mir ja die Tränen.)

Kann das denn sein - ich rede jetzt mal nicht über die Gehälter der Intendanten, die regelmäßig die Gehälter der Ministerpräsidenten deutlich übersteigen. Aber ich rede einmal über das Gehalt eines Orches

terleiters im Bayerischen, der wohl - es ist unwidersprochen geblieben - 2,4 Mio. 6" gehalt bezogen haben soll - auch dort - ein Orchesterleiter der Bayerischen Symphoniker - ist dann tatsächlich eine Diskussion notwendig. Wir können als Politiker nicht sagen, ihr Öffentlich-Rechtlichen unterbindet das. Wir können mahnen, überlegt, ob ihr das dem Gebührenzahler gegenüber verantworten könnt. Das ist unsere Aufgabe und wir sollten sie kräftig wahrnehmen.

Wichtig ist, dass man jetzt eine Beschränkung der Programmzahl vorsieht. Wenn also ein neues Format gewünscht wird, dann sollte intern eine kritische Diskussion geführt werden, welches Format man dafür einstellt; so wie unsere Hochschulen nicht beliebig neue Angebote - so nötig sie sind - auflegen können, ohne sich die Frage gefallen zu lassen, was sie dafür denn dann weniger machen oder einstellen. Diese gleiche Diskussion erwarten wir auch von den öffentlich-rechtlichen Sendern. Anders kann es nicht funktionieren und würde es nicht funktionieren. Ein Kritikpunkt, der unwidersprochen geblieben ist, der heute aber unbedingt der Erwähnung bedarf, ist, dass viele Sendungen, die zum Charakter des Öffentlich-Rechtlichen gehören, aber offensichtlich nicht so breitenwirksam sind, in Spartenkanäle verschoben wurden oder zu sehr unattraktiven Sendezeiten gebracht werden. Wer sieht denn noch eine anspruchsvolle Kultursendung in der Zeit ab 20.15 Uhr?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die Sendung mit der Maus.)

Die Sendung mit der Maus, Kollege Höhn, hat der Norddeutsche Rundfunk aus seinem Dritten Programm gestrichen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Die kommt aber vor 20.15 Uhr.)

(Heiterkeit im Hause)

Ja, ich sehe, Sie sind gebildete Großmutter und wissen das noch.

Aber gleichwohl bleibt es ein Skandal, dass dieses Markenzeichen für die Kinder in den Spartenkanal abgeschoben wurde, und das angesichts der Versprechungen, die uns vor einigen Jahren hier präsentiert wurden: Wenn ihr den Spartenkanal macht, Kinderkanal - gut und schön, das haben wir ja auch alle gewollt -, dann bleibt das Angebot für die Kinder selbstverständlich. Das ZDF und die ARD haben dieses Versprechen nicht gehalten. Das darf doch einmal durchaus wieder an das Tageslicht gezogen wer

den, dass man sich dann als Politiker irgendwann auch ein Stück verladen fühlt und gegenüber Versprechungen der Öffentlich-Rechtlichen zunehmend misstrauisch wird. Kultur findet zu sehr unattraktiven Zeiten statt und Kultur prägt aber gerade auch öffentlich-rechtliche Angebote. Deshalb auch heute die Mahnung: Macht nicht jedes Format der Privaten nach, versucht bei den Unterhaltungsformaten eigene Qualitäten herauszustreichen und bedenkt, wofür ihr euer Geld ausgebt.

Nun mag ich Harald Schmidt - ich zähle da zu der Minderheit in Deutschland -, aber ob ich ihn ab 23.00 Uhr für 120.000   %  5" % sehen muss, das frage ich mich, wenn ich monatlich die Rechnung sehe, die mir in Form der Gebühren präsentiert wird. Diese Diskussion muss erlaubt sein. Deshalb sollten wir auch weiterhin darüber diskutieren, was ist der Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen, erfüllt er ihn qualitätsgerecht, erreicht er noch möglichst viele Schichten der Bevölkerung und der Dinge mehr.

Zu den Teilaspekten des Gesetzes: Auch von uns wird die Beibehaltung, die Modifizierung des Hotelprivilegs begrüßt. Eine sehr erfolgreiche Initiative Thüringens war das im Konzert der Referenten und Ministerpräsidenten, die unseren mittelständischen Strukturen entspricht. Die Privilegierung der Computer in den letzten Jahren wird aufgehoben. Regelmäßig sind sie heute geeignet, Hörfunk- und Fernsehprogramme zu empfangen und damit auch zu verbreiten und damit unter die Gebührenpflicht zu fallen. Nun hat uns eine Zuschrift erreicht vom Verband der mittelständischen Wirtschaft, dass das gerade für Freiberufler sehr schwer erträglich wäre, diese volle Gebühr zu bezahlen, wo sie wohl häufig Computer hätten, die nicht multimediatauglich seien und auch kein Rundfunkgerät - weder Fernseher noch Radio - in ihren Büros hätten. Nun ist das schwer nachzuprüfen. Hier kann man den Mittelständlern nur einen Tipp geben: Melden Sie doch bitte ein Radio an, das kostet dann 5,52 %"  " Computer vor der vollen Gebühr geschützt. 5,52  Mehrkosten im Monat, dann können Sie auch noch ein Radio dazu stellen und das Arbeitsklima verbessern. Das ist eine Belastung, die wir für erträglich halten. Insoweit ist diese Zuschrift zwar der Erwähnung wert, aber sie hat jetzt hoffentlich auch eine klare Antwort erfahren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Gebührenerhöhung wird auch von der CDUFraktion mitgetragen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Aha, Sie stimmen zu, trotz …)

Nein, sie wird von uns mitgetragen, weil wir den Bestand des Öffentlich-Rechtlichen nicht in Gefahr bringen wollen. Aber deswegen werden wir doch nicht

unkritisch einfach etwas durchwinken, von dem wir durchaus Verbesserungsansätze auch für die Zukunft erwarten. Wir werden trotz Uli Hoeneß zustimmen. Wenn Sie uns dabei unterstützen, wird das von Vorteil sein. Wir geben ihm ja auch nicht Recht. Ich gebe aber zu, das ist wieder einmal ein Staatsvertrag, bei dem die Zustimmung nur mit der Faust in der Tasche erfolgen kann. Es ist immer wieder die missliche, ich wiederhole das gerne, die missliche Arbeitsteilung. Am Kamin der Ministerpräsidenten wird entschieden; die Parlamente haben es dann auf ihrem Rücken auszutragen und jeder Einzelne in der Diskussion draußen mit dem Bürger. Meine Bitte an die Regierung, weiterhin mit den Intendanten im Gespräch zu bleiben, sie auf nötige Einsparungen hinzuweisen. Da gibt es noch sehr viel Potenzial im Inneren. Ich weise auch noch einmal auf die Zuschrift der Privaten hin, die daran erinnert haben, dass wohl 60 Prozent der ARD-Bediensteten es sind wohl immerhin 16.000 Beschäftigte im öffentlichen Hör- und Rundfunkbereich tätig - und 33 Prozent der ZDF-Bediensteten eine Uraltregelung ihre Pension betreffend haben, die wohl aus der Anfangszeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stammt und wo diese Pensionshöhe sich sehr stark an die Zugehörigkeit zu den Einrichtungen hin orientiert und dazu führt, was kein Einzelfall ist, dass im Pensionszeitraum höhere Bezüge bezogen werden als zur aktiven Zeit. Das angesichts der Diskussion um Politikergehälter, ich glaube, das darf einmal erwähnt werden. Ich habe nicht die Hoffnung, dass sie im Öffentlich-Rechtlichen reflektiert wird. Aber vielleicht findet sich das eine oder andere Printmedium, das in der Lage ist, das zu transportieren. Insoweit hoffe ich hier auf die Medienvielfalt, die wir zum Glück noch haben. Also bitte die Diskussion nicht einstellen, auch die Strukturdebatte weiterführen.

Immerhin 1 Prozent der Gebühren geht zur Stützung der beiden kleinsten Anstalten drauf, das heißt also jährlich 1 Prozent von 6,5 Mrd.    " Gebührenaufkommen pro Jahr. 1 Prozent dient den an sich nicht lebensfähigen Strukturen im Saarland und bei Radio Bremen. Wenn wir im mitteldeutschen Raum zu einer Zusammenarbeit zwischen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, zu einer sehr leistungsfähigen Anstalt gefunden haben, so muss es auch den Bremern zugemutet werden, ernsthaft darüber nachzudenken, ob sie nicht ein erfolgreiches Landesstudio innerhalb vielleicht des Norddeutschen Rundfunks begründen und dann diese Transferzahlung auch für unsere Gebührenzahler unterbleibt. Das Gleiche betrifft den Saarländischen Rundfunk. Damit merken Sie sehr wohl, dass ich damit keinerlei politische Präferenz verbinde, sondern die Gebühren im Blick habe. Diese Debatte muss schier erlaubt sein. Es bleibt für die Ministerpräsidenten viel zu tun.

Ich hoffe, dass insbesondere die Bedrohung, die durch die Liberalisierungsansätze aus der Europäischen Union kommen, abgewehrt werden kann. Ich setze darauf, dass wir wie in der Vergangenheit in einem konstruktiven Dialog über den Ausschuss an diesem Thema dranbleiben und Sie unsere Anregungen schöpferisch aufnehmen werden. Ich bitte auch im Namen der CDU-Fraktion um Zustimmung zu diesem Staatsvertrag und hoffe, dass wir ihn morgen einvernehmlich in zweiter Lesung verabschieden können. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit möchte ich die Aussprache beenden. Wir waren heute Mittag bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, die zweite Beratung morgen durchzuführen.

Damit rufe ich den nächsten Tagesordnungspunkt auf. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3

Gesetz zur Änderung des Untersuchungsausschußgesetzes und des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 4/514 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der PDS das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, die Thüringer Landesverfassung legt ja bekanntlich in Artikel 64 fundamentale Grundlagen für das Einsetzen und die Arbeitsweise von Untersuchungsausschüssen. Einzelheiten regelt das entsprechende Landesgesetz, also das hier heute in Rede stehende Untersuchungsausschußgesetz in Thüringen, das ja bekanntlich aus dem Jahre 1991 stammt. In zwei Legislaturen haben die Abgeordneten in der 1. und in der 3. Legislatur vielfältigste Erfahrungen mit diesem Untersuchungsausschußgesetz gemacht, also mit seiner Anwendung. Bekanntlich gab es drei Untersuchungsausschüsse in der 1. Legislatur und vier in der 3. Ich glaube, man könnte schon sagen, dass vor allen Dingen für uns muss ich das sagen - wir die Erfahrung gemacht haben, dass die Effizienz der Arbeit der Untersuchungsausschüsse durch das Untersuchungsausschußgesetz nicht ausreichend geregelt zu sein scheint. Und, auch eine Erfahrung, die wir gemacht haben und die sicherlich vor allem für die Opposition gilt: Das schärfste parlamentarische

Kontrollrecht, das dem Landtag zur Verfügung steht, wie es in einem Kommentar zur Thüringer Landesverfassung heißt, könnte für unsere Begriffe besser handhabbar gemacht werden. Sie haben doch sicherlich dieselbe Erfahrung wie ich in den Ausschüssen gemacht, dass endlose Debatten über Unterlagen und Aktenvorlagen, abenteuerliche Interpretationen der Aktenaussagen bis hin zu fehlendem Mitarbeitswillen bei dem umfangreichen Aktenstudium und der Abhängigkeit vom guten Willen der Ausschussmehrheit, Beweisanträgen zuzustimmen bzw. nach gutachterlicher Äußerung der Richterkommission nach § 13 Abs. 3 des Untersuchungsausschußgesetzes die vorgebrachten Ablehnungsgründe zu revidieren, die Arbeit der Untersuchungsausschüsse ebenso kennzeichnet wie die in weiten Passagen zwar mehrheitlich getragene, aber wenig objektive Darstellung von Berichtsteilen und die zeitliche Verzögerung in der Ausschussarbeit bei der Zuerkennung des Betroffenenstatus.

Meine Damen und Herren, als Mitglied des Untersuchungsausschusses 3/2 weiß ich, wovon ich rede. Häufig gab es kritische Situationen in der Ausschussarbeit. Von der gutachterlichen Äußerung des Wissenschaftlichen Dienstes mussten wir ja teilweise Gebrauch machen, um einige Fragen zu klären. Um die Erfahrungen von vier Ausschüssen der 3. Legislatur, in denen Abgeordnete unserer Fraktion mitarbeiteten, in eine Erhöhung von Effizienz der Ausschussarbeit, für Objektivität und echter Kontrollmöglichkeit des Parlaments umzusetzen, hat sich unsere Fraktion entschlossen, den Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Landesgesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen vorzulegen. Dies geschieht nun mit der heutigen beginnenden parlamentarischen Debatte. Schwerpunkte dieses Gesetzes bilden dabei Möglichkeiten zur Ausweitung von Untersuchungsaufträgen, die Einführung der Institution eines Ermittlungsbeauftragten und Regelungen zum Betroffenenstatus und für die Beweiserhebung sowie Aktenvorlage, wobei das Gesetz Minderheitenrechte besonders berücksichtigt. Ich hoffe auf eine umfangreiche parlamentarische Diskussion und mögliche Änderungen des Untersuchungsausschußgesetzes in den von uns vorgeschlagenen Intentionen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehörte in der 3. Legislatur zu den Abgeordneten, die das manchmal zweifelhafte Vergnügen hatten, in drei von den insgesamt vier eingesetzten Untersuchungsausschüssen Mitglied sein zu dürfen. Ich kann schon aus den Erfahrungen nachvollziehen, die ich dort sammeln durfte, dass der Wunsch der Opposition, und an der Stelle sage ich ausdrücklich, nicht nur der PDS, erwächst, an diesem Untersuchungsausschußgesetz Veränderungen vorzunehmen. Ich habe viel gelernt damals in diesen vielen und zum Teil endlosen Sitzungen. Ich habe gelernt, dass beispielsweise Wahrheit nicht immer objektiv ist, sondern dass Wahrheit dem Mehrheitswillen einer bestimmten Fraktion unterliegt. Ich habe auch gelernt, dass manchmal zwei Wahrheiten parallel nebeneinander existieren und dass am Ende nicht festgestellt wurde, welches denn nur die wahrhafte sei. All die Dinge veranlassen mich zu der Auffassung,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Was meinen Sie denn damit?)

dass es sehr wohl, und zwar auch dringenden Handlungsbedarf bezüglich dieses Untersuchungsausschußgesetzes hier bei uns in Thüringen gibt. Ich will an dieser Stelle die aus meiner Sicht drei wesentlichen Veränderungen, die die PDS-Fraktion hier beantragt hat, bewerten. Zum einen ist es angedacht nach diesem Entwurf, dass nicht nur die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Minderheitenrecht ist, sondern auch, wenn ich das richtig verstanden habe, die Festlegung des Untersuchungsauftrags bzw. die Erweiterung des Untersuchungsauftrags sowie die Einbeziehung neuer Sachverhalte. Genau das haben wir in einem der Ausschüsse der letzten Legislatur mehrfach erleben müssen, dass beabsichtigte Erweiterungen mit dem lapidaren Verweis, dass sie nicht gedeckt werden vom Untersuchungsgegenstand, mehrheitlich abgelehnt wurden, obwohl sie wesentlich zur Aufklärung hätten dienen können. Ein Zweites - und ich finde, das ist die wesentlichste Neuerung in diesem Gesetzentwurf - ist die Einsetzung eines so genannten Ermittlungsbeauftragten. Eine analoge Regelung gibt es ja auch im entsprechenden Bundesgesetz. Wenn ich die Funktion dieses Ermittlungsbeauftragten richtig verstanden habe, dann sollte er als Unterstützung für die Ermittlungsarbeit des Ausschusses dienen. Wenn man so will, meine Damen und Herren, hatten wir so etwas zum Beispiel im Untersuchungsausschuss 3/3, nicht in der angedachten Form, aber de facto, wenn ich an die so genannten Frisch-Gutachten oder auch die Stellungnahmen und Gutachten von unserem Justizminister Herrn Dr. Gasser, der damals auch gutachterlich für den Ausschuss tätig gewesen ist,

denke. De facto sind das Aufgaben, die auch durchaus durch einen Untersuchungsausschuss beauftragt werden können. Die muss nicht zwangsläufig von der Regierung hier eingesetzt werden. Deshalb finde ich, dass dieses Instrument des Ermittlungsbeauftragten sehr helfen würde, die Arbeit des Ausschusses effizienter zu gestalten. Und drittens, aus meiner Sicht die Erleichterungen in Fragen der Beweiserhebung sowie Aktenvorlagen und Auskunftsverlangen: Auch in Bezug auf die Beweiserhebung kann ich mich gut erinnern, dass die Opposition mehrfach den so genannten Richterausschuss bemühen musste in einigen Ausschüssen und wo regelmäßig die zusätzlichen Beweiserhebungen durch diesen Richterausschuss abgelehnt worden sind.

Insgesamt gesehen denke ich, dass der vorliegende Entwurf gut geeignet ist, mehr Transparenz zu erzielen. Es werden die Minderheitenrechte gestärkt und die Arbeitsfähigkeit eines Untersuchungsausschusses wird insgesamt besser. Deshalb von unserer Seite zunächst einmal ausdrückliche Befürwortung, wobei das nicht heißt, dass wir im Ausschuss - und ich denke, da wird wohl noch von Seiten der einreichenden Fraktion Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt werden - im Detail noch an der einen oder anderen Stelle feilen müssen. Dazu sind wir als SPD-Fraktion gern bereit und ich hoffe da auch auf die konstruktive Mitwirkung aller Beteiligten. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Hahnemann, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Politiker und und Politikwissenschaftler, aber auch andere, nennen den Untersuchungsausschuss gern das schärfste Schwert des Parlaments bei der Kontrolle der Regierung. Doch wenn wir unsere Erfahrungen betrachten und wenn wir die Erfahrungen vor dem Hintergrund des Untersuchungsausschußgesetzes spiegeln, dann kommen wir bei dieser Realitätsschau zu dem Ergebnis, dieses so genannte schärfste Schwert des Parlaments gleicht eher so etwas wie einer stumpfen Hacke. Und nun ist es nicht unlauter, mit einer stumpfen Hacke zu hantieren, nur man sollte das dann eben auch Ackerbau nennen und nicht Fechtkampf.

Zum parlamentarischen Kontrollrecht: Parlamente haben nun einmal nicht nur die Funktion des Gesetzgebers, zur lebendigen Demokratie gehören auch

ein Parlament als wachsamer Kontrolleur der Regierung und der ihr nachgeordneten Behörden. Diese Aufgabe erwächst aus dem repräsentativen Prinzip. Die Abgeordneten üben die Kontrolle der Exekutive stellvertretend für den eigentlichen Souverän aus, für die Bürgerinnen und Bürger. Bürgerinnen und Bürger haben in einer Demokratie Anspruch darauf, umfassend darüber informiert zu sein, was die von ihnen gewählte Regierung mit der letztlich auch von Bürgerinnen und Bürgern übertragenen Macht und Handlungsbefugnis tut, was sie in der Vergangenheit getan hat und ob es dabei auch immer mit rechten Dingen, also nach Recht und Gesetz, zugegangen ist. Wenn aber Missstände im Regierungshandeln offenbar werden, dann müssen diese auch öffentlich festgestellt werden und solche Vorgänge müssen politisch bewertet und die Verantwortlichkeit festgestellt werden. Also müssen sich Abgeordnete stets der Tatsache bewusst sein, dass ihr Kontrollrecht auch als Untersuchungsrecht vor allem gegenüber der Regierung als ein Kontrollrecht der Bürgerinnen und Bürger und für diese Bürgerinnen und Bürger ist. Aus dieser Stellvertreterrolle des Parlaments ergibt sich dann das unabdingbare Erfordernis, möglichst weit gehender Transparenz und umfassender Öffentlichkeit einer parlamentarischen Untersuchung. Das heißt, Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen und ihrerseits kontrollieren können, wie ihre Repräsentanten, die Abgeordneten, dieses ihnen übertragene Kontrollrecht anwenden. Das gilt sowohl während des Verfahrens als auch danach. Deshalb ist ein Schwerpunkt der Regelung des PDS-Gesetzentwurfs die Ausweitung der Möglichkeiten von Öffentlichkeit. Der Katalog der Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit wird präzisiert und damit eingeengt. Möglichkeiten der Fünftelminderheit zur Darstellung der Arbeitsergebnisse des Ausschusses werden erweitert. Die ausdrückliche Möglichkeit eines Alternativabschlussberichts wird festgeschrieben. Die Ausschussunterlagen werden leichter zugänglich gemacht und dabei werden aber Persönlichkeitsrechte Dritter, vor allem die von Privaten, gewahrt. Informationsfreiheit für Bürgerinnen und Bürger ist ein wichtiges demokratisches Recht. Hinsichtlich Öffentlichkeit, Transparenz und Informationsfreiheit gibt es in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern, einen großen Nachholbedarf. Dabei ist generell die hier im Osten erlebte Geschichte zu bedenken, es gibt keine Demokratie ohne Öffentlichkeit.

Meine Damen und Herren, Regierungsmitglieder und Angehörige der öffentlichen Verwaltung umgeben sich gern mit dem Nimbus des Ministrantischen. Beim kritischen Hinterfragen allerdings schwindet sehr oft dieser amtliche Altruismus. Da häufigstes und wichtigstes Ziel von Untersuchungsausschüssen die Kontrolle des Handelns von Regierung und staatlicher Verwaltung ist, muss man immer den Rückhalt und die Verweigerung von Informationen be

denken. Deshalb werden in unserem Gesetzentwurf zum Untersuchungsausschußgesetz die Gründe für den Ausschluss von Beweiserhebungen präzisiert und erheblich verringert. Alle weiteren Ausschlussgründe, die eigentlich nur in Strafverfahren notwendig sind, aber nicht für einen Untersuchungsausschuss gelten müssen, werden gestrichen. Auch die Reichweite der Gründe zur Verweigerung von Aktenherausgabe durch die Regierungsstellen werden präzisiert und eingeschränkt.

Es hat einen Grund, meine Damen und Herren, dass ich hier viel von Präzisieren spreche, und zwar deshalb, weil das geltende Untersuchungsausschußgesetz viele Stellen kennt, an denen unbestimmte Begriffe verwendet werden, die sehr weite Auslegungsspielräume zulassen, und zwar zuungunsten der Aufklärungsarbeit des Ausschusses. Auch wir sind bei unserem Versuch, die Vorgaben der Verfassung einzuhalten, den unbestimmten Begrifflichkeiten nicht vollständig entgangen. Wir haben aber versucht, die Tatbestände so weit wie möglich klar zu fassen.

Die Erfahrung lehrt, dass Mehrheitsfraktionen im Parlament regierungstragend sind und immer in der Gefahr, darüber die regierungskontrollierende Funktion aus dem Auge zu verlieren. Naturgemäß und systemgemäß steht der Kontrollgedanke der Opposition näher. Der Drang, die Kontrolle der Regierung durch Untersuchungsausschüsse auszuüben, ist folgerichtig bei ihr größer. Da aber gerade Opposition und Minderheit im Parlament die originäre Trägerin des Kontrollrechts ist, kann das Kontrollrecht in der Arbeit eines Untersuchungsausschusses nur tatsächlich wirksam werden, wenn einer Minderheit auch weit reichende Rechte bei der Einsetzung und Durchführung eines Untersuchungsausschusses zur Verfügung stehen. Das beginnt schon damit, dass die Definition oder eine Modifikation des Untersuchungsgegenstandes, das heißt des Auftrags des Untersuchungsausschusses, bei einem von der Minderheit beantragten Untersuchungsausschuss weit gehend dem Zugriff der Mehrheitsfraktion entzogen werden muss. Die Parlamentsmehrheit darf nicht die Möglichkeit haben, den Untersuchungsauftrag zum Schutz der Regierung zu entschärfen. Die derzeit geltende Regelung, "muss im Kern erhalten bleiben", hat einen weiten Interpretationsspielraum eröffnet, was denn nun Kern des Untersuchungsauftrags sei, den die Mehrheit nicht antasten darf, weder durch Ignorieren von Aspekten noch durch Aufnahme weiterer Fragen oder Sachverhalte. Aber nicht nur bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und der Festlegung und Sicherung seines Untersuchungsauftrags bedarf es der Minderheitenrechte, auch während des Untersuchungsverfahrens müssen ausgeprägte Minderheitenrechte fortgelten.

Unser Gesetzentwurf macht auch die Bildung von Unterausschüssen zur Vorbereitung der Untersuchung und zur Beweiserhebung zu einem Minderheitenrecht. Und auch die Möglichkeit der Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten ist als Minderheitenrecht vorgesehen. Dieser Ermittlungsbeauftragte soll Beweismittel sammeln, aufbereiten und dem Ausschuss Vorschläge zum weiteren Vorgehen unterbreiten, zum Beispiel zum Umgang mit Materialien oder dem Vorgehen zur Sachverhaltsaufklärung. Dieses erfordert aber, dass dieser Ermittlungsbeauftragte einerseits sachlich kundig, andererseits aber politisch, parteilich und parlamentsrechtlich unabhängig sein muss. Er kann Bediensteter der Landtagsverwaltung sein oder auch ein externer Spezialist. Ein solches Institut empfiehlt sich sicherlich vor allem bei sehr umfangreichen, komplexen und komplizierten Sachverhalten.

Meine Damen und Herren, man könnte die einwendende Frage stellen, wieso Unterausschuss und Ermittlungsbeauftragter. Schließlich hat sich der Bundestag doch auch nur für den Ermittlungsbeauftragten entschieden. Die Antwort ist nach unserer Auffassung einfach: Jedem Untersuchungsausschuss sollen verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung einer Aufklärungsarbeit zur Verfügung stehen. Über den Erfolg der Sachverhaltsaufklärung entscheidet in nicht wenigen Fällen genauso sehr die Art und Weise der Aufklärung wie deren Inhalte. Der Untersuchungsausschuss gilt übrigens auch deshalb als schärfstes Schwert, weil er vielfältige Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung und der Beweiserhebung bietet, die einem Gerichtsverfahren ähneln. In Thüringen sind bisher diese Möglichkeiten durch eine Vielzahl von Ablehnungs- und Verweigerungsgründen eingeschränkt, die zum Teil so in Untersuchungsausschussgesetzen anderer Länder nicht fixiert sind. Der gesetzliche Schutzraum für Regierung und staatliche Verwaltung hat in Thüringen beachtliche Ausmaße. Das verträgt sich aber, meine Damen und Herren, nicht mit einem hinlänglich demokratischen Grundsatz, nach dem es grundsätzlich keine kontrollfreien Räume des Regierungshandelns geben darf. Also kennt unser Gesetzentwurf zum Beispiel für die Aktenherausgabe den ominösen unausforschlichen Kernbereich der exekutiven Verantwortung nicht mehr. Die Regierung kann danach nur noch dann Auskunft und Unterlagenherausgabe verweigern, wenn durch die Untersuchungen in laufende Entscheidungsfindungsprozesse der Regierung unmittelbar eingegriffen würde. Dieser Freiraum zur Entscheidungsfindung steht ihr verfassungsrechtlich zu. Alle anderen Bereiche des Regierungshandelns, sowohl inhaltlich als auch zeitlich, stehen der demokratischen Kontrolle durch Untersuchungsausschüsse offen und müssen ihr auch offen stehen, denn demokratisch gewählte Regierungen sind in ihrem Handeln dem Parlament und vor allem den

Bürgerinnen und Bürgern für ihr Handeln voll verantwortlich. Das geht so weit, dass eine Regierung sich auch dann Beweiserhebungen gefallen lassen muss, wenn durch die Ermittlungen eines Untersuchungsausschusses Informationen ans Licht kommen, die z.B. einen Minister zum Rücktritt zwingen könnten. Es ist nun einmal auch Ziel des PDS-Gesetzentwurfs, die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Öffentlichkeit deutlicher zum Ausdruck zu bringen. Oder anders: Auch in Thüringen sollen Untersuchungsausschüsse bessere Möglichkeiten erhalten, die Regierung öffentlich an ihre politische Verantwortlichkeit zu erinnern.

(Beifall Abg. Thierbach, PDS)