Ich möchte noch eine persönliche Bemerkung machen. Ich denke, in den beiden Ausschüssen für Bildung und Kultur und für Finanzen sollten wir uns noch einmal damit beschäftigen, durch welche Konstellationen im Land Sachsen-Anhalt diese für manche relativ unerträgliche Unterrichtsversorgung überhaupt entstanden ist. Das führt im
Augenblick dazu, dass mein Blutdruck etwas in die Höhe geht. Diese Situation ist nicht vom Himmel gefallen.
Vielen Dank, Frau Gorr. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Lippmann noch einmal das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einigen der Redebeiträge sehe ich immer noch, dass Probleme insgesamt, aber auch in unseren Antrag hinein erfunden werden, die entweder so nicht enthalten sind, die man anders nachlesen kann oder zu denen ich auch bereits anders ausgeführt habe. Ich nutze aber meine Zeit gern, um das eine oder andere zu wiederholen; denn die Wiederholung ist ein gutes und bewährtes pädagogisches Prinzip.
Ich habe mehrfach deutlich gemacht, dass es völliger Quatsch ist und dass es überhaupt nicht darum geht, ein Riesenkontingent an Sprachlehrkräften für diese Aufgabe dauerhaft an unseren Schulen zu installieren. Davon ist an keiner Stelle die Rede.
Wichtig ist, dass wir - darauf ist hingewiesen worden - bei Migration und Sprachförderunterricht nicht nur über Flüchtlinge reden, sondern auch über die ganze EU-Migration. Das heißt, dieser Bedarf ist zwar erheblich schwankend - ich wäre der Letzte, der voraussagen würde, ob die Zahl steigen oder sinken wird -, aber er wird auf jeden Fall nicht auf null absinken. Wenn wir diese Kinder in den Schulen haben, und zwar derzeit ca. 6 000 Kinder, und es irgendwann nur noch 1 000 oder 3 000 schulpflichtige Kinder sein sollten - niemand hier in diesem Raum kennt die Zahlen -, dann muss diese Sprachförderung erfolgen, und zwar durch Leute, die in den Schulen sind.
Es wird dann umso leichter und das Ergebnis für die Kinder wird umso besser, je mehr Leute Sprachförderung beherrschen. Wenn man jetzt Lehrkräfte durch eine ganz besondere Aktion in einer besonderen Situation gewonnen hat, die mehrfach zu Recht gelobt wurde, auch von mir, dann schickt man doch die Leute, die man gewonnen hat, egal über welchen Weg sie zu uns gekommen sind, nicht weg. Vielmehr sorgt man
dafür, dass sie flexibel im Schulsystem einsetzbar sind. Flexibel heißt, dass sie natürlich auch Fachunterricht geben müssen.
Ich sage an dieser Stelle auch, so wichtig es auch ist, Leuten eine Chance zu geben, beschäftigt zu sein - - Natürlich gibt es viele, die sich in diese Aufgabe gestürzt haben, die auch persönliche Aufwendungen betreiben, die willens, froh und enthusiastisch sind, diese Sprachförderung weitermachen zu können. Aber auch das ist nicht der Schwerpunkt. Der Schwerpunkt ist, dass der Bedarf vorhanden ist. Das ist doch der entscheidende Punkt, und zwar der perspektivische Bedarf.
Ich weiß nicht, ob es jetzt im Haus noch jemanden gibt, und wenn ja, wie lange, der bestreiten will, dass der Zeitpunkt, an dem wir definitiv mehr Stellen ausschreiben werden, als wir überhaupt irgendwie besetzen können, gekommen ist und er nicht irgendwo in der Zukunft liegt.
Wir schicken jetzt Leute weg, die die gleichen Qualifikationen haben, die wir in den Ausschreibungen nennen werden, die wir händeringend suchen werden. Wir werden dann hier stehen - darauf können wir uns jetzt schon freuen - und den Offenbarungseid leisten, dass wir alles ausgeschrieben haben, aber die Leute nicht bekommen. Genau die gleichen Leute schicken wir jetzt weg. Wie will man das denn draußen erklären?
Wir sind alle ausreichend erfahren. Wir müssen uns das nicht erzählen. Natürlich ist das eine Situation, in der der Bildungsminister dieses Vorhaben nicht allein umsetzen kann. Das habe ich auch nicht gesagt, sondern ich habe immer die Landesregierung angesprochen. Wir haben ein Kabinett. Das Kabinett hat die Möglichkeit, in dieser Situation zu handeln.
Schuljahre laufen eben nicht wie Haushaltsjahre, weshalb man jetzt einen Haushaltsvorgriff vornehmen muss, und zwar nicht nur für die Sprachlehrer, sondern auch für die nächste Ausschreibung, die eigentlich spätestens im November laufen muss. Es müssen mindestens 150 Lehrerstellen ausgeschrieben werden, um sie im Januar oder im Februar einstellen zu können. Damit wir uns in diesem Schuljahr irgendwann einmal den 100 % nähern, müssen wir Haushaltsvorgriffe nehmen. Dafür haben wir ein Kabinett und dafür brauchen wir ein Kabinett, und das haben wir beantragt und nichts anderes.
Es gibt eine Frage. Möchten Sie sie beantworten? Der Abg. Herr Tullner möchte Ihnen eine Frage stellen. - Bitte, Herr Tullner
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Um die Gepflogenheiten einzuhalten, beginne ich mit der Einleitung: Sind Sie mit mir einer Meinung, dass … - Was ich dann fragen möchte, bezieht sich auf den folgenden Punkt: Wenn wir uns darin einig sind, dass wir eine möglichst gute Unterrichtsversorgung in diesem Lande sicherstellen wollen - das wollen wir, glaube ich, alle, wenn ich die Debattenbeiträge richtig nachvollzogen habe -, dann ist es doch sinnvoller, das Thema Unterrichtsversorgung über die Lehrereinstellung laufen zu lassen als unter dem Label Sprachförderung. Darin sind wir uns sicherlich einig. Das würde zumindest einen Beitrag zur Transparenz leisten.
Wenn wir uns darin einig sind, dann hätte ich eine zweite Anmerkung: Die Logik, dass Sie sagen, es sind Leute im System und diese könnten weiterbeschäftigt werden, hat einen gewissen Charme. Aber angesichts der Tatsache, dass wir bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt über den Verstoß gegen das Haushaltsrecht und ähnliche Dinge gesprochen haben, finde ich es gelinde gesagt ein bisschen mutig, wenn mir Kollegen nahelegen, ich soll eben mal was machen mit gesundem Menschenverstand oder was auch immer.
Es gibt ein Haushaltsrecht und es gibt ein Arbeitsrecht. Wir wissen alle, wenn ich einen befristeten Vertrag habe, muss ich an einem Tag zur Agentur für Arbeit gehen und mich dort melden, so bitter das ist. Das sollten wir den Leuten auch sagen. Wir sollten ihnen keine Hoffnung machen auf einer Grundlage, die wir nicht haben.
Deswegen lassen Sie uns einfach dafür kämpfen, dass ich möglichst viele Lehrer einstellen kann - darauf kann sich jeder von den Kollegen, der qualifiziert ist, bewerben -, und lassen Sie diese Schaudebatten, nur um formale Punkte zu sammeln. Darauf haben die Leute draußen keinen Bock.
von Frau Gorr ein Stück weit an -, dass ich Sie jetzt nicht für Dinge ins Feuer schicken kann, die nicht heute entstanden sind. Trotzdem müssen sie jetzt geklärt werden. Unser Hauptproblem ist nicht das, was Sie sagen, sondern unser Hauptproblem ist der Zeitablauf.
Wenn wir jetzt mitten in einem Doppelhaushalt wären und Sie für das Jahr 2017 schon Klarheit hätten und allein handeln könnten, weil Haushaltsklarheit vorhanden ist, dann könnten Sie 150 Stellen nach den Oktoberferien ausschreiben, um sie möglichst zum 1. Januar einzustellen. Das gab es alles schon im Rahmen von Doppelhaushalten.
Wir könnten vernünftig unter dem Aspekt hinschauen: Wer will weiterarbeiten, wer kann weiterarbeiten, und die Leute übernehmen wir und schicken sie nicht einfach weg. Es ist das Problem, dass wir sie erst wegschicken. Ich sage Ihnen, dass die Kleinen Anfragen dazu bereits geschrieben sind: Wie viele davon haben Sie wiederbekommen, wie viele Stellen haben Sie nicht besetzt usw.
Das ist doch der Quatsch, den wir hier nicht veranstalten können. Das ist das, was wir den Menschen draußen nicht erklären können: dass wir dieses Zeitproblem nicht in den Griff bekommen.
Es ist doch völlig klar - das glaube ich jedenfalls nach wie vor noch, solange ich nicht Schlimmeres sehe -, dass Sie im nächsten Jahr jedenfalls viel mehr Einstellungsoptionen haben werden als diese jetzt. Diesen Vorgriff zu organisieren, der Ihnen dann angerechnet wird, muss man woanders ausfechten. Aber die Lehrkräfte jetzt gehen zu lassen, die wir von ihren Kompetenzen her brauchen, nur weil wir zeitlich nicht in der Lage sind, das zu organisieren, das können Sie und das können wir den Menschen draußen nicht erklären.
Vielen Dank, Herr Lippmann. - Bevor wir in das Abstimmungsverfahren eintreten - - Entschuldigung. Herr Gallert hat noch eine Anfrage. Bitte.
Ich mache es jetzt auch so: Herr Lippmann, sind Sie mit mir einer Meinung, dass der Kollege Bildungsminister, wenn er Angst davor hat, das Haushaltsrecht zu verletzen, und er wirklich die freien Stellen in seinem Haushalt nicht finden sollte, was wir alle bezweifeln können, die Chance hätte, für die nächste Landtagssitzung einen Nachtragshaushalt mit dem entsprechenden Stellenplan vorzulegen und wir ihn im November beschließen könnten?
Vielen Dank. - Sie brauchen darauf nicht antworten, aber das lag noch im Rahmen der Redezeit. Sie haben Ihre Redezeit noch nicht ausgeschöpft.
Ich würde dem nicht widersprechen. Wir müssen für jede pragmatische Lösung offen sein. Ich will diese auch gar nicht intendieren.
Ich habe ja Ausführungen zur Unterrichtsversorgung gemacht. Man kann es mir glauben oder nicht, aber ich habe versucht, Ihnen eine Basis dafür zu legen, dass es viel zu viele Schulen gibt, die in der jetzigen Situation „Land unter“ haben. Denen müssen wir helfen. Wir können dabei nicht vor irgendetwas anderem wegducken. Welcher Weg zum Ergebnis führt - dass uns das einigermaßen egal ist, wenn das Ergebnis stimmt, muss ich hier nicht betonen.
Vielen Dank, Herr Lippmann. - Bevor wir jetzt in das Abstimmungsverfahren eintreten, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren der Akademie Überlingen bei uns im Haus begrüßen zu dürfen und weiterhin Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Wernigerode. Seien Sie herzlich willkommen bei uns im Hohen Hause!
Wir kommen nunmehr zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/374. Es liegt mir der Antrag auf Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen vor. - Ich sehe keine weiteren Vorschläge. Dann lasse ich hierüber abstimmen.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen und wenigen Neinstimmen ist dieser Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 erledigt.