Protocol of the Session on May 18, 2000

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kretschmer, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst auf die Ausführungen von Herrn Dr. Hahnemann. Eine Bitte an die PDS-Fraktion, bitte meine herzlichen Grüße an den Abgeordneten Dr. Koch und ich hoffe auf baldige Genesung für ihn. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Mehr ist meines Erachtens zu den Ausführungen von Herrn Dr. Hahnemann nicht zu sagen. Es fehlt, sicherlich aufgrund verschiedener Umstände festzustellen, ein gewisser Sachverstand und ich schätze Herrn Dr. Koch.

Meine Damen und Herren, es ging bei diesem Änderungsantrag darum, dass bei der 1. Sitzung des Untersuchungsausschusses 3/1 die Frage aufgetreten war, ob nach den in Thüringen bestehenden Regelungen die Teilnahme von Fraktionsmitarbeitern an den nicht öffentlichen und ggf. auch an den vertraulichen Sitzungen zulässig ist. Nur um diesen einfachen Tatbestand ist es gegangen. Es ging nicht um die Frage Bürgerbeauftragter. Es ging auch nicht um die Thüringer Verfassung und wie sie zu Stande gekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf insoweit meine Bitte und meine Wünsche an Herrn Dr. Koch wiederholen.

Meine Damen und Herren, es ging um die Frage, und insoweit beziehe ich mich nicht auf die Entwürfe, die vorgelegt worden sind, und die Änderungsentwürfe, sondern insbesondere um die vorzüglichen Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes, dem hier nochmals von dieser Stelle aus zu danken ist. Es haben in den Ausschussberatungen zwei wissenschaftliche Stellungnahmen vorgelegen, die weitestgehend uns die Arbeit erleichtert und die Fragen geklärt haben, und zwar für alle Beteiligten. Ich meine, ich will hier keine weiteren Ausführungen dazu machen, weil diejenigen, die an den Sitzungen teilgenommen haben, das, wenn sie es verstanden haben, auch leicht nachvollziehen konnten. Es ging um die Teilnahme an den nicht öffentlichen Sitzungen und vertraulichen Sitzungen und es ging darum, wie weit ist die Chancengleichheit gewahrt, nämlich zwischen den Regierungsvertretern einerseits und den Mitarbeitern der Fraktionen andererseits. Da haben wir eine Lösung gefunden.

Sicher, Herr Dr. Hahnemann, eins und zwei, das haben Sie richtig verstanden, ich freue mich darüber. Wir haben uns dann auf einen Mitarbeiter geeinigt, nachdem wir Vergleiche gezogen haben auch zu anderen Parlamenten, und haben dann gesagt, bitte sehr, mit einem, das ist die Kompromisslinie und Politik, meine Damen und Herren, Herr Dr. Hahnemann, lebt eben auch von Kompromissen, gerade bei so wichtigen Dingen wie Verfahrensregelungen. Hier beim Untersuchungsausschuß

gesetz handelt es sich um eine Verfahrensregelung. Ich halte es nicht für falsch, dass wir uns auf einen Mitarbeiter geeinigt haben. Auch im Interesse dieses Mitarbeiters haben wir uns im Übrigen darauf geeinigt, dass er Auszüge aus den Akten nicht bekommen sollte, um im Falle des Konflikts, nämlich dass solche Aktenauszüge an die Öffentlichkeit geraten, ihn aus dem Kreis der Verdächtigen herauszuhalten. Das ist eine Frage der Fürsorgepflicht. Dass der natürlich Akteneinsicht bekommt, dass der auch Einsicht bekommt in die Auszüge, die ja das Mitglied des Untersuchungsausschusses bekommt, liegt auf der flachen Hand. Da brauche ich, glaube ich, keine weiteren Darstellungen hier zu machen.

Meine Damen und Herren, abschließend ist zu sagen, das Untersuchungsrecht ist das schärfste parlamentarische Kontrollmittel, das es gibt. Deshalb war auch der Grundkonsens im Justizausschuss, dass man bei Regelungen, die dieses Gremium betreffen, vorsichtig sein muss. Wir haben eine praktikable und vorsichtige Lösung gefunden. Und, meine Damen und Herren, jetzt muss die Gesetzesnovelle - wenn sie denn zu Stande kommt - auf den Prüfstand der parlamentarischen Bewährung in den Untersuchungsausschüssen und warten wir ab, wie praktikabel die novellierten Vorschriften sind. Ich empfehle die Annahme des Gesetzentwurfs in der Form der Beschlussempfehlung des Justizausschusses mit dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 3/674. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Wolf, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, eigentlich wollte ich hier zur Änderung des Untersuchungsausschußgesetzes reden, aber der Kollege Hahnemann hat ja nun ein breites Feld von Diskussionsthemen aufgemacht. Herr Kollege Hahnemann, als vor zehn Jahren die Volkskammer zusammengetreten ist, war es eine der ersten Handlungen, die führende Rolle dieser einen Partei aus der Verfassung zu streichen, weil alles andere, was dann folgte, sonst gar nicht möglich gewesen wäre. Wenn ich mir die Reden der Kollegin Nitzpon von gestern oder ihre Rede von heute anhöre, dann klingt das wieder so ein bisschen, als wenn die Minderheitenrechte jetzt so als Diktatur der Minderheit plötzlich wieder irgendwo fixiert werden sollten, und davor möchte ich eigentlich diesen Thüringer Landtag bewahren.

(Beifall bei der CDU)

Wenn jetzt hier versucht wird mit Halbwahrheiten die Demokratie zu beschädigen und das Amt des Minister

präsidenten zu beschädigen, dann möchten wir uns mit aller Entschiedenheit dagegen wehren und verwahren.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf Ihnen noch einmal empfehlen, wir beraten die Drucksachen 3/449, 3/661, 3/674. Wenn Sie die Drucksache 3/661 genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass es sich bei der Beschlussempfehlung des Ausschusses, und der Kollege Schröter hat es vorgetragen, um einen Änderungsantrag handelt zur Drucksache 3/449, das ist der Gesetzentwurf der SPD. Sie hatten im Ausschuss schon das Verfahren beklagt und aus diesem Grunde haben wir auch das Beratungsverfahren entsprechend geändert und wir haben den Gesetzentwurf der SPD beraten und entsprechend dort, wo wir Änderungsanträge hatten, dann auch entsprechend die Änderungsanträge gestellt, so dass wir jetzt eine Beschlussempfehlung mit Änderungsanträgen zum Gesetzentwurf der SPD haben. Die Halbwahrheiten, die dann hier verbreitet werden, dagegen möchte ich mich verwahren.

(Beifall bei der CDU)

Auch noch einmal zur Erinnerung: Die Verfassung des Freistaats Thüringen ist mit Zweidrittelmehrheit hier im Landtag beschlossen worden

(Beifall bei der CDU)

und alles, was da drin steht, hatte eine Zweidrittelmehrheit hier im Thüringer Landtag gefunden. Das vielleicht auch noch einmal für Sie zur Erinnerung.

Aber zurück zum Untersuchungsausschußgesetz. Zwar war - wenn ich mich daran erinnere - in der ersten Lesung allen Fraktionen das Ziel klar. Wir wollten erreichen, das, was an sich übliche Praxis bis dahin war und jetzt plötzlich durch genaues Lesen des Gesetzes nicht, jedenfalls nicht ohne Konflikt mit dem Gesetz möglich war, wieder auf einen normalen, juristisch sauberen Boden zu stellen und die Möglichkeit der Teilnahme von Fraktionsmitarbeitern in den nicht öffentlichen Sitzungen von Untersuchungsausschüssen, wir haben ja inzwischen schon zwei, auch im Thüringer Landtag zu ermöglichen. Wenn man dann den Vergleich zieht - und an der Stelle auch noch einmal mein Dank an die Landtagsverwaltung, an den Wissenschaftlichen Dienst - zu anderen Ländern oder auch zum Bundestag, dann wird man schnell feststellen, dass diese sehr wenig geregelt haben und wir in Thüringen eigentlich sehr vorbildlich sind, indem wir ein Gesetz haben, das dann über die gesamte Legislaturperiode - jetzt schon über zwei Legislaturperioden - gilt, an die sich dann auch alle zu halten haben und das die von Ihnen immer wieder eingeklagten Minderheitenrechte genau festschreibt, so dass ich also auch diese Argumentation nicht nachvollziehen kann, die immer wieder aufgemacht wird, dass die Gesetze deswegen gemacht sind, um die Minderheitenrechte zu beschneiden. Nein, genau umgekehrt ist es. Mit diesem

Gesetz sind genau die Minderheitenrechte festgeschrieben, dass eine Minderheit erreichen kann, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Das steht genau in diesem Gesetz drin. Das vielleicht nur noch einmal zur Erwiderung auf Ihre Behauptung, dass die Minderheit hier immer wieder an den Rand gedrückt wird.

Das Gesetz, was uns jetzt vorliegt, regelt, dass namentlich benannte Mitarbeiter der Fraktionen an den nicht öffentlichen Sitzungen teilnehmen können. Wir haben uns von dem Begriff "Berater", wie er im ursprünglichen Entwurf der SPD stand, wieder getrennt, weil wir uns eben auf Mitarbeiter der Fraktionen beschränken wollten. So war es jedenfalls am Ende der Beratung die mehrheitliche Entscheidung im Ausschuss. Da Mitarbeiter durchaus auch einmal zeitweilig ausfallen können, aus welchen Gründen auch immer, ist auch die Vertretung im Ausschuss geregelt worden. Das ist sinnvollerweise - wie auch schon im Gesetzentwurf vorgesehen - in § 10 Abs. 6 so am einfachsten zu regeln. Wenn man die Teilnahme der Mitarbeiter regelt, dann muss man natürlich auch regeln, wer hat dann wann und wo Akteneinsicht. Das ist in § 24 geregelt worden. Dazu liegt allen noch einmal ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion vor. Nur noch einmal zur Erläuterung: Im ursprünglichen Text der Beschlussempfehlung des Ausschusses wird das Wort "dies" verwendet. Das ist ein juristisch nicht ganz klarer Begriff. Und da es sich im Vorfeld um mehrere Halbsätze handelt und man nicht genau weiß, auf was sich denn dieses "dies" genau bezieht, auf den ersten oder auf mehrere Halbsätze, deswegen noch einmal die Klarstellung in unserem Antrag: Es gilt Satz 1 Halbsatz 2. Damit auch jeder weiß, was mit dem Wort "dies" gemeint ist. Deswegen die Änderung in der Drucksache 3/674, also den neuen Satz in der Fassung anzufügen: "Für Mitarbeiter der Fraktionen gilt Satz 1 Halbsatz 2 nur, soweit die Akten nicht für vertraulich erklärt worden sind." Das bedeutet, dass Mitarbeiter der Fraktionen keine Kopien von vertraulichen Akten erhalten. Die Akteneinsicht wird davon nicht berührt. Das Problem ist nur, dass wir, wenn es sich um vertrauliche Unterlagen handelt, mehrheitlich im Ausschuss und auch in der Fraktion, zumindest in meiner Fraktion, der Meinung waren und auch, wenn ich mich erinnere, von Seiten der SPD die Meinung vertreten wurde, man sollte vertrauliche Akten nicht zu häufig kopieren, denn dann verliert man sehr schnell den Überblick. Soweit die uns vorliegenden Änderungen. Die Folgeänderungen sind dann nachher noch in § 25, das kann jeder nachlesen. Ich empfehle Ihnen im Namen meiner Fraktion, die Beschlussempfehlung des Ausschusses wie auch die Änderung in der Vorlage 3/674 in der uns vorliegenden Fassung anzunehmen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Es hat sich die Landesregierung zu Wort gemeldet. Nicht?

(Zuruf Dr. Birkmann, Justizminister: Keine sonstigen Wortmeldungen mehr da?)

Im Moment habe ich keine Wortmeldungen. Die Landesregierung kann jederzeit das Wort nehmen, Herr Dr. Birkmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich fange mit dem gleichen Wort an, was Herr Abgeordneter Wolf als Erstes benutzt hat: "Eigentlich". Eigentlich wollte ich mich hier nicht zu Wort melden, weil es ja ein Gesetzentwurf ist, der das Parlament betrifft, in dem Sie Ihre Verfahren regeln. Nun hat Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann aber die Diskussion verbreitert, indem er u.a. auch Bezug auf Vorgänge von gestern genommen hat und die in Zusammenhang gebracht hat mit diesem Gesetzgebungsverfahren. Ich meine, dazu müsste man einige kurze Anmerkungen machen.

Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann, Sie haben u.a. die Ausführungen der Abgeordneten Nitzpon von gestern angesprochen, als es darum ging, dass sie in polemischer Weise mit verbalen Entgleisungen den Ministerpräsidenten angegriffen hat.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Das waren keine Entgleisungen.)

Und ich hatte gedacht, Sie hätten die Gelegenheit genutzt, sich heute im Namen der PDS-Fraktion dafür zu entschuldigen.

(Beifall bei der CDU)

Das haben Sie nicht getan, stattdessen haben Sie versucht, das inhaltlich noch zu rechtfertigen. Und das ist mir doch sehr unverständlich, wenn man ein Verfassungsverständnis an den Tag legen sollte, auf das Sie sich - auf diese Verfassung - im zunehmenden Maße auch berufen, was an sich doch von einem Respekt vor Ämtern dieses Landes, dieses Staates ausgeht. Die Landtagspräsidentin, der Ministerpräsident - das sind Funktionen, die zunächst im hohen Maße parteienthoben sind. Was gestern hier passiert ist, hat zu einer Verunglimpfung dieser Persönlichkeiten und Personen geführt.

(Beifall bei der CDU)

Ich meine, an dieser Stelle müsste man auch sagen, Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie haben gestern nur polemisiert, Sie haben nichts zur Sache gesagt. Ich habe das mitgeschrieben. Sie haben nur zum Verfahren gesprochen und nur polemisiert.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Ich habe gesagt, wie das Verfahren abgelaufen ist. So ist es abgelaufen und gut!)

Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann, zum Verfahren dieses Gesetzes im parlamentarischen Ablauf: Herr Abgeordneter Kretschmer hat zu Recht die Frage gestellt, ob Sie das verstanden haben. Ich würde sagen, Herr Abgeordneter Kretschmer, es gibt zwei Möglichkeiten des Nichtverstehens - das Nicht-verstehen-können oder das Nichtverstehen-wollen. Ich gehe zu Gunsten von Herrn Abgeordneten Dr. Hahnemann davon aus, dass er es nicht verstehen wollte, was dort abgelaufen ist, denn so schwer war das ja intellektuell nicht.

Die Sache ist mehrfach im Ausschuss beraten worden. Mit dem SPD-Antrag hat es angefangen, dann gab es die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags, dann gab es den CDU-Antrag. Es ist in allen Einzelheiten ausführlich beraten worden, um dann davon zu sprechen, hier sei verfahrensmäßig etwas in eine ganz bewusste Schiene gedrückt worden. Das war der falsche Gegenstand. Ich hatte den Eindruck, Sie wollten zu gestern sprechen, deshalb haben Sie den heutigen Anlass genommen, dazu noch mal etwas zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Warum Sie nicht gestern gesprochen haben, weiß ich nicht. Aber das hätten Sie gestern tun sollen. Wenn Sie das loswerden wollten, nämlich die Frage, hier sei erneut gegen grundlegende verfassungsmäßige Prinzipien bei der Behandlung dieses Antrags verstoßen worden, dann ist das - das habe ich Ihnen dargetan - in diesem Fall völlig danebengegangen. Aber gestern war das auch nicht der Fall. Ich sage Ihnen noch einmal, Herr Abgeordneter Dr. Dewes hat es angesprochen und aus seiner Sicht dargelegt. Ich bin der festen Überzeugung, und zwar der rechtlich begründeten Überzeugung, das war gestern in der Tat die zweite Lesung, es war ein ordnungsgemäßer Änderungsantrag, der dort eingebracht worden ist, und zwar nach § 64 der Geschäftsordnung des Landtags. Und wenn ich das sage, ich bin der festen Überzeugung, dann deswegen, weil das noch einmal überprüft worden ist.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Von wem?)

Das sage ich Ihnen sofort, von wem. In der Tat ist es so, dass es bei den beiden Entwürfen zum Gesetz des Bürgerbeauftragten

(Zwischenruf Dr. Dewes, SPD: Waren es zwei Entwürfe?)

keine grundlegenden Unterschiede gegeben hat. Es hat klarere Abgrenzungen gegeben im weiteren Verfahren; es hat aber keine grundlegenden Unterschiede gegeben. Herr Fraktionsvorsitzender Gentzel, es ist vom Justizmi

nisterium geprüft worden. Ich habe das in meinem Haus noch einmal prüfen lassen, ob hier die förmlichen und materiellen Voraussetzungen vorliegen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Aber auch Justizminister können irren.)

Dazu kann ich nur sagen, das Ergebnis dieser Überprüfung war, dass es hier tatsächlich inhaltlich