Damit bin ich an dem Punkt, zu dem ich schon mehrfach in diesem Hohen Hause ausgeführt habe. Wir haben 47 Krankenhausstandorte in diesem Land. Unser grünes Interesse ist es, diese 47 Krankenhausstandorte zu erhalten, aber in zum Teil gänzlich anderer Form. Dazu gehören erst einmal strukturelle Aspekte,
wie die, dass wir die Sektorengrenzen aufbrechen, dass wir Multiprofessionalität einführen und von der Arztzentrierung wegkommen, dass wir ärztliche Leistungen übertragen, dass wir Portalkliniken einführen, dass wir ambulant-stationäre Gesundheitszentren etablieren, dass wir regionale Pflegekompetenzzentren einrichten.
Das alles sind strukturelle Wege, die wir jetzt einmal gedanklich gehen müssen und die wir dann mit allen, die mit diesen Systemen befasst sind und Verantwortung in diesem System tragen, besprechen müssen.
Deswegen fordern wir als GRÜNE auch einen Krankenhausgipfel, um das in der Verantwortung von allen in diesem Land gemeinsam auf den Weg zu bringen. Wir haben immer gesagt: Natürlich kann das letztlich dazu führen, dass wir statt eines Krankenhauses in Vollversorgung vielleicht eine 24-Stunden-Praxis mit einem Zugang zu einem Rettungshubschrauber haben. Das kann sein. Aber ich bin nicht bereit, Steuergelder - wir brauchen wirklich viele Steuergelder, damit das gut gemacht wird - jetzt in Einzelstandorte in Größenordnungen zu investieren, bevor wir uns nicht das Gesamtsystem angesehen haben.
Nichtsdestotrotz brauchen wir einen Notfallfonds. Das Harzklinikum ist angesprochen worden. In Ad-hoc-Notlagen muss man tätig werden können. Dazu bestehen Überlegungen. Wir befinden uns noch in den Haushaltsberatungen. Das ist noch nicht abschließend besprochen worden. Aber ich denke, es ist nicht verantwortlich, jetzt einzelne Standorte an dieser Stelle hochzuziehen und zu sagen, das ist die Lösung.
Ich glaube, es gibt niemanden in diesem Land, der zu diesem Zeitpunkt angesichts aller Gesetzlichkeiten, die uns aus Berlin noch ereilen werden - es wurde eine ganze Menge angekündigt -, sagen kann, an welchen Stellen es sinnvoll ist, jetzt vielleicht nicht 1 000 Millionen €, aber doch mehrere Millionen Euro einzusetzen. Das wäre auch unredlich. - Vielen Dank.
Wenn ich davon gesprochen habe, dass diese Landesregierung oder das Land Schuld auf sich geladen habe, dann meine ich das sehr wohl, und zwar im wörtlichsten Sinn. Das betrifft das, was in den letzten 15 Jahren an Investitionsförderung nicht geflossen ist. Das ist die Schuld, die wir auf uns geladen haben.
Man könnte das auch Schulden nennen. Es sind Schulden, die nicht bei uns in den Büchern stehen, sondern die gegenüber der Krankenhauslandschaft entstanden sind. Das mag Ihnen zu pathetisch klingen - meinetwegen, gut, da sind wir auseinander. Ich glaube, das ist ein ganz schwerer struktureller Fehler der Politik gewesen.
Ich möchte Ihnen noch einmal eines sagen: Ja, ich habe gesagt, auch dieser Antrag war maßgeblich motiviert durch das Schließungsvorhaben in Havelberg. Aber ich habe Ihnen auch gesagt: Was haben wir denn demnächst? - In Seehausen haben wir die AWO-Klinik. In Calbe soll - - Soll ich Ihnen sämtliche Basisversorger im Land aufzählen, die alle in eine ähnliche Situation geraten können, wenn wir als öffentliche Hand diese Struktur nicht jetzt aktiv angehen?
Entschuldigung, wir können gern noch drei Jahre lang darüber diskutieren. Dann haben wir nichts mehr, was wir hier strukturieren können. Dann war es das. Wir brauchen jetzt Lösungen und wir brauchen jetzt ein aktives Handeln des Landes.
Ich werde an dieser Stelle keine Diskussionen über Tonlagen einzelner Debattenbeiträge führen. Ich glaube, das ist letztlich auch eine Ge
schmackssache. Ich bin mir ganz sicher, dass wir in der kommenden Landtagssitzung einen Antrag vorliegen haben, in dem das nächste Klinikum, ob Seehausen, Calbe, Bitterfeld etc. ist, von einem anderen Abgeordneten Ihrer Fraktion hochgezogen wird. Das können wir gern machen.
Wir werden im April eine Veranstaltung zu regionaler Krankenhausversorgung durchführen. Wir werden auch in diesem Haus eine Debatte dazu führen. Wir als grüne Fraktion werden hierbei in Vorleistung gehen, um genau das zu tun was, ich hier versprochen habe, sich nämlich alle 47 Krankenhausstandorte anzusehen, mit allen aus dem System zu reden, jetzt schon damit zu beginnen und es für die nächste Legislaturperiode vorbereiten. Dies erfolgt in Kombination mit Ad-hoc-Hilfen, wie sie beim Harzklinikum derzeit greifen.
Ich danke Frau Lüddemann für den Redebeitrag. - Für die SPD hat jetzt Frau Dr. Späthe das Wort. Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.
Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir diskutieren heute nach mehreren Debatten in den letzten Landtagssitzungen wiederholt über die Krankenhauslandschaft in unserem Land. Ich habe das Gefühl, dass es immer noch nicht jedem hier im Hohen Haus bewusst ist, wie Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung überhaupt funktionieren und wer welche Verantwortung hat. Ich komme deshalb zu den Grundlagen, weil das auch das ergänzt, was Kollegin Lüddemann vorgetragen hat.
Im Frühjahr vergangenen Jahres haben das Kabinett - das heißt, alle Minister - und die Fraktionsvorsitzenden der Koalition das Krankenhausgesetz verabschiedet. Das Gesetz orientiert bereits jetzt auf Kooperation von Krankenhäusern, auf Spezialisierung von Krankenhäusern und vor allen Dingen auf verbindliche Qualitätsstandards.
Dem Krankenhausplan, der unter Beteiligung des Krankenhausplanungsausschusses erarbeitet wurde, wurde im November 2019 zugestimmt, und zwar im Vorfeld durch das Ministerium für Wirtschaft, die Krankenhausgesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt, die Ärztekammer SachsenAnhalt, die Kassenärztliche Vereinigung SachsenAnhalt und das Ministerium und danach durch das Kabinett in Gänze unter Beteiligung aller Minister.
Krankenhaus im Lande Basis- oder Schwerpunktversorger ist und welche Abteilungen vorzuhalten sind. Dem Krankenhausplan liegen gemeinsam erarbeitete Rahmenvorgaben zugrunde, 80 Seiten, sehr detailliert mit demografischen und regionalen Aspekten, Planungszielen in der Versorgung. Das ist das, was Sie hier fordern.
Das Land durch den Antrag aufzufordern, das zu tun, was es bereits tut oder getan hat, nämlich eine bedarfsgerechte, flächendeckende und umfassende Versorgung durch Spezialisierung und Schwerpunktsetzung aufzuzeigen, ist schon irgendwie paradox. Krankenhausgesetz, Rahmenplan und Krankenhausplan machen nämlich genau das. Weitere Voraussetzungen und Grundbedingungen der Umsetzung dessen, wie zum Beispiel das Aufbrechen zur sektorenübergreifenden Versorgung, arztentlastende Maßnahmen etc., hat Kollegin Lüddemann in ihrem Vortrag eben aufgeführt.
Aber - das wissen wir auch alle - für die Umsetzung dessen müssen der Investitionsstau in den Krankenhäusern abgebaut und Finanzen bereitgestellt werden. Dazu ist die Haltung unserer Fraktion bekannt. Wir wollen ein Kreditprogramm, das es ermöglicht, unter den Rahmenbedingungen des derzeitigen Haushalts auf der Grundlage des gemeinsam beschlossenen Krankenhausplans die Strukturen wie eben beschrieben weiterzuentwickeln.
Den Rest werden wir im Ausschuss beraten. Hier ist die Diskussion umfänglich naturgemäß nicht möglich. Deshalb bitte ich Sie um Überweisung des Antrags in den Ausschuss und ich werde keine Fragen beantworten.
Herr Harms, Frau Dr. Späte hat gesagt, sie wird keine Fragen beantworten. Hat sich damit Ihre Fragestellung erledigt? Sie können eine Intervention machen.
Herr Präsident, dann möchte ich zum ersten Mal in meinem Leben die Möglichkeit der Zwischenintervention nutzen und, bevor ich aus dem Landtag ausscheide, hoffentlich auch zum letzten Mal. Ich fand die Initiative von Frau Lüddemann verständlich und hätte sehr gern gefragt, ob unsere Kollegin aus der SPD der gleichen Meinung ist und sich wünschen würde, da sie die Krankenhausplanung so gelobt hat, dass diese unverzüglich weiterentwickelt wird, um den wachsenden Bedürfnissen gerecht zu werden. - Danke.
Dann danke ich Herrn Harms für die Anmerkung. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr Gallert noch einmal das Wort. Herr Gallert, Sie haben das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann will ich noch auf einige Dinge reagieren, auf alle geht wahrscheinlich nicht. Erstens. Havelberg ist das Beispiel, aber Havelberg ist auch die Blaupause. Wir brauchen neben einer mittelfristigen Strategie für die Entwicklung unserer Krankenhauslandschaft eine sofortige Intervention.
Jetzt machen wir uns alle einmal nichts vor. In der letzten Landtagssitzung hat Frau Ministerin erzählt, wie eine sofortige Intervention im Harzkreisklinikum ablief. Da störte sich offensichtlich niemand daran, dass jetzt einmal, sozusagen aus der Tasche, ein Krankenhaus in einem Landkreis gerettet wurde, und es war völlig richtig, dass das so passiert ist.
Die Schwierigkeit ist nur, wenn es um solch einen kleineren Standort im ländlichen Bereich geht, einen sehr viel kleineren Standort, dann ist es eine Ausnahme, über die man gern einmal woanders reden kann. Das geht nicht. Auch diese kleinen Standorte im ländlichen Bereich gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge.
Entschuldigung, wir haben hier eine Verfassungsänderung. Da wird ausdrücklich auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in SachsenAnhalt verwiesen. Die wollen wir morgen verabschieden und sagen dann, ach, Havelberg, darüber können wir später reden. Nein, jetzt müssen wir es retten. Ansonsten ist es weg.
Wir brauchen für diese Rettung Geld für Investitionen und Überbrückung. Nur dann kann der Landkreis wirklich tätig werden. Das ist das, wo wir Hand in Hand arbeiten.
Wir sind für diese Geschichte nicht verantwortlich; wir haben doch einen Krankenhausplan verabschiedet. - Ja, in dem Krankenhausplan steht das Krankenhaus mit 37 Betten, und jetzt gibt es einen privaten Betreiber, der sagt, nein, mache ich nicht, brauche ich nicht mehr. Ja, was machen wir denn dann? Sagen wir: Aber es steht im Krankenhausplan? Davon bleibt es nicht offen. Nein, wir müssen jetzt zusammen mit dem Landkreis organisieren, dass wir es offenlassen können.
Ich weiß nicht, welcher der nächste Standort ist, aber wir dürfen doch nicht jedes Mal so in die Falle tappen und sagen, oh je, jetzt ist es zu spät.
Nein. Jetzt müssen wir ganz schnell eine Strategie entwickeln, und zwar mit Geld vom Land für Investitionen und für Überbrückung und Liquidität, um die Dinge, die jetzt ins Rutschen kommen, aufrechtzuerhalten.
Parallel müssen wir - und das passiert vor Ort - auch über die Dinge nachdenken. Aber jetzt sage ich hier auch noch etwas, und da bin ich Ihnen, Herr Krull, sogar sehr dankbar: Sie haben ein Problem angesprochen, das mich unwahrscheinlich nervt. Es gibt x Gespräche zu diesem konkreten Fall und zu vielen anderen. Jedes Mal wird strengste Vertraulichkeit vereinbart. Die Leute, die dafür kämpfen, die eigene Konzepte entwickeln, die Ärzte aus Berlin heranorganisieren, um diesen Krankenhausstandort zu erhalten, bekommen dann immer gesagt: Wir reden, aber es ist vertraulich. Die Leute haben ein Recht darauf, zu wissen, wie es steht.
Die haben ein Recht darauf, zu wissen, wie das vorwärts gehen kann, und zwar die Bürgerinnen und Bürger dort und die Belegschaft. Es ist ein Grundfehler von Politik, dass wir leider immer in diese Situation hineinkommen, da können wir etwas überlegen, aber nur niemandem etwas verraten. Das nervt mich ungeheuer. Diejenigen, die jetzt um diesen Krankenhausstandort kämpfen, sind unsere besten Verbündeten, und diese Verbündeten haben ein Recht darauf, von uns informiert zu werden und mit uns gemeinsam für diesen Krankenhausstandort zu kämpfen - für Havelberg heute, für den nächsten wahrscheinlich im nächsten Monat. - Danke.