Protocol of the Session on January 27, 2005

auf. Wir treten in diese erste Beratung ein. Wird durch die Landesregierung eine Einführung gewünscht? Bitte, Herr Minister Wucherpfennig.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, heute gilt es, über einen richtungsweisenden medienpolitischen Staatsvertrag zu entscheiden. Es geht einerseits formal darum, den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Thüringer Landesrecht zu transformieren, andererseits ist inhaltlich dafür zu sorgen, die Fortentwicklung des dualen Rundfunksystems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in Zukunft zu sichern. Der Achte gebührenrelevante Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde in zahlreichen Sitzungen der Rundfunkkommission der Länder abgestimmt und im Oktober 2004 von den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Dabei sind die Länder erstmals von der Gebührenempfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach unten abgewichen. Dieses Verfahren ist in § 7 Abs. 2 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ausdrücklich geregelt. Das In-Kraft-Treten dieses Staatsvertrags und damit die Erhöhung der Rundfunkgebühr ist für den 1. April 2005 vorgesehen.

Meine Damen, meine Herren, ich möchte Sie kurz über die wichtigsten Punkte des Vertragswerks informieren, das ganz im Zeichen der Gebührenbegrenzung steht. Bevor ich diesen Hauptaspekt erläutere, werde ich einige wichtige medienpolitische Entscheidungen, die mit diesem Staatsvertrag verbunden sind, vorstellen. Im Rundfunkstaatsvertrag konnte zwar keine Senkung der Gesamtzahl der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkprogramme, das sind allein 60 ARD-Hörfunkprogramme, erreicht werden, jedoch wird wegen der gebührenbegrenzenden Wirkung die Fernseh- und Hörfunkprogrammzahl jeweils auf den Stand 1. April 2004 gedeckelt. Dies ist ein erster Erfolg der Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Rundfunkkommission wird das Anliegen der Programmzahlreduzierung auch künftig weiterverfolgen. Weiterhin erlaubt eine neue Regelung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die finanzaufwändige analoge terrestrische Fernsehversorgung auch dort einzustellen, wo es auf absehbare Zeit kein digitales terrestrisches Antennenfernsehen, kurz DVB-T, geben wird. In diesem Zusammenhang darf ich darauf aufmerksam machen, dass ein DVB-T-Start nur bei Beteiligung der wichtigsten privaten Fernsehprogramme sinnvoll ist. Für Mitteldeutschland haben die privaten TVVeranstalter jedoch sehr deutlich ihr völliges Desinteresse signalisiert. Als rein öffentlich-rechtliche Veranstaltung ist dieses Projekt, ist diese Veranstaltung jedoch nicht marktfähig. Ich appelliere daher nochmals an die privaten Fernsehveranstalter, sich am mitteldeutschen Umstieg in die digitale Fernsehzukunft zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU)

Zu den weiteren Regelungen ist Folgendes zu bemerken: Das so genannte Hotelprivileg wird dahin gehend eingeschränkt, dass in Hotels ab 51 Zimmern ab dem zweiten Gerät nunmehr 75 Prozent der üblichen Rundfunkgebühr gezahlt werden soll. Das sind 12,77 $ 5 0 "!-    Betrieben mit bis zu 50 Zimmern bleibt es bei der bisherigen Vergünstigung in Höhe von 50 Prozent. Im Gegenzug wird die Privilegierung auch auf Ferienwohnungen erstreckt, in denen bislang für jedes Gerät die volle Gebühr entrichtet werden musste. Im Übrigen verweise ich auch darauf, dass die 50prozentige Befreiung für kleinere Betriebe nicht zuletzt durch das Votum Thüringens in der Rundfunkkommission aufrechterhalten werden konnte. Hier gab es durchaus andere Bestrebungen, denen Thüringen mit Blick auf unsere hiesige kleingliedrige Struktur des Beherbergungsgewerbes deutlich entgegengetreten war. Ferner werden die teilweise unterschiedlichen Rundfunkgebührenbefreiungsverordnungen der Länder in diesem Staatsvertrag aufgehen. Hier waren ohnehin zwingend Anpassungen an die bereits in Kraft getretenen Änderungen im Sozialrecht - Stichwort Arbeitslosengeld II - vorzunehmen. Die Befreiung von Geräten in öffentlichen Einrichtungen wird hingegen kaum verändert. Für Thüringer Schulen gilt die bereits Mitte 2002 eingeführte Befreiung von Zweitgeräten weiter. Ebenso werden Erstgeräte weiterhin für drei Monate im Jahr befreit. Diese Befreiungen sollen künftig kraft Gesetz gelten, also nicht mehr wie bisher beantragt werden müssen. Das ist eine für die Praxis, so denke ich, sehr bedeutsame Erleichterung. Nach dem Auslaufen des so genannten Internet-PC-Moratoriums zum Jahresende 2006 sollen diese Geräte erstmals rundfunkgebührenpflichtig werden, allerdings nur dann, wenn ein Rundfunkteilnehmer keine herkömmlichen Geräte - Radio oder Fernseher - mehr zum Empfang bereithält. Das bedeutet, sind an einem Standort oder Grundstück ein Rundfunk- oder Fernsehgerät sowie ein oder mehrere Internet-PC, muss nur eine Gebühr bezahlt werden. Ich denke, auch hier ist eine gute wirtschaftsfreundliche Lösung getroffen worden.

Unabhängig hiervon muss sehr genau erwogen werden, ob eine gerätebezogene Rundfunkgebühr im 21. Jahrhundert noch aufrechterhalten werden kann. Wenn man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als eine Art der Daseinsvorsorge betrachtet, als eine im allgemeinen Interesse liegende Einrichtung, kann man in Zukunft auch darüber nachdenken, die Finanzierung völlig unabhängig von vorhandenen Geräten zu regeln. Dass dies nicht so ganz einfach ist, das haben die zurückliegenden Verhandlungen gezeigt.

Meine Damen, meine Herren, der meist diskutierte Punkt war und ist die Höhe der Rundfunkgebühr. Die Länder haben sich darauf verständigt im Wege der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Sozialverträglichkeitsprüfung von der KEF nach unten abzuweichen. Die KEF hielt in ihrem 14. Bericht eine Erhöhung der Rundfunkgebühr von derzeit 16,15  um 1,09  5 &   "  ""&6"nuar 2005 für erforderlich.

Anfang Oktober 2004 haben die Ministerpräsidenten der Länder sich nach schwierigen Verhandlungen jedoch darauf geeinigt, die monatliche Gebühr erst ab dem 1. April 2005 um 88 Cent auf dann 17,03    + ( " 0 &   einen Ausgleich für die dreimonatige Verzögerung der Erhöhung in Höhe von 7 Cent, so dass die Erhöhung Netto 81 Cent beträgt. Ich bin davon überzeugt, dass nach über vier Jahren Gebührenstabilität eine solche Erhöhung vertretbar ist. Die Länder haben hierdurch dokumentiert, wie ernst sie das Anliegen nehmen, die Anstalten zu Einsparungen gegenüber ihren Planungsansätzen zu zwingen. Der Abschlag von der KEF-Empfehlung ist auch begründet, denn zum einen haben die Anstalten Selbstverpflichtungsermächtigungen vorgelegt, die Einsparungen besonders in den Bereichen Personal und Altersversorgung vorsehen. Zum anderen haben die Länder zur Entlastung der Anstalten beigetragen, indem sie beispielsweise das Hotelprivileg eingeschränkt und die Möglichkeit eröffnet haben, die analoge, terrestrische Fernsehversorgung vorzeitig einzustellen. Offen bleibt, ob die ARD vor diesem Hintergrund eine Klage gegen die angeblich zu geringe Gebührenerhöhung einreichen wird. Mit Blick auf § 7 Abs. 2 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag sehe ich einer solchen Klage durchaus gelassen entgegen.

Weitere Änderungen des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags betreffen die Nichtteilnahme der Landesmedienanstalten an der aktuellen Rundfunkgebührenerhöhung sowie die Einschränkung der Kreditaufnahme durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Schließlich haben die Länder eine gemeinsame Protokollerklärung zum Kinderkanal abgegeben. Danach soll die abendliche Sendezeit des KI.KA auf 21.00 Uhr begrenzt bleiben. Ursprünglich sollte die Sendezeit auf 19.00 Uhr reduziert werden; die Landesregierung hat sich hiergegen vehement gewehrt. Letztendlich haben wir der 21.00-Uhr-Begrenzung zugestimmt unter der Bedingung, dass Erfurt erstmals als Sitz des KI.KA genannt wird. Das ist als Erfolg zu werten, da hierdurch der bislang nur in ARD/ZDF-Vereinbarungen erwähnte Sitz Erfurt erstmals seinen Niederschlag in einem Rundfunkstaatsvertrag gefunden hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen, meine Herren, der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist von dem Ansatz getragen, die künftige Gebührenbelastung der Bürger so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig diese Belastung im Sinne einer größeren Gebührengerechtigkeit angemessener zu verteilen. Darüber hinaus werden Ansätze im Staatsvertrag verankert, die zu weiteren mittelfristigen Einsparungen führen werden. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu dem Thüringer Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Minister Wucherpfennig für seine Begründung und eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Blechschmidt, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, drei Gedanken zum heute hier vorliegenden Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Zuvor eine - wie ich finde - an dieser Stelle immer wiederkehrende Kritik der Opposition zum Umgang und zur Bearbeitung von Staatsverträgen im Parlament: Im Wissen, dass Staatsverträge mitunter mit 15 Partnern in der Bundesrepublik diskutiert, erarbeitet und beschlossen werden müssen, darf aber in diesem parlamentarischen Prozess nicht der Eindruck beim Parlament oder bei einzelnen Abgeordneten entstehen oder hinterbleiben - so wie es meine Kollegin Dr. Kaschuba einmal in einer Rede in einer vergangenen Legislaturperiode formulierte: "Ich fühle mich wie ein Spielball der Politik, ich fühle mich handlungsunfähig." Dies war damals nicht nur dem Mangel an Information, sondern auch der praktisch ausgeschlossenen konkreten parlamentarischen Einflussnahme geschuldet. Diese Situation hat sich heute nicht geändert. Geändert hat sich - dies möchte ich ausdrücklich positiv hervorheben, denn wer die Landesregierung berechtigt kritisiert, der sollte auch berechtigt loben -, dass Minister Wucherpfennig frühzeitig den Ausschuss über Inhalte, Diskussionen und vorläufige Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz und der Rundfunkstaatskommission zu dieser Problematik informiert hat. Soweit das Lob. An Grenzen ihrer parlamentarischen Arbeit und damit verbundenen Aufgaben stößt die Opposition immer dann, wenn wichtige Positionen oder strategische Ziele von Landespolitik in Verhandlungen durch die Landesregierung eingebracht werden, wie in diesem Staatsvertrag, und sie durch die Opposition hinterfragt werden. Diese Frage, dieses Problem lässt sich auf verschiedenste Politikfelder übertragen. Sind Polizei, sind Bildung, Wissenschaft, Kunst und Medien nicht politische Gestaltungsbereiche der Länder und somit der

Landesparlamente oder sind sie rein originäre Aufgaben- und Betätigungsfelder der Exekutive, der Landesregierung? Wir sind der Meinung, das Erstere, politische Gestaltungsbereiche der Legislative, des Gesetzgebers, somit wäre nicht jetzt und nicht heute und nicht hier, aber bei passender Gelegenheit über die Ausgestaltung und Handhabung des Artikel 67 Abs. 4 der Thüringer Verfassung durchaus noch mal intensiv zu reden.

Meine Damen und Herren, drei Gedanken: Der erste Gedanke soll sich hier auf die Rolle und die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beziehen. Nicht erst, weil es heute um den Inhalt des Staatsvertrags bei dieser Frage geht, sondern weil ich glaube in jüngster Zeit bemerkt zu haben, dass an der verfassungsmäßigen Säule des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch einige Länder und im Besonderen wahrscheinlich durch einige Länderchefs, der so genannten SMS-Connection Stoiber/Milbradt/Steinbrück herumgewerkelt wird, und dies, obwohl in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen in den vergangenen Jahren eine intensive Medienpolitik betrieben wurde. Ich erinnere hier nur daran, dass die bayerische Staatsregierung über Jahre hinweg den Kirchkonzern mit Milliarden gefördert hat, direkt über Kredite der Bayerischen Landesbank, indirekt über gebührenfinanzierte Aufträge von ARD und ZDF. Und heute: Wer ist Kirch in der Medienlandschaft? Die nordrhein-westfälische Landesregierung hingegen hat den Strukturwandel von der Montanregion in die Medienlandschaft nicht zu knapp mit staatlichen Geldern unterstützt. Doch die Filmstudios sind meistens heute leer und die neueste Technik wird nur selten genutzt. Der Gipfel dieser Politik ist, dass heute der Bundesminister Clement vom damaligen Wirtschaftsminister bzw. Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens - auch Clement - Teile dieser geflossenen Bundesmittel zurückfordert. Ein Schelm, der Arges dabei denkt.

Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht sieht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein entscheidendes Instrument der gesellschaftlichen, kulturellen Integration, eine Garantie für Meinungspluralismus, einen Schutz für Minderheiten sowie einen Garant zur Achtung der Menschenwürde. Zur Erfüllung dieser Funktion hat es ihm den Auftrag der Grundversorgung erteilt. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach unterstrichen, dass es sich hierbei nicht um eine Basis- oder Mindestversorgung, sondern um einen umfassenden Funktionsauftrag handelt, der ein breites und vielfältiges Angebot an Informationen, Bildung und Unterhaltung für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen unterbreitet. Mit diesem Funktionsrahmen hat das Bundesverfassungsgericht zugleich eine Finanzierungs- und Entwicklungsgarantie verbunden. Somit ist die Existenzberechtigung und die Aufgabenbestimmung des öf

fentlich-rechtlichen Rundfunks von rechtlicher Seite - ich gehe davon aus in diesem Haus - unstrittig. An der Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat sich in den vergangenen über fünf Jahrzehnten nichts geändert. Sie ist geprägt von den Lehren, die nach dem Krieg aus der deutschen Geschichte der Jahre 33 bis 45 - wir haben es heute in den Vormittagsstunden aus authentischem Mund gehört gezogen wurden. Staatsfreiheit, gesellschaftliche Kontrolle, gemeinschaftliche Finanzierung, föderale Verfasstheit - aus diesen Wurzeln speist sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Diesen Rundfunk wollte man demokratisch, seinem Programmauftrag fügte man mit imperativem Unterton die Adjektive "vielfältig", "integrativ" und "unabhängig" bei. So war und ist es nur logisch, dass er, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, nicht nur als Wirtschaftsgut betrachtet werden sollte und soll. Im Gegenteil, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Garant dafür, dass nicht nur die Kommunikation möglich ist, die sich rechnen lässt.

Werte Kollegen, ich will nun nicht behaupten, dass der geistige Tod eines Volkes in seinen Geldschränken liegt, bei dieser Thematik Fernsehen wohl eher bei einigen Dschungelprogrammen. Erlaubt sei aber doch die Frage, ob ausschließlich kommerzielles Gewinnstreben, so genannte Wirtschaftlichkeitsprüfung oder ziellose Einsparung - und dies nicht nur in den Medien, sondern auch bei Wissenschaft, Kunst, Bildung und Kultur - nicht allzu beliebige und fragwürdige Werte sind. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss bei zunehmender Unübersichtlichkeit der Medienlandschaft Leitkommunikator sein, muss bei zunehmend desorientierter Informationsgesellschaft Leitinformant sein, muss zunehmend feststellbaren Werteverfall in der Kulturgesellschaft Kulturträger sein. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk braucht zur Umsetzung seiner ihm übertragenen Ziele die entsprechenden medienpolitischen und finanziellen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren, der zweite Gedanke - einige Bemerkungen zu den getroffenen gesetzlichen Veränderungen, die durch Minister Wucherpfennig hier dargestellt wurden: Neben den entscheidenden Fragen der Gebührenerhöhung, auf die ich später noch einmal eingehen werde, sind solche Fragen wie Programmbeschränkung, Finanzierung Jugendmedienschutz, Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten sowie Gebührenbefreiung in dem neuen Staatsvertrag verändert worden. Die PDS-Fraktion trägt die vorgelegten angestrebten gesetzlichen Veränderungen im Zusammenhang mit den differenzierten Rundfunkgebühren des Hotel- und Gaststättengewerbes, die standortbezogene Entscheidung bei Rundfunkempfängern, diese computergestützte einmalige Gebührenerhebung und der daraus zu erhebenden Gebühren sowie die Fortführung der Finanzierung des Jugendmedienschutzes und des Fi

nanzausgleichs zwischen den Rundfunkanstalten mit. Diese Entscheidungen sind erstens nutzerorientiert, zweitens spiegeln sie zum großen Teil die Realität und die Praxis in der gegenwärtigen Medienlandschaft wider und im Blick auf den Finanzausgleich zwischen den finanzschwachen Sendern sogar drittens noch solidarisch. Kritisch sehen wir die Programmbeschränkung von ARD und ZDF. Hier ist festzustellen und gegebenenfalls zu prüfen, ob damit die bisher verfassungsrechtlich festgeschriebene Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleistet bleibt oder gar beeinträchtigt wird. Wobei ich hier gleichzeitig sagen will, dass ich unter Entwicklungsgarantie nicht zwangsläufig nur quantitative Aspekte, sondern vielmehr auch qualitative Aspekte sehe.

Für nicht ausgewogen und zum Teil unangemessen halten wir die Anpassung bei den Gebührenbefreiungen. Es ist zwar ein sinnvoller Schritt, die in den einzelnen Bundesländern geltenden Gebührenbefreiungsverordnungen durch eine bundesrechtliche bzw. einheitliche staatsvertragliche Regelung für alle Länder gleich zu regeln, es ist kaum zu vermitteln, warum zwei völlig gleich gelagerte Fälle in sozialer Bedürftigkeit in der Frage Gebührenbefreiung in Norddeutschland anders entschieden werden als in Thüringen. Für eine bestimmte Personengruppe bringt aber die Regelung im neuen Staatsvertrag eine Verschlechterung mit sich. Nach der Thüringer Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung waren BAföGund Sozialhilfeempfänger bis zum Eineinhalbfachen des jeweiligen Regelsatzes zuzüglich weiterer Anrechnungsbeiträge wie z.B. Kosten der Unterkunft befreit. Nun ist die Grenze nur noch die Höhe des Regelsatzes. Natürlich brachte die Bestimmung der bisherigen Einkommensgrenzen manche Verwaltungsvereinfachung mit sich. Hier wird aber im Staatsvertrag nicht nur eine Verwaltungsvereinfachung vorgenommen, sondern offensichtlich auch der Berechtigungskreis eingeschränkt. Das ist aus unserer Sicht eher als negativ zu bewerten. Was ist z.B. mit den Studenten, die eigene Einkünfte haben, die sich aber nur im Bereich bis BAföG-Höchstsatz oder knapp darüber bewegen? Sind sie ebenso bedürftig, werden aber offensichtlich auf die im Staatsvertrag in ihren Kriterien nicht näher zu bestimmten Härtefallregelungen verwiesen. Auch das ist aus unserer Sicht ein Negativpunkt. Was der Gebührenbefreiungsbestand für bestimmte Gruppen behinderter Menschen angeht, so werden hier sehr hohe Hürden aufgebaut, z.B. 60 Prozent Behinderung wegen Beeinträchtigung des Sehvermögens, bei 80 Prozent Behinderung ständiger Unmöglichkeit der Teilnahme an Veranstaltungen und Ähnlichem. Diese hohen Hürden verkennen, dass auch Behinderungen nicht so schwer wiegender und auch anderer Art schon zu einer spürbaren Abgeschnittenheit von Teilnahme am gesellschaftlichen Leben führen kön

nen. Auch für diese Betroffenen haben die Medien eine wichtige Funktion als Bindeglied zur Gesellschaft. Es wäre daher sinnvoll gewesen, auch weiteren Gruppen behinderter Menschen, als in diesem Staatsvertrag geschehen, Gebührenbefreiung einzuräumen, und zwar unabhängig vom Bezug von Sozialhilfe oder Ähnlichem. Hier hätte die Aufnahme von Regelungen im Staatsvertrag die Möglichkeit geboten, die in der bisherigen Gebührenbefreiungsverordnung unzureichenden Regelungen nachzubessern.

Meine Damen und Herren, die mit dem Rundfunkstaatsvertrag einhergehende Gebührenerhöhung ist mein dritter Gedanke. Klar und deutlich ausgesprochen, nicht die Diskussion über die Wirtschaftlichkeit, die auf dem Prüfstand der effizienzgehobenen Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die mehr oder weniger geführte Gebührenerhöhung sind Mittelpunkt der Kritik, nein, das durch die Ministerpräsidentenkonferenz praktizierte Verfahren halten wir für schlichtweg verfassungsrechtlich bedenklich. Was ist geschehen? Es ist kurz geschildert worden, ARD und ZDF formulierten wie in der Vergangenheit ihren Bedarf an einer Erhöhung von Rundfunkgebühren und kamen auf 2 !'$  5 mium aktiv, welches die Bundesländer zur Überprüfung und Festsetzung dieser Forderung geschaffen hat, die KEF. Die KEF wiederum nach ihrer Prüfung hält 1,09  "   " 5 &   &  öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Nicht unerwähnt sollte man an dieser Stelle lassen, dass die KEF mit ihrem Vorschlag zu den Fernsehgebühren als gesellschaftliches Kontrollorgan parteienunabhängig und staatsfern arbeitet, damit letztlich nicht der Eindruck entsteht, dass Einflussnahme durch den Staat auf die Medien erfolgt. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat aber nichts Besseres zu tun, durch ihre Positionierung, durch ihre Festlegung, durch ihren Eingriff gerade diese Staatsferne zu beeinträchtigen und durch die neue Gebührenfestsetzung von 88 Cent finanziellen Druck auf die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auszuüben und gleichzeitig noch Umfang und Programme infrage zu stellen. Soll dies zu Wirtschaftlichkeit, zu Einsparung oder gar zur Qualitätsverbesserung führen? Fehlanzeige! Es geht eben nicht um Qualität des Programms. Ohne eine Strukturveränderung wird es keine Erhöhung der Rundfunkgebühren geben, sagt Ministerpräsident Stoiber. Im Umkehrschluss hieße dies doch aber, dass es nach Strukturveränderungen zu einer Gebührenerhöhung kommt. Also: Wenn ARD und ZDF weniger Geld brauchen, bekommen sie mehr. Ist das nicht Irrsinn? Nein, es scheint gewollte Politik. Mit ihrer Entscheidung, sich über die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs hinwegzusetzen, haben die Ministerpräsidenten der Länder ein rechtsgültiges und bewährtes Verfahren nachhaltig beschädigt. Dies gilt insbesonde

re, wie schon erwähnt, für das vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgeschriebene Gebot zur Politikferne. Damit haben vor allem die unionsregierten Länder, wobei man hier Nordrhein-Westfalen mit dazu zählen muss, ihr Ziel erreicht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachhaltig strategisch zu schwächen, öffnet es auch bei der nächsten Gebührenrunde - so, wie Ministerpräsident Stoiber für 2009 angedacht hat - die Möglichkeit, von den Empfehlungen der KEF abzuweichen und gar eine Nullrunde anzustreben. Mit Blick auf diese wie schon z.B. durch den MDR vollzogene Strukturveränderung und Outsourcing-Orgie muss man langfristig den Verdacht hegen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk generell infrage gestellt werden soll und hier noch ein breiteres und gigantischeres Betätigungsfeld für Privatisierung aufzumachen.

(Beifall Abg. Seela, CDU)

Zudem - und dies würde auch in diesen Kontext passen - könnte der Eingriff der Politik in die Gebührenerhöhung von der Europäischen Kommission als Bestätigung genommen werden, dass es sich bei den Rundfunkgebühren in Deutschland um durch staatliche Stellen gesetzte Beihilfe handelt. Damit wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland insgesamt gefährdet. Sollten sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht zu einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht durchringen, kann und muss man über Alternativen zum bisherigen System der Rundfunkfinanzierung nachdenken.

(Beifall Abg. Kuschel, PDS)

Denkbar wäre etwa eine feste Gesamtbudgetierung oder eine Indexregelung, die sich an den allgemeinen Preisentwicklungen des Landes anlehnt. Lassen Sie mich aber auch hier deutlich sagen, ich halte in der Zukunft eine verstärkte Debatte über Programme und Programmschwerpunkte für unvermeidlich, zumal auch ARD und ZDF nicht ehrlich sind. Sie haben die Inflation im Mediengeschäft aktiv vorangetrieben und wollen jetzt den entsprechenden Inflationsausgleich haben. Warum haben die ÖffentlichRechtlichen im Jahr 2001 den vierfachen Marktpreis für die Fußball-WM 2002 gezahlt? Warum ist der Vertrag für Christiansen so gestaltet, dass sie pro Auftrag etwa ca. 30.000  0   "  $   Zeit bezogen - Harald Schmidt für ein Gesamtbudget von über 9 Mio.  78+  -   wird? Aber hier vermisse ich natürlich auch die Reaktionen der Parteien- und Staatsvertreter in den entsprechenden Aufsichtsgremien, den Rundfunkräten.

Meine Damen und Herren, abschließend: Öffentlichrechtlicher Rundfunk ist nicht so sehr für das öffentliche Interesse, sondern von öffentlichem Interesse. Ob es jemandem nutzt oder nicht nutzt, ob eine

Steuer- oder Gesundheitsreform jemandem Vor- oder Nachteile bringt, ist im Bereich der Medien nicht die primäre Frage, sondern dass es einen etwas angeht, ob er will oder nicht. Hier muss nicht nur gefragt werden, was nützt es dem Einzelnen, sondern was nützt es der Gesellschaft und was trägt es zur Qualität und Kultur in der Gesellschaft bei. Gefragt ist ein kritisches Interesse, eine aufmerksame, wachsame, persönliche wie öffentliche Auseinandersetzung. Fernsehen mit dieser Wirkung ist weder Glotze, noch dient sie zur Berieselung. Vielmehr - dies wollen wir doch sicherlich alle - sorgt dies beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Gesellschaft für Aufweckung und Aufklärung. Zukunftssicherung eines aktiven, interaktiven, weil kommunikativen öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedeutet daher, verfassungsrechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen. Die PDS-Fraktion im Thüringer Landtag wird sich diesem Staatsvertrag - der entsprechenden Transformation oder Überführung in die Gesetzlichkeiten Thüringens - nicht verweigern.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Pidde, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat ein besonderes öffentliches Interesse erfahren, weil er neben einer Reihe von anderen Regelungen die Erhöhung der Rundfunkgebühren vorsieht. Herr Minister Wucherpfennig hat vorhin in seinem Beitrag ausführlich die Gebührenfrage erläutert und darauf hingewiesen, dass die Ministerpräsidenten der Länder erstmals der Empfehlung der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, nicht gefolgt sind. Aus sozialen Gesichtspunkten ist die von den Ministerpräsidenten vereinbarte Absenkung der Rundfunkgebührenerhöhung eindeutig zu begrüßen.

Es ist nun einmal so, dass wir in der gegenwärtigen Zeit sehr vorsichtig mit zusätzlichen materiellen Belastungen der Bürger umgehen sollten. Hier stellen die 88 Cent mehr im Monat einen guten Kompromiss dar. Sie wahren einerseits das finanziell Zumutbare, lassen andererseits aber auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk den nötigen Entwicklungsspielraum. Wir alle wissen, dass gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 die "Findung" angemessener Rundfunkgebühren allein aufgrund sachlicher Kriterien und möglichst politikfern zu erfolgen hat. Zu eben diesem Zweck ist von den Ländern seinerzeit die KEF in das Leben gerufen wor

den. Hier vertritt die SPD-Fraktion eine ganz andere Haltung als sie eben von Herrn Blechschmidt vorgetragen worden ist. Wir halten das KEF-Verfahren für die beste Lösung zur Ermittlung der Rundfunkgebühren - unabhängig von der Politik. Ihrer Empfehlung nicht zu folgen, sollte wirklich ein Ausnahmefall bleiben. Sonst besteht die Gefahr, dass die Frage der Rundfunkgebührenhöhe eben doch in Abhängigkeit zu politischen Mehrheitskonstellationen auf Länderebene gerät und damit über kurz oder lang auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in eine bedenkliche Schieflage kommt. Um eine eventuelle erneute Diskrepanz zwischen der KEF und den Ländern zu vermeiden, darf nicht erst im Jahr 2008 im Rahmen der nächsten Gebührendiskussion mit dem Nachdenken darüber begonnen werden, wo sich bei den Sendern noch Einsparpotenziale ergeben könnten. Bereits jetzt muss an weiteren Kosten senkenden Strukturveränderungen im öffentlichrechtlichen Rundfunk gearbeitet werden. Hier sind auch der Ministerpräsident und der zuständige Minister gefordert, genauso wie die Vertreter unserer Landesregierung im Verwaltungsrat des MDR. Zusammen mit ARD und ZDF sollte ein entsprechendes Konzept erarbeitet werden, das dem öffentlichrechtlichen Rundfunk langfristig Planungssicherheit und den Bürgern Bezahlbarkeit des Rundfunkangebots garantiert. Mögliche Eckpunkte eines solchen Konzepts könnten sein: eine verstärkte Kooperation der Dritten Fernsehprogramme sowie im Hörfunk, eine forcierte Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen innerhalb der ARD bzw. zwischen ARD und ZDF, die Verschlankung und Effektivierung bestehender Senderstrukturen, insbesondere im Hinblick auf den administrativen Bereich.

Diese Punkte werden bereits in den aktuellen Selbstverpflichtungen von ARD und ZDF angerissen; in ihnen steckt aber weit mehr Potenzial. Das Gleiche gilt für die im vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag festgeschriebene Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu Einsparungen bei den Online- und Marketingaktivitäten. Deutlich wird, der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist hinsichtlich der notwendigen Strukturreformen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ein Schritt in die richtige Richtung. In diesem Sinne begrüßt die SPD-Fraktion ausdrücklich die vorgenommene Festschreibung des am 01.04.2004 bestehenden quantitativen Status quo bei den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkprogrammen.

Der in Artikel 1 Nr. 5 definierte Grundsatz, dass neue Programme nur noch zugelassen werden, wenn a) gleichzeitig auf ein anderes Programm verzichtet wird, wenn b) dadurch keine Mehrkosten entstehen und wenn c) der gesetzliche Programmauftrag auch weiterhin erfüllt werden kann, darf auch nach Ende der nächsten Gebührenperiode nicht aufgeweicht

Abschließend möchte ich noch auf zwei wichtige Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfs kommen, zum Ersten die Gebührenbefreiung, auf die Herr Minister Wucherpfennig schon eingegangen ist. Sie ersetzt die bisherigen unterschiedlichen Befreiungsverordnungen der Länder und stellt damit einen echten Fortschritt im Sinne administrativer Vereinfachung und Vereinheitlichung dar. Zudem entfallen künftig die bisher notwendigen oftmals recht aufwändigen Berechnungen der individuellen Einkommenssituation bei Anträgen auf Gebührenbefreiung wegen geringen Einkommens. Einheitlich zu Grunde gelegt werden nur Sozialleistungsbescheide nach dem Sozialgesetzbuch. Zuständig für die Befreiung natürlicher Personen sind zukünftig nur noch die Landesmedienanstalten und die Gebühreneinzugszentrale, wodurch auch hier die bisher teilweise noch eingebundenen Kommunen entlastet werden. Nicht verstehen kann ich die PDS-Fraktion, die hier einerseits fordert, die Gebührenbefreiung auszuweiten, das heißt also weniger Geld für die Sender, andererseits fordert, Sparzwänge dürfen die Sender nicht so beschneiden - also mehr Geld für die Sender oder das gleiche Geld für die Sender. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Das Gegenteil in zwei Äußerungen von Herrn Blechschmidt.

Die zweite wichtige Neuerung findet sich in Artikel 5 Nr. 5. Auch das ist hier schon gesagt worden - die Frage der Gebührenpflicht für die Internet-tv-tauglichen PCs einerseits und andererseits für die für den Fernseh- und Radioempfang ausgerüsteten Handys. Diese Regelungen werden hier so getroffen, dass sie sehr nutzerfreundlich sind. Dieser Ansatz bietet zudem einen ersten Einstieg in das von der SPD favorisierte - mit deutlich weniger bürokratischem Aufwand als das jetzige - praktizierte Abstellen auf das Einzelgerät verbundene Haushaltsprinzip bei der Gebührenfestlegung und -erhebung. Auch hier sollte die nächste Gebührenperiode zur intensiven Arbeit genutzt werden, um baldmöglichst im Ganzen auf das Haushaltsprinzip umstellen zu können.

Meine Damen und Herren, der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist - ich sagte es bereits - ein Schritt in die richtige Richtung. Die Absenkung der Rundfunkgebührenerhöhung findet ebenso unsere Unterstützung wie die wichtigen Neuregelungen bei der Gebührenbefreiung und den zum Rundfunkempfang tauglichen Internet-PCs und Handys. Dennoch sind damit nicht alle unsere Vorstellungen befriedigend abgedeckt. Wie ich skizziert habe, besteht weiterer dringender Handlungsbedarf in den kommenden Jahren. Verbunden mit der Aufforderung an die Landesregierung, sich der von mir genannten Tätigkeitsfelder engagiert anzunehmen, wird die SPD

Fraktion dem Thüringer Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Schwäblein, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, alle vier Jahre, jeweils bevor eine neue Gebührenperiode beginnt, stehen wir erneut vor der Frage, ob wir einem Staatsvertrag zustimmen, auf den wir herzlich wenig Einfluss haben. Die Auswirkungen dieses Staatsvertrags, nämlich regelmäßig Gebührenerhöhungen, haben wir politisch sehr wohl auszuhalten. Mit dem Blick der Bevölkerung wird die Gebührenerhöhung immer wieder mit Entscheidungen der Politiker und damit gemeint, der Parlamentarier, verbunden. Alle Versuche, dieses Verfahren zu objektivieren, haben noch keine endgültig befriedigende Lösung gebracht, so dass auch wir an dem jetzt gewählten Verfahren, diese Kommissionsermittlung des Finanzbedarfs zu akzeptieren, festhalten werden. Gleichwohl darf der eine oder andere Kritikpunkt geäußert werden. Was machen die Sender? Sie melden regelmäßig alles Mögliche an, in der Hoffnung, dass das eine oder andere doch Bestand hat vor den strengen Augen dieser Kommission, um dann regelmäßig zu mehr Forderungen zu führen. Es erinnert mich sehr, sehr an die Praxis, nach der ich zu DDR-Zeiten die Geräte für die Mikroelektronik bestellt habe - ganz, ganz viele beantragt, in der Hoffnung, dass das Richtige durchkommt. Im Falle der Sender landet es ja jedes Mal bei mehr Geld. Sie können fordern, was sie wollen, es kommt schon das Richtige heraus. Insoweit bedarf es einer kritischen Begleitung durch uns. Und hier muss ich deutlich sagen, eine beliebige Ausweitung des Programmangebots, eine beliebige Ausweitung des Onlineangebots, eine beliebige Ausweitung des gesamten Marketings kann von uns nicht unwidersprochen bleiben. Die Debatte, die wir in den letzten Jahren geführt haben, auch jetzt im Vorfeld geführt haben, hat ja nun auch schon zu Veränderungen geführt. Dieses politische Wechselspiel, das ja unwidersprochen ist, hat hier zu so genannten Selbstverpflichtungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten geführt, die erst einmal von uns durchaus begrüßt werden.

Zurück zum Charakter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Außerhalb Deutschlands wird das ja auch unsere Form der Finanzierung - häufig in Frage gestellt. Warum also Gebühren? Wann sind Gebühren akzeptabel? Dann, wenn der öffentlich-rechtliche

Rundfunk eine gesellschaftliche Funktion erfüllt, nicht zum Selbstzweck, nicht zum Zwecke der Arbeitssicherung der dort Beschäftigten, so schön das für sie ist, er hat eine gesellschaftliche Funktion zu erfüllen. Er hat ein kulturelles Informationsangebot, auch ein unterhaltendes Angebot, für möglichst viele Bevölkerungsgruppen und -schichten bereitzuhalten. Und nachdem wir über viele Jahre jetzt einen Dualismus haben, ein Nebeneinander von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten, kann man aus heutiger Sicht feststellen, dass es die technischen Fortschritte dringend gebraucht hat, dringender denn je, um überhaupt noch zu erkennen, wann habe ich einen öffentlich-rechtlichen Sender eingeschaltet und wann einen privaten. Ich bekenne, dass ohne das Logo links oder rechts oben in der Ecke diese Unterscheidung zu bestimmten Sendezeiten sehr schwer fällt. Das sollte uns aber sehr nachdenklich stimmen. Soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ein unverkennbares Profil haben und immer erkennbar sein? Sollte er ein integrierendes Angebot vorhalten und daneben auch Minderheiten in den Hauptsendezeiten entsprechen? Beides ist gemeinsam vorgetragen und auch sehr schwer zu erfüllen und trotzdem bleibt es Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wenn ich mit Inbrunst auch hier und heute kritisiere, welche Banalisierung bei den Privaten vorangetrieben wird, wie das Niveau dessen, was uns da bezüglich des Geschmacks und der Zumutbarkeit angeboten wird, immer tiefer sinkt, wer sich den Voyeurismus in den Talkshows anschaut und mitlerweile auch den menschlichen Körper fast zur Ware erklärt und einen Schönheitswahn mit OP-Zwang suggeriert, der muss sich fragen, ob diese Gesellschaft moralisch noch auf dem richtigen Weg ist. Den mahnenden Finger darf der Politiker erheben und gelegentlich sollte dort auch - zumindest bei den Privaten - die Aufsicht einschreiten. Die Öffentlich-Rechtlichen sind in dieser Abwärtsspirale zum Glück nicht immer mitgegangen, aber auch da oder dort sind Erscheinungsformen dieser Banalisierung zu erkennen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk sollte der Vielfalt unserer Gesellschaft entsprechen, aber nicht die weit verbreitete Einfalt noch unterstützen. Wenn also die Vielfaltsförderung Kernbestandteil des Öffentlich-Rechtlichen bleibt, wird auch diese spezielle Form der Finanzierung weiter gegenüber der Bevölkerung legitimiert sein, aber auch - und diese Gefahr ist heute noch sehr wenig thematisiert worden - gegenüber der Europäischen Union, die regelmäßig genau diese Form der Gebührenfinanzierung als unzulässige Subvention einzustufen gedenkt. Im Moment ist unser analoges Fernsehen durch die Fernsehrichtlinie vor diesen Begehrlichkeiten geschützt. Die vor uns stehende Digitalisierung lässt einen erneuten Angriff der Europäischen Union auf diesen speziellen Schutz unseres Kulturguts Fernsehen, Rundfunk erwarten. Ich fordere hiermit auch noch einmal von diesem Punkt aus die Staatskanzlei auf, Vorsorge zu treffen, dass nicht

mit der Einführung der Digitalisierung der Inhalt der bisherigen Fernsehrichtlinie der Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union geopfert wird. Dann ist nämlich die Gebührenfinanzierung höchstwahrscheinlich nicht mehr zulässig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist ein Aspekt der Qualitätsdiskussion. Wir haben im Vorfeld natürlich, als jetzt wieder einmal Gebührenerhöhungen anstanden, vielfältige Zuschriften bekommen, wir vermutlich so viele wie Sie, und sie unterschieden sich in Befürworter und in Gegner von Gebührenerhöhungen. Ganz spannend war diese breite Zuschrift des Verbands privaten Rundfunks und Telekommunikation. Noch spannender war die Antwort der ARD darauf, überschrieben "Zur Versachlichung der Gebührendebatte". Dabei wurde vielem, was die Privaten vorgebracht hatten, begegnet. An manchen Stellen fehlte aber auch diese Entgegnung, so dass man durchaus davon ausgehen kann, dass die Kritik, von den Privaten vorgebracht, sehr wohl zutreffend ist. Ich nenne hier mal einige Aspekte. Es darf doch gefragt werden, ob bei der nun unvermeidlichen Digitalisierung die Öffentlich-Rechtlichen tatsächlich eine eigene Sendezentrale in Potsdam dafür brauchen. Demnächst muss mit der Digitalisierung ein jeder Sender klarkommen. Wozu muss dann für 143 Mio.  5 &        9"(  trieb aufgebaut werden? Das bezahlen alle Gebührenzahler mit. Warum muss bei den Sportrechten gestritten werden? Das sei unverzichtbar, dabei hat man dann bei den Verhandlungen eine gewisse Preisobergrenze im Kopf. Sowie die überschritten wird, ist es auf einmal sehr wohl verzichtbar, man lässt dann, wenn es zu teuer wird, die Angebote doch in das Private. Und wenn das dann so weit kommt, Herr Gentzel, dass uns Herr Hoeneß, Manager vom FC-Bayern,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist Verhandlungsgeschick.)