Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Der Antrag, den wir heute als Koalition hier vorlegen, hat eine etwas längere Vorgeschichte, eine zehnjährige, um genau zu sein.
Im Jahr 2006 wurde die Föderalismusreform I beschlossen, die Bund-Länder-Beziehungen wurden neu geordnet, der Bund und die Länder einigten sich auf eine Entflechtung ihrer Kompetenzen. Im Rahmen dieser Entflechtung wurden zum einen die bisherigen Gemeinschaftsaufgaben Hochschulbau und Bildungsplanung auf die Länder übertragen, zum anderen wurden gemeinsame Finanzierungen abgeschafft, an denen sich Bund und Länder mit einem festgelegten Anteil bis dato beteiligt hatten. Das waren vor allem die Wohnraumförderung und Teile der Gemeindeverkehrsfinanzierung.
Ziel der Neuregelung war es, klare Kompetenzen zwischen den verschiedenen Ebenen unseres Gemeinwesens zu schaffen, auch um Entscheidungswege zu verkürzen und am Ende zu vereinfachen. Klammer auf: Dass man das Ziel damit nicht erreicht hat, darüber sind wir uns in diesem Hohen Hause einig. Die Zeit ist auch ein Stück weitergegangen. Wir diskutieren, was die Frage Verteilung betrifft, bei dem einen oder anderen Thema in eine andere Richtung. Ich sage dazu nur: Kooperationsverbot im Wissenschaftsbereich. Darauf komme ich noch einmal zurück. - Klammer zu.
Schon 2006 war klar, weil die schönsten Kompetenzen nichts nützen, wenn sie finanziell nicht untersetzt sind, dass der fehlende Bundesanteil aus den Gemeinschaftsaufgaben durch die Länder eben nicht ohne finanzielle Kompensation zu erbringen war. Deshalb trat am 1. Januar 2007 das sogenannte Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen in Kraft, vulgo: Entflechtungsgesetz.
Das Gesetz wurde letztmalig im Jahr 2015 novelliert. Die finanziellen Mittel für die Wohnraumförderung wurden von 518 Millionen € auf 1,018 Milliarden € aufgestockt. Das war damals im Jahr 2015 ein Sondereffekt für die Bereitstellung von Wohnraum für Migrantinnen und Migranten und auch für sozial Schwache. In Sachsen-Anhalt wurde das vor allem genutzt, um ungenutzten Wohnraum wiederherzustellen.
Insgesamt reden wir für unser Bundesland bei den Entflechtungsmitteln heute über eine Gesamtsumme von jährlich ca. 135 Millionen €. Davon entfallen ca. 36 Millionen € auf den Aus- und Neubau von Hochschulen einschließlich der Univer
sitätsklinika. Circa 51 Millionen € entfallen auf Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Gemeinden, 47 Millionen € auf die Wohnraumförderung und über 400 000 € auf die Bildungsplanung.
Bei einem Landeshaushalt, den wir in den nächsten Wochen bekommen werden - der Presse ist zu entnehmen: jeweils 11,8 Milliarden € in den nächsten beiden Jahren -, gehen wir von ungefähr 1,14 % des Haushaltsvolumens aus. Das klingt wenig, ist am Ende jedoch relativ viel. Allein diese Zahlen verdeutlichen die Bedeutung der Entflechtungsmittel für unsere Einnahmeseite. Sicher haben wir diese Mittel bis Ende 2019, dann läuft das Entflechtungsgesetz aus.
Sie werden jetzt die nicht völlig unberechtigte Frage stellen: Warum dann dieser Antrag? - Das Geld ist bis 2019 sicher, den Landeshaushalt liegt die Regierung in den nächsten Tagen und Wochen vor, ist doch alles klar, warum also?
Erstens. Stichwort Zweckbindung. Die Zweckbindung bezieht sich seit dem Jahr 2013 nicht mehr auf die ursprüngliche Aufteilung der Zweckbindung, so wie man sie 2006 in das Entflechtungsgesetz geschrieben hat. Seit 2013 ist nur noch festgelegt, dass die Entflechtungsmittel investiv verwendet werden müssen, nicht aber, in welchen Bereichen.
Bereits im Jahr 2013 haben wir uns in diesem Haus, übrigens mit den Stimmen der Opposition, darauf verständigt, das Geld auch weiterhin entsprechend der Zweckbestimmung einzusetzen. Der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum, an Wohnraum für Bedürftige zu bezahlbaren Mieten, an Investitionen im kommunalen Straßenbau, an der Unterstützung des ÖPNV und dem Ausbau der Hochschulen ist nach wie vor hoch. Das sind wesentliche Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und sie bedürfen auch zukünftig der Unterstützung.
Zweitens. Unabhängig von der Haushaltsaufstellung wollen wir ein Signal der Kontinuität und Planbarkeit setzen. Das ist übrigens ausdrücklich kein Misstrauen gegenüber der Regierung und auch gar kein Zweifel daran, dass wir genau das, was wir damals vereinbart haben, im Haushalt wiederfinden. Das ist eine Unterstützung. Ich bin mir sicher, dass die Landesregierung ihre vorbehaltlose Zustimmung zu diesem Antrag gleich zu Protokoll geben wird.
Drittens. Der Planungshorizont. Ja, die Transferleistungen des Bundes sind sicher bis zum 31. Dezember 2019. Aber mit dem Auslaufen des Gesetzes laufen die Aufgaben nicht aus. Im Gegenteil. Die Bereiche, die ich eben aufgezählt
Weil wir als schwarz-rot-grüne Koalition angetreten sind, eine vorausschauende Politik für dieses Land zu machen, ergreifen wir heute schon die Initiative und ermutigen die Landesregierung zu Bemühungen, eine auskömmliche Finanzierung durch den Bund auch ab 2020 sicherzustellen. Um es ganz klar zu sagen: Wir fordern eine Beteiligung des Bundes auch nach dem Jahr 2019, wie auch immer die aussehen mag.
- Geht doch! - Nun werden Verfassungspuristen - der Bund wird übrigens auch so argumentieren - sagen: Das passt aber nicht so ganz zum Geist dieser Föderalismusreform I. Sie werden sagen: Lasst den Ländern, was der Länder ist, und lasst dem Bund, was des Bundes ist. Dazu sage ich: Die Zeit ist auch hierbei nicht stehen geblieben.
Wir haben zwischenzeitlich den Wegfall des Kooperationsverbotes im Wissenschaftsbereich. Wir haben zwischenzeitlich de facto die Anerkenntnis des Bundes, auch für die Finanzierung der Kommunen zuständig zu sein. Ich erinnere nur an die 5 Milliarden € Kommunalentlastung, die die große Koalition in Berlin in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht hat. Nach all dem, würde ich sagen, auch bei dem Kooperationsverbot, hat der Bund nicht nur das Recht, sich zu beteiligen, sondern die Pflicht.
Das sind alles Argumente, die wir ins Feld führen könnten und sollten. Die Landesregierung wird sie sicherlich mitnehmen. Ich denke, wir sollten selbstbewusst sein; denn das, was wir haben, bedeutet nicht, goldene Wasserhähne in die Gebäude zu setzen, sondern die basale Form der öffentlichen Daseinsvorsorge zu finanzieren.
Zum Alternativantrag der LINKEN sage ich nachher noch etwas. Ich würde ihn mir erst gern anhören. Ich habe ihn eben kurz gelesen. Er erschließt sich mir nur bedingt. Aber auch dazu gleich ein paar Worte. Ich bitte erst einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. Sagen Sie einfach ja zur Daseinsvorsorge. - Vielen Dank.
gesetzes stellt der Bund den Ländern für die Jahre 2007 bis 2019 Kompensationsmittel für die beendeten Gemeinschaftsaufgaben Hochschulbau, Bildungsplanung, Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und Wohnraumförderung zur Verfügung.
Die Höhe der vom Bund bereitgestellten Mittel wurde im Entflechtungsgesetz bis einschließlich 2013 zweckgebunden festgeschrieben. Herr Kollege Grube, seit 2014 gilt keine aufgabenspezifische Zweckbindung mehr, sondern die Kompensationsmittel unterliegen ausschließlich einer rein investiven Zweckbindung.
Aber die Intention des Landtages ist trotzdem richtig. Daher will der Landtag die geltenden Verteilmaßstäbe planbar festschreiben. So verstehe ich auch den Antragsentwurf der Koalitionsfraktionen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat sehen der Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2017 und 2018, der dem Kabinett vorzulegen ist, sowie auch die mittelfristige Finanzplanung größtenteils vor, die Entflechtungsmittel weiterhin entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbindung einzusetzen.
So ist die Veranschlagung der Entflechtungsmittel für den Hochschulbau, wie auch bisher im Einzelplan 20, in Höhe von rund 30 Millionen € und im Einzelplan 06 in Höhe von 6 Millionen € für Investitionen in Großgeräte der Hochschulen und Universitätskliniken geplant.
Für die Bildungsplanung stehen Sachsen-Anhalt 436 000 € Kompensationszahlungen des Bundes zur Verfügung. Diese wurden, wie auch bereits in der Vergangenheit, in Höhe von 218 000 € im Einzelplan 07 für Investitionen in Landesschulen und im Einzelplan 06 für Investitionen im Bereich Wissenschaft und Forschung angemeldet.
Im Einzelplan 14 des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr stehen für die Jahre 2017 bis einschließlich 2019 jährlich etwa 51 Millionen € Entflechtungsmittel aufgrund der Abschaffung der Finanzhilfen für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden zur Verfügung. Außerdem zahlt der Bund dem Land Sachsen-Anhalt für die Jahre 2016 bis 2019 jährlich rund 47 Millionen € an Kompensationsmitteln aufgrund der Abschaffung der Finanzhilfen zur sozialen Wohnraumförderung. Diese Mittel haben sich damit verdoppelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesen zusammengenommen jährlich rund 100 Millionen € Entflechtungsmitteln des Bundes im Einzelplan 14 ist für die Jahre 2017 und 2018 geplant, den Großteil entsprechend den ursprünglichen Festlegungen einzusetzen. Lediglich etwa 16 Millionen € der Entflechtungsmittel für das
Jahr 2017 bzw. 14 Millionen € für das Jahr 2018 sind für Investitionen in Landesstraßen vorgesehen. Der größte Anteil kommt damit weiterhin den Kommunen zugute.
In diesem Zusammenhang weise ich auf die vom Bund für die Jahre 2017 und 2018 zusätzlich in Aussicht gestellten Kompensationsmittel für den Wohnungsbau in Höhe von bundesweit 500 Millionen € pro Jahr hin. Über die genaue Verteilung dieser Bundesmittel wird derzeit noch diskutiert. Auch diese zusätzlichen Mittel kommen der Verbesserung der Wohn- und damit der Lebensverhältnisse in den Städten und Gemeinden des Landes zugute.
Die vorgesehene Verteilung ist aus den genannten Gründen zielorientiert und zukunftsfördernd. In jedem Jahr fließen bundesweit mehr als 2 Milliarden € für die soeben genannten Bereiche in die Bundesländer. Über deren Verteilung kann man sicherlich trefflich streiten; denn es gilt, sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene mit dem erheblichen Investitionsstau, der alle Bundesländer betrifft, vernünftig umzugehen und obendrein ein weiter wachsendes Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Dies werden wir mit dem in Arbeit befindlichen Haushaltsplan des Landes für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 auch in diesem Punkt in konstruktiver Weise tun.
Für die Zeit nach dem Jahr 2019 wird sich die Landesregierung im Rahmen der Gespräche über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen selbstverständlich auch weiterhin dafür einsetzen, dass auch nach dem Jahr 2019 ein angemessener finanzieller Ausgleich durch den Bund erfolgt. Das hat mein Vorredner schon zum Ausdruck gebracht. Wir werden dafür gemeinsam streiten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion eintreten, habe ich noch eine ehrenvolle Aufgabe. Es ist eine langjährige Tradition, dass wir die Landessieger des diesjährigen Wettbewerbs „Jugend forscht“ bei uns im Hause begrüßen dürfen. Ich möchte an dieser Tradition natürlich gern festhalten. Wir werden uns nachher zur Auszeichnung noch persönlich sehen. Seien Sie herzlich willkommen bei uns im Hohen Hause!
Wir steigen nunmehr in die Fünfminutendebatte ein. Es beginnt die AfD-Fraktion mit dem Abg. Herrn Farle. Sie haben das Wort, Herr Farle.
Danke. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden den Antrag, den die Regierungsfraktionen hier gestellt haben, unterstützen; denn dieser Antrag enthält in seiner Kürze das Wesentliche, was zu dem Thema zu sagen ist.
Die Überschrift ist: „Finanzielle Mittel nach dem Entflechtungsgesetz zweckgebunden einsetzen“. Wir hätten natürlich gern wesentlich mehr Mittel vom Bund. Das ist ganz klar.
Das Anliegen der Landesregierung, jetzt Verhandlungen zu führen, damit es mit diesen Mitteln auch nach dem Jahr 2019 weiterläuft, ist eine sehr sinnvolle Überlegung. Man müsste auch versuchen, diese Finanzmittel weiter zu erhöhen. Das ist aber eine Frage, was durchsetzbar ist und was nicht.