Protocol of the Session on November 21, 2019

Jetzt hat Herr Lieschke das Wort.

Ich habe zwei Fragen. Ich habe vorhin bereits erwähnt, dass der Abfallwirtschaftsplan im Moment mindestens alle sechs Jahre, sagen wir einmal, fortgeschrieben wird.

(Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert: Alle fünf!)

- Okay, fünf. - Wenn Sie der Meinung sind, dass der jetzige Abfallwirtschaftsplan nicht für rechtsverbindlich erklärt werden kann, können Sie sich dann vorstellen, bereits jetzt alle Grundlagen dafür zu schaffen, um für den nächsten Abfallwirtschaftsplan, der vielleicht nicht erst in fünf Jahren, sondern schon früher erarbeitet wird, eine Rechtverbindlichkeit herstellen zu können? Denn wir haben, wie gesagt, festgestellt, dass die Kapazitäten, die jetzt tatsächlich eingelagert worden sind, schon viel geringer waren, sodass der Zeitraum der Fortschreibung, wie er ursprünglich geplant war, ohnehin nicht passt. - Das war die erste Frage.

Die zweite Frage betrifft die Hürde. Warum funktioniert diese Hürde nicht, wenn sie beim Landkreis angesiedelt ist? Wieso funktioniert das nicht? Wieso können die Deponien trotzdem weiter errichtet werden, obwohl die Landkreise eigentlich der Meinung sind, es ist nicht nötig, eine Deponie zu errichten? Vielleicht können Sie das noch kurz erklären. - Danke schön.

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Wenn ich eine Erklärung dafür hätte, warum das nicht funktioniert und die Landkreise, obwohl es diese hohe Hürde gibt, Deponien genehmigen, dann müsste ich mich nicht mit dem Gedanken befassen, den Abfallwirtschaftsplan für verbindlich zu erklären. Das bedingt sich irgendwie gegenseitig. Wir dachten eigentlich, es müsste funktionieren, und haben auch darauf vertraut. Deswegen gab es im Jahr 2017 einen Erlass vom Landesverwaltungsamt. Aber wir müssen feststellen, dass es so nicht funktioniert.

Zu der ersten Frage kann ich Ihnen berichten, dass wir mit den Kammern ohnehin vereinbart haben, die Zahlen im Jahr 2020 - das ist bald - noch einmal zu überprüfen. Wenn man dabei Abweichungen feststellt, dann wäre das sowieso der Startpunkt für einen neuen Abfallwirtschaftsplan. Ich glaube allerdings, dass man keine Abweichungen feststellen wird.

Aber anyway: Wenn wir uns darauf einigen und sagen, es ist ein guter Weg, den Abfallwirtschaftsplan für verbindlich zu erklären, dann hindert uns niemand daran, den Prozess einzuleiten und einen neuen Abfallwirtschaftsplan zu erarbeiten. Das sind also keine verbindlichen Termine. Wir haben immer gesagt - Stichwort Mantelverordnung usw. -: Wenn sich irgendwelche Randbedingungen ändern, zum Beispiel durch Bundesrecht, dann können wir jederzeit einen neuen Abfallwirtschaftsplan erarbeiten.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Ministerin Dalbert für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Schumann. Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Zahlreiche Bürgerinitiativen im Land formieren sich gegen die Errichtung neuer Deponien. Stellvertretend möchte jene in Roitzsch und Jüdenberg nennen. Dass die Errichtung neuer Deponien sehr kritisch gesehen wird, ist nach den Abfallskandalen im Land wenig verwunderlich.

Meine Fraktion steht mit den Bürgerinitiativen in Kontakt. Das haben wir von unserem Fraktionsvorsitzenden gehört. Ich kann meine Rede stark verkürzen, weil Herr Borgwardt eigentlich alles Wesentliche gesagt hat. Das muss ich jetzt nicht wiederholen.

(Zuruf von der AfD)

- Ja. Das mache ich nämlich nicht wie Sie. Etwas wird nämlich nicht wahrer, wenn ich es drei- oder fünfmal sage.

Die CDU-Fraktion und die gesamte Wirtschaft haben den Abfallwirtschaftsplan des Landes kritisiert. Das haben Sie auch schon festgestellt. Die Landesregierung stellt darin nämlich fest, dass die Deponiekapazitäten in Sachsen-Anhalt für die nächsten Jahrzehnte ausreichen. Sprich, es gibt keinen Bedarf an neuen Deponien. Ich spreche hierbei wohlgemerkt über die Deponieklassen 0 und I. Dass die Kapazitäten nicht ausreichen, haben zahlreiche Berechnungen des Abfallwirtschaftsverbandes und der Bauverbände gezeigt.

Meine Damen und Herren! Profen ist nicht am Netz. Auch wenn Profen am Netz wäre, wäre die Deponie schneller gefüllt, als es uns lieb wäre. Außerdem: Was macht es für einen Sinn, wenn wir den DK-I- und den DK-0-Abfall durch das ganze Land kutschieren, um ihn zu einer großen Deponie zu bringen? - Ich halte das auch für klimaschädlich. Das muss man auch einmal sagen.

Meine Fraktion ist auf jeden Fall froh, dass der aus unserer Sicht falsche Abfallwirtschaftsplan in der aktuellen Fassung nicht rechtsverbindlich ist. Sonst würden wir noch schneller auf einen Entsorgungsnotstand, zum Beispiel bei mineralischen Stoffen, zusteuern. Denn die Genehmigung einer Deponie dauert in Deutschland im Durchschnitt acht Jahre. Demzufolge müssen wir in den kommenden Jahren aktiv entgegensteuern. Ich meine dies in ökologischer Hinsicht; denn dezentrale Deponiekapazitäten vermeiden klimaschädliche

Transporte. Ich meine es aber auch in ökonomischer Hinsicht; denn lange Transportwege verteuern Bauleistungen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das gilt für alle, für den privaten wie auch den öffentlichen Sektor. Wenn man die Begründung des AfD-Antrags liest, hat man den Eindruck, hierzulande würden Deponien wie Pilze aus dem Boden schießen. Das ist nicht so.

(Lydia Funke, AfD: Ist es ja auch! - Volker Olenicak, AfD: So ist es ja nun mal!)

- Das ist mir neu. - Unabhängig vom Abfallwirtschaftsplan des Landes gibt es ein geregeltes gesetzliches Verfahren zur Genehmigung und zum Betrieb von Deponien.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns doch einmal einen Blick über unseren Tellerrand werfen, zum Beispiel nach BadenWürttemberg.

(Zuruf von der AfD: Sachsen!)

Dort gibt es kleine, dezentrale Deponien unter der Kontrolle der Landkreise. Damit erreichen Sie, dass es weniger Transporte und weniger Importe gibt, weil die Landkreise selbst festlegen können, was sie in den Deponien entsorgen.

Herr Schumann, kommen Sie bitte zum Schluss.

Die Emissionen sind so auch viel einfacher zu kontrollieren. - Vielen Dank.

Herr Schumann, es gibt eine Wortmeldung. Herr Lieschke hat sich zu Wort gemeldet.

Ich denke, es ist alles gesagt worden. - Danke.

Herr Lieschke, Herr Schumann steht für die Beantwortung einer Frage nicht zur Verfügung. Sie können nur eine Kurzintervention tätigen.

Dann wird es eine Kurzintervention. - Herr Schumann, ich hätte Sie sehr, sehr gern gefragt, wie nun eigentlich Ihre Position ist. Ich konstatiere jetzt, dass Ihnen der Lobbyismus der Deponiebetreiber wichtiger ist und Sie der Meinung sind, dass Sie weitere Deponien brauchen. Das stelle ich hier fest.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann fahren wir in der Debatte fort. Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr Lange das Wort. - Herr Lange, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Schumann! Zunächst zu den Pilzen. Roitzsch, Jüdenberg, Großörner, Halle, Reinstedt sind die Orte, die eines gemeinsam haben. Dort sollen nämlich Deponien der Klassen 0 und I entstehen, und zwar durch private Firmen. Es haben sich vor Ort Initiativen gebildet, um fundiert gegen diese Deponien zu argumentieren und zu protestieren. Ich freue mich, dass heute Vertreter diese Debatte verfolgen.

Auch das ist ihnen gemeinsam: Die Genehmigungsbehörde ist jeweils der Landkreis. In diesen Fällen ist es schwer, die Genehmigungen mit einem Verweis auf den Abfallwirtschaftsplan zu untersagen. Das Problem haben wir schon des Öfteren erörtert. Wenn ich das einmal sagen darf, Frau Ministerin: Das liegt einfach daran, dass dieser Abfallwirtschaftsplan Löcher aufweist.

Darin sind Formulierungen enthalten, die Schlupflöcher bieten. Zu einem dieser Schlupflöcher komme ich gleich noch.

Es ist so, dass die Firmen vor Ort den Landkreisen nachweisen, dass es diesen Bedarf gibt. Dagegen muss man erst einmal ankommen. Es wäre einfacher, wenn das die Landesbehörden machen würden. Dazu komme ich aber noch.

(Zuruf: Aha!)

Der Ausweg wäre also ein verbindlicher Abfallwirtschaftsplan und eine Genehmigung durch die Behörden, die den Abfallwirtschaftsplan auch exekutieren müssen, also diese Genehmigungen im Landesverwaltungsamt durchzuführen, und zwar für die Klassen 0 und I. Falls das von der AfD noch nicht verstanden wurde: Es ist unser Ziel, einen verbindlichen Abfallwirtschaftsplan zu erhalten. Nur so, wie es die AfD beantragt hat, geht das nicht. Denn im Abfallwirtschaftsplan steht zwar, dass die Deponiekapazitäten ausreichen. Auf Seite 76 steht dann aber:

„Gleichwohl stellt sich das Land SachsenAnhalt der Schaffung weiteren Deponievolumens nicht grundsätzlich entgegen“.

Auf Seite 78 kommt der berühmte Satz:

„Vor dem Hintergrund wird im Abfallwirtschaftsplan kein zusätzlicher Deponiebedarf ausgewiesen. Insbesondere die Entwicklung der Entsorgungssicherheit für nicht gefährliche Massenabfälle wird weiterhin beobachtet, im Bedarfsfall ist über

eine vorzeitige Anpassung und Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans zu entscheiden.“

Das möchten wir nicht für verbindlich erklären. Genau das möchten wir nicht für verbindlich erklären. Wir möchten einen Abfallwirtschaftsplan ausgearbeitet haben, der tatsächlich festlegt, wo was entsorgt wird. So muss das aussehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen davon wegkommen, dass SachsenAnhalt ein Müllimportland für ganz Europa ist. Das sind wir nämlich im Moment. Wir müssen die Abfallwirtschaft so regeln, dass regional entstandener Müll regional entsorgt oder recycelt wird. Dafür brauchen wir den Abfallwirtschaftsplan, den man für verbindlich erklären kann. Wir möchten, dass die Kreise von den aufwendigen Genehmigungsverfahren befreit werden und die Verfahren im Landesverwaltungsamt mit seinen Kompetenzen gebündelt werden.

Um den Initiativen zu helfen, schlagen wir vor, derzeitige Genehmigungsverfahren ruhen zu lassen, bis es den verbindlichen Abfallwirtschaftsplan gibt. Wir müssen dem Wildwuchs der Müllhalden ein Ende setzen. Das ist ein Weg. Lassen Sie uns diesen gemeinsam gehen.

(Beifall bei der LINKEN und auf der Besu- chertribüne)

Herr Lange, Herr Gürth hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Gürth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Lange, ich habe Ihren Worten entnommen - wenn ich das einmal so interpretieren darf -, dass wir die Sorgen der vom Deponiebau betroffenen Bürger unseres Landes ernst nehmen müssen und mit den Sorgen nicht politisch spielen dürfen. Deswegen ist eine solche pauschale Forderung, so eine Behauptung, man könne mal hopplahopp den bestehenden Abfallwirtschaftsplan für verbindlich erklären - -

(Zuruf von der LINKEN: Das haben wir doch gar nicht gefordert!)

- Nein, nicht Sie. Ich rede über die AfD. Hören Sie doch einmal richtig zu. Haben Sie etwas in den Ohren? - Es ist schwer, zu dieser Stunde zu folgen. Ich weiß schon. Das ist schon klar.