Protocol of the Session on November 13, 2003

Der dritte Maßnahmepunkt, den Sie in unserem Entschließungsantrag wiederfinden, ist auch mit den vorliegenden Zahlen relativ leicht belegbar. Der Medikamentenmissbrauch nämlich nimmt ebenfalls dramatisch zu.

Frau Wolf, Sie haben nach den Ursachen gefragt. Diese Ursachen können wir sicherlich nicht abschließend behandeln, aber natürlich ist der ungehinderte Zugang zu Schmerzmitteln, zu Schlaftabletten, zu Beruhigungsmitteln eine der Ursachen, und da muss man darüber reden, wie man diesen Zugang nicht erschweren kann, sondern wie man darüber aufklären kann, wie man die Risiken des Medikamentenmissbrauchs der Bevölkerung nahe bringen kann. Natürlich ist das eine Aufgabe nicht nur für die Krankenkassen, da ist die Pharmaindustrie genauso gefordert, wie wir als Gesellschaft, wie wir auch als Politik. Deswegen haben wir diesen Punkt aufgenommen.

Ich habe es schon von Beginn an gesagt, wir wollen zuallererst Kinder und Jugendliche vor Suchtgefahren schützen. Der Bericht der Landesregierung verweist deshalb völlig zu Recht darauf, dass Suchtprävention in der Jugendhilfe eine Querschnittsaufgabe des erzieherischen Kinderund Jugendschutzes ist. Der Bericht der Landesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Funktion der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Thüringen.

Ich möchte an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Kollegen, die in diesem Bereich arbeiten, für ihr Engagement danken, denn trotz aller Zahlen, dass sie sich so engagieren, ist ein Beleg dafür, dass diese Arbeit nicht nur notwendig ist, sondern dass diese Arbeit auch von den Menschen in diesem Bereich mit Begeisterung für die Sache, wenn auch nicht immer mit hundertprozentigem Erfolg geleistet werden kann. Vielen Dank von dieser Stelle an Sie.

Wir brauchen - das hatte ich gesagt - starke Partner, wenn wir die Suchtprobleme in unserer Gesellschaft in den Griff bekommen oder behalten wollen. Die Krankenkassen, die Thüringer Koordinierungsstelle für Suchtprävention und die zahlreichen freien Träger in diesem Bereich, wie zum Beispiel die Suchthilfe in Thüringen oder die Diakonie, sind ganz wichtige Partner. Wir haben auch gelungene Projekte, auf die wir hier hinweisen können und die wir durchaus in ihrer Vorbildwirkung rausstellen können. Wir sprachen mehrfach über das Drogerieprojekt in der Landeshauptstadt Erfurt, das eine ganz tolle Arbeit in diesem Bereich leistet.

Neben den Primärpräventionsaufgaben müssen wir uns aber insbesondere auch verstärkt den Angeboten zu suchtspezifischen Hilfen, Ausstiegsangeboten und Hilfen zur Selbsthilfe für die Betroffenen zuwenden. Der Bericht verweist dazu im Übrigen auch auf die gestiegene kommunalpolitische Verantwortung. Bereits in der Aktuellen Stunde im September hier im Haus habe ich darauf hingewiesen, dass es dazu erfolgreiche und positive Beispiele gibt. Frau Kollegin Pelke, Sie waren wie die anderen Erfurter Stadtratsabgeordneten dabei, als wir in der Landeshauptstadt Erfurt die Neugestaltung des Sucht- und Drogenhilfesystems beschlossen haben. Es wurden geeignete freie Träger mit der Umsetzung dieses Systems beauftragt und,

dies ist eben leider in der heutigen Zeit nicht so selbstverständlich, es wurden auch von der Stadt Erfurt die notwendigen finanziellen Mittel hierfür bereitgestellt. Der Bericht benennt - das will ich ehrlich sagen - auch Defizite in den bedarfsgerechten, bürgernahen Angeboten und Leistungen, die diesen Defiziten oder dieser Absicherung der Angebote und Leistungen ein Stück weit entgegenstehen. Ich zitiere dazu aus dem Bericht, Frau Präsidentin: "Die Versorgungsplanung hat sich sowohl an quantitativen wie an qualitativen Erfordernissen auszurichten. Planung und Steuerung stehen insgesamt in Deutschland erst am Beginn ihrer Entwicklung. Es fehlen weit gehend noch kommunale und überregionale Planungsdaten, und insbesondere fehlen entsprechende Bedarfsparameter, die es erlauben, bestehende Angebote und Bedarfe zu bewerten." Die Landesregierung weist darauf hin, dass in der Mehrzahl der Kommunen zwar eine kommunale Planung der Hilfen stattfindet, aber meist noch keine eigenständige, systematische Suchthilfeplanung. Aus kommunalpolitischer Erfahrung in Erfurt weiß ich, wie wichtig dies ist, und auch da können wir nicht oft und intensiv genug vor Ort darauf drängen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Sozialministerium benennt als einen Schwerpunkt der zukünftigen Entwicklung die Verbesserung der ambulanten und teilstationären Behandlung und Rehabilitation. Wir als CDU-Fraktion haben zwei weitere Schwerpunkte in unserem Entschließungsantrag benannt. Das ist zum einen der Ausbau der Maßnahmen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche, die durch den Missbrauch psychoaktiver Substanzen entwicklungsgefährdet oder abhängig sind. Dies ist für uns wichtig, um jungen Menschen frühzeitig den Weg aus der Sucht zu zeigen. Ich bin Ihnen dankbar, Frau Pelke, dass auch Sie darauf hingewiesen haben, dass sich das mit unserer Auffassung bzw. mit Ihrer Auffassung durchaus deckt. Zum Zweiten, und auch das hatte ich im September schon einmal angekündigt, wir wollen ein Programm "Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten" mit Kooperationspartnern modellhaft umsetzen. Dieses Programm wurde in anderen Bundesländern bereits erfolgreich erprobt und knüpft daran an, dass bei jugendlichen Drogenkonsumenten und ihren Angehörigen die Kenntnis bestehender Hilfeangebote gering ist und professionelle Hilfe von ihnen eher gemieden wird. Um den Zugang zu sekundärpräventiven Angeboten zu erleichtern, wurde das Konzept "FRED", wie es kurz genannt heißt, entwickelt. Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll bis zum 25. Lebensjahr unmittelbar nach polizeilicher Erstauffälligkeit in Verbindung mit § 31 a des Betäubungsmittelgesetzes dem Absehen von Verfolgung und im Zusammenhang mit § 45 und 47 des Jugendgerichtsgesetzes frühzeitig ein spezifisches suchtpräventives Angebot gemacht werden. Ziel soll dabei sein, Drogenkarrieren zu stoppen, bevor sie ihren verheerenden Lauf nehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, da kommen wir eben auch an einen Punkt, wo durchaus der aktuelle Bezug gegeben ist. Sie haben heute sicherlich in der Zeitung lesen können von der Beratung über die Suchtproblematik, die

hier zurzeit in Erfurt stattfindet. Da wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass es mitnichten so ist, dass die so genannten weichen Drogen kein Gefährdungspotenzial darstellen. Ganz im Gegenteil, dort wurde von Fachexperten denen kann man an dieser Stelle glauben und nicht Politikern, die hier darüber streiten - gesagt, dass Cannabis weit gefährlicher ist als bisher angenommen wurde. Genau an dieser Stelle und genau deswegen wehren wir uns so heftig gegen Ihre wie auch immer wieder unter Selbstbestimmung vorgeschobenen Begründung zu einer Teillegalisierung oder Legalisierung von so genannten weichen Drogen.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Bericht der Landesregierung über die Situation und Entwicklung der Suchtprävention, Suchtkrankenhilfe und Drogenbekämpfung in Thüringen ist eine gute Arbeitsgrundlage zur weiteren Entwicklung der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe. Ich danke ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der direkt beteiligten Ministerien, insbesondere dem Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit für die Erarbeitung dieses Berichts.

Bevor wir zur Abstimmung der Anträge kommen, würde ich sehr gern noch ein paar Sätze zum Antrag der SPDFraktion sagen, der uns leider sehr kurzfristig heute zugegangen ist.

Sehr geehrte Frau Kollegin Pelke, ich kann Ihnen das schon nicht ersparen, jetzt an dieser Stelle auch zu sagen, dass für mich dieser Antrag sich verhältnismäßig dünn darstellt. Er ist fachlich zum Teil unkorrekt. Er drückt sich um ganz wichtige Aussagen in der Drogenhilfe und er ist wirklich nur da gut, wo ganze Passagen aus dem CDU-Antrag abgeschrieben wurden. Ich werde Ihnen das gern an einem Beispiel deutlich machen. In Ihrem ersten Punkt nämlich, da kann ich Ihnen nur sagen, natürlich, die Koordinierungsstelle in Erfurt soll fortgeführt werden. Wenn Sie den Bericht gelesen haben, hätten Sie auf Seite 31 den Hinweis dazu finden können. Da steht es nämlich genau und Sie wissen, dass wir den Haushalt hier beschlossen haben, da sind 95.000      6   dem 01.01. mit zwei Personalstellen weitergehen und natürlich werden auch diese Aufgaben, die Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben, dann von der Koordinierungsstelle umgesetzt und natürlich werden insbesondere die Selbsthilfegruppen von ihnen betreut und koordiniert.

Merkwürdig, das hatte ich vorhin schon einmal kurz angedeutet, ist hingegen Ihr Sinneswandel zum Punkt 2, also dem Rauchverbot an Schulen. Herr Kollege Pidde hatte es, ich habe es gesagt, am Wochenende begrüßt, der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium hatte es relativiert und ich nehme einmal an, Frau Pelke, Sie haben sicherlich dankbar die Steilvorlage aufgenommen und haben am Ende eine windelweiche Formulierung in diesen Antrag reingeschrieben, der nichts Richtiges, aber eben auch nichts Halbes und nicht Ganzes darstellt. Also in diesem Punkt

bitte ich schon sehr heftig, schauen Sie sich unseren Antrag an, reden Sie vielleicht mit Ihren Kollegen, vielleicht nähern Sie sich auch unserer Intention hin zu einem generellen Rauchverbot an Schulen, in öffentlichen Räumen insgesamt.

Der dritte Punkt, auch da muss ich Ihnen sagen, natürlich, das findet ja statt, natürlich haben wir auch diese Beratung, diese Qualifizierung, natürlich beschäftigen wir uns damit.

Es ist, da komme ich zu Ihrem vierten Punkt, schon recht widersprüchlich, wenn Sie sich das anschauen, dass Sie in Ihrem vierten Punkt zwar auf die rauchfreien öffentlichen Gebäude eingehen, zwei Punkte zuvor aber offensichtlich die Schulen ein Stück weit auf die freiwillige Basis belassen.

Ein nächster Punkt, Sie hatten es eben gerade in Ihrer Rede vorgetragen, 0,0 Promille. Schön wäre es denn, wenn wir es hätten. Wir haben keine 0,0 Promille. Ich würde mir das sehr wünschen. Ich kenne die Diskussion, als wir im Bund darüber gestritten haben, auch mit Kollegen der eigenen Fraktion. Es waren keine Mehrheiten dafür vorhanden. Ich kann Sie einfach nur herzlich bitten, werben Sie, werben Sie bei Ihren Kollegen in der Bundestagsfraktion. Ich tue gern das Gleiche bei unseren Kollegen. Aber dann stellen Sie sich nicht hierher und tun Sie so, als müssten wir 0,0 Promille durchsetzen. Wir haben sie leider noch nicht einmal. Ich wünsche es mir, aber da können wir in der Tat auch miteinander positiv vielleicht etwas bewegen.

Der fünfte Punkt, der Medikamentenmissbrauch, das ist Bestandteil unseres Antrags. Darauf hatte ich ja gerade hingewiesen. Da sind wir überhaupt nicht auseinander. Deswegen kann das hier auch so stehen bleiben. Es ist genauso wie mit dem sechsten Punkt, wo Sie ja praktisch das Gleiche fordern, wortgleich das Gleiche fordern wie wir auch. Auch da sind wir völlig d'accord. Auch wenn es schwierig sein wird, aus den vorhin beschriebenen Gründen das Wörtchen "bedarfsgerecht" vernünftig zu definieren, weil die regionalen Planungsgrößen teilweise fehlen.

Den siebten Punkt, das ist in der Tat ein Punkt, wo wir uns in der Vergangenheit schon mehrfach damit auseinander gesetzt haben, wo wir vielleicht auch nicht so ohne weiteres zusammenfinden, denn die Haushaltsberatungen sind leider nun schon vorbei, wo wir darüber gestritten haben, ob wir liebend gern mehr Geld für den Sozialbereich zur Verfügung gestellt hätten. Ich hätte mir sehr gewünscht, das habe ich damals auch schon gesagt, dass es für den Suchtbereich zur Verfügung gestanden hätte. Aber wir müssen auch ehrlich sagen, wir können nur das Geld ausgeben, was wir haben. Wir müssen in diesem Bereich Wert darauf legen, dass auch die kommunale Verantwortung eine kommunale Finanzierungsmitverantwortung bedeutet. Deswegen, ich höre sehr wohl Ihren Wunsch, ich würde mir auch wünschen, wir könnten auf Summen kommen von ehemaligen Haushalten, aber das ist in diesem Bereich nicht anders wie in vielen anderen Bereichen. Uns fehlt

schlichtweg das Geld. Frau Kollegin Wolf hatte vorhin danach gefragt, wie viel wir denn überhaupt im Bereich der Suchtprävention ausgeben. Sie würde das im Bericht nicht finden. Das ist ganz einfach, relativ einfach aus dem Sozialministerium zu erfragen. Wir haben in den letzten zehn Jahren 58,8 Mio.  % reich aufgewandt und das sind nur die so genannten freiwilligen Leistungen ohne die gesetzlichen Leistungen in diesem Bereich. Das ist eine ganze Menge. Vielleicht könnte es mehr sein, vielleicht soll es in Zukunft auch mehr sein. Aber wir müssen an dieser Stelle auch einmal ein Stück weit goutieren, dass in diesem Bereich sehr, sehr viel geschehen ist.

Ein Punkt noch, das haben Sie wohl offensichtlich bei Ihrem Antrag entweder weggelassen oder weglassen wollen, dieses Projekt "FRED", was ich beschrieben hatte. Das ist uns schon wichtig. Wir möchten schauen, ob da mit entsprechenden Partnern tatsächlich etwas zu bewegen und zu erreichen ist ohne einen riesigen Umfang von finanziellen Mehrkosten. Da gibt es Partner, die dazu bereit sind, das mit umzusetzen. Deswegen beharren wir darauf, deswegen wollen wir dieses Projekt auch in Thüringen haben.

Ein Punkt, das habe ich Ihnen zu Beginn der Beratung gesagt, Sie haben sich ein bisschen um die Legalisierung oder Teillegalisierung mit Ihrem Antrag drumherumgedrückt, das findet sich da nicht wieder. Die Gretchenfrage, wie hält es die SPD mit den weichen Drogen, findet sich zumindest in Ihrem Antrag nicht wieder. Vielleicht können Sie das noch aufhellen und uns Ihre Position dazu mitteilen.

Insgesamt muss ich da zusammenfassen, die CDU-Fraktion hält fest daran und beabsichtigt, den Antrag, den sie Ihnen vorgelegt hat, heute auch zur Abstimmung zu stellen und zu beschließen, denn ich glaube, es ist der fachlich bessere Antrag, was niemanden daran hindert, eigene Anregungen, eigene Vorschläge entsprechend vorzubringen. Zu dem Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag bitte ich Sie ausdrücklich um Ihre Zustimmung, insbesondere auch diejenigen unter Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, die so ihr eigenes individuelles Suchtproblem mit dem Tabak haben und die sich tausendmal vielleicht gewünscht haben, irgendwann vom Tabak loszukommen. Unser Entschließungsantrag, wie er Ihnen vorliegt, soll ein kleiner, aber - ich meine - wichtiger Mosaikstein dazu sein, Kinder und Jugendliche vor Suchtbiographien und Gesundheitsgefährdung zu bewahren und abhängigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu helfen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Panse, ich habe die Frau Abgeordnete Pelke offensichtlich oder hoffentlich richtig verstanden mit ihren nonverbalen Zeichen, dass Sie am Ende Ihrer Rede eine Frage stellen möchte. Gestatten Sie das?

Ich wollte bei der Auflistung nicht stören. Nachdem ich jetzt gemerkt habe, dass Sie die Gutmenschrolle einnehmen, Herr Panse, und wir die weniger Gutmenschrolle, veranlasst mich das doch zu einer Frage, weil es um Ehrlichkeit geht, und ich bitte Sie, das wirklich jetzt nicht als persönliche Verletzung oder sonst irgendetwas zu nehmen, aber wenn man so konsequent ist und sein will wie Sie es jetzt beschrieben haben, wie stehen Sie dann zu Sportsponsoring beispielsweise mit Brauereien, auf das wir im Sport, ich sage das so deutlich, angewiesen sind. Wenn man jetzt so redet, wie Sie geredet haben, muss man definitiv darauf verzichten, und das würde ich gern, weil wir beide in dem Bereich aktiv sind, von Ihnen dann auch konkret wissen.

Da bin ich Ihnen sehr dankbar, Frau Kollegin Pelke, weil natürlich ich genauso wie Sie und einige Kollegen Ihrer Fraktion und unserer Fraktion uns in zahlreichen Sportvereinen betätigen, in Sportvereinen, wo im Übrigen eine ganze Menge für Kinder und Jugendliche getan wird für den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen. Mir ist kaum ein nennenswerter größerer Sportverein in Deutschland bekannt, der ohne Sponsoring von einem Alkoholkonzern, in der Regel sind es Brauereien, auskommt. Im Übrigen auch der Kollege Wehner, der sich gerade zu Wort meldet, ich glaube, Köstritzer ist bei den Damen

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das ist kein Alkohol!)

vom VfB Suhl mit auf dem Trikot. Nun mag man darüber streiten, ob das Alkohol ist oder nicht. Ich persönlich sage, es ist für mich eine negative Vorbildwirkung, die von diesem Bereich ausgeht, allerdings etwas, wo man ein Stück weit das Sporttreiben von Kindern und Jugendlichen möglich machen kann. Denn das, was in diesem Bereich bezahlt wird, ist im Übrigen ja etwas, was wir ansonsten offensichtlich nicht so ohne weiteres aufbringen könnten. Das ist nicht viel anders als das, was regelmäßig die Bundesregierung diskutiert, wenn wir über eine zusätzliche Zigarettenabgabe diskutieren, für einen guten Zweck natürlich, aber auch etwas Schlechtes. Da ist es in der Tat so, Rauchen für die Gesundheit, Saufen für die Gesundheit, Rasen für die Rente, das sind alles Sachen, wo ich mir durchaus wünschen würde, man fände andere Finanzierungsmöglichkeiten. Es ist aber leider nicht so. Ich kann Ihnen das ehrlich sagen, jeder weiß es, dass der Verein TuS Braugold, wo ich mich im Vorstand betätige, durchaus auch davon existiert. Reicht das als Auskunft, Frau Kollegin? Gut, danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Die Rede des Abgeordneten Panse hat jetzt mehrere Redemeldungen hervorgerufen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist be- dauerlich!)

und die Bildungspolitiker sind auf den Plan getreten und in der Reihenfolge Frau Abgeordnete Sojka, PDS-Fraktion, und dann Herr Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.

Verehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich wollte mich nicht unbedingt äußern.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Das ist auch besser so!)

Aber das hat mich nun wirklich gereizt, so viel Naivität auf einmal. Und ich äußere mich wirklich nur zu dem geringen Teil der Problematik: Rauchen an Schulen. Herr Panse, unsere Auffassung zur Drogenpolitik empfinde ich als sehr stringent. Verändern beginnt mit Einbringen und weniger mit Geboten oder Verboten. Das gilt für illegale Drogen genauso wie für Tabak oder Alkohol. Diese Verbote können sogar ins Gegenteil umschlagen. Eine Ursachenbekämpfung ersetzen Sie eben nicht.

(Beifall bei der PDS)

Sie können davon ausgehen, dass Lehrer und Schüler sehr wohl wissen, dass das Jugendschutzgesetz uneingeschränkt gilt und dass bis 16 Jahre auf dem Schulgelände Rauchen tabu ist.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Es geht aber um die negative Vorbildwirkung!)

Ich wollte gerade Sie fragen, wann Sie das letzte Mal in einer Schule waren. Denn dort beginnt das Problem. Schülerinnen und Schüler rauchen bereits auf dem Weg zur Schule und vor der Schule. Es gibt sogar nicht wenige, die ohne Frühstück von zu Hause kommen. Und der Gang zum Zigarettenautomat und das Verschenken der Zigaretten gehört für sie zum Statussymbol. Zur Hofpause schließen die Lehrer dann den Hof ab, wenn sie schnell genug unten sind, damit niemand entwischt. Denn dass der Hausmeister als Wachtmeister aus dem Pool aller Hausmeister, die kommunal irgendwo noch sind, gerade anwesend ist, das ist mittlerweile ja unwahrscheinlich. Es geht nur anders, Herr Panse. Lehrer und Eltern versuchen gemeinsam mit Schülern eine Atmosphäre an Schulen zu schaffen, wo Nichtrauchen zum guten Ton gehört, wo freiwillig verzichtet wird und auch andere Angebote vorhanden sind, die wenig Frust und wenig Pausenlangeweile

zulassen. Entzerrung des Schulalltags, wie dies die wenigen rhythmisierten Ganztagsschulen beispielsweise bereits praktizieren, längere Frühstücks- und Mittagspausenzeiten mit attraktiven Sport- und Betätigungsangeboten, das ergibt neben einer guten Schulatmosphäre wenig Frust und als Folge den vermeintlichen Zwang zu Drogen.

(Beifall bei der PDS)

Gefrusteten Schülern ist es leider sehr egal, wenn man sie auf spätere Gesundheitsrisiken hinweist. Lehrerzimmer, die ich kenne, sind übrigens alle ohne Rauch, rauchfrei. Es gibt noch Raucherzimmer, aber die sind rar und meist sehr klein, und das ist gut so. Schulen, die sich freiwillig auf dem Weg zur Nichtraucherschule befinden, müssen unterstützt werden sowohl materiell als auch ideell. Den Entschließungsantrag der SPD unterstütze ich ausdrücklich. Und in diesem Zusammenhang verweise ich auf die überaus wertvolle Arbeit der Schulpsychologen, die auch systemisch arbeiten und Schulen in ihrer Entwicklung begleiten können, die hochwertige Weiterbildung für Pädagogen realisieren können, so man sie denn lässt. Verbote, Herr Panse, wirken kontraproduktiv, und Sie als Vater sollten wissen, dass man Kindern nur die Verbote entgegenbringen kann, die man auch durchsetzen kann, sonst wirkt man irgendwann lächerlich,

(Beifall bei der PDS, SPD)

und Lehrer können nicht alles richten, was die Gesellschaft nicht richtet.

Herr Abgeordneter Döring für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kollege Panse, es ist natürlich richtig, die Schule ist wirklich der Ort, an dem Jugendliche überhaupt am meisten rauchen. Und es ist auch richtig, dass rund 30 Prozent der Jugendlichen jeden Tag im Rahmen der Schulzeit wirklich entweder im Schulgelände oder außerhalb des Schulgeländes rauchen. Offenbar ist der Schulhof wirklich der zentrale Ort, an dem Jugendliche wirklich Erfahrungen mit Zigaretten machen und an dem es auch dann wirklich sozusagen zur alltäglichen Gemeinsamkeit des Zigarettenkonsums kommt. Da gebe ich Ihnen völlig Recht, das ist so. Und deshalb ist hier Handlungsbedarf, da sind wir uns auch einig. Die Frage ist nur, wie gehen wir damit um? Und da sage ich eindeutig, ein generelles Verbot durch ein Gesetz allein wird nichts bringen. Da kennen wir ja die Realität. Die Realität ist klar. Wenn ich das mache, bedeutet das, dass ich auch die über 16-Jährigen dazu verführe, dass sie ganz woanders rauchen, nämlich auf der Toilette und sich andere Räume suchen. Das bedeutet, dass vor allem die Schüler der 7. und 8. Klassen, und das ist der Einstieg, dass die dort mit integriert werden, und damit schaffe ich gerade

für diese Schüler einen großen Einstieg zum Rauchen, und ich werde genau das Gegenteil erreichen von dem, was ich eigentlich will. Deshalb sage ich klar und deutlich, was wir brauchen, ist etwas anderes. Was wir brauchen, ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schülern, Eltern und Lehrern, d.h., wir müssen den Schulen wirklich verstärkt Hilfe anbieten, dass sie wirklich ein Gesamtkonzept erarbeiten, nämlich Umgang mit dem Rauchen an der Schule.